AG Frankfurt am Main entscheidet mit lesenswertem Urteil gegen die Allianz-Vers. AG [ nicht rechtskräftiges Urteil vom 29.6.2012 -31 C 297/12 (16)- ].

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

nachfolgend gebe ich Euch  ein Hammerurteil zur fiktiven Abrechnung bekannt, bei dem der Amtsrichter der 31. Zivilabteilung des Amtsgerichts Frankfurt am Main die Gleichwertigkeit, das Lohnniveau usw. nach schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten vollständig zerlegt hat. Insgesamt 22 Urteilsseiten. Leider ist das besonders lesenswerte Urteil  nicht rechtskräftig geworden, da es  in der Berufung aufgehoben wurde. Die Einzelrichterin in der Berufungskammer des Landgerichts war – nach Anhörung des Werkstattbesitzers der im Prüfbericht benannten Vertrauenswerkstatt der Allianz (Fairplay) – der Meinung, die benannte freie Werkstatt liefere gleichwertige Arbeit ab  wie die markengebundene Fachwerkstatt. Auch sei die Einholung eines konkreten Kostenvoranschlags dem Versicherer nicht zuzumuten, da der ja Geld koste und der Geschädigte würde für eine Einsparung von 600 Euro bestimmt auch 20 km weit fahren, wenn er den Schaden selbst bezahlen müsste. Die Lohndifferenzen, die das Amtsgericht festgestellt hatte, wurden mit Lohnanpassung abgetan. Meiner Meinung nach ist das Berufungsurteil ein Skandal, denn der Amtsrichter hat im Sinne des Schadensersatzrechts alles richtig gemacht. Auch wenn das Landgericht hier anderer Meinung war, sind die einzelnen Positionen der amtsrichterlichen Begründung bestimmt eine Hilfe für viele Anwälte bei anderen Prozessen. Die Begründung dieses amtsgerichtlichen Urteils überzeugt dermaßen, dass die Redaktion entschieden hat, dieses Urteil zu veröffentlichen. Gebt bitte auch hierzu Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Frankfurt am Main                                       Verkündet – It. Prot – am:
Aktenzeichen: 31 0 297712 (16)                                   29.6.2012

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

Allianz Versicherungs-AG, d.vertr.d.d. Vorstand, d.vertr.d.d. Vors. …

Beklagte

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main – Abteilung 31 – durch Richter am Amtsggericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2012 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 633,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Bastszinssatz seit dem 11.11.2011 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt aufgrund des U-teils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird auf 633,45 EUR festgesetzt.

 

T a t b e s t a n d :

Der Kläger mit Wohnsitz in … Frankfurt am Main macht als Unfallgeschädigter restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall in Frankfurt am Main gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherung des Unfallgegners geltend.

Die volle Haftung der Beklagten aus dem Verkehrsunfall am xx.08.20 11 gegen 23.10 Uhr ist unstreitig. Die Parteien streiten nur um die Schadenshöhe. Der Kläger, der die unfallbedingten Beschädigungen an seinem Pkw der Marke BMW auf Nettoreparaturkostenbasis abrechnet, beauftragte vorgerichtlich das Sachverständigenbüro … mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. Das Gutachten wies auf der Grundlage von Netto-Stundenverrechnungssätzen einer marktgebundenen Fachwerkstatt Nettoreparaturkosten nach Abzug Alt für Neu in Höhe von 2.623,91 EUR aus. Wegen Einzelheiten wird auf das Gutachten (Bl. 7 ff. d.A.) verwiesen.

Auf die im Gutachten ausgewiesenen Nettoreparaturkosten zahlte die Beklagte vorgerichtlich 1.990,48 EUR; die Zahlung des Restbetrages verweigerte sie unter Hinweis auf eine von ihr veranlasste „Prüfung Gutachten“, die unter Hinweis auf geringere Stundenverrechnungssätze und zwei Werkstätten, in denen diese geringeren Netto-Stundenverrechnungssätze berechnet würden -‚ Werkstatt … in Heusenstamm und Werkstatt … in … Frankfurt am Main -, den Gesamtbetrag schadensbedingter Aufwendungen mit lediglich 1.990,46 EUR beziffert. Wegen Einzelheiten der von der Beklagten vorgerichtlich dem Kläger übermittelten „Prüfung Gutachten“ wird auf das Dokument (Bl. 33 ff. d.A.) samt Abrechnungsschreiben der Beklagten vom 11.11.2011 (Bl. 5 f. d.A,) verwiesen.

Der nicht erstattete Differenzbetrag von 633,45 EUR ist die Klageforderung, deren Zahlung die Beklagte vorgerichtlich mit Schreiben an den Kläger vom 11.11.2011 endgültig abgelehnt hat.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 633,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet,

in den im Dokument „Prüfung Gutachten“ genannten beiden Werkstätten wären – bei Gleichwertigkeit der dortigen Reparatur mit einer Reparatur in einer markengebundenen BMW-Fachwerkstatt – geringere Stundenverrechnungssätze angefallen, was dazu führe, dass sich der erforderliche Nettogesamtbetrag auf die vorgerichtlich gezahlte Summe belaufe; die in beiden Werkstätten veranschlagten geringeren Stundenverrechnungssätze seien auch allgemein zugänglich und beruhten insbesondere nicht auf Sondervereinbarungen, die die Beklagte mit den Referenzwerkstätten getroffen habe; die Inanspruchnahme beider Werkstätten sei für den Kläger auch zumutbar.

Wegen Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2012 (Bl. 116 f. d.A.) und den Beschluss des Gerichts vom 11.05.2012 (Bl. 119 d.A.) verwiesen,

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage hat in vollem Umfang Erfolg.

A.

Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf weiteren Schadensersatz in Höhe von 633,45 EUR aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall. Der Anspruch folgt aus § 7, § 18 StVG, § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 4 VVG.

Dieser Anspruch ist nicht nach § 254 Abs. 2 BGB zu kürzen. Die Beklagte hat nicht hinreichend dargetan, dass sie den Kläger auf die nicht-markengebundenen Referenzwerkstätten verweisen durfte. Für die Zumutbarkeit der Verweisung wegen Gleichwertigkeit einer günstigeren Reparatur im Referenzbetrieb mit einer Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt ist die Beklagte als Haftpflichtversicherung des Schädigers in vollem Umfang darlegungsbelastet (BGH, Urt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09 -, Juris, Abs.-Nr. 13; Urt. v. 13.07.2010 – VI ZR 259/09 -, juris, Abs.-Nr. 15). Dieser Darlegungslast ist die Beklagte in mehrerer Hinsicht nicht nachgekommen.

I.

Die Beklagte hat bereits die Gleichwertigkeit der Reparatur nicht hinreichend dargetan.

1. Die behauptete Gleichwertigkeit der Reparatur im Referenzbetrieb hätte durch Vorlage konkreter Kostenvoranschläge der genannten Werkstätten belegt werden müssen, was die Beklagte – auch auf Hinweis des Gerichts vom 11.05.2011 – nicht getan hat. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass an die Substantiierungspflicht des Darlegungspflichtigen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen und eine Partei ihrer Darlegungslast grundsätzisch genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht zu begründen und die Angabe näherer Einzelheiten grundsätzlich nur dann erforderlich ist, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Es hängt freilich vom Einzelfall ab, insbesondere der Einlassung des Gegners und dem, was der Partei an näheren Angaben möglich und zumutbar ist, ab, in welchem Maße die Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter Einzeltatsachen noch weiter substantiieren muss (st. Rspr.; vgl. BGH Urt. v. 4.7.2000 – VI ZR 238/99, NJW 2000, 3286, 3287; Urt. v. 8.5.2002 – I ZR 28/00, WRP 2002, 1077, 1081 – Vergleichsverhandlungen; Urt. v. 24.10.2002 – I ZR 104/00 -). Gemessen hieran durfte das Gericht einen Kostenvoranschlag der Referenzwerkstätten fordern, aus dem sich ergibt, dass bei Zugrundelegung niedriger Stundenverrechnungssätze die Reparatur in den genanmen Werkstätten auch im Ergebnis um den gekürzten Gesamtbetrag niedriger ausfallen würde.

a) Dem Geschädigten – wie hier – nur einen bloßen Vergleich der Stundenverrechnungssätze für die anfallenden Arbeiten zu übermitteln, genügt nicht. Vielmehr ist darzulegen, dass die tatsächliche Möglichkeit besteht, dass die Referenzbetriebe die erforderlichen Reparaturarbeiten, i.e. die vollständige fachgerechte, den Leistungsstandards einer markengebundenen Fachwerkstatt entsprechende Behebung der unfallkausalen Beschädigungen, zu einem niedrigeren Gesamtpreis durchführen würden.

b) Will der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung einen Verstoß des Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht subsiantiiert behaupten, ist darzulegen, dass in den Referenzwerkstätten nicht nur niedrigere Stundenverrechnungssätze anfallen, sondern dass (deshalb) auch die Gesamtreparatur um den gekürzten Betrag tatsächlich niedriger ausfallen würde. Dies ist durch konkrete Kostenvoranschläge der Referenzwerkstätten darzulegen (so bereits AG Frankfurt am Main, Urt. v. 13.03.2012 – 29 C 1875/11-19 -, noch unveröffentl., S. 3; Urt. v. 30.07.2010 – 32 C 290/10-22 -, noch unveröffentl., S. 6; AG Stuttgart-Bad Canstatt, Urt. v. 14.01.2011 – 8 C 2007/10 -, in: Der Verkehrsanwalt (DV) 2011, S. 24 f.; AG Mitte, Urt. v. 14.09.2010 – 102 C 3013/10 -, noch unveröffentl., S. 5, mit dem Hinweis – S. 8 – auf die ständige Rechtsprechung der erkennenden Abteilung, dass ein „Prüfbericht“ nicht genügt). Erst dann wäre das Gericht – prozessordnungsgemäßes Bestreiten der Klägerseite vorausgesetzt – in die Lage versetzt, die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten durch taugliche Beweismittel, namentlich durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, prüfen zu können. Bis dahin verbietet sich jede Beweiserhebung; sie käme unzulässiger Ausforschung gleich.

c) Ließe man den pauschalen Hinweis auf niedrigere Stundenverrechnungssätze in namentlich benannten Referenzbetrieben genügen, liefe der Geschädigte Gefahr, dass seine Klage auf restlichen Schadensersatz wegen angeblicher günstigerer gleichwertiger Reparaturmöglichkeiten abgewiesen würde, ihm aber andererseits, wenn er anschließend die Reparaturmöglichkeit tatsächlich in Anspruch nimmt, höhere Reparaturkosten entstehen. Dies kann etwa deshalb der Fall sein, weil die Werkstätten zwar geringere Stundenverrechnungssätze in Ansatz bringen, aber – abweichend von Privatgutachten des Klägers – einen anderen, kostenintensiveren Reparaturweg einschlagen oder höhere Anschaffungspreise für Ersatzteile veranschlagen oder – aus welchen Gründen immer – einen höheren Arbeitsaufwand zur Schadensbehegung ansetzen und so in all diesen Fällen trotz niedriger Stundenverrechnungssätze tatsächlich zu einem höheren Reparaturaufwand gelangen. Angesichts der Tatsache, dass sich Reparaturkosten nicht nur aus Stundenverrechnungssätzen zusammensetzen, dürfte das Risiko, dass Werkstätten, die mit niedrigeren Stundenverrechnungssätzen mitunter oder gar häufig – vom Geschädigten aber ohne Vorlage eines konkreten Kostenvoranschlags nicht kontrollierbar – eine höhere Arbeitszeit ansetzen (und so die Kosten „wieder reinholen“), greifbar sein.

So nimmt es nicht Wunder, dass genau dieses Phänomen bereits Gegenstand der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geworden ist. Im Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs vom 23.02.2010 – VI ZR 91/09 – zur Möglichkeit des Schädigers, den Geschädigten auf nicht-markengebundene Werkstätten zu verweisen (zitiert nach; juris, Abs.-Nr. 4) findet sich der aufschlussreiche Hinweis in der Prozessgeschichte, dass die dortige Haftpflichtversicherung des Schädigers in der Vorinstanz einen Teil der Klageforderung anerkannt hatte, und dies – nach Bundesgerichtshof – darauf „beruhte, dass [die Haftpflichtversicherung] nach einem Hinweis des Amtsgerichts von der Firma J. [Anmerkung: die Referenzwerkstatt der Haftpflichtversicherung] einen Kostenvoranschlag erstellen ließ, der eine höhere Stundenzahl für die Lackierarbeiten zugrunde legte, so dass sich nunmehr Reparaturkosten in Höhe von 3.621,68 € ergeben“ [Anmerkung: statt der ursprünglich von der Haftpflichtversicherung nur anerkannten: 3.404,68 EUR].

2. Dem Erfordernis eines Kostenvoranschlags der Referenzwerkstatt zur Darlegung der günstigeren Reparaturmöglichkeit in der Referenzwerkstatt steht höchstrichterliche Rechtsprechung nicht entgegen. Soweit die Beklagte demgegenüber ausführen lässt, auch der Bundesgerichtshof verlange zur ordnungsgemäßen Darlegung der Gleichwertigkeit der Reparatur keinen konkreten Kostenvoranschlag des Referenzbetriebs, bleibt der Einwand ohne Erfolg.

a) Zum einen vermag das Gericht den einschlägigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs nicht zu entnehmen, dass der Tatrichter gehindert wären, die Frage der Verlässlichkeit der Angaben eines Schädigers und seiner Haftpflichtversicherung zur behaupteten Gleichwertigkeit der Reparatur in Referenzwerkstätten kritischer Prüfung zu unterziehen.

b) Zum anderen geht die – weitergehende – Schlussfolgerung der Beklagten fehlt, es bedürfe zur Darlegung der Gleichwertigkeit keiner konkreten Kostenvoranschläge der Referenzwerkstätten, weil die Vorlage eines Kostenvoranschlags „nach Rechtsprechung des BGH“ (Bl. 127 d A.) „nicht erforderlich“ (Bl. 127 d.A.) sei. Woher die Beklagte dies nimmt, ist nicht ersichtlich und wird durch Fundstellen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch nicht belegt. Dies würde auch schwierig. Denn dem Urteil des Bundsgerichtshofs vom 23.02.2010 – VI ZR 91/09 -, in dem der Bundesgerichtshof in Form einer Grundsatzentscheidung die Voraussetzungen einer möglichen Anspruchskürzung durch Verweis auf „gleichwertige“ Reparaturwerkstätten mit niedrigeren Stundenverrechnungssätzen konturiert hat, lag gerade – wie oben schon ausgeführt – ein Sachverhalt zugrunde, in dem das Amtsgericht als Tatgericht erster Instanz im Wege eines Hinweises von der dortigen Haftpflichtversicherung einen konkreten Kostenvoranschlag der Referenzwerkstatt gefordert hatte (vgl. BGH, Urt. v. 23.02.2010 – VI ZR 91/09 -, juris, Abs.-Nr. 4). Die dortige Haftpflichtversicherung hatte sich – anders als die Beklagte im vorliegenden Prozess – entschieden, auf den Hinweis einen konkreten Kostenvoranschlag der Referenzwerksfatt vorzulegen – mit dem Ergebnis, dass die tatsächlichen Reparaturkosten trotz niedriger Stundenverrechnungssätze über dem von der Haftpflichtversicherung anfänglich anerkannten und unter bloßem Verweis auf geringere Stundenverrechnungssätze gezahlten Betrag; die dortige Haftpflichtversicherung hatte den entsprechenden Teilbetrag dann anerkannt. Damit war Gegenstand der Prüfung der Gleichwertigkeit der Werkstatt in der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs gerade ein konkreter Kostenvoranschlag der Referenzwerkstatt.

c) Ob „das zuständige Berufungsgericht (Landgericht Frankfurt am Main)“ (Bl. 127 d.A.) dies in der von der Beklagten behaupteten, dem Gericht freilich in dieser Form nicht zur Kenntnis gelangten „ständigen Rechtsprechung“ (Bl. 127 d.A.) – vorgelegt wird ein Urteil einer Zivilkammer (Bl. 55 ff. d.A.) – anders beurteilt, kann deshalb dahinstehen. Bindungswirkung bestünde ohnehin nicht, wobei aber angefügt sei, dass dem von der Beklagten vorgelegten Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.02.2012 nicht zu entnehmen ist, dass die dortige Kammer Darlegungsanforderungen, die der Bundesgerichtshof in einer Grundsatzentscheidung nicht nur nicht beanstandet, sondern auf deren Grundlage er seiner Rechtsprechung zur Möglichkeit der Verweisung des Geschädigten auf nicht-markengebundene Fachwerkstätten wesentliche Konturen verleiht, für unvertretbar oder gar rechtsirrig hält.

3. Nur durch Vorlage konkreter Kostenvoranschläge der Referenzwerkstätten statt bloßem Verweis auf diese – verbunden mit pauschaler Nennung niedriger Stundenverrechnungssätze – ist auch das für den Geschädigten greifbare Risiko ausgeschlossen, dass Schädiger und seine Haftpflichtversicherung gleichsam „ins Blaue hinein“ letztlich wenig belastbare Angaben machen – sei es nur im Wissen, dass die Angaben zu den Stundensätzen in den Referenzwerkstitten angesichts der Abrechnung auf Nettoreparaturkostenbasis ohnehin keinem Praxistest standhalten müssen.

a) Alleine die greifbare Gefahr, dass Schädiger und Haftpflichtversicherung den Schaden des Geschädigten „runterrechnen“, konterkarierte faktisch auf nicht hinnehmbare Art und Weise die – höchstrichterlich in ständiger Rechtsprechung anerkannte (vgl. nur BGH, Urt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09 – juris, Abs.-Nr. 13) – Freiheit des Geschadigten, auf Nettoreparaturkostenbasis abzurechnen, die wiederum Ausdruck seiner schützenswerten Dispositionsfreiheit ist. Damit würde die Rechtsstellung des Geschädigten als „Herrn des Restitutionsgeschehens“ (vgl. nur BGH, Urt. v. 20.10.2009 –VI ZR 53/09 -, juris, Abs.-Nr. 13) in nicht vertretbarer Weise gegen das gesetzliche Leitbild eingeschränkt. Eine Rechtsanwendung, die einen auf Nettoreparaturkostenbasis abrechnenden Geschädigten aus welchen Erwägungen auch immer mehr oder weniger explizit als „weniger schutzwürdig“ erachtet – und dies etwa durch Herabstufung von Darlegungsanforderungen des Schädigers „umsetzt“ – ist mit diesem Leitbild nicht zu vereinbaren.

b) Dass das Risiko einer Verweisung des Geschädigten auf Referenzbetriebe gleichsam „ins Blaue hinein“ gerade kein bei der Entscheidungsfindung zu vernachlässigendes theoretisches, sondern ein greifbares Risiko ist, belegt der vorliegende Fall nachgerade beispielhaft. Dies wird im Folgenden unter II. ausgeführt.

4. Im Gegenzug ist nicht ersichtlich, dass es für die Beklagte als Haftpflichtversicherung des Schädigers, die den Geschädigten auf vermeintlich günstigere Reparaturmöglichkeiten verweisen will, unzumutbar sein soll, bei Referenzwerkstätten konkrete Kostenvoranschläge einzuholen. Dass mit der Anforderung konkreter Kostenvoranschläge bei den Referenzwerkstätten für die Beklagte überhaupt Kosten oder gar unvertretbare Kosten verbunden wären, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Die Beklagte hat denn auch – konsequent – auf den Vortrag von Tatsachen, die Unzumutbarkeit begründen könnten, verzichtet. Auf den – immerhin denkbaren – Einwand, konkrete Kostenvoranschläge von Referenzwerkstätten ließen sich im Einzelfall nur nach Vorführung des Unfallwagens erstellen, dürften Haftpflichtversicherungen freilich aus grundsätzlichen Erwägungen verzichten: Wäre dies so, belegte dies nämlich allenfalls, dass die bisherigen pauschalen Verweise auf Werkstätten mit vermeintlich geringeren Stundenverrecrnungssätzen im Normalfall nichts anderes sind als wenig belastbare Angaben „ins Blaue hinein“ (vgl. dazu die aufschlussreiche Schilderung des Prozessverhaltens einer Haftpflichtversicherung bei; AG Stuttgart-Bad Canstatt, Urt. v. 14.01.2011 – 8 C 2007/10 -, in: Der Verkehrsanwalt (DV) 2011, S. 24 f.: Auf dortigen richterlichen Hinweis, dass eine tatsächlich kostengünstigere Reparatur in der Referenzwerkstatt durch Vorlage eines entsprechenden Kostenvoranschlags oder Angebots zu führen sei, erfolgte der Vortrag der dortigen Haftpflichtversicherung, sie sei dazu ohne Vorführung des Fahrzeugs bei der Referenzwerkstatt nicht in der Lage).

II.

Auch ihrer Darlegungslast zur Verlässlichkeit und Belastbarkeit der Angaben zu den Stundenverrechnungssätzen in den Referenzwerkstätten ist die Beklagte nicht nachgekommen.

Es bestehen durchgreifende Zweifel daran, dass die genannten Stundenverrechnungssätze der Referenzwerkstätten überhaupt verlässlich und nicht nur „ins Blaue hinein“ erfolgen, gleichsam im Wissen, dass die genannten Sätze angesichts der gewählten Abrechnung auf Nettoreparaturkostenbasis ohnehin keinem „Praxistest“ unterzogen werden. Die durchgreifenden Zweifel an der Verlässlichkeit der genannten Stundenverrechnungssätze ziehen ihrerseits durchgreifende Zweifel an der allgemeinen Zugänglichkeit der Tarife nach sich. Es bleiben neben Zweifeln an der Belastbarkeit der Angaben als solcher auch Zweifel, dass die genannten Stundensätze in den Referenzwerkstätten „ohne weiteres“ allgemein zugänglich sind und insbesondere nicht auf generellen oder im konkreten Einzelfall getroffenen Absprachen mit den Referenzwerkstätten beruhen.

1. Von der Darlegungslast der Haftpflichtversicherung des Schädigers ist auch und gerade umfasst, dass die Stundenverrechnungssätze der Referenzwerkstätten auf verlässlicher Grundlage beruhen und insbesondere „ohne weiteres“, also allgemein, zugänglich sind und insbesondere nicht auf generellen Absprachen der Referenzwerkstätten mit den Haftpflichtversicherungen oder gleichsam „auf Zuruf“ der Haftpflichtversicherung im konkreten Fall „kalkuliert“ und angesetzt sind (BGH, Urt. v. 13.07.2010 – VI ZR 259/09 -, juris, Abs.-Nr. 8, 15). Ist aber die Tatsache der allgemeinen Zugänglichkeit der niedrigeren Stundenverrechnungssätze der Referenzwerkstätten von der Darlegungslast des Schädigers und seiner Haftpflichtversicherung umfasst, gehen Zweifel an der allgemeinen Zugänglichkeif zu deren Lasten und hat die Klage des Geschädigten – mangels plausibler Darlegung eines Verstoßes gegen seine Schadensgeringhaltungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) – Erfolg (BGH, Urt. v. 13.07.2010 – VI ZR 259/09 -, juris, Abs.-Nr. 8; Urt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09 -, juris, Abs.-Nr. 9, 13 und 15).

2. Gemessen hieran ist die Beklagte auch in diesem Punkt ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen.

a) Nachdem die Klägerseite für die beiden von der Beklagten genannten Referenzbetriebe ganz unterschiedliche Stundenverrechnungssätze im Zeitraum Juli 2010 bis November 2011 (Datum des Abrechnungsschreibens der Beklagten) in so genannten „Prüfberichten“ von Haftpflichtversicherungen aus anderen Verfahren vorgelegt hat, hätte sich die Beklagte mit Blick auf die Aussagekraft der in diesem Verfahren genannten Stundenverrechnungssätze konkret verhalten und insbesondere darlegen müssen, wie sich die abweichenden Stundenverrechnungssätze der Referenzwerkstätten nachvollziehbar erklären lassen. Dieser Darlegungslast hat die Beklagte mit dem Hinweis, die hier genannten Stundenverrechnungssätze lägen doch unter den vom Klägervertreter für die Vergangenheit „gesammelten“ Angaben zu den gleichen Werkstätten und seien daher für den Kläger „günstiger“ (Bl. 110 d.A.), ebenso wenig genügt wie mit dem weiteren Vortrag, dass sich die Zielrichtung der von Klägerseite vorgelegten Prüfberichte nicht „erschließt“ (Bl. 110 d.A.).

b) Dass es hier weniger um die Kategorien von „höher“ oder „niedriger“ geht, sondern um die Aussagekraft und Verlässlichkeit der Angaben der Beklagten insgesamt, ist für eine auf sorgfältige Prozessführung bedachte Partei ohne weiteres erkennbar gewesen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger die so genannten „Prüfberichte“ von Haftpflichtversicherungen aus anderen Verfahren gerade mit dem erklärten Ziel in den Rechtsstreit eingeführt hat, über die in den verschiedenen Prüfberichten abweichenden Stundenverrechnungssätze der genannten Referenzbetriebe zu dokumentieren, dass es den Angaben der Beklagten zu den vermeintlichen Stundenverrechnungssätzen an Verlässlichkeit fehlt. Damit verbunden war das – erklärte – Ziel des Klägers, darzulegen, dass der Nennung vermeintlich niedriger Stundenverrechnungssätze von Referenzbetrieben bei Abrechnung auf Nettoreparaturkostenbasis letztlich eine gewisse „Beliebigkeit“ anhaftet, bei der die Gefahr besteht, dass die Angaben am konkreten Fall und den Feststellungen in den konkreten Sachverständigengutachten des konkreten Geschädigten ausgerichtet sind und sich letztlich plausibel nur mit internen Absprachen der Haftpflichtversicherungen, hier: der Beklagten, mit den Referenzwerkstätten über für die Öffentlichkeit gerade nicht abrufbare Tarife erklären lassen (vgl. Bl. 72 d.A.).

c) Die Schwankungen in den Netto-Stundenverrechnungssätzen der Referenzwerkstätten sind nicht plausibel und lassen im Ergebnis durchgreifende Zweifel daran aufkommen, dass es sich bei den im hiesigen Verfahren genannten Stundensätzen um belastbare Angaben, insbesondere um öffentlich zugängliche Tarife handelt.

Im Einzelnen:

Das Privatgutachten des Klägers weist die markengebundene Netto-Stundenverrechnungssätze einer BMW-Vertragswerkstatt wie folgt aus:

Mechanik/Elektrik    120,60 EUR
Karosserie               127,80 EUR
Lack incl. Material    136,90 EUR

Nach Angaben der Beklagten im Schreiben vom 11.11.2011 sollen die entsprechenden Stundenverrechnungssätze in den Referenzwerkstätten – zum 31.08.2011 (vgl. Bl. 68 d.A. oben rechts) – niedriger sein:

… Heusenstamm:

Mechanik/Elektrik     90,00 EUR
Karosserie                90,00 EUR
Lack incl. Material   126,00 EUR

… Frankfurt am Main:

Mechanik/Elektrik     87,00 EUR
Karosserie                87,00 EUR
Lack incl. Material   120,15 EUR

Für dieselben beiden Werkstätten steht aber nach den unwidersprochenen Angaben der Klägerseite fest, dass Haftpflichtversicherungen in anderen Verfahren auf dieselben Werkstätten verwiesen haben, nach den Angaben der dortigen Haftpflichtversicherungen die gleichen Werkstätten aber ganz andere Stundenverrechnungssätze in Ansatz bringen. Dies stellt die Richtigkeit der Angaben der Beklagten und die allgemeine Zugänglichkeit der genannten Tarife durchgreifend in Frage,

Für die Referenzwerkstatt … in Heusenstamm ergeben sich folgende abweichende Stundenverrechnungssätze:

Stand:                   11.01.2011 (Bl. 77 d.A.),
.                             14.04.2011 (Bl. 78 d.A.),
.                             19.05.2011 (Bl. 79 d.A.):

Mechanik/Elektrik     83,00 EUR
Karosserie                83,00 EUR
Lack incl. Material   116,20 EUR

Ohne dass die Preissteigerung im Zeitraum vom 19.05 2011 bis zum 31.08.2011 nachvollziehbar erklärt würde, werden die Stundenverrechnungssätze der Referenzwerkstatt mm im vorliegenden Verfahren zum 31.08.2011 (mit Schreiben vom 11.11.2011) wie folgt angegeben:

Mechanik/Elektrik     90,00 EUR
Karosserie                90,00 EUR
Lack incl. Material   126,00 EUR

Für die Referenzwerkstatt … in Frankfurt am Main ergeben sich sogar mehrere untereinander abweichende Stundenverrechnungssätze – insgesamt fünf verschiedene Stundenverrechnungssätze im Zeitraum Juli 2010 bis August 2011 (31.08.2011 ist der Stand im vorliegenden Verfahren). Hier die wechselnden Stundenverrechnungssätze der Werkstatt … , die der besseren Übersicht wegen chronologisch geordnet sind:

Stand: 20.07.2010 (Bl. 82 d.A.):

Mechanik/Elektrik     79,00 EUR
Karosserie                84,00 EUR
Lack incl. Material     87,00 EUR zzgl. Zuschlag von 35% für Material

Stand: 01.09.2010 (Bl. 81 d.A.):

Mechanik/Elektrik     85,00 EUR
Karosserie                85,00 EUR
Lack incl. Material   117,45 EUR

Stand: 20.09.2010 (Bl. 85 d.A.):

Mechanik/Elektrik     85,00 EUR
Karosserie                85,00 EUR
Lack incl. Material   117,45 EUR

Stand: 14.10.2010 (Bl. 84 d.A.):

Mechanik/Elektrik     85,00 EUR
Karosserie                85,00 EUR
Lack incl. Material   117,45 EUR

Stand: 27.10.2010 (Bl. 83 d.A.):

Mechanik/Elektrik     84,00 EUR
Karosserie                84,00 EUR
Lack incl. Material   115,40 EUR

Stand: ohne Datum (Bl. 80 d.A.):

Mechanik/Elektrik     85,00 EUR
Karosserie                85,00 EUR
Lack incl. Material      89,00 EUR zzgl. Zuschlag von 30% für Material

Dem steht – ohne nachvollziehbare Erklärung der Beklagten zu den in einem überschaubaren Zeitraum auffällig häufig wechselnden Stundenverrechnungssätzen – die Angabe im jetzigen Verfahren gegenüber:

Stand: 31.08.2011 (Bl. 68 oben rechts):

Mechanik/Elektrik     87,00 EUR
Karosserie                87,00 EUR
Lack incl. Material   120,15 EUR

d) Die schon jetzt durchgreifenden Zweifel an der Verlässlichkeit der Angaben der Beklagten zu den vermeintlichen – öffentlich zugänglichen – Stunden-Verrechnungssätzen in den Referenzbetrieben werden dadurch bestätigt, dass sich ausweislich der vom Kläger vorgelegten Angaben der DEKRA, deren Richtigkeit die Beklagte nicht prozessual wirksam in Abrede gestellt hat, die „mittleren ortsüblichen Stundenverrechnungssätze“ – Stand Juli 2010 – für Werkstätten im Postleifzahlenbereich des Wonnortes des Klägers – deutlich – über den angeblichen Stundenverrechnungssätzen der Referenzwerkstätten der Beklagten liegen. Die angegebenen DEKRA-Sätze belaufen sich nämlich wie folgt:

Stand: Juli 2010 (Bl. 86 d.A.):

Mechanik/Elektrik     97,00 EUR
Karosserie              105,75 EUR
Lack ohne Material  107,50 EUR

e) Ebenfalls nur zusätzlich untermauert wird die fehlende Belastbarkeit und Verlässlichkeit der Angaben der Beklagten durch die Feststellungen eines von der Beklagten zur Akte gereichten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.02.2012 – 2-16 5 193/11 – (Bl. 55 ff. d.A.). Im dortigen Verfahren war die Beklagte Berufungsklägerin; auch dort ging es um die Gleichwertigkeit einer Reparatur in einer Referenzwerkstatt mit einer Reparatur in einer BMW-Markenwerkstatt. Im Tatbestand des Urteils des Landgerichts wird die Beklagte mit einem von ihr veranlassten so genannten Prüfgutachten einer Firma namens … vom 07.01.2011 zitiert (Bl. 57 d.A.). Laut diesem „Prüfgutachten“, auf das sich die Beklagte im dortigen Verfahren gestützt hat, sollen als „Löhne regional ansässiger Fachbetriebe, die den Schaden vollständig und fachgerecht reparieren können“ (Bl. 57 d.A.), folgende Stundenverrechnungssätze anfallen (konkret war der dortige, in Bad Homburg wohnende Kläger auf eine Bad Vilbeler Reparaturwerkstat – … – und eine Werkstart Karosseriebau … in Wehrheim verwiesen worden):

Stand: 07.01.2011 (Bl. 57 d.A.):

Mechanik/Elektrik     97,50 EUR
Karosserie                97,50 EUR
Lack ohne Material  136,01 EUR

Im hiesigen Verfahren verweist die Beklagte den in Frankfurt am Main wohnenden Kläger auf Stundenverrechnungssätze in Referenzbetrieben, die deutlich unter denen liegen, die sie im Verfahren vor dem Landgericht noch als „ortsüblich“ benannt hat.

III.

Es fehlt weiter an nachvollziehbaren Angaben, woraus sich die behauptete Gleichwertigkeit der Reparatur in den Referenzwerkstätten mit einer solchen in einer markengebundenen BMW-Fachwerkstatt im Einzelnen ergeben soll.

1. Der Hinweis der Beklagten auf das insoweit vermeintlich „erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO“ (Bl. 53 d.A.) zur Frage der Gleichwertigkeit der Reparatur geht fehl. Die Beklagte scheint daraus zu folgern, dass sie mit der Angabe von Schlagwörtern des Musfers „XY-Fachbetrieb“ oder „XY-zertifiziert“ oder Schlagwörtern vergleichbaren Zuschnitts ihrer Darlegungslast genügt. Dem ist nicht so.

a) Es sind konkrete und verlässliche Angaben dazu erforderlich, woraus sich die behauptete Gleichwertigkeit ergibt. Die Angaben sind so zu halten, dass sich für einen Geschädigten ohne weitere Nachprüfung oder eigene Recherchen aus den Angaben ergibt, dass und warum eine gleichwertige Reparatur in den Referenzwerkstätten sichergestellt ist.

b) Der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist nicht zu entnehmen, dass der Bundesgerichtshof einen gleichsam rituellen Verweis der Haftpflichtversicherungen auf diese Schlagwörter zur Darlegung der Gleichwertigkeit genügen lässt,

Zum einen war – wie oben bereits ausgeführt – Gegenstand des einschlägigen Grundsatzurteils des Bundesgerichtshofs vom 23.03.2010 – VI ZR 91/09 – gerade ein Sachverhalt, dem ein konkreter Kostenvoranschlag der Referenzwerkstatt zugrunde lag.

Zum anderen hat der Bundesgerichtshof an anderer Stelle – Urteil vom 13.07.2010 – VI 259/09 – lediglich und ausschließlich mit Blick auf die eingeschränkte Überprüfungskompetenz eines Revisionsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) festgehalten, dass Rechtsfehler bei der – wohlgemerkt: konkreten – tatrichterlichen Würdigung (die deshalb – konsequent – in den Entscheidungsgründen des Bundesgerichtshofs nur knapp und im Ergebnis wiedergegeben ist und wonach es sich auf Grundlage der nicht revisionsgerichtlich nicht angreifbaren Würdigung des Tatgerichts bei den in den dortigen Verfahren genannten Referenzwerkstätten um solche mit der „Garantie“ gleichwertiger Reparatur handelt) – nicht zu erkennen seien (BGH, Urt. v. 13.07.2010 – VI ZR 259/09 – juris, Abs.-Nr. 12 f.). Die konkrete Würdigung auf der Grundlage des konkreten Vortrags der Haftpflichtversicherung im konkreten Fall ist vom Bundesgerichtshof nicht wiedergegeben, so dass der Schluss, die bloße Wiederholung des Entscheidungstextes des Bundesgerichtshofs unter Absatznummer 12 im genannten Urteil und die bloße Wiedergabe der dort ausgeführten Schlagworte erfülle die Darlegungslast des Geschädigten und seiner Haftpflichtversicherung, unzulässig ist (unklar: LG Frankfurt am Main, Urt. v. 22.02.2012 – 2-16 S 193/11 -, S. 8).

2. Gemessen hieran hat die Beklagte ihrer Darlegungslast nicht genügt.

a) Auf vertiefte Angaben, woher sich die behauptete Gleichwertigkeit der Referenzwerkstätten ergeben soll, hat sie verzichtet und sich stattdessen auf die knappe Wiedergabe von nichtssagenden Schlagwörtern zurückgezogen („Fachbetriebe, der [gemeint ist: die] von einer unabhängigen Prüforganisation zertifiziert sind und dessen [gemeint ist: deren] hoher Qualitätsstandard dadurch regelmäßig durch solche unabhängigen Prüforganisationen kontrolliert wird“, Bl. 53 d.A.). Dieser Vortrag ist nicht ausreichend und einer Beweiserhebung mangels Substanz nicht zugänglich.

b) Der unkonkrete Vortrag der Beklagten im Prozess setzt letztlich den auch vorgerichtlich wenig konkreten Vortrag zur Einhaltung von Qualitätsstandards der genannten Referenzwerkstätten fort. In dem Dokument „Prüfung Gutachten“ hatte die Beklagte zu den „Referenzbetrieben“ im Wesentlichen tautologisch und wenig greifbar ausgeführt (vgl. Bl. 68 d.A.)

„Sie erfüllen höchste Anforderungen an die technische Ausstattung und Qualifikation und gewährleisten eine qualitativ hochwertige Reparatur nach den Herstellerrichtlinien. Der Qualitätsstandard dieser Betriebe wird regelmäßig (in regelmäßigen Abständen oder grundsätzlich? Zusatz nicht im Original) durch einen Verband oder eine Zertifizierungsstelle überprüft. Der vorliegende Schaden kann dort vollständig und fachgerecht behoben werden, die Reparaturqualität ist der markengebundenen Fachwerkstatt gleichwertig. Es werden Originalersatzteile verwendet und die Betriebe gewähren eine mehrjährige Garantie.“

Diesem inhaltsleeren Text folgen die Nennung des „Verwendete(n) Referenzbetrieb(s)“ … in Heusenstamm mit dem lapidaren Zusatz „ZKF-Fachbetrieb(www.zkf.de)“ und der Hinweis auf eine „Weitere, günstigere Werkstatt“… mit dem – wieder – lapidaren Hinweis auf „Eurogarant-Fachbetrieb(www.eurogarant.de)“ (Bl. 68 d.A.). Mit solchen pauschalen Verweisen auf inhaltlich nicht weiter ausgeführte, aus sich heraus nicht verständliche und sich mitnichten selbst erklärende so gemannte Qualitätskriterien von Referenzwerkstätten wie „Eurogarant-Fachbetrieb“ und „zertifizierter Meisterbetrieb des Zentralverbandes Karosserie- und Fahrzeugtechnik“ („ZKF“) genügen Schädiger und seine Haftpflichtversicherung ihrer Darlegungslast an die Gleichwertigkeit der Reparatur in einer Referenzwerkstatt mit derjenigen in einer markengebundenen Fachwerkstatt ebenso wenig wie mit dem pauschalen Hinweisen, es werde „nach Herstellervorgaben“ (welchen?) bei „entsprechender Schulung der Mitarbeiter“ (wie und in welchem Umfang? wer schult? wer überprüft die Qualität der Schulung?) repariert und es gebe eine „regelmäßige Kontrolle des Qualitätsstandards durch TÜV oder DEKRA“ (was genau ist Gegenstand der Kontrolle? wie oft wird kontrolliert? wie sieht die Kontrolle konkret aus?).

Es handelt sich ohne Ausführungen zu dem näheren Inhalt dieser behaupteten Qualitätskontrolle erkennbar um Hülsen ohne feststehenden Inhalt, mit deren Nennung bzw. Aufzählung ein Unfallgeschädigter wenig bis gar nichts anfangen kann. Ihre Nennung in den Abrechnungssehreiben der Haftpflichtversicherungen, die die Kürzung vornehmen, ermöglicht dem Geschädigten so gerade keine eigenständige Prüfung, ob nicht nur die greifbare Chance, sondern die Garantie einer gleichwertigen Reparatur in der genannten Referenzwerkstatt besteht (exemplarisch dazu aus der tatrichterlichen Rechtsprechung: AG Hamburg-Wandsbek, Urt. v. 22.03.2010 – 716 C 450/09 -, noch unveröffentl., S. 7).

IV.

Schließlich hat die Beklagte die Voraussetzungen für eine Anspruchskürzung nach § 254 Abs. 2 BGB deshalb nicht hinreichend dargetan, weil sie nicht im Einzelnen darlegt, wie sich die vorgenommene Kürzung in Höhe der Klageforderung im Einzelnen zusammensetzt.

1. Die Darlegungslast der Haftpflichtversicherung des Schädigers umfasst auch Vortrag dazu, wie sich eine vorgenommenen Kürzung im Einzelnen zusammensetzt, zumal, wenn der Kläger und Geschädigte – wie hier – ein ausführliches Privatgutachten eines Sachverständigen zum Umfang des unfallkausalen Schadens vorlegt, das eine konkrete Aufschlüsselung einzelner Schadensposten und deren Schritte zur Behebung des Schadens samt konkreter Kostenposten enthält.

2. Demgegenüber hat die Beklagte nur – unzureichend – pauschal verwiesen auf das so genannte Dokument „Prüfung Gutachten“ und – offenbar – auf die dort als „Zusammenfassung“ enthaltene Tabelle (Bl. 67 d.A.). Dem liegt augenscheinlich die Rechtsauffassung zugrunde, dass es Aufgabe des Gerichts sei, sich aus vorgerichtlicher Korrespondenz gleichsam „zusammenzusuchen“ und – im Zusammenhang mit dem Privatgutachten des Geschädigten – unter Berücksichtigung von Arbeits- und Zeitaufwand und gegebenenfalls verwendeter Ersatzteile oder eingeschlagener Reparaturmaßnahmen im Einzelnen „zusammenzusuchen“ und „zu errechnen“, wie sich die Abzüge der Haftpflichtversicherung zusammensetzen oder ob und gegebenenfalls inwieweit sie richtig sind. Dies freilich ist nicht Aufgabe des Gerichts, sondern vornehmliche Aufgabe einer für Grund und Höhe einer Anspruchskürzung nach § 254 Abs, 2 BGB in vollem Umfang darlegungsbelasteten Partei, hier: der Beklagten.

B.

Die Entscheidung zu den Zinsen folgt aus Verzug.

C.

Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.

D.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus den § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG § 3 ZPO.

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6 Antworten zu AG Frankfurt am Main entscheidet mit lesenswertem Urteil gegen die Allianz-Vers. AG [ nicht rechtskräftiges Urteil vom 29.6.2012 -31 C 297/12 (16)- ].

  1. Bernhard Brüggen sagt:

    Schade, dass das amtsgerichtliche Urteil nicht rechtsbeständig wurde. Der Amtsrichter gehört eigentlich in die Berufungskammer beim LG. Wer solche Urteile verfassen kann, der ist zu Höherem berufen.
    Trotz fehlender Rechtskraft ist das Urteil bemerkenswert, wie der Amtsrichter die Angaben im sog. Prüfbericht auseinandergenommen hat. Vorbildlich. Es wäre zu wünschen, dass sich mehr Richter so intensiv mit den Prüfberichten von Control-Expert, DEKRA unsw. befassen.
    Grüße
    Bernhard

  2. Mister L sagt:

    „Auch sei die Einholung eines konkreten Kostenvoranschlags dem Versicherer nicht zuzumuten, da der ja Geld koste…“

    Aber die Prüfberichte und deren Kosten sind dem Versicherer zuzumuten, oder?
    Hallo!!! Geht’s noch!!!

    Außerdem: Wenn erst die Richterin nach Anhörung des Werkstattbesitzers zu der eigenen (und fragwürdigen) Erkenntnis gelangt, dass dort eine angeblich gleichwertige Reparatur stattfinden könnte, wie soll ein Geschädigter dies im Vorfeld ohne Anhörung des jeweiligen Werkstattinhabers herausfinden?!

    Im hiesigen Raum ist es bereits so, dass sog. Referenzfirmen keinerlei telefonische Auskünfte mehr geben. Selbst schriftliche Anfragen werden ignoriert.
    Soviel zum Thema der Überprüfungsmöglichkeit durch Geschädigte.

    Liebe Frau Richterin:
    Fahren Sie bei einem Schaden an ihrem Fahrzeug erst einmal in die „vorgeschlagene“ Reparaturwerkstatt, um den Prüfbericht und die darin enthaltenen Angaben zu überprüfen?
    Nehmen Sie gern einen Garantieverlust der Herstellergarantie ihres Fahrzeuges (der je nach Fahrzeughersteller bist zu 30 Jahren andauert) hin, da hier Arbeiten durch vom Hersteller nicht autorisierte Werkstätten durchgeführt werden?
    Auch der Hinweis im Prüfbericht, dass diese Referenzwerkstätten angeblich ausnahmslos nur Originalmaterialien vom jeweiligen Fahrzeughersteller verwendet würden, ist sicherlich für sie korrekt, gleichwohl Unterbodenschutz, Hohlraumversiegelung, Schwemm- und Dichtmaterialien sowie größtenteil auch das Lackmaterial in großen Gebinden vom Zubehör bzw. anderen Lackherstellern bezogen werden.

    Jaja. Alles garantiert gleichwertig…

  3. Willi Wacker sagt:

    Hallo Mister L.,
    der Ansatz, dass der geschädigte Kfz-Eigentümer die Möglichkeit der Überprüfung haben muss, ist falsch. Seit dem VW-Urteil ( VI ZR 53/09 = BGH ZfS 2010, 143 = VersR 2010, 225 = DS 2010, 28 ) hat der Schädiger, will er den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensgeringhaltungspflicht gemäß § 254 II BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit als im Gutachten angegeben verweisen, muss er, der Schädiger, darlegen und beweisen(!!!), dass eine Reparatur in dieser Alternativwerkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer Markenfachwerkstatt entspricht. Das heißt, der Schädiger muss alle relevanten Punkte vorlegen und beweisen. Die Darlegungs- und Beweislast liegt eindeutig beim Schädiger, der sich auf § 254 BGB beruft. Wenn eine Alternativwerkstatt die Beantwortung von Fragen verneint, ist dies ein Indiz dafür, dass die gedachten Reparaturarbeiten dort nicht entsprechend der Arbeiten in der markengebundenen Fachwerkstatt durchgeführt werden und dass die Werkstatt nur benannt wird, um niedrigere Stundensätze durchzusetzen. Es muss dann sofort diese Werkstatt als nicht gleichwertig zurückgewiesen werden. Weitere Erkundigungspflichten sind dem Geschädigten nicht auferlegt. Wie gesagt, die Darlegungs- und Beweislast liegt beim Schädiger.
    Eigentlich gleichwertig kann eine Reparatur in der Alternativwerkstatt zur Markenfachwerkstatt gar nicht sein. Unabhängig von der durchzuführenden Reparatur, die in einer Werkstatt, selbst wenn sie zertifiziert ist, nie den Wert einer Reparatur in der Markenfachwerkstatt haben kann, ist die Reparatur auch von der Qualität – schon allein wegen der fehlenden Spezialwerkzeuge – nicht gleichwertig. Spätestens dann, wenn das in der Alternativwerkstatt reparierte Fahrzeug veräußert wird und der Verkäufer den Unfall offenbaren muss, wird der Käufer wegen der nicht in der Markenfachwerkstatt durchgeführten Reparatur einen Preisnachlass durchsetzen können. Denn die Reparatur in der nicht markengebundenen Werkstatt ist in den Augen der Bevölkerung – zu Recht – minderwertig gegenüber der Reparartur in der Markenfachwerkstatt. Zu den billigeren Reparaturkosten müsste daher der Schädiger auch noch den gedachten Preisnachlaß als Schaden ausgleichen. Und dann wird sich der Schaden, für den der Schädiger einzustehen hat, wieder in dem Bereich bewegen, wie ihn der qualifizierte Kfz-Sachverständige in seinem Schadensgutachten angegeben hat. Man sollte daher mal über diesen Vermögensnachteil diskutieren, der durch die Reparatur in der Alternativwerkstatt verbleibt. Die Wertminderung durch die billige Reparatur in der Alternativwerkstatt ist nämlich ebenfalls vom Schädiger auszugleichen. Gemäß § 249 BGB ist der vormalige Zustand, also der Zustand vor dem Unfall, wiederherzustellen und nicht irgendein Zustand. Das bedeutet auch Schadensersatz. Es soll nicht irgendein Zustand ausgeglichen werden, sondern der vor dem schädigenden Ereignis liegende.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  4. Babelfisch sagt:

    @WW
    Dein Denkansatz in die Köpfe der Richter!!
    Wie bereits in einem anderen Thread behandelt, scheint nicht nur die Hamburger Rechtsprechung zum Schadensersatzrecht den Bach hinunter zu gehen. In vorauseilendem Gehorsam finden auch hier Amtsrichter nichts dabei, die Gleichwertigkeit einer Werkstatt auch dann zu bejahen, wenn der Inhaber der Referenzwerkstatt als Zeuge auf Nachfrage des Prozessbevollmächtigen des Geschädigten darauf hinweist, dass in der Werkstatt zwar Meister beschäftigt werden, diese jedoch ausschließlich Lackiermeister seien und keine Kfz-Meister.

  5. Willi Wacker sagt:

    Hallo Babelfisch,
    eine solche Alternativwerkstatt kann keine Reparaturarbeiten mit Karosseriearbeiten gleichwertig vom Qualitätasstandard einer Markenfachwerkstatt durchführen. Das sieht doch ein Blinder mit Krückstock!
    Das ist wieder eine Werkstatt, die in den Controll-Expert-Berichten bzw. DEKRA-Prüfberichten als gleichwertig angegeben werden, obwohl sie nur billigere Preise und sonst nichts haben. Damit sollen nur die Schadensersatzleistungen der Versicherer reduziert werden. Da drängt sich der Verdacht des Betruges auf!

  6. Buschtrommler sagt:

    @WW..
    @Babelfisch….

    So manch zitierte (Referenz-)Werkstatt weiss von ihren Benennungen bzw. dem weiterreichen ihrer Verrechnungssätze etc. überhaupt nichts….!
    Da setzt genauso ein Mißbrauch ein.

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