Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachstehend geben wir Euch als weitere Wochenendlektüre ein Urteil des AG Fürth vom 14.10.2014 bekannt. Dieses Mal wollte die Allianz die Sachverständigenkosten nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall nicht zahlen. Zunächst hatte der Geschädigte einen Kostenvoranschlag eingeholt, der 50,– € kostete. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass eben kein Bagatellschaden von unter 700,– € vorlag, ließ er ein Gutachten erstellen. Hierfür berechnete der Sachverständige 586,31 €. Diesen Betrag verlangte der Geschädigte als Schadensersatz. Das angerufene Gericht gab ihm insoweit Recht, als es die Sachverständigenkosten zusprach, allerdings den Betrag von 50,– € für den Kostenvoranschlag abzog. Lest selbst das Urteil und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Mit freundlichen Grüßen und noch ein schönes Wochenende
Willi Wacker
Amtsgericht Fürth
Az: 350 C 1750/14 –
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
des Herrn S. R. aus W.
– Klägers –
Prozessbevollmächtigte: RAe. B. P. R. aus Z.
g e g e n
Allianz Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand, An den Treptowers 3, 12435 Berlin
– Beklagte –
Prozessbevollmächtigter: RA B. aus N.
wegen Schadensersatzes
erlässt das Amtsgericht Fürth durch den Richter am Amtsgericht W. am 14.10.2014 folgendes
Endurteil
I.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 536,31 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 28.10.2013 zu bezahlen.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 586,31 € festgesetzt.
Tatbestand
Entbehrlich gemäß § 313 a ZPO.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat überwiegend Erfolg.
Folgende leitende Erwägungen gemäß §§ 286, 287, 313 III ZPO kurz zusammengefasst, liegen der Entscheidung zugrunde.
1. Grundsätzlich darf der Geschädigte einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe beauftragen und von der Beklagten nach § 249 II 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen. Dabei wird allerdings vom Geschädigten nicht verlangt, zugunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbat zu tragen hätte. Bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihn in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben. Die tatsächliche Rechnungshöhe der Sachverständigenkosten bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne des § 249 II ! BGB. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwandes mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen.
Nach diesen Grundsätzen, die der BGH zuletzt im Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (BGH NJW 2014, 1947; BGH DS 2014, 90; BGH NZV 2014, 255) dargestellt hat, ist hier die Sachverständigenrechnung sowol mit Blick auf das Grundhonorar als auch auf die Nebenkosten nicht zu beanstanden.
Für die Nebenkosten geht die Beklagtenseite selbst davon aus, dass diese sich im Bereich des BVSK-Honorarkorridors bewegen. Auch das Grundhonorar übersteigt allerdings keinesfalls deutlich den Honorarkorridor.
2. Zusammenfassend waren daher unter Berücksichtigung sämtlicher vorgetragener Argumente der Klägerseite und der Beklagtenseite letztlich die Sachverständigenkosten dem Kläger zuzusprechen.
Allerdings waren die von der Beklagtenseite vorgerichtlich bereits bezahlten 50,– € laut Anlage K 2 – dort für den Kostenvoranschlag – bei den Sachverständigenkosten in Abzug zu bringen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, ein Abschlag zum Nachteil des Klägers war wegen Geringfügigkeit nicht veranlasst.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 ff ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung: ….
Soweit das Urteil des AG Fürth, das – trotz erheblichen Arbeitsaufkommens in der Redaktion – durch den Autor prompt veröffentlicht wurde. Und nun Eure Kommentare.
WESHALB, liebes Gericht, waren die 50,- € für den KV in Abzug zu bringen?
Wo ist die von dir geschuldete Urteilsbegründung?
Du musst deine Urteilsaussagen schon wenigstens mit einem einzigen Argumentlein begründen, sei es auch noch so schwach.
Wenn das nicht geschieht, dann verfehlst du deinen richterlichen Auftrag.
Wenn einem Richter garkein Argument für die Begründung seiner Rechtsauffassung einfällt, dann sollte er seine Rechtsauffassung kritisch hinterfragen und letztlich abändern.
Zumal die 50€ als zusätzliche Beweissicherungskosten anzusehen sind.
Hierdurch hat der Geschädigte erst Kentniss darüber erlangt, dass von der Schadenshöhe her kein Bagatellschaden vorliegt.
Ätsch, muss ich nicht, denn ich bin deutscher Richter, das ist bei 50 Euro, hier in fürth, wie wenn Gott zu euch spricht.
Zu diesem Urteil des AG Fürth teilte mir der Einsender des Urteils noch Folgendes mit:
Die Anwälte der Allianz-Versicherung wiesen in ihren Schriftsätzen an das Gericht auf das Urteil des AG München vom 29.7.2014 – 343 C 1668/14 – hin. Der Verweis der Allianz-Anwälte auf das Urteil des AG München 343 C 1668/14 vom 29.07.2014 ging allerdings ins Leere!
Das wollte ich noch nachtragen.
Mit freundlichen Grüßen und noch einen schönen Sonntag
Willi Wacker