Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
häufig hatten wir hier im Blog darauf hingewiesen, dass gemäß § 79 II ZPO der Versicherer nicht mehr berechtigt ist, den VN in einem Rechtsstreit zu vertreten. Auch aufgrund der AKB ist eine Vertretung im Rechtsstreit nicht möglich, denn die Vollmachtsregeln in der AKB betreffen nur das Verhältnis Versicherungsnehmer zum Versicherer. Sie haben keine Außenwirkungen, denn ansonsten würde § 79 II ZPO ins Leere laufen. In diesem Sinne hat jüngst auch der zuständige Amtsrichter des AG Diez (Rheinland-Pfalz) entschieden, nachdem sich die HUK-COBURG im gerichtlichen Mahnverfahren für ihren Versicherungsnehmer gemeldet und Widerspruch erhoben hatte. Auch das Verfahren vor den Zentralmahngerichten ist bereits ein gerichtliches Verfahren im Sinne des § 79 ZPO. Lest selbst den Beschluss vom 18.8.2014 – 8 C 155/14 – und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Aktenzeichen
8 C 155/14
Amtsgericht Diez
Beschluss
In dem Rechtsstreit
des Herrn T. T. aus B.
– Klägers –
Prozessbevollmächtigte: RAe. D.I. u. P. aus A.
g e g e n
Herrn H. S. aus D. (VN der HUK-COBURG)
– Beklagter –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Diez durch den Richter am Amtsgericht … am 18.8.2014 beschlossen:
Die HUK-Coburg wird als Bevollmächtigte des Beklagten zurückgewiesen.
G r ü n d e :
Die HUK-Coburg, die für den Beklagten Widerspruch gegen den vorangegangenen Mahnbescheid eingelegt hat, gehört, zumal sie vorliegend nicht streitgenössisch mitverklagt ist, unabhängig von der ihrerseits angeführten Vollmachtsregelung gemäß AKB nicht zu dem von § 79 II ZPO erfassten Personenkreis und scheidet daher als (Prozess-) Bevollmächtigte aus (vgl. z.B. AG Gelnhausen Beschluss vom 4.4.2011 – 53 C 240/11 -; Zschieschack NJW 2010, 3275; AG Diez Beschluss vom 13.8.2014 – 13 C 123/14 -). Sie war daher als Bevollmächtigte zurückzuweisen (§ 79 III 1 ZPO).
Rechtsbehelfsbelehrung:
Der Beschluss ist mit Rechtsmitteln nicht anfechtbar.
…. Richter am Amtsgericht
So der – zutreffende – Beschluss des Amtsrichters des AG Diez; und jetzt bitte Eure Kommentare.
Leider ein Pyrrhussieg, denn der Widerspruch bleibt wirksam (§ 79 Abs. 3 S. 2 ZPO) und der Antragsteller muss doch ins streitige Verfahren.
Das mit dem Phyrrussieg sehe ich anders. Der Widerspruch gegen den Mahnbescheid bleibt zwar bestehen, für den weiteren Prozessverlauf ist die Versicherung jedoch raus aus der Nummer.
Als nächstes muss man die Vollmacht des Beklagtenanwalts in Frage stellen (weil der meist wieder von der Versicherung beauftragt ist). Demzufolge ist der Anwalt gezwungen, die Unterschrift des beklagten VNs einzuholen. Und schon weiß der Schädiger, dass auf seiner Kappe prozessiert wird – was die Versicherung ja gerne verschleiert hätte. Ohne Rausschmiss nach § 79 ZPO wäre der Plan auch aufgegangen.
Summa summarum betrachtet sollte man also grundsätzlich die Prozessvollmacht der Versicherung zurückweisen (lassen). Nicht umsonst erklären sich Versicherer immer wieder als prozessbevollmächtigt, obwohl die sehr genau wissen, dass dies unzulässig ist gemäß § 79 ZPO.
Auch dieses Verhalten der Versicherer zeigt, dass man die eigenen Kunden – auf Teufel komm raus – aus der Schusslinie halten will. Ein weiter Grund dafür NUR noch den VN der Versicherung in Anspruch zunehmen, nachdem die Versicherung den Schadensersatz gekürzt hat.
… aber immerhin mal ein Richter, der sich traut.
Ich denke schon daran, den Klagen gegen Schädiger einen Abdruck von § 79 ZPO beizufügen.
Wobei es den Gerichten auch ziemlich egal ist, wenn die Vollmacht des VN erst sehr spät eintrudelt und noch sehr neu ist. Auch die Wochen vorher benutzte Formulierung „… Beauftragung des Beklagten anwaltlich versichert …“ ändert daran nichts.
Ich sehe immer wieder, dass das Thema die Richter nicht interessiert.
@Zweite Chefin
„Ich sehe immer wieder, dass das Thema die Richter nicht interessiert.“
Möglicherweise muss sich aber die zuständige Rechtsanwaltskammer für Rechtsanwälte interessieren, die irgendwelche Prozesse führen ohne ordnungsgemäße Vollmacht?
Die Inkompetenz von Richtern ist zwar ärgerlich, hier jedoch zuerst einmal ein sekundäres Problem. Es sei denn, man versucht es mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde.
Viel wichtiger ist, dass der VN die Vollmacht unterschieben hat und er nun weiß, dass seine Versicherung „Schindluder“ mit seinem guten Namen treibt. Das ist doch das wesentliche Ziel dieser Strategie. Dem Versicherten aufzuzeigen, dass er bei einer „schmarotzenden Holzkasse“ versichert ist, die nicht davor zurückschreckt, die eigenen Kunden für ein paar Euro in die Pfanne zu hauen.
BGH, Urteil vom 20.1.11 (I ZR 122/09), Rn. 17
§ 3 I UWG
@Kollege Schepers
die Ra-Kammer München soll sich dieser Thematik bereits vor etwa zwei Jahren angenommen haben.
Ergebnisse sind mir leider nicht bekannt geworden.
Es gab aber auch schon Zurückweisungsbeschlüsse der Zentralmahngerichte, die bereits im gerichtlichen Mahnverfahren die Versicherer wegen des eingelegten Widerspruchs zurückgewiesen haben (vgl. AG Stuttgart -Zentralmahngericht – Beschl. v. 16.4.2013 – 13-8910602-08-N -; AG Euskirchen – Zentralmahngericht – Beschl. v. 15.11.2013 – 13-4579224-01-N -).
So müsste es auch gehen, dass nämlich der Rechtspfleger des Mahngerichts bereits den Versicherer zurückweist, denn das gerichtliche Mahnverfahren ist ebenfalls bereits ein gerichtliches Rechtsstreitsverfahren.
Willi Wacker, Hagen weigert sich, die schicken meine rügenden Schriftsätze an die Versicherung mit der Bitte um Stellungnahme binnen 3 Wochen! Daher in Hagen: gar nicht diskutieren, sofort für Abgabe ans Streitgericht sorgen und dort auf einen Richter hoffen, dem § 79 ZPO was sagt.
Aufgrund der Antragstellung gegenüber dem VN der Allianz einen Mahnbescheid zu erlassen, teilt zunächst das Mahngericht mit, dass der Vollstreckungsbescheid frühestens am 05.08. beantragt werden kann. Dagegen legt der Versicherer mit Datum vom 05.08.2014 Widerspruch unter Verweis auf § A 1.1. AKB: Zitat: „Der Widerspruch gilt gemäß § A 1.1. AKB für alle Antragsgegner“ (siehe unten), mit Eingang am Mahngericht vom 06.08.2014, ein
Dazu habe ich 3 Fragen:
1. Ist der Widerspurch verspätet und die Beantragung des Vollstreckungsbescheides somit jederzeit möglich?
2. Berechtigt der Verweis auf § A 1.1. AKB vom Grundsatz her überhaupt den Versicherer Widerspruch gegen einen Mahnbescheid einzulegen oder hat sich spätestens mit der Beantragung des Mahnbescheides allein gegen den VN diese AKB gegenüber dem VN „erledigt“?
3. Wenn das der Fall sein sollte, hat so einen Widerspruch ein Mahngericht nicht (gleich 2 Mal) zurückzuweisen?
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A
Welche Leistungen umfasst Ihre Kfz-Versicherung?
A.1
Kfz-Haftpflichtversicherung – für Schäden, die Sie mit Ihrem Fahrzeug Anderen zufügen
A.1.1
Was ist versichert?
Sie haben mit Ihrem Fahrzeug einen Anderen geschädigt
A.1.1.1
Wir stellen Sie von Schadenersatzansprüchen frei, wenn durch den Gebrauch des Fahrzeugs
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Sachen beschädigt oder zerstört werden oder abhanden kommen,
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einem Personen- noch mit einem Sachschaden mittel-
bar oder unmittelbar zusammenhängen (reine Vermö-
gensschäden),
und deswegen gegen Sie oder uns Schadenersatzansprü-
che aufgrund von Haftpflichtbestimmungen des Bürger-
lichen Gesetzbuchs oder des Straßenverkehrsgesetzes
oder aufgrund anderer gesetzlicher Haftpflichtbestim-
mungen des Privatrechts geltend gemacht werden. Zum
Gebrauch des Fahrzeugs gehört neben dem Fahren z.B.
das Ein- und Aussteigen sowie das Be- und Entladen.
Begründete und unbegründete Schadenersatzansprüche
Hallo Zweite Chefin,
ich bin zwar jetzt schon fünf Jahre im Ruhestand. Soweit ich mich erinnere, ist gegen die Entscheidung des Rechtspflegers die Rechtspflegererinnerung zulässig. Denn m.E. muss der Rechtspfleger bereits bei dem Eingang des Widerspruchs prüfen, ob der Widerspruch wirksam eigelegt wurde. Zur Wirksamkeit gehört auch, ob der Widerspruch von einem berechtigten Bevollmächtigten eingelegt worden ist.
Wenn einmal der Rechtsbehelf gegen den Rechtspfleger durchgeht, dann ist auch Ruhe, denn § 79 ZPO ist auch vom Rechtspfleger zu beachten! Ich würde auch den Beschluss des anderen Zentralmahngerichtes aus NRW, des AG Euskirchen (für Rheinland zuständig) beifügen. Den Beschluss hatte ich bereits in meinem Kommentar von 9.17 h erwähnt.
Mit freundl. Grüßen
Willi Wacker
@ Zweite Chefin
Vielleicht sollten Sie es genau anders rum probieren. Nachfragen, auf eine Entscheidung zu § 79 ZPO drängen, vorher keinen weiteren Vorschuß einzahlen, so daß die Sache nicht abgegeben wird. Das Amtsgericht Euskirchen brauchte auch mehrere Schriftsätze von mir, bis es die LVM zurückwies…