Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum Wochenbeginn stellen wir Euch hier ein Restsachverständigenkostenurteil aus Fürstenfeldbruck gegen die HUK-Coburg vor. Wieder war es die HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskase kraftfahremnder Beamter Deutschlands, die meinte, eigenmächtig die berechneten Sachverständigenkosten kürzen zu können. Dass dies rechtswidrig war, wurde der HUK-Coburg durch das Gericht im Urteil mitgeteilt. Zum Thema Erforderlichkeit hat der erkennende Amtsrichter des AG Fürstenfeldbruck alles richtig gemacht und dann allerdings doch noch eine Angemessenheitsprüfung durchgeführt. Schade eigentlich. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare bekannt.
Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingereicht durch die Kanzlei Kaiser & Kollegen aus 68199 Mannheim.
Viele Grüße und eine schöne Adventswoche
Willi Wacker
Amtsgericht Fürstenfefdbruck
Az.: 5 C 1329/13
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschland a.G., vertreten durch d. Vorstand, Martin-Greif-Str. 1, 80335 München
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Fürstenfeldbruck durch die Richterin am Amtsgericht … am 12.11.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 256,81 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.04.2013 sowie weitere 37,13 € an außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 256,81 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
Die Klägerin hat Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des weiteren Sachverständigenhonorares gemäß § 823 BGB, § 7 StVG, 115 VVG. Die Eintrittspflicht der Beklagten dem Grunde nach ist unstrittig.
Im Rahmen der Eintrittspflicht besteht Anspruch auf das geltend gemachte Gutachterhonorar, da der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer die Kosten von Sachverständigengutachten zu ersetzen hat, „soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind“ (vgl. Palandt, 66. Auflage, Rn. 40 zu § 249).
Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB beschränkt sich der von dem Schädiger zu ersetzende Geldbetrag von vorneherein auf dasjenige, was für die Naturalrestitution „erforderlich“ ist. Darüber hinaus findet der schadensrechtliche Grundsatz der Totalreparation seine Grenze in dem sog. Wirtschaftlichkeitsgebot. Es ergibt sich für den vorliegend zu entscheidenden Fall zur Überzeugung des Gerichtes nicht, dass die von der Klägerin geltend gemachten Kosten des Sachverständigengutachtens nicht „erforderlich“ und damit nicht erstattungsfähig sind:
Der Bundesgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung betont, dass bei der Ermittlung dessen, was als Aufwand zur Schadensbehebung erforderlich i.S. des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist, stets auf die individuellen Erkenntnis- und Einflussnahmemöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für den Geschädigten bestehenden Schwierigkeiten Rücksicht genommen werden muss (grundlegend BGH VI. Zivilsenat, VI ZR 41/74).
Aus diesem Grund kann auch nicht derjenigen Auffassung gefolgt werden, die Sachverständigenkosten von vorneherein nur insoweit für erstattungsfähig erachtet, als diese „objektiv“ notwendig und angemessen sind.
Vielmehr kann die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Beauftragung eines Sachverständigen mit der Schadensermittlung vor dem Hintergrund der allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätze selbst dann, wenn diese übersetzt sein sollten, nur unter engen Voraussetzungen verneint werden. Dies wäre zunächst dann der Fall, wenn der Geschädigte mit dem Sachverständigen kollusiv zum Nachteil der Versicherung zusammenwirkt (Erstellen einer Scheinrechnung, Berechnung einer nur bei der Einstandspflicht eines Versicherers geltenden „Sondervergütung“) oder sich die Unangemessenheit der vereinbarten Vergütung aus anderen Umständen ergibt, wie etwa dann, wenn die Vergütung so hoch ist, dass sie von dem Geschädigten, müsste er diese selbst übernehmen, nicht vereinbart worden wäre. Danach kann der Geschädigte die Kosten eines Sachverständigengutachtens auch dann ersetzt verlangen, wenn diese überhöht sein sollten, es sei denn, dies ist für den Geschädigten ohne weiteres erkennbar gewesen. Von beidem kann vorliegend nicht ausgegangen werden.
Der Geschädigte ist nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (BGH Urteil vom 23.01.2007 in DAR 2007, 263, 264 = NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144).
Bei dem Gutachtensauftrag zwischen der Geschädigten und dem Sachverständigen handelt es sich um einen Werkvertrag gemäß § 631 BGB. Nachdem es für Sachverständige keine Gebührenordnung gibt, kann der Sachverständige seine Gebühren nach billigem Ermessen bestimmen, § 632 Abs. 2 BGB, vgl. auch LG München II, 8 S 4561/06.
Eine willkürliche Überhöhung kann das Gericht hier bei der Überprüfung nicht erkennen. Als Grundhonorar setzte der Sachverständige (K6) netto 369,00 € an. Eine taugliches Mittel zur Überprüfung der geltendgemachten Kosten sind grds. die BVSK-Tabellen zur Honorarbefragung der Sachverständigen. Zwar ist sie keine empirische Erhebung von Sachverständigenhonoraren, so bietet sie aber einen Gradmesser und ist allgemein als Schätzgrundlage anerkannt. Der vom Sachverständigen festgestellte Schaden betrug 2.469,63 EUR brutto. Das angesetzte Grundhonorar überschreitet den Korridor HB -III der Honorarbefragung von 2011 nicht. Es ist daher keine Überhöhung zu erkennen.
Bezüglich der Nebenkosten ist eine Pauschalisierung zulässig. Die Nebenkosten können neben dem Grundhonorar geltend gemacht werden. Sie können auch einen nicht unerheblichen Anteil an den Gesamtkosten ausmachen, ohne dass gegen die Pflicht zur Schadensminderung verstoßen wäre. Es ist daher auch zulässig, Sachverständigenkosten zu verlangen, die sich aus Positionen wie z.B. Portokosten, Telefonkosten, Fahrt – und Fotokosten errechnen, vgl. auch AG München , 331 C 14952/11, zitiert nach juris. Dass dies üblich ist, ergibt sich auch aus der BVSK-Honorarbefragung. Die hier angesetzten Pauschalen entsprechen den Pauschalen im Honorarkorridor HB III der BVSK Befragung. Eine für die Klägerin erkennbare Überhöhung ist daher nicht ersichtlich. Das Gutachten umfasst 12 Seiten zuzüglich 15 Lichtbilder. Die abgerechneten Nebenkosten sind somit zu Recht in Rechnung gestellt worden. Maßgeblich ist hier die Rechnung in der Anlage K6.
Im übrigen ist für das Gericht nicht ersichtlich, wieso die Beklagte zwar einen höheren Grundbetrag als den der BVSK-Befragung für angemessen ansieht, allerdings einen niedrigeren Grundbetrag zuzüglich Nebenkosten dann als so überhöht ansieht, dass dies dem Geschädigten sofort auffallen müsste. Dass die Nebenkosten lediglich die Materialkosten abdecken sollen, ist nirgenwo festgelegt. Die Nebenkosten umfassen daher auch den Personalaufwand, der z.B. durch Erstellen und Ausdrucken der Lichtbilder entsteht oder durch das Büropersonal, dass die Schreibarbeit verrichtet. Eine für die Klägerin erkennbare Überhöhung der Nebenkosten liegt daher nicht vor.
2.
Die Klägerin hat ebenfalls Anspruch auf Ersatz der restlichen vorgerichtlichen Rechtsanwaltkosten, da die Beklagte lediglich die Kosten aus einem Gegenstandswert bis 300 EUR ersetzt hat, so dass die Differenz zum Gegenstandswert bis 600 EUR noch offen ist. Dies sind die begehrten 37,13 EUR.
3.
Der Anspruch auf die Zinsen folgt aus § 288, 286 BGB.
II.
Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Berufung gegen dieses Urteil war nach Maßgabe des § 511 IV ZPO nicht zuzulassen.
Wer hatte denn gesagt, dass die HUK-Coburg sich mit Honorarkürzungen zurückhalten würde? Das Urteil des AG FFB beweist doch, dass das nicht der Fall ist. Die HUK kürzt nach wie vor. Sie legt jetzt nur nicht mehr das Gesprächsergebnis mit BVSK zugrunde, sondern ihr selbstgestricktes Honorartableau. Das ist natürlich Augenwischerei, denn das Honorartableau fußt auf dem Gesprächsergebnis. Weder das Gesprächsergebnis noch das Honorartableau sind für die Bemessung der Gutachterkosten relevant. Das Gesprächsergebnis ist Sondervereinbarung und das Honorartablau nur interne Richtschnur ohne Außenwirkung.
Beide von der HUK immer wieder vorgebrachte Listen können wegen Unbrauchbarkeit wieder eingestampft werden.
Dass die Gesprächsergebniss keine Grundlage bilden, wird den meisten Richtern nur schwerlich zu erklären sein, da diese Argumentationsweise schon zu oft seinen Niederschlag in Urteilsgründen gefunden hat. Ld…..!