Verehrte Captain-Huk-Leser!
Wie so oft waren auch in diesem Rechtsstreit die restlichen Sachverständigenkosten Gegenstand des Rechtsstreites. Die geschädigte Kfz-Eigentümerin geriet in einen Unfall, den die VN der HUK-Coburg schuldhaft verursacht hatte. Die Geschädigte beauftragte den klagenden Sachverständigen mit der Erstellung des Gutachtens. Der Sachverständige berechnete seine Kosten. Die hinter der Beklagten stehende Kfz-Haftpflichtversicherung, die HUK-Coburg, meinte, nur um 121,74 € reduzierte Gutachterkosten erstatten zu müssen. Der Sachverständige klagte aus abgetretenem Recht gegen die VN der HUK-Coburg als Unfallverursacherin. Die HUK-Coburg beauftragte lediglich den sie oft vertretenden Rechtsanwalt aus Köln. Der konnte letztlich auch nicht mehr der VN der HUK-Coburg helfen. Die zuständige Amtsrichterin der 61. Zivilabteilung des AG Groß-Gerau gab dem klagenden Sachverständigen Recht. Lest das nachfolgend aufgeführte Urteil, das durch Herrn RA. Lutz Imhof, Aschaffenburg erstritten und dem Autor zur Veröffentlichung zugesandt wurde.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Amtsgericht Groß-Gerau
Geschäfts-Nr.: 61 C 384/11 (14)
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
D., D. & K. GbR, Gesellschaft bürgerl. Rechts, gesetzl. vertr. d. T. und R. D. in G
Klägerin
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt I. aus A.
gegen
A. S. aus R.
Beklagte
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. aus K.
hat das Amtsgericht Groß-Gerau durch die Richterin … im schriftlichen Verfahren mit einer Erklärungsfrist bis zum 16.07.2012 am 21.08.2012 für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 127,74 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 14.10.2011 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz für die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags nach Maßgabe der auszuzahlenden Kostenquote zu bezahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Berufung gegen das Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Der Klageantrag zu Ziffer 1 ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat wegen des gegenständlichen Verkehrsunfalls gegen die Beklagte aus dem abgetretenem Recht der Geschädigten Frau … gemäß §§ 823 BGB, 7, 18 StVG, 115 VVG, 398 BGB ein Anspruch auf weiteren Schadensersatz in Höhe von 121,74 €. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind Sachverständigenkosten vom Schädiger zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und damit als Begleitkosten zur Herstellung des Zustandes, der ohne Schädigung bestehen würde, erforderlich sind (vgl. BGH VersR 2005, 380; BGH VersR 2007, 560). Ob und in welchem Umfang Herstellungskosten – und damit auch Sachverständigenkosten – erforderlich sind, richtet sich danach, ob sie Aufwendungen darstellen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH VersR 2007, 560 m. w. N.). Der Geschädigte ist dabei nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann (BGHZ 132, 373, 376 m, w. N.). Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt jedoch vom Geschädigten nicht, zugunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (BGHZ 132, 373, 376 m. w. N.). Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (LG Zweibrücken, Urt. v. 18.10.2011 – 3 S 3/11). Regelmäßig wird der Geschädigte von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Erst wenn für ihn als Laie erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarberechnung missachtet, kann er vom Schädiger nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung verlangen (OLG Hamm NZV 2001, 433; DAR 1997, 275; OLG Nürnberg OLGR 2002, 471; LG Berlin NZV 2004, 635, 637; Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., 3. Kap. Rdn. 121, jew. m. w. N.).
Unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze steht der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz der restlichen streitgegenständlichen Sachverständigenkosten zu. Das an den Sachverständigen gezahlte Honorar hält sich im Rahmen des zur Wiederherstellung (hier zur Begutachtung des Fahrzeugs) Erforderlichen; es ist insbesondere nicht erkennbar willkürlich festgesetzt oder überhöht. Es liegen keine Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden der Geschädigten bei der Beauftragung des Sachverständigen vor. Auch steht die Höhe des geltend gemachten Honorars nicht derart in einem Missverhältnis zur Schadenshöhe oder zur Höhe der späteren Reparaturkosten in Höhe von 1.652,97 €, dass der Geschädigten ein offenkundiges Missverhältnis hätte auffallen müssen. Insbesondere ergibt sich auch nicht aus den Parteivorträgen, dass das Sachverständigenhonorar für die Geschädigte erkennbar überhöht ist oder dass ein Auswahlverschulden der Geschädigten vorliegt, weshalb es an einer Grundlage für die Kürzung der gegenständlichen Gutachterkosten fehlt.
Der Feststellungsantrag zu Ziffer 2 ist ebenfalls zulässig. Insbesondere besteht ein Feststellungsinteresse, da eine Verzinsung erst ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrages erfolgt, § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Der Anspruch ist aufgrund des Zahlungsverzuges der Beklagten gemäß §§ 286, 288 BGB begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung war mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht zuzulassen.