Das AG Gelsenkirchen hat mit Urteil vom 21.06.2007 – 32 C 100/07 – dem klagenden Geschädigten bei fiktiver Schadensabrechnung weitere 405,71 € nebst Zinsen zugesprochen sowie hinsichtlich eines weiteren Betrages in Höhe von 158,05 € die Beklagte verurteilt, den Kläger hinsichtlich dieser Forderung freizustellen.
Der Kläger hat Anspruch auf Schadensersatz aufgrund des Verkehrsunfalls vom 07.11.2006 auf der BAB A 42 in Gelsenkirchen in Höhe der Auffahrt Gelsenkirchen-Zentrum. Der Kläger hatte ein Schadensgutachten des SV L. vorgelegt, in dem Stundenverrechnungssätze einer Markenwerkstatt der Fa. Opel in Gelsenkirchen zugrunde gelegt worden sind. Die beklagte Haftpflichtversicherung hat die Stundenverrechnungssätze der Fachwerkstatt T. GmbH in Essen zugrundegelegt, die günstigere Stundenverrechnungssätze als im Gutachten L. angenommen hat.
Das AG Gelsenkirchen ist jedoch der Ansicht, dass der Geschädigte aufgrund des von ihn eingeholten Schadensgutachtens seinen Fahrzeugschaden abrechnen kann. Grundsätzlich hat nach der Rechtsprechung des BGH der Geschädigte einen Anspruch auf Erstattung der Kosten die in einer markengebundenen Fachwerkstatt in seinem Wohnbereich entstehen, wobei durchschnittliche Stundenverrechnungssätze allenfalls im Hinblick auf Opel-Vertragswerkstätten im Bereich Gelsenkirchen zu ermitteln sind (vgl. BGH DAR 2003, 374). Der Kläger ist in Gelsenkirchen wohnhaft. Es ist ihm seitens des AG Gelsenkirchen daher zuzugestehen, eine Markenwerkstatt der Fa. Opel in Gelsenkirchen aufzusuchen. Die Einwendungen der Beklagten, die auf eine T. GmbH in Essen verweisen, können die Klageforderung nicht zu Fall bringen. Der Kläger ist nicht verpflichtet, von Gelsenkirchen nach Essen zu fahren, um dort eine Werkstatt aufzusuchen, die mit günstigeren Stundenverrechnungssätzen arbeitet. Grundsätzlich können im Falle fiktiver Abrechnung auf Reparaturkostenbasis Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt erstattet verlangt werden (Dietrichsen, DAR 2006, 301, 307 f; Dr. Greiner zfs 2006, 124 ff.) Grundsätzlich darf sich der Kläger auf die Angaben im Gutachten verlassen. Da die beklagte Haftpflichtversicherung nicht konkret vorgetragen habe, in welcher Höhe bei Opel-Werksätten in Gelsenkirchen Stundenverrechnungssätze anfallen, ein Zurückgreifen auf die Fa. T. in Essen jedoch nicht zulässig ist, da der Kläger in Gelsenkirchen wohnt und nicht in Essen, konnte der Kläger durchaus auf der Grundlage des von ihm eingeholten Schadensgutachtens seine fiktiven Reparaturkosten geltend machen.
Dem Gericht ist bekannt, dass in den Opel-Werkstätten für Ersatzteile UPE-Aufschläge berechnet werden.
Die vom Kläger geltend gemachten Beträge sind daher von der Beklagten zu zahlen.
Wiederum ein erfreuliches Urteil, in dem die im Schadensgutachten aufgeführten Stundenverrechnungssätze der markengebundenen Fachwerkstatt sowie auch die Ersatzteilpreisaufschläge zugesprochen worden sind.
Schönes Urteil.
@Willi Wacker
Vielen Dank für die Arbeit/Einstellung. Wenn nur mehr RAs ihre Urteile veröffentlichen würden.
Hallo Willi Wacker,
Wie kommt es eigentlich immer zum Verweis auf Stundenverrechnungssätze von Autowerkstätten mit anderen Fahrzeugtypen, in anderen Orten, Meilenweit vom Wohnort des Geschädigten entfernt.
Ich fahre auf dem Weg zur Arbeit immer an einem Opel-Autohaus vorbei, dort weht seit einiger Zeit die DEVK-Flagge. Bringen uns unsere Kunden Kürzungsschreiben der DEVK, dann steht dort sinngemäß: „Wir verweisen auf die Firma Opel XXXX, diese hat zugesichert ihr Fahrzeug VW, BMW usw. für den hier angegebenen Stundensatz zu reparieren. Sie können somit ihr Fahrzeug dort zur Reparatur bringen. Wir rechnen daher den Schaden wie folgt ab: ….“
Das genannte Autohaus ist dann schonmal um die 50 km vom Wohnort des Anspruchstellers entfernt.
Weiß jemand, auf welchen vertraglichen Hintergründen hier die „Zusammenarbeit“ zwischen der DEVK und dem Autohaus beruhen könnten? Entsprechen die in den Schreiben der VS mitgeteilten Kosten denen, die dann tatsächlich berechnet werden oder ist hier davon auszugehen, dass die Reparaturkostenrechnungen intern noch einen Preisnachlass für den Versicherer beinhalten?
Und wie sieht es mit der Reparaturqualität aus. Es ist doch schwer zu glauben, dass markenfremde Fahrzeuge Gewinn bringend repariert werden können, wenn der Reparaturmaßstab des jeweilig zu reparierenden Fahrzeugtyps angesetzt wird.
Da die Versicherer regelmäßig nicht den Beweis erbringen, dass die benannten „Vertragsfirmen“ den Reparaturstandart der jeweiligen fremden Fahrzeugtype garantieren können, sind aus Sicht der Geschädigten diesbezüglichen Ansinnen der Versicherer – berechtigte – Absagen zu erteilen.
M.f.G. Virus
Peacemaker Dienstag, 22.04.2008 um 11:11 Schönes Urteil.
@Willi Wacker
..“Wenn nur mehr RAe ihre Urteile veröffentlichen würden.“
Einfach mal anregen beim Deutschen Anwaltsverein und der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltsverein, die ja auch von den Kfz.-Sachverständigen mit Urteilen usw. unterstützt wird. Wäre doch für beide Seiten ein nützlicher Brückenschlag. Vielleicht erwächst daraus eine ganz neue Qualität bezüglich der Nutzenvorstellung einer regelmäßigen Informationsweitergabe, die übrigens auch in den eigenen Reihen noch kultiviert werden sollte und zwar unabhängig davon, ob man möglicherweise in einem anderen Lager steht.