Mit Urteil vom 27.05.2009 (417 C 2537/09) hat das AG Dortmund die HDI Direkt Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 722,47 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an, die Fraunhofer Tabelle dagegen nicht.
Aus den – sehr instruktiven – Entscheidungsgründen:
Die am Gerichtsstand Dortmund erhobene Klage ist zulässig, so die Beklagte gerichtsbekannt in Dortmund eine Filialdirektion unterhält, von welcher aus sie unmittelbar Geschäfte abwickelt und nicht nur die technische Abwicklung solcher Schadensersatzansprüche bewerkstelligt, so dass der Gerichtsstand der Niederlassung gem. § 21 ZPO eingreift.
Die Klage ist sachlich begründet, §§ 298 f., 7, 17 StVG, 1 PflVG, 249 Abs. 2 S. 1 BGB, 115 VVG.
Im rechtlichen Ausgangspunkt auf der Grundlage der gefestigten Rechtsprechung des BGH kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Dies bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt- nicht nur für unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den geringeren Mietpreis ersetzt verlangen kann, beispielhaft BGH NJW 2007, 2758.
Diesen als Normaltarif bezeichneten geringeren Mietpreis unterschreitet die Klägerin mit ihrer Rechnung, wenn auch nur geringfügig, zumal das Gericht in ständiger Rechtsprechung auf der Grundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels die insofern zu berücksichtigenden Kosten mit der Klägerin auf 729,73 € feststellt, weshalb auf die Aufstellung Seite 3 der Klageschrift verwiesen wird.
Die Angriffe gegen dieses Tabellenwerk hält das Gericht nicht für durchgreifend und verweist der Einfachheit halber auf die Begründung des Urteils des Landgerichts Bielefeld vom 19.12.2007, NJW 07, 1601 f., insbesondere unter Ziffer 2.
Insoweit ist, soweit dem Gericht die Rechtsprechung des Landgerichts Dortmund als maßgeblich bekannt ist, der Schwacke-Mietpreisspiegel als geeignete Schätzungsgrundlage heranzuziehen. Dieser ist sicherlich umstritten, dieses gilt aber auch für den Spiegel des Fraunhofer-Institutes, welches die Kosten für gesonderte Zustellung sowie für einen weiteren Fahrer überhaupt nicht ausweisen lässt. Weiter gilt, dass die Auswahl der Anbieter zu wünschen übrig lässt, zumal mittelständische Unternehmen zu wenig oder gar nicht berücksichtigt sind, eine Qualität, die mindestens und gerichtsbekannt auf die Klägerin anzulegen ist.
Die von der Klägerin geltend gemachten Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 722,47 € brutto für die Dauer der Anmietung vom 15.12.2008 bis 19.12.2008 sind nicht überteuert und erst recht nicht nach einem erhöhten Unfallersatztarif festgelegt.
Die nach dem Normaltarif des Schwacke-Mietpreisspiegels 2008 dargestellten Kosten überschreiten diesen Betrag geringfügig. Die Einordnung der Klägerin unter Bezugnahme auf diesen Mietpreisspiegel wird von der Beklagten im Einzelnen auch nicht angegriffen.
Vollkaskokosten sind bereits deshalb zu ersetzen, weil das geschädigte Fahrzeug auch entsprechend versichert war. Die Einordnung in die Mietwagengruppe hält das Gericht für im Ergebnis unstreitig, da qualifiziertes Vorbringen durch die Beklagte nicht zu verzeichnen ist, wie auch im Übrigen an ihrer Darstellung ab Seite 2 der Klageerwiderung vom 16.04.2009 auffällt, dass sich diese offenkundig von dem hier zu entscheidenden Streitfall intellektuell entfernt haben, da von einem außergerichtlichen Rechnungsausgleich wegen und in Höhe von 348,67 € nicht die Rede sein kann, denn weder die Beklagte trägt dieses im Einzelnen und nachvollziehbar und in sich schlüssig vor, noch die Klägerin selbst mit ihrer Replik vom 27.04.2009.
Die Kosten der Zustellung und Abholung kann die Klägerin ersetzt verlangen, da sie schließlich in Witten eine Anmietstation besitzt und die Geschädigte in Bochum (Universitätsbereich) wohnhaft ist.
Von daher war eine Andienung des Pkw erforderlich.
Das Gericht muss sich erfreut zeigen hinsichtlich des Vorbringens der Beklagten zu den Winterreifen. Dieses ist in der Vermietbranche jedoch nicht üblich, wie umfangreiche Fernsehberichterstattung belegt, wie auch weiterhin die entsprechende Behauptung, sämtliche Fahrzeuge seien ohnehin mit Winterreifen ausgerüstet, offenkundig ins Blaue hinein erhoben ist.
Die Klägerin kann Zinsen auf ihre Forderung gem. §§ 280, 286, 288, 187 ZPO ab dem Folgetag der vorgerichtlichen Fristsetzung, mithin den 06.01.2009 verlangen, was jene auch nicht angreift.
Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten stehen der Klägerin brutto zu wie geltend gemacht, da die Sicherungsabtretung der privaten Geschädigten an die Klägerin die Ermächtigung an diese beinhaltet, entsprechend gem. den §§ 184 f. BGB mit der vorgerichtlichen Geltendmachung zudem und natürlich auch mit der gerichtlichen Geltendmachung Rechtsanwälte ihres Vertrauens zu beauftragen, um den Anspruch der privaten Partei im Ergebnis durchzusetzen, weshalb es auf die Berechtigung der Klägerin zur Absetzung der Vorsteuer nicht ankommt, da die Geschädigte dieses Privileg nicht genießt.
Das Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 25.05.2009, eingehend bei Gericht am 27.05.2009, ist von daher gemäß Beschluss vom 22.04.2009 bereits verspätet.
Es ist sicherlich anzuerkennen, dass das Landgericht Hildesheim, wie zitiert nunmehr und offenbar eine andere Rechtsauffassung pflegt. Dieses Gericht ist durchaus auch bereit, sich insoweit dem rechtlichen Fortschritt zu stellen, wenn gleich die Rechtsprechung und die darauf fußende Übersicht allmählich verloren geht, soweit beispielhaft nur anzuführen ist,
BGH, NJW 07, 1122 – 25, 1449, 2758, 2916 und 3782.
Es treten hinzu die Entscheidungen Landgericht Bielefeld, NJW 08,1601, sowie BGH NJW 08, 1519 und 2369, wobei lesenswert wegen der Anwendbarkeit der Schwacke-Liste 06 auch OLG Karlsruhe NJW 08, 2927 und BGH NJW 08, 1519.
Diese Entwicklung legt es nahe, der an anderem Ort (NJW 06, 1483) geäußerten Kritik an der Rechtsprechung des BGH näher zu treten, welche die Nutzungsausfalltabellen von Sanden-Danner zu einem Aufschlag von 200 % für anwendbar hält, um diesen Rechtsstreitigkeiten eine praktische Grundlage zu geben. Dieses soll aber nicht abschließend und hier als Überzeugung des Gerichts dargestellt werden, sondern es wird verwiesen auf die Rechtsprechung des Landgerichts Dortmund, wenn gleich nicht aus 2009 bekannt, zu den Urteilen in 4 S 75/08, 4 S 115/08, die in ihrer Zusammenfassung den wesentlichen Grundlagen nach den Schwacke-Mietpreisspiegel für anwendbar halten und auf dieser Grundlage entscheiden.
Dabei tritt hinzu der Umstand, dass die Benennung von 4 günstigeren Alternativangeboten namentlich bezeichneter Autovermieter insoweit nicht vergleichbar sind, als die näheren Angebotsinhalte nicht mitgeteilt werden und zum anderen solchen Angeboten entgegensteht die Überlegung, dass schließlich bei Mittelwerten, auf denen jeder Marktspiegel insoweit beruht, denknotwendigerweise es Angebote geben muss, die von diesen Werten nach unten abweichen, eben da sie am unteren Rand der Spanne angesiedelt sind. Insoweit ist die Situation vergleichbar im Mietrecht bei Erhöhungsverlangen auf der Grundlage eines Mietspiegels.
Im Ergebnis verpflichtet diesen den Geschädigten eine umfangreiche Marktforschung zu betreiben, um im Rahmen seiner Entschließung, ob er überhaupt ein Ersatzfahrzeug anmietet, eine hinreichende Beurteilungsgrundlage zu liefern. Dieses Gericht ist nicht willens, eine dementsprechende Erkundigungspflicht gemäß § 249 BGB anzunehmen.
Sonderleistungen konnte vorliegend die Geschädigte in Anspruch nehmen, was allein schon durch die Jahreszeit bedingt ist.
Kosten der Vorfinanzierung fallen zudem auch an, wenn der Geschädigte zur Zahlung der Mietwagenkosten nochmals aufgefordert worden ist und diese eben nicht leistet. Weshalb die Rechtsanwaltskosten nicht geschuldet werden, weil eine Geschäftsgebühr nicht entstanden sei, unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 29.01.2009, so kann für diesen Zeitpunkt ein unbedingter Klageauftrag nicht erkannt werden.
Der betreffende Vortrag stellt sich als Darlegung ins Blaue dar, so sich bereits im Ansatz weder aus Wortlaut noch aus Sinngehalt des Schreibens vom 29.01.2009 ein unbedingter Klageauftrag zu jenem Zeitpunkt ergibt. Androhungsstände, die zu diesem Zeitpunkt einen unbedingten Klageauftrag annehmen lassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.