AG Freising verurteilt R+V Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten auf Schwacke-Basis (1 C 478/12 vom 16.10.2012)

Mit Datum vom 16.10.2012 (1 C 478/12) hat das AG Freising die R+V Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.085,75 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht sieht die Schwacke-Liste als geeignete Schätzgrundlage an, die Fraunhofer Tabelle und angebliche Internetangebote werden abgelehnt. Gegen dieses Urteil hatten die Beklagten Berufung eingelegt, dieses Urteil wird in Kürze hier im Blog veröffentlicht.

Nachfolgend die Urteilsbegründung:

Tatbestand

Die Parteien streiten sich über den Ersatz weiterer Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall.

Zwischen dem Pkw des Klägers und dem Pkw der Beklagten zu 2), der am xx.xx.2011 von der Beklagten zu 1) gesteuert wurde und bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversichert war kam es an diesem Tag auf der BAB A X in Folge Aquaplaning beim beklagtischen Fahrzeug zu einem Verkehrsunfall. Die Beklagten haften für das Unfallereignis voll umfänglich.

Vorgerichtlich wurden die seitens des Klägers geltend gemachten Schadenspositionen von der Beklagten zu 3) mit Ausnahme weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.085,75 € ausgeglichen. Für die Inanspruchnahme eines Ersatzfahrzeugs im Zeitraum vom 11.10. -15.11.2012 stellte die Firma XY Autovermietung dem Kläger einen Betrag in Höhe von 4.432,75 € in Rechnung, auf den die Beklagte zu 3) einen Betrag in Höhe von 3.347,00 € bezahlte. Mit Schreiben vom 06.12.2011 forderte der anwaltschaftliche Vertreter des Klägers die Beklagte zu 3) erstmals zur Zahlung auf, mit Schreiben vom 22.02.2012 kündigte der anwaltschaftliche Klägervertreter für den Fall der weiteren Nichtzahlung gerichtliche Schritte an. Mit Schreiben vom 24.02.2012 wies die Beklagte zu 3) die über den regulierten Betrag hinausgehenden Mietwagenkosten zurück.

Der Kläger trägt vor, ihm stünden auch die restlichen 1,085,75 € an Mietwagenkosten zu, da diese angemessen seien. Dies ergebe sich aus dem gewogenen Mittel der Pkw-Gruppe 6 im Postleitzahlengebiet 082.. im Normaltarif des Schwackemietpreisspiegels. Der Kläger trägt vor, er habe sich vor Anmietung des Fahrzeugs am 11.10.2011 bei mehreren Mietwagenfirmen nach deren Preisen erkundigt, sämtliche Preise hätten über den Preisen der dann in Anspruch genommen Firma XY Autovermietung gelegen.

Der Kläger beantragt zuletzt,

Die Beklagten werden verurteilt an den Kläger als Gesamtschuldner 1.085,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 13.12.2011 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagten tragen vor, die geltend gemachten Mietwagenkosten seien überhöht. Der Kläger sei seiner Verpflichtung nicht nachgekommen den günstigsten ihm zur Verfügung stehenden Tarif auszuwählen. Aufgrund des Erhebung des Marktpreisspiegels Mietwagen Deutschland des Frauenhofer Instituts ergebe sich, dass die Kosten jedenfalls in Höhe der nicht regulierten Klagesumme überhöht waren. Darüberhinaus geben die Beklagten an, hätte dem Kläger über das Internet ein günstigeres Mietfahrzeug zur Verfügung gestanden.

Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht wurde der 05.102012 bestimmt. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und sonstigen Aktenbestandteile vewiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet, lediglich im Zinsanspruch erfolgt eine Teilabweisung.

1. Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Freising ist gem. § 32 ZPO örtlich zuständig.

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch in Hohe von 1.085,75 € gem. § 823 Abs, 1 BGB iVm §§ 7, 17 StVG, 115 VVG. Die geltend gemachten weiteren Mietwagenkosten sind angemessen und seitens der Beklagten im Rahmen der unstreitigen vollumfänglichen Haftung für das Unfallereignis zu ersetzen. Der Kläger kann gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (ständige Rechtssprechung des BGH). Im Rahmen des ihm Zumutbaren hat der Geschädigte bei der Auswahl eines Mietwagenunternehmens jedenfalls für den Fall, dass ihm ein sog. „Unfallersatztarif“ angeboten wird, den regionalen Markt dahingehend zu eruieren, ob ihm ein günstigeres Angebot zur Verfügung steht. Soweit ihm lediglich Normaltarife angeboten werden ist diese Verpflichtung des Geschädigten nur dann anzunehmen, wenn eine sog. Notsituation nach dem Unfall, d.h. die Erforderlichkeit der sofortigen Verfügbarkeit eines Ersatzfahreeugs aus dem Unfall nicht gegeben ist. Unstreitig erfolgte hier die Anmietung des Mietwagens erst drei Tage nach dem Unfall, so dass der den Schadenersatz begehrende Kläger grundsätzlich darzulegen hat, dass er bemüht war, einen günstigen Mietwagenpreis zu erhalten. Die Anforderungen an den Geschädigten sind hierbei jedoch nicht zu überspannen. Der Kläger ist hier seiner Darlegungslast nachgekommen, indem er durch Schriftsatz vom 13.09.2012 die Preisliste von wenigstens 3 Mietwagenunternehmen aus seiner Region vorgelegt hat. Unter Berücksichtigung dieser Preislisten ist erkennbar, dass keines dieser Unternehmen einen signifikant billigeren Preis angeboten hätte als das vom Kläger tatsächlich in Anspruch genommene Unternehmen XY. Insoweit hätte es den Beklagten oblegen im Rahmen des Einwands der nicht eingehaltenen Schadensminderungspflicht konkret günstigere Möglichkeiten aufzuzeigen. Dies ist insoweit nicht erfolgt.

Darüberbinaus erscheint dem Gericht der dem Kläger in Rechnung gestellte Betrag für Mietwagenkosten nicht als überhöht, so dass ein Ersatzanspruch in voller Höhe besteht.

Insoweit ist das Gericht berufen, die Angemessenheit der Mietwagenkosten gem. § 287 ZPO zu schätzen. Eine geeignete Schätzgrundlage hierfür ist ungeachtet auch der Geeignetheit des Marktpreissplegel Mietwagen Deutschland des Frauenhofer Instituts der Schwacke-Mietpreisspiegel. Das Gericht zieht diesen als Schätzgrundlage vor, da er den regionalen Markt aufgrund einer Genauigkeit des Postleitzahlengebiets des Anmietortes auf drei Ziffer exakter abbildet. Ausweislich der Gruppe 6 wurde der im Schwacke-Mietpreisspiegel ausgewiesene Wochenmodus aufgrund einer Nennung von 13 Erhebungen ermittelt, so dass eine ausreichende Datenbasis zum Schaffen einer Schätzgrundlage vorlag. Unter Berücksichtigung eines unstreitigen Anmietzeitraums von 35 Tagen, somit 5 Wochen wäre eine 5-Wochen-Pauschale zugrunde zu legen. Diese läge bei über 5.000,00 €, der tatsächlich in Rechnung gestellte Betrag liegt darunter. An der Angemesenheit der abgerechneten Mietkosten bestehen deshalb seitens des Gerichts keine Zweifel. Soweit die Beklagten Beweis durch Sachverständigengutachten dafür angeboten haben, dass im konkreten Fall die Schwacke-Liste nicht als geeignete Schätzgrundlage zugrunde gelegt werden kann, weil ausweislich des beklagtischen Sachvortrags die Internetrecherche günstigere Tarife erbracht hätte, war diesem Beweisangebot nicht nachzukommen. Der hierzu vorgetragene Sachvortrag in unsubstantiiert. Insbesondere ist zu sehen, dass der den Vortrag stützende Auszug aus dem Internet nicht den konkreten im vorliegenden Fall betreffenden Anmietzeitraum vom 11.10.2011 bis 15.11.2012 abbildet.

3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 2, 288 Abs. 1 BGB. Verzugszinsen stehen dem Kläger ab 24.02.2012 zu, da die Beklagte zu 3) an diesem Tag die weitere Erstattungspflicht endgültig verweigert hat. Ein vorheriger Verzugseintritt liegt nicht vor. Insbesondere das Schreiben vom 06.02.2012 ist lediglich als Zahlungsaufforderung unter Fristsetzung zu sehen, eine Mahnung wird durch dieses Schreiben nicht entbehrlich. Auch das weitere Schreiben vom 07.02.2012 ist nicht als Mahnung anzusehen, insbesondere beziehen sich die Ausführungen nicht auf die Mietwagenkosten. Als Mahnung jedoch zu sehen ist das Schreiben vom 22.02.2012, da für den Fall der Nichtzahlung gerichtliche Schritte angekündigt wurden. Insoweit kann es dahinstehen, ob der Verzug durch Zugang dieses Schreibens gem. § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB oder durch die endgültige Leistungsverweigerung nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eingetreten ist.

4. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 703 Nr. 11, 711 ZPO.

Soweit das AG Freising.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

Siehe auch: CH-Beitrag vom 08.01.2014

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