Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
hier gebe ich Euch nun ein gut begründetes Mietwagenurteil aus Dipoldiswalde bekannt. Zunächst hat der Stellvertretende Direktor des Amtsgerichtes als erkennender Zivilrichter der 4. Zivilabteilung des AG Dipoldiswalde die Aktivlegitimation des klagenden Mietwagenunternehmens zutreffend beurteilt und sich von dem Vorbringen der Beklagten nicht vom rechten Weg abbringen lassen. Dann hat er ebenso zutreffend die erforderlichen Mietwagenkosten festgestellt. Insgesamt ein gut begründetes Mietwagenurteil. Lest bitte selbst und gebt Eure Kommentare ab. Die Redaktion freut sich auch über positive Resananz.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Dipoldiswalde
Zivilabteilung
Aktenzeichen: 4 C 769/11
Verkündet am: 18.05.2012
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
…
Beklagte
wegen Mietwagenkosten
hat das Amtsgericht Dippoldiswalde durch
Richter am Amtsgericht (Stellvertretender Direktor) …
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2012 am 18.05.2012
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 482,90 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit dem 02.09.2011 sowie weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i. H. v. 70,20 Euro zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Tatbestand entfällt gemäß § 313a ZPO.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Klägerin stehen aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7, 17 StVG, 115 VVG, 823, 249 BGB i.V.m. § 289 BGB noch offene Mietwagenkosten i. H. v. 482,90 Euro zu.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die geltend gemachte Forderung wurde gemäß § 398 BGB wirksam abgetreten. Insbesondere ist die vorgelegte Abtretungserklärung hinsichtlich der erfüllungshalber abgetreten Forderung hinreichend bestimmt und dem Umfang nach beschränkt. Auch im Übrigen liegt ein Verstoß gegen das RDG, insbesondere § 5 RDG, nicht vor. Der Klägerin geht es im Wesentlichen um Verwirklichung ihres eigenen wirtschaftlichen Interesses. Bei verständiger Würdigung dieser Motivationslage liegt begrifflich schon keine unzulässige Rechtsberatung vor (LG Köln, Urteil vom 04.05.2011, 9 S 334/10). Darüber hinaus steht nach durchgeführter Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Haftung dem Grunde nach anerkannt war und der Streit letztlich nur die Höhe der Mietwagenkosten betrifft. Es sind mithin nur zum Berufs- und Tätigkeitsbild der Klägerin gehörende Nebenleistungen betroffen, bezüglich derer eine nach § 5 I S. 1 RDG erlaubt Dienstleistung gegeben ist (BGH, Urteil vom 31.01.2012, Az.: VI ZR 143/2011).
Auf der Grundlage dieses vorprozessualen Anerkenntnisses, das sich nicht nur aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere der Aussage des Zeugen F., sondern auch aus dem Umstand, dass gegenüber Reparaturwerkstatt und Sachverständigen vollständige Zahlung erfolgt ist, legt das Gericht seiner Entscheidung eine 100 %ige Haftungsquote auf Beklagtenseite zu Grunde.
Die mit Rechnung vom 20.04.2010 abgerechneten Mietwagenkosten i. H. v. 1.515,16 Euro waren auch der Höhe nach erstattungsfähig.
Grundsätzlich sind im Rahmen des § 249 BGB erstattungsfähig sämtliche Kosten, die zur Wiederherstellung des Zustande, der ohne Schädigung bestehen würde, erforderlich sind. Zur Wiederherstellung erforderlich sind regelmäßig Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch für zweckmäßig und notwendig hält. Zwar ist der Geschädigte gehalten, unter diesem Gesichtspunkt einen wirtschaftlichen Weg der Schadensbeseitigung zu wählen. Dies bring mit sich, dass der Geschädigte von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann. Gleichzeitig kann vom Geschädigten jedoch keine Marktforschung verlangt werden. Bei der Beurteilung der Frage, ob sich der gewählte Tarif noch in dem vom Wirtschaftlichkeitsgebot vorgegebenen Grenzen hält, stellt das Gericht regelmäßig bei Ausübung seines Ermessens unter Vornahme eines pauschalen Aufschlags (i.d.R. 20 %) für unfallbedingte Mehraufwendungen auf den Modus des Schwacke-Auto-Mietpreisspiegels im jeweiligen Postleitzahlengebiet ab. Dies ist zulässig (BGH-Urteil vom 22.02.2011, Az.: VI ZR 353/09, Urteil vom 02.02.2010, Az.: VI ZR 139/08 jeweils m.w.N.), die Schwackeliste ist eine geeignete Schätzgrundlage. Auch das Vorbringen der Beklagten zugunsten der Fraunhofer Erhebung führt nicht zu einem Abweichen des Gerichts von seiner bisherigen Rechtsprechung. Grundlage der Fraunhofer Erhebung sind nämlich gerichtsbekannt insbesondere auch Telefon- und Internetabfragen, welche den Charakter einer „Marktforschung“, die dem Geschädigten im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nach vorstehenden Erwägungen gerade nicht zugemutet werden kann, haben.
Auch wird die Schwacke-Liste als geeignete Schätzgrundlage im konkreten Fall nicht erschüttert durch die vorgelegten Alternativangebote, denn zum einen sind diese gerade über Internet recherchiert (vgl. oben) und zum anderen betreffen sie einen anderen als den Anmietzeitraum und es bleibt offen, ob überhaupt eine Anmietung zu den offerierten Bedingungen möglich gewesen wäre.
Die mit der Mietwagenrechnung vom 20.04.2010 i. H. v. 952,50 Euro netto / 1.33,48 Euro brutto abgerechneten Grundkosten halten sich innerhalb des nach vorstehenden Erwägungen durch § 249 BGB begrenzten Rahmen. Bei Heranziehen des Modus nach der Schwackeliste wäre nämlich für den genannten Zeitraum unter Berücksichtigung einer Wochenpauschale i. H. v. 644,00 Euro, einer 3-Tagespauschale von 315,00 Euro und zweier Tagespreise von jeweils 105,00 Euro insgesamt ein Betrag von 1.169,00 brutto an reinen Mietwagenkosten angefallen. Die abgerechneten Grundkosten bleiben unter diesem Betrag. Mithin bestand keine Erkundigungsobliegenheit zur Einholung von Vergleichsangeboten. Erstattungsfähig sind darüber hinaus auch die abgerechneten Haftungsfreistellungskosten, die mit 285,60 Euro brutto unter dem nach dem Modus der Schwackeliste bei 288,00 Euro liegenden Kosten liegen sowie die Kosten für Winterreifen (57,12 EUR brutto statt 120,00 EUR nach Schwacke) und Zustellung/Abholung (38,96 EUR brutto statt 50,00 EUR nach Schwacke).
Bei Abstellen auf den Modus der Schwackeliste wären im konkreten Fall bei Berücksichtigung möglicher Wochen- und 3-Tages-Pauschale mithin insgesamt 1.627,00 Euro brutto angefallen abzüglich ersparter Eigenaufwendungen von 10 % 1.464,30 Euro brutto. Dies entspricht 1.230,50 Euro netto. Hierauf sind bereits gezahlt 710,90 Euro, so dass erstattungsfähig wären Kosten von 516,90 Euro netto. Da nur 482,90 Euro geltend gemacht werden, stellt dieser Betrag den erstattungsfähigen Schadenersatzbetrag dar. Da die konkret abgerechneten Kosten unter den Kosten nach dem Modus der Schwackeliste (sogar unter Berücksichtigung eines Aufschlages) blieben, war der Geschädigte nicht im Rahmen seiner Schadenminderungspflicht gehalten, weitere Abfragen zu unternehmen.
Dieser Betrag ist gem. §§ 291, 288 I BGB zu verzinsen. Darüber hinaus stehen der Klägerin gemäß §§ 280, 286 BGB die angefallenen, richtig berechneten Kosten außergerichtlicher Rechtsverfolgung (1,3 Geschäftsgebühr bei Streitwert bis zu 600,00 EUR zzgl. Auslagenpauschale) zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.