Auch an der Elbmündung will die HUK-Coburg mit dem Argument, dass das Sachverständigenhonorar unangemessen hoch sei, Gehör finden, fand jedoch bei der Direktorin des Amtsgerichtes Cuxhaven taube Ohren. Im Gegenteil, die erkennende Richterin wies die Beklagte wieder einmal in ihre Schranken. Nachfolgend das Urteil des AG Cuxhaven vom 16.11.2010 – 5 C 358/10 -:
Amtsgericht
Cuxhaven
Geschäfts-Nr.:
5 C 358/10
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
Kläger
gegen
Firma HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG, Albertstraße 2, 93047 Regensburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Cuxhaven im Verfahren gem. § 495 a ZPO aufgrund der bis zum 31.08.2010 eingereichten Schriftsätze durch die Direktorin des Amtsgerichts …
im schriftlichen Verfahren für Recht erkannt:
1.) Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 234,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.07.2010 zu zahlen.
2.) Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Auf eine Darstellung des
Tatbestandes
wird gemäß § 313 a BGB verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die Kläger haben aus abgetretenem Recht der Unfallgeschädigten … einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 234,42 € gemäß §§ 398 Satz 1, 631, 632 BGB, 7 Abs.1, 17 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs.1 Nr. VVG.
Die Kläger sind aufgrund der Abtretungserklärung der Geschädigten vom 26.02.2010 aktiv legitimiert. Entsprechend der Abtretungserklärung dürfen die Kläger die Ansprüche der Geschädigten im eigenen Namen geltend machen soweit sie von der Geschädigten Leistungen nicht erhalten haben.
Die Kosten des Sachverständigengutachtens sind dem Grunde nach erstattungsfähig. Zu den gemäß § 249 Abs. 2, 1 BGB notwendigen Aufwendungen gehören die Kosten, die durch die erforderliche Beauftragung eines Sachverständigen entstehen, sofern die Begutachtung erforderlich und zweckmäßig war. Die Beauftragung eines Sachverständigen zur Feststellung der Schadenshöhe war unstreitig erforderlich.
Der geltend gemachte Anspruch ist auch der Höhe nach gerechtfertigt. Der Einwand der Beklagten, das Sachverständigenhonorar sei unangemessen hoch, ist nicht erheblich. Der Anspruch der Geschädigten auf Erstattung der geltend gemachten Gutachterkosten ist insbesondere nicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB zu reduzieren. Der Geschädigten kann nicht vorgeworfen werden, gegen Schadensminderungspflichten verstoßen zu haben.
Grundsätzlich kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt jedoch vom Geschädigten nicht, zugunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Der Geschädigte ist lediglich verpflichtet, den Aufwand für die Schadensbeseitigung im vernünftigen Rahmen zu halten, dabei ist Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten sowie insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten zu nehmen (BGH, Urteil vom 23.11.2007 – VI ZR 67/06). Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Ebenso wie bei der gleichgelagerten Problematik der Ersatzfähigkeit von Mietwagenkosten, ist es dem Geschädigten nicht zuzumuten, Marktforschung zu betreiben und mehrere Kostenvoranschläge einzuholen. Ein vorheriger Preisvergleich dürfte ohne vorherige Begutachtung des Fahrzeugs und mangels einheitlicher Tarifübersichten auch kaum möglich sein (BGH, Urteil vom 23.01.2007 – VI ZR 67/06, LG Dortmund – 4 S 11/10, OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006 – 4 U 49/05). Solange für den Geschädigten als Laien nicht erkennbar ist, dass die vom Sachverständigen erhobenen Gebühren die Grenze der Willkür überschreiten, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen, oder dem Geschädigten selbst ein Verschulden bei der Auswahl des Sachverständigen trifft, hat der Schädiger die Kosten für der Höhe nach überzogenen Gutachterkosten zu zahlen (vgl. OLG Nürnberg OLG-R 2002, 471, OLG Hamm Versicherungsrecht 2001, 249 f).
Diese Grundsätze gelten gleichermaßen, wenn der Geschädigte seinen Anspruch gegen die Versicherung an den Sachverständigen abtritt. Durch die Abtretung verändern sich die Ersatzansprüche des Geschädigten nicht (siehe OLG Naumburg am angegebenen Ort). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den geltend gemachten Sachverständigenkosten kein Grund für eine Anspruchsreduzierung, weil ein sog. Evidenzfall, nämlich dahingehend, dass die Sachverständigenkosten völlig überhöht erscheinen, nicht vorliegt.
Ein Kraftfahrzeugsachverständiger überschreitet durch eine Pauschalierung des Honorars, orientiert an der Schadenshöhe, nicht die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung. Die Kläger halten sich hinsichtlich ihres Grundhonorars von 222,– € durchaus ihm Rahmen des Honorarkorridors, der sich aus der vom BVSK vorgenommen Befragung zur Höhe des üblichen Sachverständigenhonorars 2008/2009 ergibt. Dies gilt auch für die geltend gemachten Fotokosten. Die Kläger berechneten 2,50 € für den ersten Fotosatz und 1,80 € für den zweiten Fotosatz. Aus dem Umfrageergebnis der BVSK ergeben sich ab gerechneten Kosten in Höhe von 2,46 € für den ersten Fotosatz und 2,07 € für den zweiten Fotosatz.
Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 291 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
So das Amtsgericht in Cuxhaven.