Und schon wieder musste ein Kfz-Sachverständiger aus abgetretenem Recht gegen den Unfallverursacher persönlich klageweise vorgehen, weil die hinter dem Schädiger stehende Haftpflichtversicherung die Sachverständigenkosten nicht in voller Höhe erstattet hat. Wie dies bei der HUK-Coburg so üblich ist, wird nur ein Teilbetrag überwiesen. Den Rest soll doch der Geschädigte oder der Sachverständige aus abgetretenem Recht einklagen. So hat es auch der Kläger getan und gewonnen. Nachfolgend das Urteil des Richters der 27. Zivilabteilung des AG Dieburg.
Amtsgericht Dieburg
– 27 C 269/10(27) –
Urteil gem. § 495a ZPO
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
des Dipl.-Ing. L.G. aus G.
– Klägers –
Prozessbev.: RAe. D.I. u.K. aus A.
g e g e n
Herrn H.G. aus D.
– Beklagter –
Prozessbev.: RAe. W. u. K. aus F.
hat das Amtsgericht Dieburg durch den Richter Dr. H. im schriftlichen Verfahren am 20.1.2011 für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 243,66 € nebst Zinsen zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger besitzt gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 243,66 € aus den §§ 398, 249 BGB, 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG.
Unstreitig verursachte der Beklagte einen Verkehrsunfall, bei dem das Fahrzeug des Herrn T.W. beschädigt wurde. Dieser beauftragte den Kläger mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens, für das der Kläger 433,16 € berechnete. Auf dieses Sachverständigengutachten zahlte die Haftpflichtversicherung des Beklagten lediglich 189,50 €. Herr T.W. trat seine Schadensersatzansprüche auf Erstattung der Kosten des Sachverständigengutachtens an den Kläger ab.
Grundsätzlich sind Kosten für ein Sachverständigengutachten gem. § 249 BGB erstattungsfähig (BGH NJW 2007, 1450, 1451). Nach den schadensrechtlichen Grundsätzen hat der Schädiger den Geschädigten die Kosten für ein Sachverständigengutachten auch dann zu erstatten, wenn seine Kosten übersetzt sind (vgl. Palandt-Grüneberg § 249 Rdnr. 40; OLG Düsseldorf Urt. v. 16.6.2008 – I-1 U 246/07 -; AG Nürnberg NZV 2010, 627; vgl. auch BGH NJW 2007, 1450 f.) .
Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den ihm zugänglichen Markt zu erforschen, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Auch ist er nicht gehalten, vor Beauftragung eines Schadensgutachters mehrer Kostenvorschläge von Sachverständigen einzuholen. Im vorliegenden Fall fehlen auch jegliche Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden oder eine offenkundige Erkennbarkeit der Unrichtigkeit der Sachverständigenkostenrechnung (vgl. OLG Düsseldorf, aaO.; LG Saarbrücken Urt. v. 29.8.2008 – 13 S 108/08 -).
Der Kläger hat bei einem Wiederbeschaffungsaufwand von 4.800 € und Nettoreparaturkosten von 1.714,55 € ein Grundhonorar von 300 € sowie diverse Auslagen- und Kostenpositionen in Rechnung gestellt. Diese Beträge erscheinen nicht unangemessen überhöht (so auch in ähnlicher Konstellation AG Nürnberg NZV 2010, 627). Im übrigen tragen auch der Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung das Risiko eines überteuerten Gutachtens und nicht der Geschädigte (AG Nürnberg aaO).
Soweit der Beklagte kritisiert, dass die Höhe des Honorars vom Schaden abhängig ist, ist darauf hinzuweisen, dass diese Berechnungsmethode bereits höchtrichterlich gebilligt wird ( BGH NJW 2007, 1450, 1452). Das erkennende Gericht sieht keine Gründe davon abzuweichen.
Dies bedeutet gleichwohl nicht, dass der Schädiger jeden Betrag erstatten muss, den ein Sachverständiger abrechnet. Sofern nämlich der Sachverständige erkennbar exorbitant überhöhte Beträge anrechnet, könnte es im Einzelfall an einer Erforderlichkeit fehlen (BGH NJW 2007, 1450, 1452). Zumindest könnte sich der Schädiger etwaige Ansprüche gegen den Sachverständigen abtreten lassen.
Auch die geltend gemachten Nebenkostenpositionen waren zu erstatten. Dass diese Kostenpositionen tatsächlich angefallen sind, bestreitet der Beklagte nicht. Das Gericht weist darauf hin, dass es nach seiner Ansicht nicht darauf ankommt, in welcher Höhe diese Kosten bei der günstigsten Betrachtungsweise zu beziffern wären. Es geht bei der Frage, ob diese Kosten vom Schädiger zu erstatten sind, allein darum, ob der Geschädigte vernünftigerweise Zweifel an der Richtigkeit der Rechnung hätte haben müssen. Dies wird jedoch selbst dann nicht der Fall sein, wenn die Kosten im Einzelfall überhöht sind. Denn ein durchschnittlicher Geschädigter wird kaum Einblicke oder Erfahrungswerte in die Preisgestaltung und -kalkulation eines Sachverständigern haben (so zutreffend in einem vergleichbaren Fall AG Nürnberg aaO). Die Einholung eines Sachverständigengutachtens war insgesamt entbehrlich, da das Gericht den Schaden nach § 287 Abs. 1 ZPO schätzen konnte (vgl. OLG Düsseldorf aaO.).
Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO zuzusprechen. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB.
So das Urteil des Richters des AG Dieburg.