Auch im Jahre 2011 gehen die von der HUK-Coburg veranlassten Zivilrechtsstreite um die restlichen Sachverständigenkosten weiter. So musste sich auch das Amtsgericht Haldensleben, Zweigstelle Wolmirstedt, mit den restlichen gekürzten Sachverständigenkosten der Geschädigten beschäftigen, die die geschädigte Kfz-Eigentümerin gegen den Unfallverursacher klageweise geltend gemacht hat. Die Klage vor dem angerufenen, örtlich und sachlich zuständigen Amtsgericht hatte in vollem Umfang Erfolg. Das Urteil wurde erstritten und mitgeteilt von Herrn Rechtsanwalt Lutz Imhof aus Aschaffenburg.
Amtsgericht Haldensleben
Dienstgebäude Wolmirstedt
– Zivilgericht –
17 C 897/10
Im Namen des Volkes
– Urteil –
In dem Rechtsstreit
der Frau Eva R. aus H. – Klägerin –
g e g e n
Herrn E.R. aus M. (HUK-VN) – Beklagter –
hat das Amtsgericht Haldensleben, Dienstgebäude Wolmirstedt im schriftlichen Verfahren gem. § 495 a ZPO durch die Ri AG … am 3.2.2011 für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 329,80 € nebst Zinsen zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 49,98 € nebst Zinsen zu zahlen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und auch begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 329,80 €. Gemäß § 249 BGB sind auch die Schadensermittlungskosten zu tragen. Hierzu gehören insbesondere die vorliegend geltend gemachten Sachverständigenkosten. Dabei ist es dem Schädiger verwehrt, die Zahlung der Sachverständigenkosten mit der Begründung zu verweigern, der Sachverständige habe nicht nachvollziehbar abgerechnet. Der Sachverständige ist seiner Position nach als Gehilfe des Schädigers, also des Beklagten, anzusehen. Im Verhältnis zum Geschädigten wird die Richtigkeit Angemessenheit und Vollständigkeit der Rechnung vermutet. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Geschädigte bei der Auswahl des Sachverständigen Fehler gemacht hat oder wenn sich aus dem Gutachten oder der vorgelegten Rechnung so offenkundig Mängel ergeben, dass diese für den Geschädigten erkennbar gewesen wären. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, aus einer Reihe von Sachverständigen den auszuwählen, der am preisgünstigsten abrechnet. Der Geschädigte ist auch nicht verpflichtet, bevor er die Sachverständigenkostenrechnung bezahlt, diese durch einen weiteren Gutachter auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen zu lassen. Die Grenze ist erst da zu sehen, wo im Rahmen der Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht ein schuldhaftes Verhalten beim Geschädigten zu finden ist.
Vorliegend mag zwar der Sachverständige überhöht abgerechnet haben. Dieses ist aber für den Geschädigten nicht so offensichtlich gewesen, dass dieser die Zahlung hätte verweigern müssen.
Die Sachverständigenkosten sind in voller Höhe nach § 249 BGB vom Beklagten an den Kläger zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
So das zutreffende Urteil der Amtsrichterin aus Sachsen-Anhalt.
AG Haldensleben Zwgst. Wolmirstedt verurteilt HUK-VN zur Zahlung restlicher, von seiner Kfz-Haftpflichtversicherung gekürzter Sachverständigenkosten gemäß Urteil vom 3.2.2011 – 17 C 897/10 -.
Samstag, 26.03.2011 um 18:06 von Willi Wacker
Guten Tag, Willi Wacker,
die Amtsrichterin hat auch hier unmißverständlich bezüglich des zu erbringenden Schadenersatzes für die dem Unfallopfer entstandenen Sachverständigenkosten zutreffend auf § 249 BGB abgestellt und eine rechtswidrige Verweigerung mit der gebotenen Kürze, jedoch auch mit deutlichen Worten zurüchgewiesen.
Was anderes könne nur in Betracht kommen, wenn man dem Geschädigten ein Auswahlverschulden oder einen Verstoss gegen seine Schadenminderungspflicht anlasten könne, also insgesamt ein erkennbar schuldhaftes Verhalten des Geschädigten.
Darauf abgestellt hat sie ausgeführt:
„Die Grenze ist erst da zu sehen, wo im Rahmen der Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht ein schuldhaftes Verhalten beim Geschädigten zu finden ist.“ Wer will das wohl ernsthaft bestreiten ?
Im beurteilungsrelevanten Zusammenhang hat sie jedoch auch herausgestellt, dass selbst bei Annahme einer Überhöhung dies für den Geschädigten nicht ersichtlich sein müßte und ihm deshalb schadenersatzrechtlich auch nicht angelastet werden kann.
Dazu die Richterin:
„Vorliegend mag zwar der Sachverständige überhöht abgerechnet haben. Dieses ist aber für den Geschädigten nicht so offensichtlich gewesen, dass dieser die Zahlung hätte verweigern müssen.“
Diese übersichtliche, verständliche und in den Entscheidungsgründen knapp gehaltenen Urteil spricht m.E. in Übereinstimmung mit dem BGH-Urteil alle maßgeblichen Gesichtspunkte an, die für ein Urteil „Im Namen des Volkes“ tragfähig sind.
Interessant ist aber bei zumindest teilweise auch abweisenden Urteilen, dass darin so gut wie nie ein Auswahlverschulden des Unfallopfers oder ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht
des Geschädigten angesprochen werden und auch die hier wieder einmal betroffene Versicherung auf dieser Basis aus verständlichen Gründen auch nicht argumentiert.
Wenn aber aus einer Betrachtung ex post dem Unfallopfer rechtswidrig ein Teil der ihm entstandenen Kosten für ein Beweissicherungs-Gutachten nicht zuerkannt wird,so müßte zwangsläufig damit der Vorwurf einhergehen, dass den Geschädigten entweder ein Auswahlverschulden trifft oder er –
für ihn erkennbar – gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen haben könnte.
Im beurteilungsrelevanten Zusammenhang wird – geradezu augenfällig – aber auch nicht der Frage nachgegangen, warum denn und möglicherweise bis zu welcher Grenze, der BGH selbst überhöhte Gutachterkosten nach § 249 BGB als auch erstattungspflichtig eingeordnet hat und ….vor diesem Hintergrund eine Überprüfung versagt hat. Das ist deshalb keine Argumentation und Meinung der Kfz-Sachverständigen, sondern die kompetente und auch nachvollziehbare Aufffassung der obergerichtlichen Rechtssprechung.
Schließlich kann bei „Gesprächsergebnissen “ allenfalls eine Vereinbarung unterstellt werden, die erkennbar auf der Basis einer „Sondervereinbarung“ nach Meinung der Gerichte schadenersatzrechtlich ohne jedwede Bedeutung ist und allenfalls dann – aber werkvertraglich – von Interesse sein könnte, wenn der eine Gesprächspartner als Auftraggeber die Mitglieder des anderen Gesprächspartners zu abgerungenen Sonderkonditionen beauftragt. Bei Unterstellung einer durchaus nachvollziehbaren und in der Praxis auch feststellbaren Honorarbandbreite von nur ca. 40% stellt sich die Frage, was es für einen Sinn machen könnte, zwangsweise mit diesem „Kleinkrieg“ unsere Deutschen Gerichte auch noch zu belasten, wobei allerdings aus dem Blickwinkel der Kfz-Sachverständigen deren Unabhängigkeit nicht zum Spielball anderweitig ausgerichtetet Interessen degradiert werden sollte.
Es soll jedoch dabei nicht verkannt werden, dass nicht gerade selten Honorarforderungen für nicht verkehrsfähige Gutachten im Raum stehen, die verständlich machen könnten, dass sich die Deutschen Autoversicherer völlig zu Recht dagegen wehren und hier ist es zweifelsohne auch nachhaltig veranlaßt, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Feste Pauschalhonorare unter Einschluß aller Nebenleistungen kann es aber allein deshalb schon nicht geben, weil nicht nur die Qualifikationsbandbreite der Anbieter sich äußerst unterschiedlich in der Praxis präsentiert, sondern weil man dabei auch fälschlicherweise unterstellen müßte, dass in gleicher Sache alle Sachverständigen gleichermaßen zu gleichen Ergebnissen kommen müßten. Dass indes die Praxis ein anderes Bild zeichnet, zeigen nicht zuletzt die Auseinandersetzungen um die Höhe des Schadenersatzes mit Gutachten, Gegengutachten Gerichtsgutachten usw.
Gehen die verehrten Leser diese Blogs damit einig oder ist mein Blick möglicherweise in dem einen oder anderen Punkt doch getrübt ?
Mit freundlichen Grüßen
aus dem Ruhrpott
Dipl.-Ing. Harald Rasche
Hallo Herr Rasche,
ich bin ganz bei Ihnen. Besser als Sie es getan haben, hätte man eine Anmerkung zu dem lesenswerten Urteil des AG Haldensleben nicht formulieren können.
Mit freundlichen Grüßen
in den Ruhrpott
Ihr Willi Wacker
AG Haldensleben Zwgst. Wolmirstedt verurteilt HUK-VN zur Zahlung restlicher, von seiner Kfz-Haftpflichtversicherung gekürzter Sachverständigenkosten gemäß Urteil vom 3.2.2011 – 17 C 897/10 -.
Samstag, 26.03.2011 um 18:06 von Willi Wacker
Guten Tag,
Willi Wacker,
die Amtsrichterin hat auch hier unmißverständlich bezüglich des zu erbringenden Schadenersatzes für die dem Unfallopfer entstandenen Sachverständigenkosten zutreffend auf § 249 BGB abgestellt und eine rechtswidrige Verweigerung mit der gebotenen Kürze, jedoch auch mit deutlichen Worten zurüchgewiesen.
Sehr geehrter Herr Rasche,sehr geehrter Willi Wacker,
wer als Unfallopfer schon einmal selbst mit der Kürzungspraxis der Huk-Coburg konfrontiert wurde, kann zumindest erahnen, welches Ziel damit verfolgt wird.
Ich habe einen solchen Schriftsatz mit dem Antrag auf Klageabweisung selbst einmal gelesen und es ist geradezu ehrabschneidend und hochgradig verunglimpfend, wie hier der damit auch konfrontierte Sachverständige ins Abseits gestellt wird, während alle anderen Saschverständigen, die nach dem Gesprächsergebnis abrechnen, ansonsten aber abweichend davon, ganz „normal“ die Braven sind. Sie rechnen also keineswegs deshalb und damit tatsächlich die „Üblichkeit“ und „Erforderlichkeit“ unterbietend gegenüber der HUK-Coburg so ab, weil das für richtig gehalten wird, sondern aus ganz anderen Gründen.
1.) Man will es sich für die Zukunft mit den Versicherern nicht verderben.
2.) Man will sich (aus Bequemlichkeitsgründen?)nicht mit dem unverhältnismäßig hohem Auwand einer gerichtlichen Beitreibung
aufhalten.
3.) Man möchte bei Gericht nicht auffällig werden und ein Negativbild etablieren eingedenk der Tatsache , dass ja auch viele Richter bei der HUK-Coburg versichert sind.
Man kann für die Vorgehensweise der HUK-COBURG zumindest 2 Gründe vermuten:
I.
Die wirklich qualifizierten und versicherungsunabhängig tätigen Kfz-Sachverständigen sollen, weil nicht beeinflussbar, auf Dauer ins Abseits gedrängt werden zum Wettbewerbsvorteil der angepaßten bzw. hörigen Kfz.-Sachverständigen und Organisationen/Berufsverbände, was tatsächlich aber nur schwerlich gelingt, weil qualifizierte und unabhängige Leistungserbringung nicht beliebig ersetzbar ist.
II.
Mit Hilfe der Gerichte und unter Berufung auf Entscheidungen von Amtsgerichten, welche geradezu auffällig die Argumentationsbasis der HUK-COBURG stützen, wäre es nicht abwegig zu vermuten, dass die HUK-Coburg eine Art „Gebührenordnung“ nach eigenen Vorstellungen etablieren möchte mit periodischer Anpassung nach unten, wie bei den Vertrauenswerkstätten schon erlebt.
Damit wird sogar ein Preisunterbietungswettbewerb zu Lasten eines Leistungswettbewerbs ausgelöst mit der Folge, dass in immer geringerem Umfang die Gerichte auf qualifizierte und unabhängige Kfz.-Sachverständige zurückgreifen können. Ob das in einer Demokratie und angeblich freien Marktwirtschaft alles so hingenommen werden sollte, wage ich zu bezweifeln. Deshalb bleibt zu hoffen, das auch einige Amtsgerichte sich auf Dauer den Blick nicht verstellen lassen, sondern zu Entscheidungen finden, die mit dem Gedanken des Schadenersatzes schlüssig in Einklang zu bringen sind.
Gruß an alle
noch nicht toten Fische
Volker H.
@Rasche…wie lautet die Definition von „verkehrsfähig“ und wie sieht diese präzise aus..?
Hallo Herr Rasche
klarer Blick,klarer geht´s nicht!
Ständig frage ich mich aber,wo denn nur die anderen Sachverständigen aus den neuen Bundesländern bleiben,denn es gibt nur vereinzelt Urteile wie dieses aus dem Osten.
Klingelingelingelts?
Buschtrommler: @Rasche…wie lautet die Definition von “verkehrsfähig” und wie sieht diese präzise…
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Die von Ihnen wiederum aufgeworfene Frage iat meiner Erinnerung nach schon sehr eingehend abgehandelt worden und Weiteres zu diesem Begriff können Sie im Internet nachlesen, damit ich mich hier nicht wiederholen muß. Die Frage der Mindestanforderungen für ein solches Gutachten steht damit im engen Zusammenhang und in diesen Mindestanforderungen finden Sie auch präzise Hinweise.
Im beurteilungsrelevanten Zusammenhang gehört auch dazu , dass Gutachten dieser Art von ihrem analytischen Aufbau und von ihrem Inhalt her nachvollziehbar sein müssen, d.h. unter anderem, dass die Prognosen in einem solchen Gutachten ihre Grundlage finden in einer qualitativ hochwertigen beweissichernden Tatsachenfeststellung und ergänzend auch tragfähige Begründungen zu den Prognosen nicht fehlen sollten.
Mit freundlichen Grüßen
Dipl.-Ing. Harald Rasche