Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
nach dem kritisch zu betrachtenden Urteil des Amtsgerichts Berlin-Mitte, das wir vor Kurzem veröffentlicht hatten, stellen wir Euch jetzt hier ein Urteil des Amtsgerichts Diez vor, das in der Begründung überzeugt. Das erkennende Gericht kommt – zutreffend – ohne Bezugnahme auf irgendwelche Listen und Tabellen aus. Insbesondere ist die Honorarvereinbarung zwischen BVSK und HUK-COBURG durch das Gericht bewußt abgelehnt worden. Bei einer konkret vorliegenden Rechnung, deren behauptete Überhöhung für den Geschädigten nicht erkennbar deutlich vorliegt, bedarf es auch keiner weiteren Preiskontrolle, wenn kein Auswahlverschulden vorliegt. Eine schöne Entscheidung gegen den bei der HUK-COBURG Versicherten. Weshalb die HUK-COBURG dem Rechtsstreit, trotz eindeutiger Rechtslage (vgl. dazu: BGH VI ZR 225/13) dem Rechtsstreit beigetreten ist und damit der Versicherungsgemeinschaft der HUK-COBURG-Versicherten nur noch weitere Kosten aufbürdete, bleibt ein Geheimnis der HUK-COBURG. Vernünftige wirtschaftlich sinnvolle Gründe dafür existieren nicht. So kann man eben auch Gelder der HUK-COBURG-Versicherten vergeuden. Lest selbst das Urteil aus Diez und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentatre ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Aktenzeichen:
8 C 99/16
Amtsgericht
Diez
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
In dem Rechtsstreit
des Herrn A. H. aus A.
– Kläger –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte I. & P. aus A.
gegen
1. Frau H. W. aus H.
– Beklagte –
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt C. F. aus F.
2. HUK-Coburg, Willi-Hussong-Straße 2, 96442 Coburg
– Nebenintervenientln zu 1 –
wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall
hat das Amtsgericht Diez durch den Richter am Amtsgericht M. am 08.09.2016 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 157,25 € sowie 83,54 € außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.05.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen; die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten hat die Nebenintervenientin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Zu Recht nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung des geforderten Betrages von 157,25 € in Anspruch.
Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz – in der Form von Gutachterkosten – aus einem Verkehrsunfall vom 29.01.2013, für den die Beklagte als Halterin des den Unfall verursachenden Fahrzeuges unstrittig in vollem Umfang eintrittspflichtig ist.
Für ein von dem geschädigten Kläger in Auftrag gegebenes Schadensgutachten wurden ihm gemäß Rechnung des Sachverständigen vom 30.01.2013 677,25 € berechnet, worauf von der Haftpflichtversicherung der Beklagten, die dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin beigetreten ist – unter Berufung auf ein „Gesprächsergebnis BVSK 2009 – HUK-COBURG als Maßstab“ (?) – gemäß Abrechnungsschreiben vom 05.03.2013 lediglich 520,00 € erstattet wurden.
Gegen ihre Verpflichtung, auch das offene Sachverständigenhonorar von 157,25 € als Schaden gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu ersetzen, kann die Beklagte zunächst nicht, wie mit der Klageerwiderung geschehen, in beachtlicher Weise einwenden, dass Gutachterkosten (Grundhonorar und Nebenkosten) in dieser Höhe nicht üblich, angemessen oder erforderlich, sondern (deutlich) überhöht seien. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des hiesigen Gerichts in zahlreichen diesbezüglich hier bereits anhängig gewesenen, der Nebenintervenientin hinlänglich bekannten Verfahren. Insbesondere hatte das Gericht in dem hiesigen Verfahren 8 C 157/11 in seinem Urteil vom 01.12.2011 – zur Klärung der sich dort wie hier stellenden Rechtsfragen für den hiesigen Gerichtsbezirk – die Berufung zugelassen. Das Landgericht Koblenz hat in seinem Berufungsurteil vom 09.05.2012 (12 S 267/11) im Wesentlichen ausgeführt, dass der Geschädigte mit dem Sachverständigen zwar nicht auf Kosten des Schädigers jeden beliebigen Preis vereinbaren kann. Solange jedoch für den Geschädigten (als Laien) nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt oder Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, kann der Geschädigte – der grundsätzlich nicht zu einer Markterforschung nach einem für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen bzw. zu einer (ihm ohne vorherige Begutachtung des unfallbeschädigten Fahrzeuges ohnehin kaum möglichen) Preisvergleichung verpflichtet ist und auf dessen Rücken der Streit über die Höhe von Sachverständigenkosten daher grundsätzlich nicht ausgetragen werden darf – vom Schädiger den vollen Ausgleich des Sachverständigenhonorars verlangen.
Die vorgenannte Rechtsprechung hat inzwischen auch zusätzliche Bestätigung durch die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13, u.a. veröffentlicht in NJW 2014, 1947) erfahren, der darauf abgestellt hat, ob schon eine im Rahmen der Beauftragung getroffene Preisvereinbarung – an der es hier unstrittig fehlt – und nicht erst die spätere Rechnungsstellung „für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt“; nur dann, „wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen“.
Auch in seiner weiteren Entscheidung vom 22.07.2014 (VI ZR 357/13, u.a. veröffentlicht in NJW 2014, 3151) hat der BGH nicht alleine darauf abgestellt, ob „die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise erheblich über den üblichen Preisen liegen“, sondern zusätzlich darauf, ob dies auch „für den Geschädigten erkennbar“ ist.
Dass mithin im Regelfall eine Ersatzpflicht auch für objektiv ggf. übersetzte Gutachterkosten besteht (so auch Palandt, BGB, 73. Auflage 2014, § 249 Rn. 58 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen) und nur ausnahmsweise etwas anderes dann in Betracht kommen kann, wenn der Geschädigte mit dem Sachverständigen ein offensichtlich überhöhtes Honorar vereinbart hat, ihm ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er grobe und offensichtliche Unrichtigkeiten der Vergütungsberechnung missachtet oder gar selbst verursacht hat, ist im Übrigen, wie der Kläger zutreffend ausgeführt hat, auch in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung unbeanstandet geblieben (Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 26.04.2013, Vf. 94-IV.12 und bereits BVerfG, SP 2008,162).
Dass vorliegend unter Zugrundelegung vorstehender Grundsätze – insbesondere deshalb, weil „für den Geschädigten die Überhöhung der Sachverständigenkosten erkennbar“ gewesen sei – eine Ersatzpflicht ausscheide, vermag die Beklagte ebenfalls nicht mit Erfolg geltend zu machen. Was hierunter zu verstehen ist, hat ebenfalls das Landgericht Koblenz in dem Berufungsverfahren 12 S 59/15 (vgl. Anlage K 8 zur Klageschrift) bereits deutlich herausgearbeitet; dasjenige, was die Beklagte hier anführen will, fällt darunter offensichtlich nicht.
Auch ihre Rechtsauffassung, zur Schlüssigkeit der vorliegenden Klage auf Schadensersatz gehöre auch – hier fehlender – Vortrag zu den werkvertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen, kann das Gericht von vornherein nicht teilen.
Ebenfalls kann es für den Umfang des zu leistenden Schadensersatzes von vornherein nicht darauf ankommen, ob der Kläger gegenüber dem Sachverständigen bereits Zahlung in Höhe der Klageforderung erbracht hat. Insoweit kann sich allenfalls die Frage stellen, ob ohne eine solche Zahlung Schadensersatz in Geld geschuldet ist, was vorliegend jedoch schon deshalb zu bejahen ist, weil sich ein ohne eine solche Zahlung zunächst ggf. nur bestehender Freistellungsanspruch jedenfalls infolge Erfüllungsverweigerung in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat (vgl. BGH, NJW 2004, 1868).
Nach alledem sind im Ergebnis rechtserhebliche und durchgreifende Einwendungen gegen die schlüssig dargelegte Klageforderung insgesamt nicht erhoben, so dass die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der noch offenen Sachverständigenkosten in Höhe von 157,25 € zu verurteilen war.
Die Entscheidung über die Nebenforderungen beruht auf §§ 280, 286, 288 BGB. Die Haftpflichtversicherung der Beklagten ist, wodurch auch Verzug der Beklagten selbst eingetreten ist (vgl. Palandt, § 425 BGB Rn. 3), durch anwaltliches Schreiben vom 10.05.2016.unter Fristsetzung auf den 24.05.2016 erfolglos zur Regulierung aufgefordert worden. Hierdurch sind vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 83,54 € entstanden, welche die Beklagte ebenfalls zu ersetzen hat.
Die Kostenentscheidung beruhtauf §§ 91 Abs. 1,101 Abs. 1, 2. Alt. ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Es bedarf keiner weitergehenden Begründung, dass eine – nochmalige – Zulassung der Berufung nicht angezeigt war; die Voraussetzungen gemäß § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO sind nicht (mehr) erfüllt.
Man könnte vermuten, das die HUK-Coburg Versicherung ihre Billigprämien durch systematische Schadenersatzkürzungen – und das oft mit Hilfe der DEKRA Automobil GmbH – finanziert. Am AG Dietz hat das nun wiederholt allerdings nicht funktioniert, denn es gibt noch sachkundige und unabhängige Richter und Richterinnen in Deutschland, die dieses Spiel der HUK-Coburg nicht mitmachen. Ich bin mal gespannt, wann zum ersten Mal ein Amtsgericht einen solchen Vorgang vielleicht an die Staatsanwaltschaft weiterleitet. Veranlasst wäre es allemal.-
Enno von Entenhausen