Mit Urteil vom 01.10.2010 (44 C 4106/10) hat das Amtsgericht Düsseldorf die VHV Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 638,16 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt den Normaltarif der Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der begehrten Mietwagenkosten gemäß §§ 7, 18 StVG, 115 VVG, 249, 398 BGB
Die Haftung der Klägerin dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Schadensersatzansprüche des Geschädigten sind im Wege der wirksamen Abtretung auf die Klägerin übergegangen.
Die Klägerin hat gemäß § 249 Abs. 1 BGB im Rahmen des abgetretenen Schadensersatzanspruches einen Anspruch auf Erstattung der restlichen Mietwagenkosten in der geltend gemachten Höhe.
Der Geschädigte hatte unstreitig unfallbedingt einen Nutzungsausfall von zehn Tagen.
Die Klägerin kann den Betrag von 1.271,24 EUR als erforderlichen Herstellungsaufwand des Geschädigten gemäß § 249 Abs. 1 BGB beanspruchen. Der Geschädigte hat hinsichtlich des vorgenannten Betrages einen Aufwand getätigt, den ein verständiger, wirtschaflich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und erforderlich halten durfte. Denn der vorgenannte Betrag entspricht der ortsüblichen Miete für ein dem Unfallfahrzeug vergleichbares Fahrzeug und umfasste die gleichfalls marktüblich vergüteten unfall- und verkehrssicherheitsbedingte Mehraufwendungen, für die der Schädiger und dessen Versicherung, die Beklagte, einzustehen haben.
Die Klägerin hat die Höhe der geltend gemachten Mietwagenkosten zutreffend anhand der Schwacke-Liste 2008 ermittelt.
Das Gericht zieht zur Klärung der Höhe des Schadens durch Nutzungsausfall gemäß § 287 ZPO die Schwacke-Liste 2008 als Schätzungsgrundlage heran. § 287 ZPO ist vorliegend anwendbar. Es geht bei der Bestimmung der ortsüblichen Mietwagenkosten um eine Frage der Schadenshöhe. Insoweit gelten erleichterte Beweisanforderungen. Die Überzeugungsbildung des Gerichts bleibt dem pflichtgemäßen Ermessen überlassen, solange hinreichend Schätzungsgrundlagen vorgetragen sind. Für die Schätzung des Gerichts müssen greifbare tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Schätzungen aufgrund falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen sind ausgeschlossen. Eine bestimmte Art der Schätzungs-grundlage ist indes durch § 287 ZPO nicht vorgegeben. Das Gericht kann in seinem Ermessen zur Schadensschätzung auf Tabellen zurückgreifen. Dabei ist die Schadensschätzung auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwackemietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. BGH v. 02.02.2010 VI ZR 139/08). Der BGH ist von dieser Rechtsprechung auch in seiner Entscheidung vom 18.05.2010 VI ZR 293/08 nicht abgerückt. Auch dort ist ausdrücklich der Schwackemietpreisspiegel als anerkannte und zulässige Schätzungsgrundlage genannt. Der BGH hat lediglich zudem deutlich gemacht, dass er mit der vorliegenden Entscheidung nicht ausschließen will, dass auch andere Tabellen zur Ermittlung der ortsüblichen Mietwagenkosten zulässig herangezogen werden könnten. Er stellt zur Ermessensauswahl des Gerichts hinsichtlich der Schätzungsgrundlagen klar, dass die Eignung der zur Schätzung ausgewählten Liste nur dann der Klärung bedarf, wenn konkrete Tatsachen aufgezeigt werden, die der Schätzung entgegenstehen und sich für die streitgegenständliche Gestaltung auch auswirken.
Vorliegend hält das Gericht die Heranziehung des Schwackemietpreisspiegels für angemessen und sachgerecht. Die vorgenannte Liste ist in ständiger Rechtsprechnung als zulässige Schätzungsgrundlage anerkannt. Im Vergleich zu anderen Erhebungen berücksichtigt die vorgenannte Tabelle in ausreichender Form örtliche Besonderheiten und zuverlässig jederzeit zugängliche Mietangebote. Dieses folgt aus den flächendeckenden schriftlichen, auch kleinere Unternehmen mit einbeziehenden, Befragungen, die im Rahmen der Schwackeerhebungen durchgeführt werden. Temporäre Angebote, die an verschiedene schwer zu übersehende Angebotsvoraussetzungen anknüpfen, werden in diese Erhebung nicht einbezogen. Die schriftliche Auskunft des einzelnen Mietwagenunternehmens bindet dieses auch preisrechtlich und zwingt es, auf tatsächlich dauerhafte für den Kunden zur Verfügung stehende Angebote Bezug zu nehmen.
Durchgreifende Bedenken, die für die vorliegende Fallgestaltung eine konkrete Auswirkung haben, hat die Beklagte gegen die Anwendung der Schwacketabelle zur Schadensschätzung nicht vorgetragen. Wenn sie sich auf die deutlich niedrigeren Mietpreise bezieht, welche in der Fraunhofer Erhebung ermittelt worden sind, so ist dem entgegenzuhalten, dass sich die vorgenannte Erhebung zum großen Teil auf anonyme Telefonbefragungen und Internetangebote stützt. Es ist hier nicht sichergestellt, dass verschiedene Einschränkungen der Angebote und möglicherweise nur temporäre Geltungsdauern als Einflussfaktoren der Preisgestaltung hinreichend berücksichtigt wurden. Eine Telefonbefragung ist sowohl auf Befragerseite als auch von Seiten des Unternehmens unsicher und wenig überprüfbar. Gleiches gilt für die Erhebungen des Sachverständigen Dr. Zinn. Auch dessen Erhebungen nehmen auf Internet- und Telefonerhebungen Bezug, die nicht nach ihren zeitlichen und sonstigen Bedingungen nicht hinreichend sicher feststehen. Der Umstand der offenen Befragungen, welche der Schwackeerhebung zugrundegelegt werden, spricht nicht gegen die Verwertbarkeit der Schwackemietwerte als Schätzungsgrundlage. Denn die Befragten werden aufgefordert, aus ihren öffentlich zugänglichen Preisaufstellungen zu zitieren, so dass die Befragten angehalten sind, Preise anzugeben, die auch tatsächlich marktrelevant sind.
Die Beklagten haben auch keine Mängel der Schwackeliste aufgeführt, die sich konkret für die streitgegenständliche Fallgestaltung auswirken. Sie haben zwar die ermittelten Werte der Fraunhofer Tabelle für den Großraum Düsseldorf benannt. Jedoch stehen hier die oben genannten Bedenken gegen die Art der Erhebung der Daten der Fraunhofer Tabelle entgegen. Die von der Beklagten konkret genannten Angebote dreier großer Mietwagenanbieter sind nicht geeignet, die Schätzung auf der Grundlage der Schwackeliste in Frage zu stellen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, aus welchen Tatsachen sie den Schluss zieht, dass die von ihr genannten Angebote tatsächlich auch für den streitgegenständlichen Zeitraum bestanden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es sich bei den genannten Angeboten um temporär, speziell an der Auslastung orientierte Preise handelte. Die Beklagte hat nicht dargelegt, auf welchem Wege sie die Angebote zu welchem Zeitpunkt eingeholt hat. Sie hat insbesondere keine Darlegungen zu den näheren Bedingungen dieser Angebote gemacht. Sie hat ferner auch nicht vorgetragen, dass ein Fahrzeug der Unfallfahrzeugklasse von den benannten Anbietern im streitgegenständlichen Zeitraum überhaupt zur Verfügung gestanden hätte. Im übrigen fehlt es zu den Angaben, die die Zugänglichkeit eines deutlich niedrigeren Mietpreise, als in der Schwackeliste angegeben, belegen sollen, jeglicher Beweisantritt der Beklagten.
Es war auch die Heranziehung der Schwackeliste aus 2008 nicht zu beanstanden. Die Erhebung für die Schwackeliste 2009 begann laut Einleitung zu dieser Erhebung erst im Mai 2009 also nach dem streitgegenständlichen Zeitraum.
Die Klägerin hat zutreffend ihrer Anspruchsberechnung das gewichtete Mittel der Mietwerte für die Fahrzeugklasse für das Postleitzahlengebiet 402 zugrundegelegt.
Sie durfte die Kosten für eine Zustellung und Abholung des Mietfahrzeuges sowie die Kosten für Winterreifen im Rahmen des erforderlichen Herstellungsaufwandes zusätzlich beanspruchen. In der hier nach obigen Überlegungen zur Schätzung herangezogenen Schwackemietpreistabelle werden für den Normaltarif diese Kosten gesondert ausgewiesen. Es ist davon auszugehen, dass üblicherweise sich die Mietpreise, wenn Leistungen der oben genannten Art erbracht werden, entsprechend den von der Kläger geltend gemachten Beträgen erhöhen, also auch insoweit die marktübliche Vergütung wiedergegeben ist. In dem streitgegenständlichen Zeitraum waren Winterreifen aus Verkehrssicherheitsgünden noch erforderlich. Auch die Zustellung und Ablieferung des Fahrzeuges am Werkstattort kann der Geschädigte, der so zu stellen ist, als sei das schädigende Ereignis nicht eingetreten, verlangen. Er darf nicht darauf verwiesen werden, dass er zur Erlangung des Mietwagens einen umständlichen, aber kostengünstigeren Wege hätte wählen können, indem er etwa per öffentlicher Verkehrsmittel zum Mietwagenunternehmen fährt und von dort nach Rückgabe wieder abreist.
Die Klägerin hat ebenfalls im Rahmen des erforderlichen Herstellungsaufwandes einen Anspruch auf Ersatz der Haftungsbefreiungskosten in Höhe von 132 EUR. Auch insoweit kann zutreffend Bezug genommen werden auf die Erhebungen der Schwackemietpreistabelle. Bei vollkommener Haftungsfreistellung ohne Eigenbeteiligung erhöht sich der ortsübliche Mietzins laut heranzuziehender Schwackemietpreistabelle um den vorgenannten Betrag. Der Geschädigte hatte werden, wie er wirtschaftlich ohne den schädigenden Eingriff gestanden härte. Bei Benutzung seines eigenen Fahrzeug hätte aber der Geschädigte im Falle der Beschädigung keine Geldforderung eines Dritten zu befürchten. Es obläge allein seiner Entscheidung, ob und in welchem Umfange er eine solche etwaige Beschädigung des eigenen Fahrzeuges finanziell ausgleicht. Bei einem Mietwagen besteht aber ein Haftungsrisiko gegenüber dem Mietwagenunternehmer. Hiervon ist der Geschädigte freizustellen. Eine Eigenbeteiligung ist aus dem Gedanken des § 249 Abs. 1 BGB nicht zu rechtfertigen.
Die Klägerin hat zutreffend für ersparte Eigenaufwendungen 5 % von den berechneten Mietwagenkosten abgesetzt. Die Beklagte ist dieser Schätzung nicht entgegengetreten. Da in einem geringen Maße die Abnutzung des eigenen Fahrzeuges erspart wird, ist im Wege der Schadensschätzung ein solcher Abzug gerechtfertigt.
Dem nach dem Schwackemietpreisspiegel ermittelten ortsüblichen Normaltarif waren im Wege der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO 20 % für unfallspezifische Leistungen hinzuzurechnen. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Geschädigte dann über den Normaltarif hinausgehende Entgelte erstattet verlangen kann, wenn dieses durch unfallbedingten Mehraufwand gerechtfertigt ist (BGH VI ZR 234/07). Dabei kommt es nach gefestigter Rechtsprechung nicht auf die konkrete betriebswirtschaftliche Kalkulation des betroffenen Mietwagenunternehmen an, sondern maßgebend ist, ob bestimmte Mehraufwendungen wegen unfallspezifischer Leistungen allgemein einen Aufschlag auf den Normaltarif rechtfertigen (aaO). Vorliegend kamen unfallspezifische Leistungen zur Geltung, welche einen Aufschlag rechtfertigten. Die Klägerin trug aufgrund der Unfallsituation der Unsicherheit der Erstattungsquote und der mangelnden Vorfinanzierung ein höheres Forderungsausfallrisiko. Das Fahrzeug wurde ohne Vorreservierung angemietet. Es wurde keine Nutzungseinschränkung vereinbart. Aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Fahrzeugklassen, die von Unfallgeschädigten verlangt werden, besteht ein höheres Auslastungsrisiko. Die unfallspezifischen Mehraufwendungen rechtfertigen im Wege der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO einen Aufschlag von 20 %. Ein solcher Betrag ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. BGH vom 19.01.2010 VI ZR 112/09). Er entspricht wirtschaftlich den allgemein erforderlichen Mehraufwendungen im Unfallschadensfall.
Die Beklagten haben auch nicht substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt, der Geschädigte hätte bei der Auswahl des geltend gemachten Tarifs gegen seine Schadensminderungsobliegenheit gemäß § 254 Abs. 2 BGB verstoßen. Der pauschale Verweis darauf, der Geschädigte hätte eine Kreditkarte einsetzen können reicht nicht aus. Die Beklagte hat die konkrete Preisauswirkung durch so einen Schadensminderungsbetrag nicht benannt. Hinsichtlich der benannten günstigeren Mietwagenangebote ist auf die obigen Ausführungen zum üblichen Mietpreis im Rahmen des Wiederherstellungsaufwandes zu verweisen.
Die Zinsforderung der Klägerin folgt aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 1. Alt., 708 Nr. 11 ZPO.
Soweit das AG Düsseldorf.