AG Frankfurt am Main verurteilt VN der HUK-Coburg zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten und der Gerichtkostenzinsen mit Urteil vom 5.6.2013 -31 C 3224/12 (17)-.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

gestern hatte ich Euch den Beschluss des AG Frankfurt am Main bezüglich der Zurückweisung des HUK-Rechtsanwaltes bekannt gegeben. Heute gebe ich Euch das Urteil bekannt. Im Rubrum ist des besagte Rechtsanwalt nicht mehr aufgeführt. Aber abgesehen von den zivilprozessualen Fragen, hat das Gericht der Klage vom materiellrechtlichen her statt gegeben. Die Begründung des Urteils wirft natürlich einige Fragen auf.  Am Anfang der Begründung scheint alles sehr vielversprechend und dann kommt es wieder knüppledick von wegen Angemessenheit der Nebenkosten. Obwohl? Der Anfang ist wohl doch nicht so gut. Ein angeblich Vertretungsberechtigter legt ohne Vollmacht Widerspruch gegen ein Versäumnisurteil ein – und dieser Widerspruch ist rechtswirksam? Wenn dem so ist, dann ist aber mit der ZPO einiges im Argen. Das Urteil wurde erwirkt von Herrn Rechtsanwalt Lutz Imhof, Aschaffenburg. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Frankfurt am Main                        Verkündet – It. Prot. – am: 05.06.2013
Aktenzeichen: 31 C 3224/12 (17)

Im Namen des Volkes
Urteil

 In dem Rechtsstreit

des Herrn A. K. aus G.

Kläger

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte D. I. & P. aus A.

g e g e n

Frau E. H. aus N.

Beklagte

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch Richter am Amtsgericht … im vereinfachten Verfahren mit Schriftsatzschluss am 24.05.2013

für Recht erkannt:

Das Versäumnisurteil vom 09.04.2013 wird mit folgender Maßgabe aufrechterhalten:

„Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 289,01 € nebst Zinsen daraus in Höhe von 5%-Punkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 16.02.2013 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz für die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.“

Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

– abgesehen gemäß § 313a ZPO –

Entscheidungsgründe

I. Der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 09.04.2013 ist zulässig. Der Einspruch wurde zwar von Herrn Rechtsanwalt S. eingelegt, der durch Beschluss vom 05.06.2013 als Bevollmächtigter der Beklagten zurückgewiesen wurde. Die Zurückweisung hindert gemäß § 79 Abs. 3 S. 2 ZPO aber nicht die Wirksamkeit der zuvor erfolgten Einspruchseinlegung.

II. Auf den Einspruch ist das Versäumnisurteil überwiegend aufrechtzuerhalten. Die Klage ist überwiegend begründet.

1. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von 289,01 € aus abgetretenem Recht.

a) Der Kläger ist aktivlegitimiert, die der geschädigten unfallbeteiligten Frau … geltend zu machen. Frau … hat ihre grundsätzlich unstreitigen Ersatzansprüche gegen die Beklagte mit Urkunde vom 03.05.2013 an den Kläger abgetreten (§ 398 BGB). Die Abtretung ist wirksam, da sie anders als die Abtretung vom 20.01.2010 hinreichend bestimmt ist.

b) Der Schädiger hat im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB als Schadenersatz auch die Sachverständigenkosten zu tragen, die zur Schadensfeststellung entstehen. Das sind die konkreten Kosten, wie sie der Kläger in Rechnung gestellt hat. Das Sachverständigenhonorar ist hier keine fiktive Abrechnungsposition.

Eine Schadenersatzleistung ist daher nur dort zu verneinen, wo den Geschädigten ein Auswahlverschulden trifft. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, sich nach dem günstigsten Sachverständigen umzusehen. Er darf nur nicht jeden beliebigen Preis vereinbaren. Eine Beschränkung auf die Ersatzpflicht durchschnittlich notwendiger Begutachtungskosten benachteiligt den insoweit regelmäßig als Laien auftretenden Geschädigten, der weder Kenntnisse noch Fähigkeiten hat, ein auffälliges Missverhältnis von Preis und Leistung festzustellen (Knerr, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 26. Aufl. 2011, Teil I Kap. 3 Rn. 121). Dass die Zedentin hier den Sachverständigen schuldhaft ausgesucht hat, ist nicht ersichtlich. Deshalb ist der Ansatz der Grundvergütung mit 402,50 € netto im Verhältnis geschädigte Zedentin zu Schädiger nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich der weiter abgerechneten Nebenkosten ist die Rechnung des Klägers in Beschränkung auf das erforderliche Maß indes zu korrigieren:

aa) Die Fahrtkosten erscheinen unangemessen hoch. Das Gesetz sieht an anderer Stelle eine angemessene Entschädigung von 0,30 Cent pro Kilometer vor (Ziffer 7003 W RVG). Eine höhere Angemessenheit ist hier nicht erkennbar. Ersatzfähig sind daher nur 12 * 0,30 € = 3,60 € netto.

bb) Die Photokosten sind nicht ersatzfähig. Sie sind nicht prüfbar. Weder trägt der Kläger hierzu näher vor, noch sind die Lichtbilder des Gutachtens der Klageschrift beigefügt. 25 € sind demnach in Abzug zu bringen.

cc) Die Auslagen sind nicht näher dargelegt, so dass lediglich eine Orientierung an der allgemeinen Auslagenpauschale bei Schadenersatzfällen, die hier mit 25 € als angemessen bewertet wird, erfolgen kann. Somit sind weitere 10 € in Abzug zu bringen.

c) Die Abrechnung lautet demnach wie folgt:

Grundhonorar          402,50 €
Fahrtkosten                 3,60 €
Auslagen                    25,00 €
Summe netto            431,10 €
Umsatzsteuer             81,91 €
Summe brutto           513,01 €

Nachdem die Haftpflichtversicherung des schädigenden Kraftfahrzeugs 224 € auf die Sachverständigenkosten gezahlt hat, verbleibt ein Restbetrag von 289,01 €.

2. Keinen Anspruch hat der Kläger auf Ersatz der Kosten für die Halteranfrage.

Warum diese Auskunft eingeholt wurde, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte war dem Kläger als Halterin bereits bekannt, denn ausweislich seiner Rechnung vom 20.01.2010 wird darin die Beklagte als Versicherungsnehmerin aufgeführt. Versicherungsnehmer der Kraftfahrzeughaftplichtversicherung ist der Halter (§ 1 PflVG). Sollte es darum gegangen sein, die Anschrift von der Beklagten ausfindig zu machen, hätte eine Anfrage bei der Haftpflichtversicherung genügt.

3. Zinsen sind ab Rechtshängigkeit zu leisten (§ 288, § 291 BGB).

Verzug trat zum 11.01.2010 nicht ein. Die (weitere) Leistung wurde vorgerichtlich durch die Haftpflichtversicherung der Beklagten nicht ernsthaft und endgültig verweigert. Die Versicherung teilte im Schreiben vom 10.02.2010 lediglich mit, eine höhere Zahlung als unangemessen zu erachten, gab aber Gelegenheit zur anderweitigen Darlegung.

4. Der Kläger kann Feststellung hinsichtlich der Verzinsung der Gerichtskosten verlangen. Die Vorschrift des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO, wonach die Verzinsung ab Eingang des Kostenfestsetzungsgesuchs stattfindet, schließt einen weitergehenden Schadensersatzanspruch nicht aus (AG Trier BeckRS 2010, 13321).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Nr. 1 ZPO.

IV. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 708 Nr. 11, §713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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4 Antworten zu AG Frankfurt am Main verurteilt VN der HUK-Coburg zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten und der Gerichtkostenzinsen mit Urteil vom 5.6.2013 -31 C 3224/12 (17)-.

  1. Richard Bemerode sagt:

    … und die Moral von der Geschicht`
    trau einer behaupteten Vollmacht nicht!
    Was lernen wir aus dem Beschluss und dem Urteil?
    Immer die Vollmacht im Original vorlegen lassen bzw. beantragen, dass die Originalvollmacht zur Gerichtsakte gereicht wird. Auch wenn ein HUK-Anwalt versichert, ordnungsgemäß bevollmächtigt zu sein, dann heißt das noch gar nichts, wie der obige Rechtsstreit zeigt. Gerade Versicherungsanwälte behaupten oft ins Blaue hinein, wie auch der Berliner Richter im Urteil zu berichten wußte. Da müssen die Versicherungsanwälte mal auf ihre Wahrheitspflicht hingewiesen werden. Auch darauf hatten Richter schon hingewiesen, wie hier im Blog bemerkt wurde.
    Nein, nein, Herr Rechtsanwalt S. aus K.. So geht es nicht.
    Ich gehe davon aus, dass auch die zuständige Anwakltskammer beim OLG Köln ihn darauf hinweisen wird.

  2. Wildente sagt:

    Einleitend einige interessante Ansätze/Formulierungen. Aber dann entgleist im wahrsten Sinne des Wortes die weitere schadenersatzrechtliche Bewertung und steht auch im Widerspruch zu dem zunächst Gesagten, wenn wie folgt ausgeführt wird:

    aa) Die Fahrtkosten erscheinen unangemessen hoch. Das Gesetz sieht an anderer Stelle eine angemessene Entschädigung von 0,30 Cent pro Kilometer vor (Ziffer 7003 W RVG). Eine höhere Angemessenheit ist hier nicht erkennbar. Ersatzfähig sind daher nur 12 * 0,30 € = 3,60 € netto.

    bb) Die Photokosten sind nicht ersatzfähig. Sie sind nicht prüfbar. Weder trägt der Kläger hierzu näher vor, noch sind die Lichtbilder des Gutachtens der Klageschrift beigefügt. 25 € sind demnach in Abzug zu bringen.

    cc) Die Auslagen sind nicht näher dargelegt, so dass lediglich eine Orientierung an der allgemeinen Auslagenpauschale bei Schadenersatzfällen, die hier mit 25 € als angemessen bewertet wird, erfolgen kann. Somit sind weitere 10 € in Abzug zu bringen.“

    Welche Fahrtkosten abgerechnet wurden geht leider aus diesem Urteil nicht hervor. Wenn jedoch die Höhe als unangemessen angenommen wird, ist dies keine beurteilungsrelevante Bewertung für die schadenersatzrechtliche Betrachtung, denn zumindest bei Auftragserteilung für ein zu erstellendes Gutachten, also aus der soviel zitierten Sicht „ex ante“, war das für den Geschädigten nicht zu erkennen.

    Was ist überhaupt „unangemessen hoch“ ? Welcher Wertmaßstab wird dafür herangezogen ? Beschränkung einer schon nicht hinnehmbaren Zubilligung von Schadenersatz nach dem Justizvergütungsgesetz ? Wo bleibt dann aber neben praxisnahen tatsächlichen Betriebskosten der Fahrzeitaufwand nach dem Justizvergütungsgesetz ? Und dann auch noch die vom BGH ausdrücklich verbotene Prüfung ex post. Das Unfallopfer hat auch nicht die offensichtlich besondere Befähigung des erkennenden Richters, der dies aber wohl als selbstverständlich annimmt.
    Aber wie formulierte der Richter eingangs die schadenersatzrechtlich relevante Sicht zutreffend ?

    „b) Der Schädiger hat im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB als Schadenersatz auch die Sachverständigenkosten zu tragen, die zur Schadensfeststellung entstehen. Das sind die konkreten Kosten, wie sie der Kläger in Rechnung gestellt hat. Das Sachverständigenhonorar ist hier keine fiktive Abrechnungsposition.“
    Na also, das ist doch alles noch richtig, aber was dann dazu später zum Nachteil des Unfallopfers ausgeführt wird, eben nicht mehr.

    Und dann kommt schon die Sache mit den Lichtbildern. Für mich nicht nachvollziehbar.-
    Wer hat was vorgetragen und wer muß was beweisen ? Offensichtlich wurde nicht einmal die unversehrte Vorlage des Original-Gutachtens in Betracht gezogen. Alles sehr dubios, was mit dem Verlauf der gerichtlichen Auseinandersetzung im Zusammenhang steht. Wäre der Richter – möglicherweise – insoweit nicht zu einem Hinweisbeschluß verpflichtet gewesen, zumal ihm bekannt sein sollte, dass es ein Gutachten ohne Fotos kaum geben kann ?

    Die Sache mit den weiteren Auslagen ist auch ziemlich mysteriös. Noch nicht einmal nach dem Justizvergütungsgesetz müssen solche Pauschalen näher dargelegt werden.

    Hier stellt sich der Fall so dar, dass lediglich die Zubilligung von Schadenersatz in einer ex post Schau eben nicht die konkreten Kosten berücksichtigt, wie sie der Kläger in Rechnung gestellt hat.

    Wie formulierte der Richter eingangs noch so schön zutreffend ?

    „Eine Schadenersatzleistung ist daher nur dort zu verneinen, wo den Geschädigten ein Auswahlverschulden trifft.“
    und dann weiter:
    „Daß die Zedentin hier den Sachverständigen schuldhaft ausgesucht hat, ist nicht ersichtlich.“

    Na, das wär´s doch fast richtig schon gewesen, wenn nicht der Verführungsteufel dem Richter ins Ohr geflüstert hätte, dass er jetzt nur noch die Nebenkosten prüfen müßte. So ist das halt zwischen Himmel und Erde.

    Eure Wildente

  3. virus sagt:

    Was für ein Skandal.

    Die Nummer 1 der Kfz.-Versicherer HUK Coburg fährt laut SZ mit Transparo 19 Millionen Euro Miese ein!
    M. E. liegt somit ein gravierender Fall von Veruntreuung der HUK- Versicherten-Gelder vor. Ein Staatsanwalt sollte sich dieser Problematik annehmen.

    Pressemitteilung: The Epoch Times – Deutschland

    HUK COBURG – Für den Versicherer HUK-Coburg wird das Vergleichsportal Transparo teuer. Bislang weigerten sich Transparo und Mehrheitseigner HUK-Coburg, Geschäftszahlen zu nennen, offenbar aus gutem Grund. Der jetzt veröffentlichte Jahresabschluss weist einen Verlust von 19 Millionen Euro aus, bei einem Jahresumsatz von 6 Millionen Euro. (Süddeutsche Zeitung S. 23)

  4. Wolfgang sagt:

    Sagt ich´s doch schon lange. Es gibt seriöse und unseriöse Jongleure. Der Kreis schließt sich und jedweder Anschein von normalem Geschäftsgebaren ist dahin. Ich würde nicht mehr Golf spielen gehen, sondern den Golfball möglichst unauffällig zu verschlucken suchen.
    Wolfgang

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