Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
Ihr werdet Euch wundern, drei Tage lang nichts von mir gehört oder gelesen zu haben. Ich musste eine kleine gesundheitlich bedingte Auszeit nehmen, wollte es aber nicht versäumen, Euch zunächst Frohe Ostern zu wünschen. Vom Krankenbett aus gebe ich Euch ein Sachverständigenkosten-Urteil aus abgetretenem Recht gegen die Allianz Versicherungs AG bekannt. Es muss allerdings bemerkt werden, dass diese Entscheidung noch vor der Veröffentlichung des BGH-Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – lag. Aber auch ohne die genannte BGH-Entscheidung ist das nachfolgend dargestellte Urteil des AG Cham eine einzige Fehlentscheidung. Geklagt hatte der Sachverständige aus abgetretenem Recht. Das Urteil halte ich für recht kurios, da der Richter ohne Not die Angemessenheit des SV-Honorars nach BVSK überprüft, wobei die BVK-Honorarbefragung kein Massstab für die Erforderlichkeit im Sinne des § 249 BGB sein kann. Ohne Not deshalb, da die Allianz sich nicht einmal verteidigt hatte und somit die Höhe des Honorars überhaupt nicht bestritten wurde. Da kann man mal sehen, wie den Richtern von den Anwälten der HUK-COBURG im Lauf der letzten Jahre das juristische Denken vernebelt wurde. Die Prüfung der Angemessenheit der Sachverständigenkosten im Schadensersatzprozess gemäß § 287 ZPO geht gar nicht. Man muss nur irgend einen Müll lange genug vortragen und schon funktionieren die Gerichte. Was am Ende dabei herauskommt, kann man in dem nächsten Urteil aus Cham, das wir Euch vermutlich morgen bekanntgeben werden, erkennen. Da wurde das Honorar wohl bestritten und der Richter hat dann treu und brav – unter Zuhilfenahme des § 287 ZPO – „aus der Hüfte“ gekürzt, was er nicht für erforderlich hielt. Das Gericht hat gar nichts zu schätzen, zumindest nicht die „Angemessenheit“ des Sachverständigenhonorars. Das Gericht hat lediglich (ex post) zu prüfen, ob der Geschädigte eine mögliche Überhöhung (ex ante!!) ohne weiteres erkennen konnte. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und schöne Ostertage.
Willi Wacker
Amtsgericht Cham
Az.: 1C 58/14
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
Allianz Versicherungs-AG, vertreten durch d. Vorstand, Königinstraße 28,80802 München
– Beklagte –
wegen Forderung
erlässt das Amtsgericht Cham. durch den Richter am Amtsgericht (weiterer aufsichtführender Richter) … am 19.02.2014 auf Grund des Sachstands vom 19.02.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 94,01 € sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 70,20 € nebst jeweils Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.02.2014 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung In Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 94,01 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht von der Beklagten Bezahlung weiterer Sachverständigenkosten (Kfz-Schadensgutachten) nach einem Verkehrsunfall.
Der Kläger hat den streitgegenständlichen Anspruch schlüssig begründet.
Der Kläger trägt danach unwidersprochen vor, dass es am 25.09.2013 zu einem Verkehrsunfall kam, bei dem das Fahrzeug des Zedententin … beschädigt wurde, diesem ein kalkulierter Fahrzeugschaden in Höhe von 5.100,75 € netto/6.069,89 brutto entstand und das Schädigerfahrzeug bei der Beklagten haftpflichtversichert war. Unwidersprochen blieb auch, dass die Beklagte gemäß §§ 7, 17 StVG, §§ 823, 249 BGB, § 115 VVG vollumfänglich für den durch das Unfallereignis enstandenen Schaden haftet und auch, dass der geschädigte Zedent … evtl. noch offene Ansprüche auf Erstattung von Gutachterkosten an den Kläger, der als Sachverständiger das Schadensgutachten erstellt hat, abgetreten hat. Die Beklagte hat dem Zedenten auf die Rechnung des Klägers in Höhe von 867,51 € nur 773,50 € erstattet. Den Rest macht der Kläger in der Hauptsache geltend.
Die Beklagte hat trotz Fristsetzung zur Klageerwiderung und Hinweis auf die Folgen der Nichteinhaltung dieser Frist keine Äußerung zum Klagevorbringen abgegeben, so dass auf der Grundlage des Vortrages des Klägers zu entscheiden war.
Rechtlich ist danach von folgendem auszugehen:
Gemäß § 249 BGB sind auch die für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadenshöhe entstanden Kosten ersatzfähig, da es sich um notwendige Begleitkosten der Schadensregulierung handelt, wobei keine Pflicht besteht, sich nach dem Besten oder Günstigsten umzusehen oder sogar mit dem Versicherer Rücksprache zu halten (Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 3, Rn 118). Anhaltspunkte dafür, dass ein verständiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter die Einholung eines Gutachtens in der hiesgen Konstellation unterlassen hätte, sind auch unter Berücksichtigung des entstandenen Schadens nicht vorhanden.
Soweit die Höhe der zu erstattenden Sachverständigenkosten zwischen den Parteien streitig ist, ist zunächst festzustellen, dass es an einer normativ verbindlichen Honorarordnung fehlt, so dass der Sachverständige sein Honorar grundsätzlich im Rahmen des Angemessenen bestimmen kann, wobei eine Orientierung an der Höhe der Instandsetzungskosten nicht zu beanstanden ist, (Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 3, Rn 120).
Das Gericht hat deshalb die angemessenen Sachverständigenkosten letztlich gemäß § 287 ZPO zu schätzen, wobei hierzu die Honorarbefragung des BVSK 2012/2013, dort HB III (95 % der Mitglieder des BVSK berechnen ihr Honorar unter diesem Wert), als taugliche Schätzgrundlage herangezogen werden kann (LG Nürnberg, Urt. v. 29.02.2012, Az: 8 S 2791/11).
Da sich die Ansätze des Klägers in seiner Rechnung vom 09.10.2013 sämtlich im Rahmen der dort genannten Beträge halten, ist das Honorar angemessen und nicht zu beanstanden, sodass die Beklagte insoweit zum Schadenersatz verpflichtet ist.
Der Klage ist deshalb in der Hauptsache stattzugeben.
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Weder ist die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.