Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
am Faschingsdienstag veröffentlichen wir hier einmal eine etwas andere Entscheidung zu den Sachverständigenkosten. In diesem Fall handelt es sich um ein positives Werkvertrag-Urteil aus Dessau gegen die Auftraggeberin des Sachverständigen, die zum einen die Forderung nicht abtreten wollte und zum anderen auch nicht gewillt war, die Rechnung vollständig zu begleichen. So kann es auch gehen. Wer das Gutachten bestellt, der muss es auch im Rahmen der §§ 631, 632 BGB bezahlen. Jetzt muss der Kunde des Sachverständigen neben dem restlichen Honorar auch noch Zinsen und Anwalts- und Gerichtskosten zahlen sowie auch die Gerichtskostenzinsen. Die Begründung zu dem Feststellungsausspruch bezüglich der Gerichtskostenzinsen überzeugt. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Dessau-Roßlau
Geschäfts-Nr.: 4 C 651/13
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn …
Kläger
gegen
… GmbH & Co. KG
Beklagte
hat das Amtsgericht Dessau-Roßlau im Verfahren gem. § 495 a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 01.12.2013 am 31.01.2014 durch die Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 125,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.03.2013 zu zahlen.
2.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 8,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.09.2013 zu zahlen.
3.) Die Beklagte wird verurteilt, an die Rechtsanwälte … 39,00 € als außergerichtlich entstandene Geschäftsgebühr der Prozessbevollmächtigten des Klägers zu zahlen.
4.) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.
5.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
6.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
7.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
8.) Die Berufung wird nicht zugelassen.
Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist im Bereich der Hauptforderung insgesamt, im Bereich der Nebenforderungen überwiegend begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 125,60 € auf der Grundlage des zwischen den Parteien zustande gekommenen Gutachtenvertrags zu einem Fahrzeug der Beklagten in Folge eines Verkehrsunfalls vom 22.04.2012. Von der Beklagten wird nicht bestritten, dass der Kläger die Gutachterleistungen ordnungsgemäß und vollständig erbracht hat, sein Anspruch auf Honorar mithin entstanden ist. Nachdem die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners der Beklagten auf die Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 442,24 € einen Betrag von 316,64 € zahlte, verbleibt der tenorierte Betrag zu Lasten der Beklagten. Für das Entstehen des Honoraranspruchs ist es nicht von Relevanz, ob die Beklagte – was sie bestreitet – die Rechnung vom 25.05.2012 zu der Nr. …-GU erhalten hat. Hinzu kommt, dass die Erteilung einer Rechnung im Allgemeinen auch keine Fälligkeitsvoraussetzung ist.
Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf eine Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB berufen. Der Vortrag der Beklagten ist in diesem Zusammenhang nicht erheblich. Die Beklagte verweist zu ihrer Verteidigung darauf, dass mit Beendigung der Geschäftsbeziehung zum Kläger am 23.12.2013 von ihr am 28.12.2013 (gemeint ist wohl jeweils das Jahr 2012, es dürfte ein Schreibfehler vorliegen) sämtliche noch ausstehende Forderungen des Klägers beglichen worden seien. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang auf eine Umsatzstatistik vom 14.10.2013, vorgelegt als Anlage 1. In jener Statistik taucht die streitgegenständliche Rechnung nicht auf, so dass mittels dieser Statistik eine Erfüllung auch nicht bewiesen werden kann. Andere erhebliche Einwendungen, die der Klageforderung entgegen stehen würden, hat die Beklagte indes nicht vorgebracht.
Was die geltend gemachten Nebenforderungen angeht, so kann der Kläger Zinsen erst seit dem 22.03.2013 beanspruchen. Ein Zinsanspruch bereits ab 15.06.2012 besteht nicht. Ein Verzug der Beklagten zum Zeitpunkt 15.06.2012 ist nicht erwiesen. Der auf der Rechnung vermerkte Zeitpunkt der Fälligkeit ist insofern nicht maßgebend, denn einseitige Zahlungsbestimmungen reichen nicht dafür aus, dass für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt wäre, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Auch greift § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht, wonach der Schuldner einer Entgeltforderung spätestens in Verzug kommt, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet. Zwar ist diese Vorschrift grundsätzlich anwendbar, da an dem vorliegenden Rechtsgeschäft kein Verbraucher beteiligt war. Allerdings bestreitet die Beklagte den Zugang der Rechnung, darlegungs- und beweisbelastet ist insoweit der Kläger. Es ist indes nicht erwiesen, dass die Beklagte die streitgegenständliche Rechnung erhalten hat. Unstreitig ist, dass die Mahnung des Klägers vom 22.03.2013 der Beklagten zugegangen ist. Zwar behauptet die Beklagte in diesem Zusammenhang, jene Mahnung erst am 12.04.2013 erhalten zu haben. Durch Vorlage des Sendeberichtes vom 22.03.2013, Anlage K 10, hat der Kläger allerdings nachgewiesen, dass die Zahlungsaufforderung per Fax bei der Beklagten am 22.03.2013 eingegangen ist. Der Sendebericht enthält keine Fehlermeldung. Die Beklagte hatte mithin an jenem Tage die Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Zahlungsaufforderung. Die Zinshöhe ist gem. § 288 Abs. 2 BGB gerechtfertigt. Da mithin die Mahnung vom 22.03.2013 verzugsbegründend war und die Kosten der Erstmahnung nicht erstattungsfähig sind, kann der Kläger lediglich für die Mahnung per Einschreiben vom 10.04.2013 Mahnkosten verlangen, wobei das Gericht nach Schätzung (§ 287 ZPO) davon ausgeht, dass insofern Kosten von 8,00 € angefallen sind.
Als Verzögerungsschaden ersatzfähig gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 249 ff. BGB sind zudem die außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,00 €, weshalb der Antrag, jenen Betrag an die Prozessbevollmächtigten zu zahlen, ebenfalls begründet war.
Auch der Feststellungsantrag ist zulässig. Die Klage ist als Feststellungsklage statthaft, ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt vor (vgl. nur AG Bad Segeberg, Urt. v. 08.11.2012, 17a C 256/10 – zitiert nach juris, m. w. N. und LG Hamburg, Urt. v. 04.06.2013, 302 O 92/11 – zitiert nach juris). Auch das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, weil für den Kläger keine Möglichkeit besteht, auf einfacheren Weg zu einem Titel über den dem Feststellungsantrag zugrunde liegenden Anspruch zu gelangen (AG Bad Segeberg, a. a. O.; LG Hamburg, a. a. 0.). Die hier maßgebliche Verzinsungspflicht ist nicht Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens, da gemäß § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO die festgesetzten Kosten erst ab Eingang des Festsetzungsantrags zu verzinsen sind. Da sich der Zinsanspruch gemäß §§ 280, 286, 288 BGB im Falle der Begründetheit der Klage auch auf den eingezahlten Gerichtskostenvorschuss erstrecken würde, ist zudem das besondere Feststellungsinteresse gegeben. Denn die Gerichtskosten sind Teil des infolge des Verzugs mit der Hauptforderung entstandenen Schadens (AG Bad Segeberg, a. a. O.; LG Hamburg, a. a. O. – jeweils m. w. N.). Es besteht auch kein Vorrang der Leistungsklage, weil der Anspruch angesichts der Regelung des § 104 ZPO zeitlich begrenzt ist durch den Zeitpunkt des Eingangs eines Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht und sich überdies die Erstattungspflicht sich nach der im Zeitpunkt der Antragstellung noch Ungewissen Kostenquote richtet (AG Bad Segeberg, a. a. O.; LG Hamburg, a. a. O. – jeweils m. w. N.). Da ein Nebeneinander von materiellem und prozessualem Kostenerstattungsanspruch möglich ist, stehen dem Feststellungsantrag zuletzt auch nicht die Bestimmungen über die prozessuale Kostenerstattungspflicht entgegen (AG Bad Segeberg, a. a. O.; LG Hamburg, a. a. O. – jeweils m. w. N.).
Da sich die Beklagte – wie oben festgestellt – vor Klageerhebung in Verzug befand, ist der Feststellungsantrag auch begründet.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11 ZPO. Da die Zuvielforderung des Klägers verhältnismäßig geringfügig war und – da streitwertneutral – keine höheren Kosten verursacht hat, waren der Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Vom Ausspruch einer Abwendungsbefugnis wurde gem. § 713 ZPO abgesehen.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert, § 511 Abs. 4 ZPO.