Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
trotz des zu feiernden Doppeljubiläums – 2.500 Beiträge durch 2 Redakteure erstellt, das ist doch was, oder? – darf allerdings die Aktualität dieses Blogs nicht leiden. So werden wir auch heute am Nationalfeiertag ein weiteres Urteil zu Sachverständigenkosten bekannt geben. Im Ergebnis ist das Urteil zwar richtig, in der Begründung aber schon wieder falsch. Das Gericht ist auf den wesentlichen Punkt im Schadensersatzrecht
„eventuelle Fehler des Sachverständigen gehen zu Lasten des Schädigers“
nicht mal ansatzweise eingegangen. Demzufolge war die Argumentation zur Erstattung,
„die Versicherung habe das Gutachten zur Grundlage der Abrechnung gemacht“,
entbehrlich. Was wäre gewesen, wenn nicht? Sind Sachverständigenhonorare vom Erfolg der Schadensabrechnung abhängig? Ist das SV-Honorar demnach ein „Erfolgshonorar“? Da das Urteil gem. § 495 a ZPO abgekürzt ist, d.h. ohne Tatbestand verkündet wurde, geben wir den Sachverhalt nach Angaben des Einsenders bekannt. Das Urteil wurde erstritten und eingereicht durch die Kanzlei Christoph Schepers aus 50259 Pulheim.
Zum Sachverhalt Folgendes:
Haftung aus Verkehrsunfall dem Grunde nach unstreitig.
SV (Kläger) erstellt im Auftrag des Geschädigten ein Gutachten zur Ermittlung der Schadenshöhe und zur Beweissicherung.
Reparaturkosten netto: 2.370,31 €
WBW 2.200,00 €
Restwert 200,00 €
Die Besichtigung erfolgte ohne Demontage. Eine Deformation von Stoßdämpfer oder Hinterachse waren nicht zu erkennen. SV legte sich bei Besichtigung unter das Fahrzeug und fertigte entsprechende Fotos an, die dem Gutachten beigefügt waren.
Hinweis im Gutachten: Anstoß im Bereich der Hinterachse und der Scheibenräder.
„Aus Sicherheitsgründen bzw. bedingt durch den Reparaturablauf wird nach erfolgter Instandsetzung eine optische Achsvermessung mit eventueller Korrektur der Achseinstellung erforderlich[ …] Werden nach der Demontage oder im Verlauf der Instandsetzungsarbeiten bzw. nach der Überprüfung der unter dem Reparaturcode … genannten Teile weitere kausale Beschädigungen festgestellt, die eine Kostenerweiterung oder eine Änderung des vorgeschlagenen Reparaturweges bedingen, wird um umgehende Benachrichtigung des Sachverständigen gebeten. Gegebenenfalls wird eine Nachbesichtigung und ein Nachtrag zum Gutachten erforderlich.“
Versicherung wendet ein, das Gutachten sei unbrauchbar. ClaimsControlling GmbH führt aus:
„Bei der Kalkulation der Reparaturaufwendungen blieben jedoch einige erforderliche Positionen unberücksichtigt bzw. wurden zu knapp bemessen. Es handelt sich dabei um folgende Punkte:
Farbtonangleichung der Tankklappe und der Abschleppöse nicht ausgewiesen.
Erneuerung der Hinterachse und des hinteren linken Federbeins fand trotz offensichtlicher Beschädigung keine Berücksichtigung.
Die besagten Positionen führen zu einer Erhöhung der Reparaturkosten um einen Gesamtbetrag, der den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30 % überschreitet. […]
Der hier angeführte Wiederbeschaffungswert von 2.200,- € […] ist angemessen. Der Restwert von 200,- € kann nicht eindeutig beurteilt werden. Auf die Durchführung einer konkreten Restwertrecherche wurde verzichtet.“
Die Versicherung erstattet dem Geschädigten den Wiederbeschaffungsaufwand. SV-Honorar wird nicht bezahlt, weil das Gutachten sich als unbrauchbar herausgestellt habe.
Der Sachverständige nimmt aus abgetretenem Recht den Schädiger persönlich in Anspruch.
So und nun das Urteil des AG Brühl. Lest selbst und gebt Eure Kommentare bekannt.
22 C 177/13
Amtsgericht Brühl
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn …
Klägers,
gegen
Herrn …
Beklagten,
hat das Amtsgericht Brühl
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 19.09.2013
durch die Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 528,25 EUR (in Worten: fünfhundertachtundzwanzig Euro und fünfundzwanzig Cent) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.08.2013 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.08.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von 528,25 Euro als Schadensersatz aus §§ 823 Abs. 1, 398 BGB gegenüber dem Beklagten.
Der Anspruch ist als Schadensersatzanspruch des Zedenten, Herrn … , aus einem Verkehrsunfall vom 23.07.2012 gegenüber dem Beklagten entstanden. Der Beklagte hatte den Verkehrsunfall alleinig verschuldet und schuldete dem Zedenten Schadensersatz, der auch den Ersatz für die Kosten eines Sachverständigengutachtens betreffend den am Fahrzeug des Zedenten entstandenen Schaden umfasste.
Der Zedent hatte dem Kläger wirksam einen Auftrag zur Begutachtung des entstandenen Schadens erteilt. Der Kläger hat das Gutachten erstellt und seine Dienstleistung dem Zedenten gegenüber diesbezüglich erbracht. Der Zedent hat sodann seinen Ersatzanspruch wirksam an den Kläger abgetreten.
Der Einwand des Beklagten, der Kläger habe ein unbrauchbares Gutachten erstellt, ist unerheblich, denn der Beklagte trägt selbst vor, dass seine Versicherung das vom Kläger erstellte Gutachten zur Grundlage der Schadensregulierung gemacht hat. Die zusätzliche Stellungnahme des von der Versicherung des Beklagten beauftragten Unternehmens hat auch nach dem Vortrag des Beklagten für die Schadensregulierung keinerlei relevante neue Erkenntnisse gebracht.
Sowohl der Kläger als auch das von der Versicherung des Beklagten beauftragte Unternehmen sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Abrechnung auf Totalschadenbasis zu erfolgen habe, was dann auch mit Zustimmung des Zedenten geschehen ist. Hinsichtlich der Berechnung des Schadensersatzes nach Totalschaden hat allein der Kläger Berechnungen vorgenommen, welche das von der Versicherung des Beklagten beauftragte Unternehmen ohne Änderung übernommen hat. Unstreitig hat dann auch die Versicherung des Beklagten das Gutachten des Klägers im Rahmen der Schadensregulierung herangezogen, um den Schadensersatz nach Totalschaden zu berechnen.
Da zwischen den Parteien des Verkehrsunfalls offenbar auch kein Streit über die Frage entstanden ist, ob hier auf Totalschadenbasis abgerechnet werden soll, hat das Gutachten seinen Zweck, nämlich die außergerichtliche Regulierung des Schadensersatzanspruches zu ermöglichen, vollständig erfüllt.
Unerheblich ist die Frage, ob der Kläger die Reparaturkosten zu niedrig angesetzt hat. Selbst mit den von ihm angesetzten niedrigeren Reparaturkosten ist der Kläger zu dem von allen Parteien azeptierten Ergebnis gekommen, dass ein Totalschaden vorlag.
Die Nebenforderungen ergeben sich aus §§ 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Der Streitwert wird auf 528,25 EUR festgesetzt.
Hallo, W.W.,
wenn auch bei diesem Urteil des AG Brühl in den Entscheidungsgründen der vielleicht erwartete Feinschliff fehlt, so ist es doch im Ergebnis brauchbar, denn es hat u.a. die rechtsirrige Behauptung entkräftet, dass das Gutachten als Grundlage für die Schadenregulierung „unbrauchbar“ sei. Die Versicherung des Unfallverursachers verkennt, dass geschätzte Reparaturkosten, geschätzter Wiederbeschaffungswert und geschätzter Restwert auf der Basis von 3 regionalen Restwertangeboten dem Prognosebeich zuzuordnen sind und ein „Fehler“ des vom Geschädigten beauftragten Sachverständigen aus den schon genannten Gründen nicht zu seinen Lasten geht. Dämlicher kann man kaum die Erstattungsverpflichtung für die entstandenen Gutachterkosten in Frage stellen. Aber auch noch ein Wort zu Claims Controlling GmbH : Es spricht Bände, wenn sich ein Versicherer auf deren Sachverstand verläßt. Wenn mich nicht alles täuscht, ist das doch die Vereinigung von Superexperten, die u.a. den Merkantilen Minderwert aus dem Durchschnitt von mehreren Berechnungs“modellen“ methodisch heruntersetzen und dann auch noch glauben, dass dies ihren Auftraggebern aus der Versicherungswirtschaft einen Nutzen bringen könnte. Man muss nur die hier im konkreten Fall erhobenen „Einwendungen“ lesen, die übrigens zeigen, dass im beurteilungsrelevanten Zusammenhang die beweissichernde Tatsachenfeststellung mit den hierzu gebotenen Anmerkungen einfach ignoriert wurde. In Münsteraner Mundart würde man das als „Spökenkiekerei“ abtun, wie es ein berufserfahrener und von mir wegen seiner bewahrten Unabhängigkeit geschätzter Kollege einmal in einem anderen Zusammenhang offen ausgesprochen hat.
D.H.
Guten Abend, Willi Wacker,
das Thema Honorarverweigerungen/Honorarkürzungen, offensichtlich ein Amusement in der Unfallschadenregulierung, ist bald drehbuchreif.
Drehorte sind mit Sicherheit Coburg , div. Niederlassungen – auch als Schadenregulierungsaußenstellen getarnt – sowie Frankfurt, Bonn und Oberursel. Auch München ist noch im Gespräch, wie auch Berlin. Mal sehen, was uns dann die „Sprecher“ der diesen Sport betreibenden Versicherungen dann dazu für Erklärungen anbieten.
Bruno G.
@D.H
„Aber auch noch ein Wort zu Claims Controlling GmbH : Es spricht Bände, wenn sich ein Versicherer auf deren Sachverstand verläßt. Wenn mich nicht alles täuscht, ist das doch die Vereinigung von Superexperten, die u.a. den Merkantilen Minderwert aus dem Durchschnitt von mehreren Berechnungs”modellen” methodisch heruntersetzen und dann auch noch glauben, dass dies ihren Auftraggebern aus der Versicherungswirtschaft einen Nutzen bringen könnte. “
Hallo,
ich denke nicht dass alle diese „Superexperten“ bei Claims Controlling GmbH das selbstständig machen. Die normale Situation bei diesen Firmen ist doch das widerspruchslose befolgen von Vorgaben.
Das funktioniert schon, wenn man den Intelligenzquotient aller Mitarbeiter mittelt, so wie sie es auch bei der Wertminderung tun!
Zum Beispiel:
bis IQ 69 Sehr niedrige Intelligenz (2,2% der Normalverteilung) IQ 70-79 Niedrige Intelligenz (6,7% der Normalverteilung) IQ 80-89 Unterdurchschnittliche Intelligenz (16,1% der Normalverteilung) IQ 90-109 Durchschnittliche Intelligenz (50,0% der Normalverteilung) IQ 110-119 Überdurchschnittliche Intelligenz (16,1% der Normalverteilung) IQ 120-129 Hohe Intelligenz (6,7% der Normalverteilung) ab IQ 130 Sehr hohe Intelligenz (2,2% der Normalverteilung)
Mit den Mittelwerten der IQs könnte ich mir vorstellen dass doch ein satter Durchschnitt von 79 erzielt wird.
Bewertet man die Gruppe nicht, welche die Wertminderungsergebnisse der verschiedenen Methoden addieren und dann den Mittelwert ziehen, schnellt der Durchschnitts – IQ bei dem Rest der Gruppe sofort auf 88.
Dabei soll m.Wissens jemand dabei sein der einen IQ von über 130 hat, aber statistisch gesehen ist das auch keine große Leuchte.
So viel zu den Mittelwerten.