Mit Urteil vom 24.09.2009 (11 C 293/09) hat das AG Essen die beteiligte Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 115,20 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 115,20 € gemäß den §§ 7 Absatz 1 StVG, 3 Nummer 1 PflichtVersG i.V.m. § 249 BGB.
Die Beklagte hat – was zwischen den Parteien unstreitig ist – die unfallbedingten ersatzfähigen Schäden des Geschädigten aus dem Verkehrsunfallereignis vom xx.xx.2008 an seinem Fahrzeug dem Grunde nach voll zu ersetzen.
Die von der Firma X dem Kläger in Rechnung gestellten Mietwagenkosten sind in Höhe von insgesamt 629,28 € ersatzfähig.
Mietwagenkosten gehören regelmäßig zu den Kosten der Schadenbehebung im Sinne des § 249 BGB. Hiernach darf der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung als Herstellungsaufwand die objektiv erforderlichen Mietwagenkosten ersetzt verlangen.
Zur Herstellung erforderlich sind dabei nur die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei unter dem Gesichtspunkt der Schadenminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen Wegen den wirtschaftlicheren Weg der Schadenbeseitigung zu wählen. Das bedeutet für den Markt der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Fahrzeuges innerhalb eines gewissen Rahmens grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann (vgl. BGH NJW 2006, 2106; BGH NJW 2006, 2618).
Das Mietwagenunternehmen hatte dem Kläger zunächst mit Rechnung vom xx.06.2008 für die Mietzeit vom 4 Tagen (xx.06-xx.06.08) unter Zugrundelegung ihres Unfallersatztarifs einen Betrag in Höhe von 829,50 € in Rechnung gestellt, auf den die Beklagte eine Teilzahlung von 514,08 € erbracht hat.
Nachdem die Beklagte einen überhöhten sogenannten Unfalltarif moniert hat, nimmt der Kläger nunmehr von der Geitendmachung des vollen Rechnungsbetrags Abstand und berechnet nunmehr unter Geltendmachung eines Gesamtbetrags in Höhe von 796,55 € die Mietwagenkosten auf Basis des Normalpreises der Schwacke-Mietpreisliste zuzüglich eines Zuschlags von 20 % für unfallbedingte Mehraufwendungen.
Es kommt danach im vorliegenden Falle nicht mehr auf die Frage der Erforderlichkeit des ursprünglichen von der Mietwagenfirma erhobenen Unfallersatztarifes an. Der Kläger macht ausdrücklich eine Mietpreisforderung auf Basis eines Normalpreises geltend, wobei er sich zur Berechnung der Mietpreisforderung der Schwacke-Mietpreisliste bedient.
Die Ansetzung des Mietpreises auf Basis der Schwacke-Mietpreisliste begegnet keinen Bedenken. Der in dem Schwacke-Mietpreisspiegel für das jeweils relevante Postleitzahlengebiet ermittelbare Normaltarif stellt nach Auffassung des Gerichtes eine nach § 287 ZPO geeignete hinreichende Berechnungsgrundlage dar. Das Gericht verkennt nicht, dass es eine Vielzahl von Einwendungen gegen die Ermittlungsmethode des von der Firma Schwacke erhobenen Mietpreisspiegels gibt, welche umfassend von der Beklagten vorgetragen worden sind. Das Gericht hält die Schwacke-Liste mangels Vorliegens besserer Mietpreiserhebungen jedoch nach wie vor für eine hinreichende Schätzgrundlage. Die Mietpreisliste ist aufgrund ihrer lokalen Preiserhebung und der Vielzahl der ermittelten Preise der mittlerweile ebenfalls vorliegenden Mietpreisliste des Frauenhofer Institutes vorzuziehen, der zwar die realistischere Preiserhebungsmethodik zugute zu halten ist, die aber auf der anderen Seite die Vielzahl lokaler Autovermieter bei der Erhebung der Mietpreise vernachlässigt hat.
Die Besonderheiten einer Autovermieterin in Unfallsituationen rechtfertigen auch nach § 287 ZPO einen pauschalen Aufschlag auf den Normaltarif, der mit 20 % angemessen aber auch ausreichend ist. Dabei ist es nicht erforderlich, die Kalkulation des konkreten Vermieters nachzuvoliziehen. Die Prüfung kann sich vielmehr darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen Mehrpreis rechtfertigen (vgl. BGH NJW 2006, 1726; BGH NZV 2007, 232).
Aufgrund der Besonderheiten der Unfallsituation ist in der Regel ein höherer Mietwagenpreis als der Normaltarif zur Schadensbeseitigung i.s.d. § 249 BGB erforderlich. Als rechtfertigende Gründe sind etwa die Vorfinanzierung, das Ausfallrisiko wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden, die Einrichtung eines Notdienstes, Beschädigung eines Mietfahrzeuges ohne Kreditkartensicherheit oder erhöhter Verwaltungsaufwand zu nennen (vgl. OLG Köln NVZ 2007, 200). Ein solcher pauschaler Aufschlag erscheint praktikabel und notwendig, um die Schadensabwicklung zu vereinheitlichen und zu erleichtern.
Dem Kläger stand als Ersatz für seinen eigenen Wagen ein Fahrzeug der Gruppe 8 der Schwacke-Mietpreisliste zu. Zur Berechnung hat sich das Gericht auf die hier vorliegende Schwacke-Mietpreisliste 2008 gestützt. Nach der Schwacke-Mietpreisliste 2008 im PLZ Gebiet 451 zur Fahrzeugklasse 8 (Modus) ergibt sich ein Anspruch von 370,00 € brutto für drei Tage und 126,00 € für einen weiteren Tag.
Auf diesen Betrag ist ein pauschaler Aufschlag von 20 % als Ausgleich für die Mehraufwendungen der Firma X als Vermieterin von Unfallersatzfahrzeugen vorzunehmen; dies ergibt vorliegend einen Betrag von 99,20 €.
Darüber hinaus kann der Kläger auch als Zusatzleistung die Aufwendungen für eine Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung ersetzt verlangen, mithin nach der Schwacke-Mietpreisliste 104,00 €.
Bringt man von der sich danach ergebenden Mietpreisforderung von 699,20 € eine Eigenersparnis von 10 % in Abzug, da der Kläger kein klassentieferes Fahrzeug angemietet hat, ergibt sich ein Gesamtbetrag von 629,28 €.
Da die Mietwagenrechnung der Firma X keine Kosten für Zustellung-/Abholung des Fahrzeugs enthält, ist der Kläger auch nicht berechtigt, hierfür bei der nun von ihm vorgenommenen Abrechnung auf Basis eines Normaltarifs nebst pauschalem Zuschlages derartige Kosten zu verlangen.
Abzüglich der von der Beklagten außergerichtlich bezahlten 514,08 € verbleibt danach ein Betrag von 115,20 €.
Hinsichtlich des vorgenannten Betrages steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch zu. Die weitergehende Klage war abzuweisen.
Der Kläger hat gegen die Beklagte weiter einen Anspruch auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 46,41 €. Ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von bis 300,00 € und einer sich daraus ergebenden 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VVRVG in Höhe von 32,50 € zzgl. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer kann der Kläger die sich daraus ergebenden 46,41 € geltend machen.
Soweit das AG Essen.
Hallo Babelfisch,
mal wieder ein erfreuliches Mietwagenurteil aus der jetzigen Kulturhauptstadt Europas.
Mit freundl. koll. Grüßen
Willi Wacker