Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
wir bleiben in Frankfurt und veröffentlichen nachfolgend hier noch ein positives Urteil des AG Frankfurt am Main, Außenstelle Höchst, zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG – mit leiser Kritik an der Rechtsprechung des LG Frankfurt. Mit zutreffender Begründung hat der zuständige Amtsrichter des AG Frankfurt – Außenstelle Höchst – unter Bezugnahme auf die wesentlichen Urteile des BGH zu den Sachverständigenkosten, nämlich BGH VI ZR 67/06 und VI ZR 225/13 (BGH DS 2007, 144 und BGH DS 2014, 90) ausgeführt, dass es maßgeblich auf die Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung des Kfz-Sachverständigen ankommt. Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Schadensbeseitigung Erfoderlichen, sind weder der Geschädigte noch der Richter im Schadensersatzprozess berechtigt, werkvertragliche Angemessenheitsprüfungen vorzunehmen. Lest aber bitte selbst das Urteil aus Frankfurt-Höchst und gebt bitte vielzählig Eure Kommentare ab, auch wenn in einigen Bundesländern Herbstferien sind.
Viele Grüße und noch einen sturmfreien Dienstag
Willi Wacker
Amtsgericht Frankfurt am Main Verkündet am: 08.04.2014
Außenstelle Höchst
Aktenzeichen: 385 C 1842/13 (70)
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
Kläger
gegen
…
Beklagte
hat das Amtsgericht Frankfurt amj Main – Außenstelle Höchst durch Richter am Amtsgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.03.2014
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilj, an den Kläger 1.271,52 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.10.2011 zuzahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in; Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht des Geschädigten F. A. auf restlichen .Schadensersatz aus einem Verkehrsunfallereignis vom xx.09.2011 in Anspruch. Das Fahrzeug des Geschädigten F. A. war durch das bei der Beklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug F-… auf dem Chattenweg in Frankfurt am Main beschädigt worden. Herr A. beauftragte am 02.09.2011 den Kläger mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. Der Kläger fertigte, am 02.09.2011 ein Schadensgutachten, stellte seinem Kunden A. hierfür am 02.09.2011 1.271,52 Euro brutto in Rechnung (Bl. 20 d.A.) und lies sich unter dem 02.09.2011 ebenfalls vom Geschädigten Auftraggeber F. A. eine Sicherungsabtretung unterzeichnen, wegen der von Einzelheiten auf Bl. 21 d.A. verwiesen wird.
Der Prozessbevollmächtigte des Geschädigten F. A. meldete unter Vorlage des betreffenden Gutachtens mit Schreiben vom 05.09.2011 die Ansprüche gegenüber der Beklagten an (Bl. 22/23 d.ft.). Die Beklagte regulierte den Fahrzeugschaden vollständig durch Zahlung an den Geschädigten. Die Sicherungsabtretung blieb dabei ohne Berücksichtigung. Der Kläger forderte die Beklagte mit Mahnschreiben vom 10.09.2011 sowie nachfolgend mehrfach zur Zahlung des Rechnungsbetrages aus der Gutachtenrechnung auf.
Der Kläger macht geltend, dass Gutachten sei inhaltlich richtig und ordnungsgemäß erbracht, die Rechnung des Klägers sei angemessen und ortsüblich.
Der Kläger beanträgt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise der Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung abzuwenden.
Sie bestreitet die Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten. Die Grundvergütung liege oberhalb der nach der regionalen BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 zur ermittelten maßgeblichen Grundvergütung von 623,56 Euro brutto. Bei den Nebenkosten sei diese BVSK-Honorarbefragung dagegen untauglich und überhöht.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst; Anlagen sowie die gerichtliche Niederschrift vom 06.03.2014 (Bi. 48 – 60 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen weiteren Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 249, 398 BGB in Höhe von 1.271,52 Euro.
Die vom Kläger verwendete Sicherungsabtretung ist wirksam, insbesondere hinreichend und steht auch im Übrigen in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemäß Urteil vom 07.06.2011 VI ZR 260/10 (vgl. die mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 06.03.2014 vorgelegten Urteile der 1. und 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt, der 6. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt und der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hanau).
Der Kläger kann im Ergebnis auch die gesamten Kosten für das Sachverständigengutachten ersetzt verlangen. Ausgangspunkt sind die Grundsätze, die der Bundesgerichtshofs zum Sachverständigenhonorar als erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB entwickelt hat (vgl. Urteil des BGH vom 23.01.2007, Az.: VI ZR 67/06 = BGH DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann). Danach sind weder der Schädiger bzw. dessen Versicherer noch das Gericht im Scbadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung erforderlichen wahrt (BGH, a.a.O., Rn. .13, m.w.N.). Der Geschädigte kann vom Schädiger nach §249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Hersteilungsaufwand die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in.der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Bei Beauftragung eines Kraftfahrzeugsachverständigen darf sich ein Verkehrsunfallgeschädigter dabei damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne Weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (BGH, Urteil vom 11.02.2014, Az.: VI ZR 225/13 = BGH DS 2014, 90 = NJW 2014, 1947). Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Sehadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (BGH, a.a.O. Rn 7 und Rn 8). Nach dieser aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist es zu beanstanden, wenn dass Gericht – wie eigentlich unter Anwendung der jüngeren Rechtsprechung der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vorgesehen – bei der Schadensbemessung nach § 287 Abs. 1 ZPO eine Kürzung der geltend gemachten Sachverständigenkosten allein auf der Grundlage einer Honorarbefragung, hier der Befragung zur Höhe der Kfz.-Sachverständigenhonorars 2010/2011 durch den Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. – BVSK vornimmt (BGH, a.a.O., Rn 9 ).
In Anwendung dieser Grundsätze ist das Vorgehen des Geschädigten F. A. und die Inrechnungstellung von 1.271,52 Euro brutto nicht zu beanstanden.
Vorliegend ergaben sich ein Reparaturaufwand von 4.523,91 Euro zzgl. Mehrwertsteuer. Angesichts dieser Schadenshöhe ist ein Sachverständigenhonorar von 1.271,52 Euro, zusammengesetzt aus einem Grundhonorar von 875,00 Euro, Fotografikosten in Höhe von 31,20 Euro, Fahrtkosten in Höhe von 22,00 Euro, Telefon- und Postgebühren in Höhe von 18,90 Euro und Kosten der Gutachteriausfertigung weder in Anbetracht der Höhe des Grundhonorars noch in Anbetracht der Nebenkosten zu beanstanden.
Der Zinsanspruch folgt, aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat den Rechtsgrund in § 709 ZPO.
Die Voraussetzungen des § 712 ZPO sind seitens der Beklagten nicht dargetan.
Diesem Urteil ist mal wieder eine Begründung der Beklagten zu entnehmen, die jedweder Plausibilität entbehrt, wenn es da heißt:
„Sie bestreitet die Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten. Die Grundvergütung liege oberhalb der nach der regionalen BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 zur ermittelten maßgeblichen Grundvergütung von 623,56 Euro brutto. Bei den Nebenkosten sei diese BVSK-Honorarbefragung dagegen untauglich und überhöht.“
Die Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten hat der BGH unmissverständlich erklärt. Danach kommt es nicht darauf an, was in einer regionalen (?)
BVSK-Honorarbefragung für ein Zahlenwerk niedergelegt wurde, weil nicht repräsentativ und auch nicht als maximale Obergrenze zu verstehen. Andereseits wird mit vernichtenden Argumentationen eine solche Befragung seitens der Beklagten als nicht representativ lächerlich gemacht, aber da, wo scheinbar nützlich, dann wieder bemüht. Solche Honorarbefragungen, die nicht den Charakter einer „Gebührenordnung“ haben können, muß der Geschädigte nicht kennen und selbst wenn er sie kennen würde, kann er sie bezüglich ihrer Verbindlichkeit für die Schadenersatzverpflichtung nicht beurteilen.
Warum hingegen im Nebenkostenbereich eine Honorarbefragung untauglich und überhöht sein soll, hat offenbar die Beklagte noch nicht einmal ansatzweise zu begründen verstanden. Kann sie auch nicht, weil es bei einer unsubstantiierte Behauptung der Überhöhung an jedweder solider Grundlage fehlt, denn die angegeben Überlegungen beschränken sich rechtsirrig auf eine werkvertragliche Ebene, wenn man davon absieht, dass es sich immer um eine ex post-Betrachtung handelt, mit der die ex ante Position des Unfallopfers übertüncht werden soll.
BORIS