Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend geben wir Euch ein Urteil aus Fürth zum Thema fiktive Abrechnung, Kosten für die Stellungnahme des Sachverständigen sowie für die Reparaturbestätigung bekannt. Bemerkenswert ist, dass der gerichtliche Sachverständige K. (der – nach den Angaben des Sachverständigen C. – gleichzeitig Haus- und Hofgutachter der DEVK ist) der Meinung war, dass der benannte Eurogarant-Betrieb zur BMW Niederlassung gleichwertig sei. Allerdings hat das Gericht nicht beachtet, dass die Beklagte zur Darlegung und zum Beweis der günstigeren Reparatur, auf die sich der Geschädigte nach § 254 BGB verweisen lassen müsse, dies nicht ausreichend dargelegt und bewiesen hat. Der von einer nicht unbeachlichen Meinung in Literatur und Rechtsprechung geforderte verbindliche Kostenvoranschlag wurde seitens der Beklagten nicht vorgelegt. Schon von daher wäre eine Verweisung für den Geschädigten unzumutbar gewesen. Immerhin hat der gerichtlich bestellte Gutachter aber die Beilackierungskosten, die der vom Geschädigten beauftragte Gutachter aufgeführt hatte, bestätigt. Insoweit waren die Angaben im Prüfbericht unzutreffend. Folgerichtig hat das Gericht die Sachverständigenkosten für das Gutachten sowie auch für die Stellungnahme und die Reparaturbestätigung zugesprochen. Sämtliche Kosten sind adäquat kausal auf das Unfallereignis zurückzuführen. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker
Amtsgericht Fürth
Az.:. 340 C 2493/12
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
1) …
– Beklagter-
2) Allianz Versicherungs AG, vertreten durch d. Vorstandsvors. Severin Moser, An den Treptowers 3, 12435 Berlin
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Fürth durch die Richterin am Amtsgericht … am 22.08.2013 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12.08.2013 folgendes
Endurteil
I. Die Beklagten werden gesamtverbindlich verurteilt, an die Klägerin 492,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seitdem 12.07.2012 zu bezahlen.
II. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten von 43,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.10/2012 zu bezahlen.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 70 %, die Beklagten tragen als Gesamtschuldner 30 %.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei kann jedoch die Vollstreckung durch die andere durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig Sicherheit leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.680,42 € festgesetzt. (§§ 48 GKG, 3 ZPO).
Tatbestand
Am xx.06.2012 ereignete sich in Zirndorf ein Verkehrsunfall, bei dem der PKW des Ehemanns der Klägerin, der seine Ansprüche an diese abgetreten hat, durch den Motorroller des Beklagten zu 1), der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war, beschädigt wurde. Die Beklagten haben in vollem Umfang für den entstandenen Schaden einzustehen.
Die Reparatur des beschädigten PKW kostet laut Gutachten 3.163,10 € netto. Für den Sachverständigen wurden 686,45 € aufgewendet. Für ein Ergänzungsgutachten fielen 309,70 € an, für eine weitere Nachbesichtigung 35,30 €. Der Nutzungsausfallschaden belief sich auf 200,00 €. Dazu kommen 25,00 € pauschale Unkosten.
Die Beklagten haben die Reparaturkosten bis auf einen Betrag von 1.335,02 € bezahlt. Die Kosten des Ergänzungsgutachtens sowie die der Fahrzeugnachbesichtigung wurden nicht übernommen.
Die Klägerin trägt vor, alle im Sachverständigengutachten aufgeführten Arbeiten seien zur Schadensbehebung erforderlich. Sie müsse sich auch nicht auf die Preise der seitens der Beklagten benannten Referenzbetriebe verweisen lassen, da diese nicht gleichwertig seien. Auch die Kosten des Ergänzungsgutachtens und der Fahrzeugnachbesichtigung seien erforderlich gewesen und damit seitens der Beklagten zu übernehmen.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagten werden gesamtverbindlich verurteilt, an die Klägerin 1.680,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.07.2012 zu bezahlen.
2. Die Beklagten werden gesamtverbindlich verurteilt, an die Klägerin außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 129,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagten beantragen
Klageabweisung.
Sie behaupten, die Reparaturkosten seien ausreichend reguliert, nachdem die Beilackierung der Tür nicht erforderlich sei. Die Klägerin müsse sich auch auf die Preise nicht markengebundener Fachwerkstätten verweisen lassen, da diese gleichwertig seien.
Die geforderten Sachverständigenkosten seien überhöht. Schon gar nicht seien die Beträge, die für das Ergänzungsgutachten und die Nachbesichtigung anfielen, von ihnen zu übernehmen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Erholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Inhalts des Beweisbeschlusses und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17.12.2012 (Bl. 35 – 37 d.A.) und das Gutachten des Sachverständigen K. vom 27.06.2013 (Bl. 55 – 69 d.A.) Bezug genommen.
Außerdem lagen vor:
Gutachten des Sachverständigen C. vom 22.06.2012 samt ergänzender Stellungnahme vom 04.08.2012 sowie die dazugehörigen Rechnungen, Auftrag zu Gutachtenserstellung und Honorarliste, jeweils in Kopie.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Fürth ist zur Entscheidung sachlich und örtlich zuständig gemäß §§ 20 StVG, 23 GVG.
II.
Die Klage ist zum Teil begründet.
1.
Aus § 7 StVG, hinschtlich der Beklagten zu 2) in Verbindung mit § 3 PflichtVersG bzw. § 115 VVG schulden die Beklagten der Klägerin weiteren Schadensersatz in Höhe von 492,49 € sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 43,32 €.
a)
Unstreitig wurde der PKW des Ehemanns der Klägerin, der seine Ansprüche an diese abgetreten hat, beim Betrieb des Motorrollers des Beklagten zu 1), der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war, beschädigt. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass die Beklagten zu 100 % für den entstandenen Schaden einzustehen haben.
b)
Von dem insgesamt entstandenen Unfallschaden ist noch ein Betrag von insgesamt 492,49 € nicht reguliert. Dazu kommen Anwaltskosten von 43,32 €.
aa)
Aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen K. in seinem schriftlichen Gutachten vom 27.06.2013 steht fest, dass aufgrund des Unfalls eine Beilackierung der Fahrertür des klägerischen PKW erforderlich ist. Damit sind die hierfür im Gutachten des Sachverständigen C. angeführten Arbeitszeiten und Materialkosten grundsätzlich gerechtfertigt. Die Klägerin muss sich jedoch auf die Preise der Firma H. , die wie der Sachverständige K. ebenfalls überzeugend ausführt, mit einer markengebundenen Fachwerkstatt vergleichbar ist, verweisen lassen. So war das Fahrzeug des Ehemanns der Klägerin zum Unfallzeitpunkt bereits über 5 Jahre alt. Dass es regelmäßig in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet und repariert wurde, wird nicht behauptet.
Unter Zugrundelegung der Preise der Firma H. ergibt sich aber für die Lackierarbeiten inklusive der Nachlackierung der Tür ein Preis von 1.975,17 €. So beträgt der Arbeitslohn laut Kalkulation entsprechend den niedrigeren Preisen 444,09 €. Bei den Lackierarbeiten sind 78 AW einzusetzen, was 6,5 Stunden entspricht. Seitens des Referenzbetriebs H. wird hierfür inklusive Material ein Stundensatz von 105,30 € gefordert, so dass sich für die Lackierarbeiten ein Betrag von 684,45 € ergibt. Dazu kommen die Ersatzteile mit 815,32 €, die Kleinteile mit 16,31 € und die Nebenkosten mit 15,00 €.
Auf den damit geschuldeten Gesamtbetrag von 1.975,17 € haben die Beklagten 1.828,08 € bezahlt, so dass noch 147,09 € offen sind.
bb)
Die noch nicht bezahlten Sachverständigenkosten sind seitens der Beklagten in voller Höhe zu übernehmen.
Die erneute Begutachtung durch den Sachverständigen C. war aufgrund der Einwendungen der Beklagten hinsichtlich der Reparaturbedürftigkeit der Tür und der Kosten der Reparatur erforderlich. Die hierfür angesetzten 90 Minuten erscheinen im Rahmen einer Schätzung gemäß § 287 ZPO angemessen.
Der angesetzte Stundensatz von 150,00 € liegt unter der vom Sachverständigen mit der Klägerin getroffenen Honorarvereinbarung von 180,00 € je Stunde. Dieser Betrag ist auch nicht überhöht. So lässt sich der Honorarbefragung des BVSK aus dem Jahr 2011 entnehmen, dass Stundensätze bis zu 150,00 € üblicherweise verlangt werden. Ebensowenig zu beanstanden sind die in der Rechnung des Sachverständigen C. enthaltenen Schreibkosten in Höhe von 3,00 € pro Seite.
Auch die Kosten der Nachbesichtigung zum Zweck der Reparaturbestätigung sind nicht überhöht, so dass sich ein Gesamtanspruch der Klagepartei in Höhe von noch 92,49 € ergibt.
cc)
Daneben haben die Beklagten die noch nicht bezahlten Rechtsanwaltskosten aus einem Gesamtstreitwert von 3.232,02 € zu übernehmen, d.h. abzüglich bezahlter 316,18 € noch 43,32 €.
Der Zinsanspruch der Klagepartei ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsliste “Fiktive Abrechnung, Reparaturbestätigung u. SV-Honorar” zum Download >>>>>
So ist es schadenersatzrechtlich nachvollziehbar und die Infragestellung mit rechtswidriger Kürzung der Schadenersatzansprüche im Bereich der durch das Regulierungsverhalten der Beklagten weiter ausgelösten Gutachterkosten ist damit eben nicht unter dem Begriff FAIR PLAY zu subsumieren.
Dieser Begriff ist auch so ein Luftschloß, der mit tatsächlichem Service nichts zu tun hat.
Erstaunlich ist aber immer wieder, wie mit solchen Lockvogelangeboten gestandenen Betriebsinhabern Sand in die Augen gestreut wird, weil es letztlich nur darum geht, unter Ausschaltung von Rechtsanwälten und Sachverständigen die berechtigten Schadenersatzansprüche der Unfallopfer zu mindern.
Wer sich auf eine solche Kumpanei aus vermeintlichem Sachzwang einläßt, kann es mit dem Servicebegriff und dem Kundeninteresse nicht allzu ernst nehmen.
Ein halbleeres Glas Wein ist zwar zugleich ein halbvolles, aber eine halbe Lüge mitnichten eine halbe Wahrheit.
(Jean Cocteau)
R o l a n d
Meldete sich gerade ein Kunde. Er hätte jetzt das Gutachten. Seine Frage sei, ob er das Fahrzeug jetzt an den Bieter, für den (Restwert)Betrag wie im Gutachten aufgeführt, verkaufen könne. Sein Werkstattmeister hätte ihm gesagt, dass er warten müsste, bis die (Haftpflicht)Versicherung ihm dies erlauben würde.
@Virus
warten und dann den Werkstattmeister wegen des falschen Rechtsrates auf die Differenz verklagen?