Mit Urteil vom 26.02.2010 (7 C 933/09) hat das AG Calw die AXA Versicherungs AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 306,64 € zzgl. Zinsen sowie zur Freistellung vorgerichtlicherRA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig und vollumfänglich begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Bezahlung von 306,64 aus §§ 7, 17 StVG i.V.m. § 115 VVG, §§ 398, 823, 249 BGB.
Die Klägerin ist nach Ansicht des Gerichts aktivlegitimiert, also berechtigt, die Mietwagenkosten des Geschädigten aus abgetretenem Recht geltend zu machen. Diese Tätigkeit der Klägerin verstößt nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Nach der amtlichen Begründung des Rechtsdienstleistungsgesetzes im Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BR Drucksache 623/06 S. 110 f) wird als Anwendungsfall der als Nebenleistung zulässigen Inkassotätigkeit ausdrücklich die Geltendmachugg von Mietwagenkosten im Bereich der Unfallschadensregulierung genannt. In der Begründung heißt es ausdrücklich: Soweit die Rechtsprechung unter Geltung von Art. 1 § 5 RBerG bis heute ganz überwiegend daran festhält, dass die Einziehung abgetretener Kundenforderungen durch den gewerblichen Unternehmer nur dann zulässig ist, wenn es diesem wesentlich darum geht, die ihm durch Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen (vgl. zuletzt BGH, VI ZR 268/04 v. 15.11.2005, VersR 2006, 283), soll dies künftig nicht mehr gelten.
Die Klägerin hat zudem mit Vorlage des Schreibens vom 19.5.2009 (Blatt 97) nachgewiesen, dass sie den Geschädigten zur Bezahlung der restlichen Mietwagenkoten aufgefordert hat, so dass sie berechtigt ist, aus der Sicherungsabtretung vorzugehen.
Nach der Rechtsprechung kann der Geschädigte vom Schädiger gemäß § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH NJW 2007, 2916 m.w.N.). Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Dies bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann.
Das Gericht folgt der bisherigen Rechtsprechung des Landgerichts Tübingen und des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart ( Urteil vom 10.6.2009, Az.: 3 U 30/09), wonach der in Ansatz zu bringende Normaltarif unter Heranziehung des Schwacke-Mietpreisspiegel für das Jahr 2008 ermittelt werden kann. Der BGH hat eine Schätzung auf dieser Grundlage wiederholt ausdrücklich gebilligt ( BGH NJW 2009, 58; 2008, 2910; 2007, 3782).
Im vorliegenden Fall ist vom Normaltarif auszugehen, die Klägerin verlangt keinen Aufschlag auf den Normaltarif.
Aus dem Mietvertrag ist zu erkennen, dass der Geschädigte einen Mercedes Benz E 200 CDI angemietet hat. Sein eigenes Fahrzeug ein Mercedes Benz E 220 CDI ist der Gruppe 8 zuzuordnen. Die Abrechnung erfolgte auf Basis der Gruppe 7, so dass ein Abzug wegen Eigenersparnis nicht vorzunehmen ist.
Auch die weiteren Einwendungen der Beklagtenseite gegen die Anwendbarkeit der Schwacke Liste greifen nicht durch. Für das erkennende Gericht erscheint es zweifelhaft, ob der Mietpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts, dessen Werte nach der Ansicht der Beklagten den wirklichen Werten auf dem Mietwagenmarkt entsprechen, eine geeignete Schätzungsgrundlage bilden kann. Das Fraunhofer Institut hat sich bei der Recherche nach den marktüblichen Preisen auf Internet-Recherchen und dort auf Internet-Portale beschränkt, die eine verbindiiche Buchung erlauben, und sich damit auf die vorhandenen namhaften und großen Anbieter beschränkt. Außerdem beschränkt sich diese Untersuchung auf zweisteliige, hinsichtlich der telefonischen Erhebung sogar auf einstellige Postleitzahl-Bereiche, so dass die Gefahr besteht, dass regionale Besonderheiten nicht ausreichend berücksichtigt werden. Es kommt hinzu, dass eine Vorbuchungszeit von einer Woche, die Grundlage der Erhebungen des Fraunhofer Instituts war, regelmäßig bei der Anmietung eines Fahrzeugs aus Anlass eines Unfalls nicht eingehalten werden kann und daher in solchen Fällen die Ausnahme bildet. Schließlich handelt es sich um eine von der Versicherungswirtschaft in Auftrag gegebene Studie, deren Unabhängigkett und Neutralität in Frage gestellt werden kann (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 10.6.2009, Aktenzeichen 3 U 30/09).
Es ist im Übrigen gerichtsbekannt, dass Buchungen im Internet nur mit Kreditkarten möglich sind. Bei der Versendung von Kreditkartendaten besteht ein erhebliches Risiko. Es besteht in diesen Fällen die konkrete Gefahr, dass Dritte sich diese Daten verschaffen und zu unlauteren Zwecken missbrauchen. Wer freiwillig den Weg wählt, eine solche Transaktion vorzunehmen, der trifft die Entscheidung unter Abwägung der bestehenden Risiken. Nach Ansicht des Gerichts kann es einem Unfallgeschädigten aber nicht zugemutet werden, diese Risiken gezwungenermaßen einzugehen und Buchungen über das Internet vorzunehmen, wenn er das eigentlich gar nicht möchte oder gar nicht im Besitz einer Kreditkarte ist.
Die Kosten für ein Navigationsgerät sind erstattungsfähig, da das beschädigte Fahrzeug ebenfalls mit einem Navigationsgerät ausgestattet war, wie es sich aus dem Gutachten des Ingenieurbüros für Kraftfahrzeugtechnik vom 31.3.2009 ergibt. Ebenso sind die Kosten für einen zweiten Fahrer erstattungsfähig, wenn auch das beschädigte Auto regelmäßig von einem zweiten Fahrer benutzt wurde.
Nach alledem sind die von der Klägerseite geltend gemachten Mietwagenkosten in voller Höhe von der Beklagten zu erstatten, nachdem sie sich in der Größenordnugg des Normaltarif der Schwacke-Liste 2007 bewegen. Auf die Rechnungspositionen kann die MwSt aufgeschlagen werden, nachdem die Einzelbeträge den Beträgen aus der Schwacke Liste unter Abzug der MwSt entsprechen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.
Der Anspruch auf die nicht anrechenbaren außergerichtlichen Anwaltskosten folgt aus §§ 286, 280 BGB.
Der Klage war daher vollumfänglich stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Soweit das AG Calw.