Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
manchmal gibt es Sachen, die sollte es eigentlich gar nicht geben. Das sind dann so Dinge, bei denen der Versicherer im Schadensersatzverfahren Kürzungen von sage und schreibe -,04 € (sprich: vier Cent) pro Lichtbild vornimmt und meint, die allgemeine Porto- und Telekompauschale nicht erstatten zu müssen. Zumindest hat das der später beklagte Kfz-Haftpflichtversicherer vorgetragen. Da der Geschädigte sich mit einem derartigen Unsinn nicht zufrieden geben konnte und wollte, wurde das zuständige Amtsgericht in Esslingen (Baden-Württemberg) bemüht. Dieses war mit dem Rechtsstreit schnell fertig. Zu Recht fragt zu diesem Urteil des AG Esslingen, das wir Euch nachfolgend bekannt geben, Herr RA. Otting bei IWW unter der Abruf-Nr. 43698452, wer denn solche Kürzungen anordnet und wer entscheidet, dass so ein Verfahren noch bis zum Urteil durchgezogen wird? Die Bemerkung von Otting, insbesondere sein letzter Satz zu diesem Urteil und zu dem Verhalten der Versicherung, gefällt mir. Er schrieb:
„Bei solchem (Kürzungs-) Verhalten eines Versicherer mag man sich nur noch am Hintern kratzen, weil der Kopf dazu zu schade ist“.
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Lest selbst und gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Aktenzeichen:
10 C 1245/15
Amtsgericht Esslingen
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
…
– Beklagte –
wegen Schadensersatzes
hat das Amtsgericht Esslingen durch die Richterin am Amtsgericht M. am 01.10.2015 auf Grund des Sachstands vom 25.09.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 34,56 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 27.07.2015 zu bezahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Eine Berufung wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird bis € 500,- festgesetzt.
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gern. S 313 a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage führt zum Erfolg, der Kläger hat einen Anspruch gegenüber der Beklagten aus abgetretenem Recht.
Der wirksam am 05.05.2015 abgetretene Anspruch folgt aus §§ 7 StVG, 823,249 ff. BGB, 115 VVG.
Der Anspruch scheitert nicht an §§ 249 ff, 254II BGB.
Wie sich aus der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt, besteht ein Anspruch auf Erstattung der vollen, eventuell überhöhten Sachverständigenkosten für einen Unfallgeschädigten, hier Herrn … nur dann, wenn sich dieser wie ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch bei Behebung des Schadens verhalten bzw. seiner Schadensminderungspflicht genügt hat. Dies ist vorliegend der Fall.
Es werden grundsätzlich keine überobligatorischen Anstrengungen von einem Unfallgeschädigten erwartet. Grundsätzlich muss ein Unfallgeschädigter geschützt werden, dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn er möglicherweise aus Unwissenheit eine zu hohe Forderung akzeptiert.
Dies ist jedoch hier nicht anzunehmen.
Eine Überschreitung von 0,04 € für Kosten für ein einzelnes Photo laut BGH-Rechtsprechung ist für einen Geschädigten nicht als deutliche Überhöhung und Grund anzusehen von einer Beauftragung Abstand zu nehmen.
Dies gilt auch für die Geltendmachung einer Porto- und Telefonpauschale. Hier von einem Geschädigten zu verlangen, den Ansatz der Pauschale als Grund für ein nicht wirtschaftliches und unvernünftiges Handeln zu sehen, hält das Gericht nicht für angemessen. Insbesondere verlangen – mit gesetzlich geregeltem Hintergrund – auch andere Berufszweige diese Pauschale, nicht zuletzt die Anwaltschaft.
Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 288, 286 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit §§ 708 Nr. 11 ZPO. Anhaltspunkte gem. § 511 Abs. 4 ZPO liegen nicht vor.