Mit Datum vom 12.06.2009 (10 C 181/09) hat das AG Essen die DEVK zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 143,72 zzgl. Zinsen sowie zur Freistellung von weiteren vorgerichtlichen RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwache-Liste an und erteilt der Fraunhofer Tabellle eine Absage.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Die Klägerin hat aus abgetretenen Recht aufgrund des Verkehrsunfalls vom xx.xx.2008 gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gemäß § 398 BGB i V m §§ 7 Abs 1, 17 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, § 3 Nr. 1, Nr. 2 PflVG auf Erstattung weiterer Mietwagenkosten. Dieser Anspruch ist durch die vorgerichtlich erfolgten Zahlungen der Beklagten nicht vollständig beglichen worden.
Die Klägerin, bei der der Geschädigte des Verkehrsunfalls ein Fahrzeug angemietet hat, ist aktivlegitimiert. Die von dem Geschädigten – zu einem nicht näher genannten Datum – erklärte Abtretung der Forderung gegen die Beklagte ist nicht wegen Verstoßes gegen Art, 1 § 1 Abs. 1 RBerG bzw. §2, 3 RDG, der seit dem 01.07.2008 zur Anwendung kommt, in Verbindung mit § 134 BGB nichtig.
Es kann dahinstehen, ob die Abtretung vorliegend nach dem RBerG oder nach dem RDG zu bewerten ist: Nach § 3 RDG ist die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, indem sie durch das Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten soweit sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert (§ 2 Abs. 1 RDG). Rechtsdienstleistung ist, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 RDG, die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständige Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung), § 2 Abs. 2 S. 1 RDG. § 2 Abs. 2 S. 1 RGD, der den Anwendungsbereich gegenüber § 2 Abs. 1 RDG erweitert (»unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Abs.1″), findet keine Anwendung, weil die Klägerin den Forderungseinzug nicht als eigenständiges Geschäft (Inkassodienstleistung) betreibt. Die Klägerin ist u.a. gewerbliche Autovermieterin. Zu ihrer Haupttätigkeit gehört die Autovermietung, während sich die Forderungseinziehung als bloße Nebenleistung darstellt (vgl. § 5 RDG). Einschlägig ist vielmehr § 2 Abs. 1 RDG. Maßgeblich ist primär die Frage, ob es sich um die Tätigkeit in einer fremden oder einer eigenen Angelegenheit handelt. Dass das Tatbestandsmerkmal der fremden Angelegenheit gesondert zu prüfen ist, folgt daraus, dass eine Tätigkeit in einer eigenen Angelegenheit, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert keine registrierungspflichtige Rechtsdienstleistung darstellt. Das bedeutet, dass das Tatbestandsmerkmal „rechtliche Prtifung des Einzelfalls“ erst dann zum Tragen kommt, wenn eine Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit bejaht wurde. Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist mithin die Frage, ob eine eigene oder eine fremde Angelegenheft vorliegt. Diese Abgrenzung richtet sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2006, 1726), die zu Art. 1 § 1 RBerG ergangen ist, weil das Merkmal „fremde Angelegenheit“ durch die neue Rechtslage nach dem RDG keine Änderung erfahren hat.
Geht es dem Mietwagenunternehmen im Wesentlichen darum, die durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen, besorgt es keine Rechtsangelegenheit des geschädigten Kunden, sondern eine eigene Angelegenheit. Ein solcher Fall liegt allerdings dann nicht vor, wenn nach der Geschäftspraxis des Mietwagen Unternehmens die Schadensersatzforderungen der unfallgeschädigten Kunden eingezogen werden bevor diese selbst auf Zahlung in Anspruch genommen werden. Denn damit werden den Geschädigten Rechtsangelegenheiten abgenommen, um die sie sich eigentlich selbst zu kümmern hätten. Allerdings ist es durchaus zulässig, dem praktischen Bedürfnis nach einer gewissen Mitwirkung des Fahrzeugvermieters bei der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegenüber der Haftpflichtversicherung des Schädigers Rechnung zu tragen (BGH NJW 2006, 1726).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass die Klägerin keine Rechtsangelegenheit des Geschädigten, sondern eine eigene Angelegenheit aufgrund der ihr eingeräumten Sicherheiten besorgt. Hierfür spricht zunächst der Umfang der Abtretungserklärung. Die Klägerin hat sich nämlich nicht sämtliche Ansprüche des Geschädigten abtreten lassen, die Abtretung ist vielmehr auf die Ersatzansprüche hinsichtlich der Mietwagenkosten beschränkt. Auch aufgrund des weiteren Vorgehens der Klägerin ist eine Umgehung des RBerG bzw. des RDG nicht naheliegend. Die Klägerin hat den Geschädigten mit Schreiben vom 12.08.2008 aufgefordert, die Mietwagenkosten auszugleichen. Der Geschädigte ist dem nicht nachgekommen. Insofern ist der Sicherungsfall eingetreten.
Die Klägerin kann in der Sache aus abgetretenem Recht einen weitergehenden Ersatzanspruch des Geschädigten gegen die Beklagten in Höhe von 143,72 € geltend machen.
Gemäß § 249 Abs. 1 BGB kann der Geschädigte verlangen, dass der Zustand hergestellt wird, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte statt der Herstellung den hierfür erforderlichen Geldbetrag verlangen. Mietet der Geschädigte für die Dauer der Reparatur ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug an, kann er grundsätzlich die hierbei anfallenden Kosten vom Schädiger ersetzt verlangen. Als erforderlich sind dabei diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Allerdings ist der Geschädigte hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann. Ausgangspunkt für die Betrachtung bildet der am Markt übliche Normaltarif.
Im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens im Sinne des § 287 ZPO kann das Gericht die Erforderlichkeit eines von dem Mietwagenunternehmen berechneten Tarifs anhand der auf dem örtlich relevanten Marktes verlangten „Normaltarife“ schätzen Bei der Schätzung des ersatzfähigen Normaltarifs können geeignete Listen und Tabellen herangezogen werden. Zwar darf die Schadenshöhe nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden, und wesentliche die Entscheidungen bedingtende Tatsachen dürften nicht außer Acht bleiben. Allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage muss der Tatrichter allerdings nicht nachgehen. Einwendungen gegen die Grundlage der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH NJW 2008, 1519).
Nach Maßgabe dieser Kriterien bestehen im Streitfall keine Bedenken, den Normaltarif auf der Grundlage des arithmetischen Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels 2007 für das Postleitzahlengebiet des Geschädigten zu ermitteln. Hiernach entsprechen die im Klageweg eingeforderten Mietwagenkosten dem am Markt des Geschädigten mit der PLZ 452 üblichem Normaltarif:
Die 3-Tagespauschale beträgt für Fahrzeuge der Klasse 3 240 €. Hinzu kommen die Kosten für die Haftpflichtversicherung von 61,72 € für drei Tage. Zugrundezulegen ist bei der Berechnung die Fahrzeugklasse 3. Unstreitig ist das Fahrzeug des Geschädigten in die Fahrzeugklasse 4 einzustufen. Unter Berücksichtigung der Vorteilsausgleichung hat der Geschädigte ein gruppenniedrigeres Fahrzeug angemietet. Es kann dahinstehen, ob das angemietete Fahrzeug – wie die Beklagte behauptet – niedriger ist als die Fahrzeugklasse 3 oder- wie die Klägerin behauptet -der Fahrzeugklasse 3 angehört. Denn der Geschädigte hat zumindest einen Anspruch auf Ersatz der für die Inanspruchnahme eines – nur eine Gruppe niedrigeren -Fahrzeugs anfallenden Kosten.
Die Beklagte hat nicht in der im Lichte der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu fordernden Weise auf den konkreten Schadensfall bezogene Einwendungen vorgebracht, welche geeignet erscheinen, Bedenken gegen die Heranziehung, des Schwacke-Mietpreisspiegels 2007 als Schätzgrundlage zu wecken. Diesbezüglich reicht insbesondere der pauschale Vermerk, heutzutage gelte weitestgehend nicht mehr die Schwacke-Liste, sondern die des Fraunhofer Instituts, nicht aus.
Die Erstattung der weiteren Mietwagenkosten ist auch nicht unter dem Blickwinkel der dem Geschädigten gemäß § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht ausgeschlossen. Das wäre nur dann der Fall, wenn dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war (BGH NJW 2007 , 1211; BGH NJW 2007, 2758). Dass eine solche Möglichkeit bestand hat die Beklagte, die diesbezüglich die Darlegungs- und Beweislast trägt, nicht entsprechend dargelegt. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte – was von der Klägerin in Abrede gestellt wirde, dem Geschädigten die Inanspruchnahme eines Mietwagens zu einem Preis von 60 € bei der Firma Europcar angeboten hat. Zum einen ist schon nicht ersichtlich, dass in dem Zeitraum, in welchem der Geschädigte ein Mietfahrzeug benötigte, das von der Beklagten genannte Angebot hätte in Anspruch genommen werden können. Außerdem war der Geschädigte – ungeachtet der Problematik eines gegen die Anforderungen des RBerG verstoßenden „aktiven Schadensmanagements“ – nicht verpflichtet, die Schadensregulierung aus der Hand zu geben und den Vermieter zu wählen, den die Beklagte genannt hatte. Der Geschädigte ist grundsätzlich sowohl in der Wahl der Mittel als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei.
Die Zinsentscheidung ist unter Verzugsgesichtspunkten gerechtfertigt, §§ 286 Abs 1 Abs. 3 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB.
Ebenfalls unter Verzugsgesichtspunkten gerechtfertigt ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der im Rahmen der Geltendmachung ihres Anspruchs angefallenen vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Soweit die Klägerin auch hinsichtlich des Freistellungsanspruchs Verzugszinsen geltend macht war die Klage abzuweisen. Für einen auf Freistellung und nicht auf die Zahlung einer Geldsumme gerichteten Anspruch besteht kein Zinsanspruch.
Die Zinsentscheidung ist unter Verzugsgesichtspunkten gerechtfertigt, §§ 286 Abs 1 Abs. 3 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB.
Ebenfalls unter Verzugsgesichtspunkten gerechtfertigt ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der im Rahmen der Geltendmachung ihres Anspruchs angefallenen vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Soweit die Klägerin auch hinsichtlich des Freistellungsanspruchs Verzugszinsen geltend macht war die Klage abzuweisen. Für einen auf Freistellung und nicht auf die Zahlung einer Geldsumme gerichteten Anspruch besteht kein Zinsanspruch.
Soweit das AG Essen.
Hi Babelfisch,
obwohl mir durchaus bewußt ist, daß nicht Quantität zählt, sondern Qualität, so will ich gleichwohl darauf hinweisen, daß auch im zentralen Ruhrgebiet Schwacke gilt. Das abwegige Urteil aus Hagen kann ich nicht mehr zum Ruhrgebiet zählen. Im Ruhrgebiet (ohne Hagen) wird fast einhellig als Schätzgrundlage der Schwacke-Mietpreisspiegel angewandt.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker