AG Greifswald verurteilt kurz und knapp die Allianz Versicherung AG zur Zahlung restlicher, vorgerichtlich gekürzter Sachverständigenkosten mit Urteil vom 17.11.2016 – 45 C 186/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

hier und heute stellen wir Euch ein Urteil aus Greifswald zu den Sachverständigenkosten gegen die Allianz Versicherung AG vor. Wieder einmal hatte die Allianz Versicherung AG die berechneten Sachverständigengrundkosten, in diesem Fall berechnet nach Zeitaufwand, und die berechneten Nebenkosten gekürzt. Der Gipfel der Beratungsresistenz der Allianz Versicherung AG war, dass dem Geschädigten bei der Beauftragung des einzigen auf Usedom ansässigen Sachverständigen auch noch ein Mitverschulden angelastet wurde. Der Geschädigte wohnt auf Usedon. Die Werkstatt befindet sich dort und das verunfallte Fahrzeug befindet sich bereits in der Werkstatt. Dann soll nach Ansicht der Allianz der Geschädigte auch noch auf dem Festland auf die Suche nach dem preisgünstigsten Sachverständigen gehen, obwohl der BGH bereits höchstrichterlich entschieden hatte, dass der Geschädigte keine Marktforschung nach dem kostengünstigsten Sachverständigen anstellen muss (vgl. BGH VI ZR 67/06; Wortmann DS 2010, 102, 103; Imhof/Wortmann DS 2011, 149, 150). Bis auf die unpassende Bemerkung des erkennenden Amtsgerichts Greifswald zu der vermeintlichen Überhöhung der Sachverständigenkosten handelt es sich unseres Erachtens um eine positive Entscheidung zum Schadensersatzrecht nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall. Was denkt Ihr? Gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße und eine schöne (nicht zu heiße) Woche.
Willi Wacker

Aktenzeichen:
45 C 186/15

Amtsgericht Greifswald

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

– Kläger-

gegen

– Beklagte –

hat das Amtsgericht Greifewald durch den Richter am Amtsgericht H. am 17.11.2016 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2016 für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 162,14 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.07.2015 zu bezahlen.

2.        Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Gebührenstreitwert wird auf 162,14 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten nach §§ 7 Abs. 1 StVG, 116 VVG die Erstattung des restlichen Schadens verlangen, der ihm durch den Vekhrsunfall vom 23.04.2015 entstanden ist. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.

Neben der Erstattung des Sachschadens ist die Beklagte auch verpflichtet, dem Kläger sämtliche ihm entstandenen Sachverständigenkosten zu erstatten. Die Beauftragung eines Sachverständigen bei einem Gesamtschaden von 3.579,06 € netto ist üblich, um nach einem Verkehrsunfall möglichst schnell Schadensersatz von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners zu erlangen. Der Kläger hat dabei nicht gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, als er das Sachverständigenbüro … in Z. mit der Begutachtung beauftragte. Es ist der Beklagten zwar darin Recht zu geben, dass die Homorarrechnung des Büros … vom 24.04.2015 überhöht erscheint. Dies gilt insbesondere für den erforderlichen Zeitaufwand, die Kosten für Lichtbilder und die Schreibkostenpauschale. Es war dem Kläger aber nach dem Unfall nicht zuzumuten, nach einem kostengünstigeren Sachverständigen zu suchen. Der Kläger wohnt in Ü. . Dort befindet sich auch die Reparaturwerkstatt, bei der das verunfallte Fahrzeug abgestellt war. Es bot sich daher für den Kläger an, einen möglichst in der Nähe befindlichen Sachverständigen zu beauftragen. Dies ist auf der Insel Usedeom das Sachverstandigenbüro … .

Die Beauftragung eines anderen Sachverständigen hätte im hiesigen ländlichen Raum einen weiteren Fahrt- und damit Arbeitszeitaufwand erfordert, der zu weiteren Kosten geführt hätte. Selbst wenn ein anderer Sachverständiger einen niedrigeren Stundenhornorar und weniger Nebenkosten verlangen sollte, hätte der Kläger im Ergebnis mit ähnlich hohen Kosten rechnen müssen.

Der Zinsanspruch ergibt sich in der gesetzlichen Höhe aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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2 Antworten zu AG Greifswald verurteilt kurz und knapp die Allianz Versicherung AG zur Zahlung restlicher, vorgerichtlich gekürzter Sachverständigenkosten mit Urteil vom 17.11.2016 – 45 C 186/15 -.

  1. SV-Mann sagt:

    Hallo,
    Zitat: Es ist der Beklagten zwar darin Recht zu geben, dass die Homorarrechnung des Büros … vom 24.04.2015 überhöht erscheint. Dies gilt insbesondere für den erforderlichen Zeitaufwand…

    Ich glaube die Richter begreifen gar nicht, wie umfangreich die Erstellung einer beweissichernden Expertise ist. Ist ja auch logisch, wenn solche Versicherungs-RAe wie Herr M. aus K. vor Gericht behaupten ein Routinegutachten ist in 70 Minuten gefertigt. Diese Richter sollten mal bei der kompletten Gutachtenerstellung dabei sein. Ich biete gerne jedem interessierten Richter an, mir mal über die Schulter zu schauen. Die Damen und Herren würden sich wundern.
    Mit freundlichen Grüßen
    SV-Mann

  2. virus sagt:

    „Die Beauftragung eines Sachverständigen bei einem Gesamtschaden von 3.579,06 € netto ist üblich, um nach einem Verkehrsunfall möglichst schnell Schadensersatz von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners zu erlangen.“

    Auch an diese Aussage kann man gleich mehrere Fragezeichen anhängen.

    Es ist üblich, unerläßlich und dringend geboten, einen Sachverständigen zu beauftragen und zwar nicht – nur – um möglichst schnell, sondern den Schadensersatz zu erhalten, der dem Geschädigten nach dem Gesetz, § 249 BGB, zusteht. Zum Beweis, daß auch bzw. gerade die Allianz SE dies gern anders handhabt, läßt sich das Ergebnis aus der CH-Volltextsuche anführen: http://www.captain-huk.de/?s=Allianz = 348 Suchergebnisse für Allianz

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