Die Unfallbeteiligten und die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung streiten um Schadensersatz aus einem Unfall, der sich auf dem Tankstellengelände in K. ereignet hat. Der Kläger hatte seinen Pkw an einer der dortigen Zapfsäulen abgestellt, um Kraftstoff zu tanken. Er war gerade dabei, an der Tanköffnung des Fahrzeuges stehend, den Tankvorgang abzuschließen, als der Beklagte zu 1. als Fahrers des bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherten Pkw seitlich im Bereich der linken Fahrzeugflanke gegen den stehenden Pkw des Klägers stieß. Der Kläger ließ von einem qualifizierten Kfz-Sachverständigen ein Schadensgutachten erstellen. Der vom Kläger beauftragte Sachverständige bezifferte den Schaden auf 2.995,68 €. Diesen Schaden macht der Kläger neben Gutachterkosten, Unkostenpauschale sowie Kopiekosten geltend. Die Beklagten hatten behauptet, der Wagen des Klägers habe Vorschäden aufgewiesen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachten des Sachverständigen W. Die Klage des Klägers hatte Erfolg. Nachfolgend das Urteil des AG Gardelegen vom 2.11.2010 – 31 C 292/09 -:
Amtsgericht Gardelegen
31 C 292/09
Verkündet am 2.11.2010
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn M. B. aus We.
– Klägers –
g e g e n
1. Herrn D. T. aus R-S.
2. die Firma Aachener u. Münchener Vers. AG
– Beklagte –
hat das Amtsgericht Gardelegen im schriftlichen Verfahren durch die Richterin … für Recht erkannt:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.629,13 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.7.2009 zu zahlen
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 461,13 € nebst Zinsen zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Kläger von den Kosten des Rechtsanwaltes Dr. für die Deckungsanfsage bei der Rechtsschutzversicherung des Klägers freizustellen.
4. Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 95,20 € nebst Zinsen zu zahlen.
5. Die Kosten des Rechtsstreites haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist mit Ausnahme eines geringen Betrages von 5,–€ bei der Unkostenpauschale begründet.
Der Kläger kann von den Beklagten 100% des geltend gemachten Schadens von den Beklagten gem. §§ 7 I, 17 StVG verlangen. Der Beklagte zu 1. hat den Unfall auf dem Tankstellengelände alleine verschuldet. Für den Kläger war der Unfall unvermeidbar. Hierüber streiten die Parteien auch nicht.
Die Klage ist auch un der geltend gemachten Höhe begründet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur vollen Überzeugung des Gerichtes fest, dass an dem Fahrzeug des Klägers keine relevanten Vorschäden vorhanden gewesen sind und die Berechnung des Sachverständigen in seiner Kostenschätzung zutreffend ist. Die Behauptung der Beklagten, der vom Beklagten zu 1. gelenkte Pkw habe das Fahrzeug des Klägers nur im Bereich der Zierleisten an der Fahrerseite leicht berührt, ohne dass es dadurch zu einer Beschädigung des gegnerischen Fahrzeuges gekommen sei, trifft nicht zu. Das Fahrzeug des Beklagten zu 1. drang während der Streifberührung zunehmend in die linke Seite des Klägerfahrzeuges ein und beschädigte dieses auch unterhalb der Zierleisten. Nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen W., denen sich das gericht aufgrund eigener Erzeugungsbildung anschließt, sind sämtliche Beschädigungen an der linken Seite des Klägerfahrzeugs kompatibel mit entsprechenden am Beklagtenfahrzeug. Die Höhe des vom Sachverständigen SV, der das Schadensgutachten gefertigt hat, bezifferten Schadens haben die Beklagten nicht bestritten.
Den Beklagten als Gesamtschuldner waren auch die Kosten der Rechtsverfolgung in voller Höhe aufzuerlegen.
Der Feststellungsantrag ist gemäß der §§ 282 Abs. 1, Abs. 2; 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB begründet, da die Beklagten durch die Regulierungsablehnung der Haftlichtversicherung in Verzug gerieten und der Kläger hierdurch gezwungen war, mithilfe seines beauftragten Rechtsanwaltes eine Kostendeckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung zu erreichen. Ihm ist deshalb ein entsprechender Schaden in Höhe der für die Kostendeckungsanfrage angefallenen Rechtsanwaltskosten entstanden.
Die Unkostenpauschale ist allerdings nur in Höhe von 25,– € gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
So das Urteil des AG Gardelegen zu den Unfallschäden und zu den Deckungsanfragekosten. Zunächst fällt auf, dass die Behauptung der Beklagten, das Fahrzeug des Klägers habe Vorschäden aufgewiesen, ins Blaue hinein gemacht wurde, oder die Uniwagnisdatei bzw. ihre Nachfolgerin stimmt nicht mehr. Auf jeden Fall wurde diese unsinnige Behauptung durch den Gerichtsgutachter widerlegt. Zum anderen sollte m.E. dieses Urteil mit den zugesprochenen Deckungsanfragekosten Anlass sein, eine Datenbank über zugesprochene Dekungsanfragekosten einzurichten. Das hilft bei späteren Prozessen ungemein. Was haben schon die Listen über Verbringungskosten, Sachverständigenhonorare, Mietwagenkosten etc. geholfen!! Was denkt ihr?
Hi Willi
Urteilsdatenbank zu den Deckungsanfragekosten wäre sicher hilfreich,denn zur Zeit kursieren versicherungsbezahlte Aufsätze in versicherungsnahen juristischen Fachzeitschriften,die diese Kosten mit Argumenten,die nur auf erste Sicht stichhaltug erscheinen,wegzudiskutieren versuchen.
Man hat also den „Feind“ schon erkannt!
Hi Glöckchen,
vielleicht sollten zwei bekannte Autoren dazu auch einmal was schreiben, oder?
Sicherlich ist hier bekannt, dass insbesondere aus großen Anwaltspraxen, die fast ausschließlich für die Versicherungen tätig sind, immer welche dann versicherungsgesteuert Aufsätze veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Dein Willi
Hallo Glöckchen,
zu den Rechtsschutzanfragekosten, die eigentlich jetzt auch gelistet werden sollten, habe ich folgende noch unvollständige Liste gefertigt:
LG München I vom 06.05.2008 (30 O 16917/07)
LG Karlsruhe vom 03.09.2009 (2 O 18/09)
LG Nürnberg-Fürth vom 08.09.2009 (2 O 9658/08)
LG Berlin vom 09.12.2009 (42 O 162/09)
LG Ulm vom 08.04.2010 (6 O 244/09)
LG Duisburg vom 03.05.2010(2 O 229/09)
AG Karlsruhe vom 10.06.2008 (5 C 185/08)
AG Schwandorf vom 11.06.2008 (2 C 189/08)
AG Hersbruck vom 27.11.2008 (3 C 1322/08)
AG Nürnberg vom 09.10.2009 (35 C 4501/09)
AG Hersbruck vom 26.11.2009 (2 C 474/09)
AG Montabaur vom 26.01.2010 (5 C 142/09)
AG Gardelegen vom 2.11.2010 (31 C 292/09)
Das wären schon mal 13 Urteile für den Anfang.
Meinst Du, dass man mit diesen Urteilen den versicherungsgesteuerten Beiträgen entgegnen kann? Selbst das AG Gardelegen hat bereits eine stichhaltige Begründung abgegeben.
Mit freundlichen Grüßen
Willi
Hallo Glöckchen,
mittlerweile wurde ich auch noch auf ein weiteres Urteil hingewiesen. AG Oberndorf hat mit Urteil vom 12.11.2009 – 3 C 698/08 – die Kosten der Deckungsanfrage allein aufgrund des Verzuges zugesprochen, und zwar mit einer 0,8 Gebühr. Auch Hansens (in RVG-Repört 2010, 321 ff.) spricht sich für die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der Korrespondenzkosten mit der Rechtsschutzversicherung aus.
Mit freundlichen Grüßen
Willi
Hallo Glöckchen,
zwischenzeitlich ist mir noch ein weiteres (Berufungs-)Urteil bekanntgegenen worden, nämlich
LG Würzburg Urt. v. 29.9.2010 – 43 S 1138/10 -.
>Damit wächst meine Liste schon auf 15 Land- und Amtsgerichtsurteile.
Mit freundlichen Grüßen
und ein schönes Wochenende
Willi