AG Chemnitz verurteilt mit lesenswertem Urteil vom 30.7.2015 – 15 C 928/15 – die VHV Versicherung zur Zahlung der vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

vom Bundesgerichtshof mit seinem Schadensersatzurteil zur Indizwirkung einer bezahlten Rechnung – ohne Indizwirkung bei Preisen aufgrund von Sondervereinbarungen – geht es weiter nach Chemnitz. Nachstehend geben wir Euch heute noch ein Urteil des AG Chemnitz zu den Sachverständigenkosten gegen die VHV Versicherung bekannt. Wir halten das Urteil des AG Chemnitz vom 30.7.2015 – 15 C 928/15 – für eine prima Entscheidung: Kurz, klar und präzise. So müsste es immer sein. Lest selbst und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.  

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker

Amtsgericht Chemnitz

Abteilung für Zivilsachen

Aktenzeichen: 15 C 928/15

Verkündet am: 30.07.2015

IM NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

VHV Allgemeine Versicherung AG, Constantinstraße 90, 30177 Hannover vertreten durch den Vorstand Thomas Voigt

– Beklagte –

wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Chemnitz durch
Richter Tietz
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30.07.2015 am 30.07.2015

für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 92,41 Euro zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 08.01.2015 zu zahlen.

2.        Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.        Die Berufung wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 92,41 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Tatbestand entfällt gemäß § 313a ZPO.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung weiterer Sachverständigenkosten i.H.v. 92,41 Euro gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG, 249 ff BGB gegen die Beklagte. Die mit der Rechnung des Sachverständigen vom 12.12.2014 abgerechneten Sachverständigenkosten i.H.v. 675,00 Euro netto sind in voller Höhe erstattungsfähig.
Die Entscheidung des Rechtsstreits richtet sich ausschließlich danach, ob und in welchem Umfang die Klägerin/Geschädigte von der Beklagten Ersatz der ihr in Rechnung gestellten Gutachterkosten verlangen kann bzw. konnte. Die 100 %-ige Haftung der Beklagten dem Grunde nach für den durch den Verkehrsunfall vom 11.12.2014 verursachten Sachschaden ist unstreitig.

Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Unfallgeschädigte als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Gutachterkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich und vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Bei mehreren zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Schadensbeseitigung ist der Geschädigte nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren Möglichkeiten den wirtschaftlicheren Weg zur Schadensbehebung zu wählen. Er verstößt aber noch nicht allein deshalb gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil er einen Sachverständigen beauftragt, der teurer ist als andere Sachverständige. Ebenso wenig ist er ohne nähere Anhaltspunkte verpflichtet, die Rechnung des Sachverständigen kritisch zu prüfen (vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 16. Juli 2014 – 13 S 54/14 -, Rn. 9, juris, AG Hohenstein-Ernstthal, Urteil vom 28. September 2012, Aktenzeichen 1 C 570/12).

Nach diesen Grundsätzen hatte die Klägerin keine Veranlassung, die Rechnung des Sachverständigen anzuzweifeln und zu kürzen. Die Rechnung des Sachverständigen enthielt gerade keine Anhaltspunkte, um an der Angemessenheit zu zweifeln. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin über ein spezielles Sonderwissen verfügte. Der Differenzbetrag aus dem tatsächlich abgerechneten Sachverständigenhonorar und der von der Beklagten erfolgten Zahlung beträgt lediglich 92,41 Euro und ist daher nach Ansicht des Gerichts als geringfügig anzusehen. Es bestanden somit für die Klägerin keine Anhaltspunkte, die Rechnung des Sachverständigen kritisch zu prüfen.

II.

Der Zinsanspruch ergibt sich gem. §§ 286, 288 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 713, 511 Abs. 4 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63, 43, 48 GKG i.V.m. §§ 3, 4 ZPO. Veranlassung die Berufung zuzulassen, bestand nicht. Die Entscheidung erschöpft sich in einer Beurteilung der Umstände des Einzelfalls. Sie ist der Verallgemeinerung nicht zugänglich.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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