AG Cham verurteilt HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit nicht überzeugender Begründung ( AG Cham Urteil vom 11.3.2014 – 1 C 118/14 -).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

wozu es führen kann, wenn im Schadensersatzprozess die Angemessenheit, statt der Erforederlichkeit geprüft wird, seht Ihr in dem zweiten Chamer Urteil, das gestern bereits angekündigt wurde. Das immer wieder falsche Vortragen der HUK-COBURG-Anwälte, dass die Sachverständigenkosten an der Angemessenheit und Üblichkeit geprüft werden müssen und dann als Prüfmassstab auch noch das HUK-Honoraratableau vorführen, führt dann zu diesem Ergebnis. Erschreckend an diesem Urteil ist, dass der Amtsrichter des AG Cham dieses Urteil abgefasst hat, obwohl zwischenzeitlich das Sachverständigenkosten-Urteil des BGH vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – veröffentlicht war. Entweder hat der Anwalt des Klägers geschlafen oder der Chamer Amtsrichter ist BGH-schmerzfrei. Dann kommt so etwas Falsches, wie im Urteil des AG Cham vom 11.3.2014 – 1 C 118/14 – zustande, wie die  Angemessenheitsprüfung nach BVSK, Streichung der Kosten für die Restwertanfrage und für Classic Data.  Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab, auch am Ostermontag.

Viele Grüße und noch einen schönen Ostermontag
Willi Wacker

Amtsgericht Cham

Az.: 1 C 118/14

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand, Albertstraße 2, 93038 Regensburg

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

eriässt das Amtsgericht Cham durch den Richter am Amtsgericht (weiterer aufsichtführender Richter) … am 11.03.2014 auf Grund des Sachstands vom 11.03.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 40,49 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.02.2014 sowie vorgerichtliche, nicht anrechenbare Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 12 % und die Beklagte 88 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 555,94 € bis 03.03.2014, danach auf 105,94 € festgesetzt.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die Klägerin macht restliche materielle Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 09.10.2013 geltend, an dem die Klägerin mit ihrem Pkw … und das bei der Beklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug, Kennzeichen: … beteiligt waren. Die vollumfängliche Haftung der Beklagten für die der Klägerin aus dem Unfall entstandenen Schäden ist dem Grunde nach zwischen den Partelen unstreitig.

Die Beklagte hat im Rahmen der Schadensregulierung Kürzungen beim Fahrzeugschaden (450,00 € geringerer Wiederbeschaffungswert) und bei den Sachverständigenkosten, die im Rahmen der Begutachtung des Fahrzeugschadens der Klägerin entstanden sind, vorgenommen (105,94 €Abzug).

Nach Rechtshängigkeit hat die Beklagte den Betrag von 450,00 € auf den von der Klägerin geltend gemachten Fahrzeugschaden bezahlt und die Parteien haben insoweit den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, sodass nur noch über die zwischen den Parteien streitige Angemessenheit der Sachverständigenvergütung zu entscheiden war.

Insoweit ist die Klage auf Erstattung restlicher Sachverständigenvergütung in Höhe von 105,94 € nur teilweise begründet. Der Anspuch der Klägerin gegen die Beklagte ergibt sich insoweit aus §§7 Abs. 1 StVG, 249 f., 421 f BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG.

Rechtlich ist danach von folgendem auszugehen:

Gemäß § 249 BGB sind auch die für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadenshöhe entstanden Kosten ersätzfähig, da es sich um notwendige Begleitkosten der Schadensregulierung handelt, wobei keine Pflicht des Geschädigten besteht, sich nach dem besten oder günstigsten Sachverständigen umzusehen oder sogar mit dem Versicherer Rücksprache zu halten (Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 3, Rn 118). Anhaltspunkte dafür, dass ein verständiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter die Einholung eines Gutachtens in der hiesgen Konstellation unterlassen hatte, sind auch unter Berücksichtigung des entstandenen Schadens nicht vorhanden.

Soweit die Höhe der zu erstattenden Sachverständigenkosten zwischen den Parteien streitig ist, ist zunächst festzustellen, dass es an einer normativ verbindlichen Honorarordnung fehlt, so dass der Sachverständige sein Honorar grundsätzlich im Rahmen des Angemessenen bestimmen kann, wobei eine Orientierung an der Höhe des Schadens nicht zu beanstanden ist. (Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 3, Rn 120). Diese beträgt vorliegend 2.300.00 € brutto.

Ausgehend hiervon hat das Gericht die angemessenen Sachverständigenkosten letztlich gemäß § 287 ZPO zu schätzen, wobei hierzu die jeweils gültige Honorarbefragung des BVSK als taugliche Schätzgrundlage herangezogen werden kann (LG Nürnberg, Urt. v. 29.02.2012, Az: 8 S 2791/11). Dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.

Das Gericht orientiert sich für den hiesigen Bezirk in ständiger Rechtsprechung am HB III-Korridor, vorliegend der BVSK-Befragung 2013.

Bei einer Schadenshöhe im Bereich bis 2.380,00 € werden hier als Grundhonorar 370,00 €, in der Stufe davor (bis 2.082,50 €) 352,00 € in Ansatz gebracht, womit das angesetzte Grundhonorar von 355,00 € damit im unteren Bereich liegt.

Auch die Fahrtkosten in Höhe von 38,50 € für 35 km sind angemessen in Rechnung gestellt, da sie unter dem Ansatz im HB-III-Korridor liegen (35km x 1,16 € = 40,60 €).

Gleiches gilt für die berechneten 37,50 € Fotokosten (15 x 2,55 € nach BVSK = 38,25 €) und die Schreibkosten in Höhe von 20,00 € (8 Seiten x 2,86 € für das Original nach BVSK ergeben schon 22,88 €).

Die separate Berechnung von 20,00 € netto für die Erholung der Restwertangebots zählt dagegen zur grundlegenden Tätigkeit im Rahmen der Schadensbewertung, ist deshalb im Grundhonorar abgegolten und damit zu streichen; gleiches gilt für die Position „Bewertung Classic Data“ in Höhe von 35,00 € netto. Damit ergibt sich ein Abzug von 65,45 € brutto.

Der Klage ist deshalb in der Hauptsache nur noch in Höhe eines Betrages von 40,49 € (105,94 – 65,45 €) stattzugeben. Im übrigen ist die Klage abzuweisen.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.

Hierbei sind die vorgerichtlichen Gebühren jedoch aus einer berechtigten Restforderung von nur 490,49 € zu berechnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 Abs. 1 ZPO.

Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Weder ist die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. Babelfisch sagt:

    Das Urteil des BGH vom 11.02.2014 (VI ZR 225/13) ist eine derartige Steilvorlage für die nachgeordneten Gerichte, dem Kürzungsspuk der Versicherer durch knappe Urteile ein Ende zu bereiten, dass es schwerfällt, bei den Gerichten, die immer noch meinen, dem Unsinn der Versicherungsanwälte folgen zu müssen, das notwendige Maß an Unabhängigkeit zu unterstellen.

    Seit Jahren geistert durch die Boulevardpresse die Behauptung, dass eine ansteigende Anzahl von Zivilverfahren mit der Prozesshanselei von Privatpersonen zusammen hängt. Ich bin der Auffassung, dass durch das gesellschaftspolitisch höchst verwerfliche Verhalten der Versicherer auch der Steuerzahler durch eine erheblich gesteigerte Anzahl von Verfahren, in denen die Versicherer eine schlichtweg rechtswidrige Verweigerungstaktik verfolgen, in höchstem Maße in Anspruch genommen wird und so wichtige andere Verfahren liegen bleiben.

    Wie beim Fußball: wer die Steilvorlage jämmerlich versiebt, muss mit dem Protest bzw. der Häme der Zuschauer rechnen.

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