Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
heute stellen wir Euch ein Urteil des AG Halle an der Saale zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK24 AG vor. Der aus abgetretenenem Recht klagende Sachverständige hatte auf die Angaben der HUK-COBURG vertraut – und prompt war er verkauft. Er hatte auf die Absprache zum Gutachten vertraut. Seitens der HUK-COBURG wurde ihm erklärt, dass man dort das Gutachten nur bei Streitigkeiten benötigen würde, ansonsten genüge das Gutachten per Mail und das archiviert6e Gutachten würde bezahlt. Dementsprechend vorgegangen tappte er in die Falle. Denn das Gericht prüfte im Rahmen des § 249 II BGB die werkvertraglichen Rechnungspositionen unter Missbrauch des § 287 ZPO. Zusammengefasst kann man sagen, dass nur eine von insgesamt 11 Urteilsseiten rechtlich verwendbare Inhalte enthalten. Alles andere ist völlig am Thema Schadensersatzrecht vorbei. Hier noch die Erläuterungen des Einsenders:
„Keine Kopiekosten wenn ich das Vers. Exemplar archiviere – Privatvergnügen – HUK hat Gutachten nur per Mail ohne Unterschrift und ohne Berechnung erhalten. Ich hörte mal wieder auf Absprachen „brauchen wir nur im Orginal bei Streitigkeiten, sonst reicht Mail, geht schneller und archiviertes Exemplar wird bezahlt“. Der Glauben an Anstand ist wohl nicht mehr zeitgemäß. Natürlich stellte ich die Archivierung wieder ein.“
Der Autor rät ohnehin, die Gutachten nicht per Mail zu senden. Was denkt Ihr? Gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Halle (Saale)
106 C 1793/15
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Kläger
gegen
HUK24 AG vertr.d.d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96440 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Halle (Saale) im Verfahren gem. § 495 a ZPO am 10.8.2017 durch den Richter am Amtsgericht F. für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 49,67 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.07.2015 zuzahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
4. Der Gebührenstreitwert wird auf 95,25 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger, ein Kraftfahrzeugsachverständiger, nimmt die beklagte Haftpflichtversicherung aus abgetretenem Recht in Anspruch.
Der Kläger erstellte für Frau Y. W. in einem Haftpflichtfall, welcher sich am 08.12.2012 ereignete, ein Gutachten zur Ermittlung der Höhe des Sachschadens.
Den Reparaturschaden kalkulierte er mit 999,80 € brutto.
Für die Erstellung des Gutachtens legte der Kläger Frau W. unter dem 12.12.2012 eine Rechnung, welche folgende zwischen den Parteien bezüglich ihrer Angemessehheit streitige Positionen aufweist.
Position Anzahl Betrag
Gutachtenerstellung 243,95 €
1. Fotosatz 6 * 2,47 € 14,82 €
2. Fotosatz 6 * 1,70 € 10,20 €
Porto/Telefon 18,26 € 18,26 €
Schreibkosten 14 * 3,59 € 50,26 €
Schreibkosten/Kopie 14 * 2,57 € 35,98 €
Fahrtkosten 5 km * 1,04 € 6,24 €
. 379,71 €
Umsatzsteuer 72,14 €
Gesamtbetrag brutto 451,85 €
Die Beklagte zahlte auf die ihr übermittelte Rechnung einen Betrag in Höhe von 356,– €. Weitere Zahlungen auf den Rechnungsbetrag leistete sie trotz Mahnungen des Klägers vom 04.01.2013, 24.01.2013 und vom 07.02.2013 nicht, und lehnte mit Schreiben vom 09.02.2013 weitere Zahlungen ab. Wegen des Inhaltes der Ablehnung wird auf Anlage K 7, verwiesen.
Frau W. unterzeichnete bei dem Sachverständigen eine schriftliche Erklärung, welche auszugsweise wie folgt lautet:
„Ich weise hiermit die Versicherungsgesellschaft meines Unfallgegners an, die Rechnung für das oben Auftrag gegebene Gutachten, zur teilweisen Erfüllung eines Schadensersatzanspruches, an das oben genannte Gutachten-Büro zu bezahlen.
Der Rechnungsbetrag ist üblich der Schadenshöhe entsprechend unserer Honorartabelle aus 12.2010 zu berechnen. Zur Sicherung des Anspruchs des oben genannten Gutachten Büros auf Bezahlung der Gutachtenkosten trete ich gleichzeitig den Teil meines Schadensersatzanspruches auf Erstattung der Gutachterkosten gegen den Unfallgegner und dessen Versicherungsgesellschaft in Höhe der Gutachtenkosten an oben genanntes Gutachten Büro ab.
Meine persönliche Haftung für die Gutachtenkosten bleibt trotz dieser Abtretung bestehen, so dass ich selbst für die Geitendmachung meiner Schadensersatzansprüche sorge.
Die Sicherungsabtretung erfolgt nicht an Erfüllungsstatt eine Zahlung an Dritte ist nicht befreiend…“.
Weiterhin sind außergerichtliche Mahnkosten in Höhe von 12,- € klagegegenständlich, bezüglich deren Berechnung auf Seite 5, IV der Klageschrift verwiesen wird.
Der Kläger behauptet,
es existierten zwei Fotosätze, ein Fotosatz sei postalisch an die Geschädigte versandt worden, ein weiterer Fotosatz werde bei ihm archiviert; dies gelte auch für die Schreibkosten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 95,25 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.01.2013, sowie 12,– € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.02.2013 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass Frau W. zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalles das beschädigte Kraftfahrzeug gefahren habe.
Auch die wirksame Einbeziehung der Honorartabelle 12.2010 bestreitet sie mit Nichtwissen.
Weiterhin ist sie der Auffassung, die in Rechnung gestellten Nebenkosten lägen erkennbar über den üblichen Preisen; bei den Nebenkosten handele es sich dem Grunde nach um verdeckte Zuschläge zum Sachverständigenhonorar, denen keine gesonderte Vergütungsabrede, was Voraussetzung sei, zugrunde liege. Auch dürften Nebenkosten nur tatsächlich angefallene Aufwendungen des Sachverständigen abdecken, und keine Gewinnanteile enthalten. In der Rechtsprechung werde bezüglich der Höhe eine Grenze bei einem Verhältnis zum Grundhonorar bei 25 % gezogen. Die vorstehend in Ansatz gebrachten Nebenkosten betrügen ca. 50 % des pauschalierten Werklohns, und lägen deutlich über 100,– €, hier 135,76 €.
Zu den einzelnen Positionen vertritt die Beklagte folgende Ansichten:
Die Fotokosten seien übersetzt; in der Judikatur würden Preise von 0,50 € bis 1,- € zugrunde gelegt.
Ein zweiter Fotosatz existiere nicht. Die Lichtbilder seien digital erstellt worden.
Hinsichtlich der Kosten des zweiten Fotosatzes erscheine ein Betrag in Höhe von 50 Cent pro Lichtbild als angemessen.
Die Schreibkosten in Höhe von 3,59 € pro Seite seien nicht erstattungsfähig, da diese Kosten völlig übersetzt seien. Die schriftliche Leistung des Klägers bzw. seiner Mitarbeiter bestehe darin in ganz geringem Umfang eigenen Text zur Schadensbeschreibung zu erstellen. Lege man die Kosten von 500 Blatt Kopierpapier und einen Preis von 2,95 € zugrunde, ergebe sich ein Einzelpreis pro Seite von 0,01 € netto.
Die Porto- und Versandkosten seien gar nicht angefallen. Das Gutachten sei der Beklagten digital übermittelt worden; eine Übersendung an Frau W. werde mit Nichtwissen bestritten.
Fahrtkosten seien nicht angefallen, da es der Geschädigten ohne weiteres möglich gewesen wäre, den Gutachter mit ihrem fahrfähigen Fahrzeug aufzusuchen. Da die Beklagte gegenüber der Geschädigten eine Unkostenpausche gezahlt habe, sei sie nicht verpflichtet, dem Kläger eine weitere Unkostenpauschale zu entrichten. Die angegebene Fahrtstrecke werde bestritten.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur zu ca. 1/2 begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte aufgrund der §§ 7 Abs. 1 StVG, 398 BGB i.V.m. der Abtretungserklärung vom 10.12.2012 einen Anspruch auf Zahlung von 49,67 €, sowie aufgrund des am 15.01.2013 eingetretenen Zahlungsverzuges einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen und auf Zahlung von Mahnauslagen für zwei Mahnungen, wie austenoriert.
1.) Abtretung:
Der Kläger ist aktivlegitimiert.
Zwar hat die Beklagte nunmehr – im Hinblick auf § 1006 BGB – den Besitz der Anspruchstellerin bestritten, dies allerdings nachdem sie der Anspruchstellerin die Reparaturkosten, den Nutzungsausfall, eine Unkostenpauschale und 356,- € auf das Sachverständigenhonorar erstattet hat.
Es mutet seltsam an, dass die Beklagte offensichtlich in totaler Unkenntnis oder Gleichgültigkeit hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse, auf die man offensichtlich jetzt abstellt, 94 % der Forderung reguliert, d.h. mit der Zahlung auch die Notwendigkeit der Einschaltung eines Sachverständigen dem Grunde nach gebilligt hat, nunmehr meint im Prozess um die letzten 5 bis 5 % des Schadens die Aktivlegitimation der klägerischen Auftraggeberin bestreiten zu müssen.
Auch wenn man nicht davon ausgeht, dass die Beklagte die Forderungsberechtigung dem Grunde nach anerkannt hat, setzt dies auf der Ebene der Darlegungslast etwas genauere Darlegungen dazu voraus, warum man nunmehr meint angesichts dieser Sachlage die Aktivlegitimation des Halters bestreiten zu müssen. Das vorliegende Bestreiten ist aber schon aus Gründen des nicht hinreichenden Parteivortrages unbeachtlich.
2.) Die erstattungsfähigen Kosten des § 249 BGB
Der erstattungsfähige Schaden besteht dem Grunde nach.
Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Sein Anspruch ist auf Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrags und nicht etwa auf Ausgleich von ihm bezahlter Rechnungsbeträge gerichtet. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht. Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis-und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (so zuletzt: BGH, Urteil vom 19. Juli 2016 – VI ZR 491/15 -, Rn. 18, juris).
Hier sind drei Fallkonstellationen zu unterscheiden, vgl. insoweit zutreffend zusammengefasst vom LG Heidelberg, Urteil vom 14. Dezember 2016 – 1 S 15/16 -, juris, dem das Gericht sich vollinhaltlich anschliesst:
a) „Hat der Geschädigte die Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen bereits beglichen, genügt er mit Vorlage dieser Rechnung grundsätzlich seiner Darlegungslast gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hinsichtlich des oben beschriebenen erforderlichen Herstellungsaufwandes. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrags zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe infrage zu stellen. Denn der in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zu Grunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bildet (ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ (ex ante zu bemessenden) Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Der Grund für die Annahme einer Indizwirkung des vom Geschädigten tatsächlich erbrachten Aufwands bei der Schadensschätzung liegt darin, dass bei der Bestimmung des erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die besonderen Umstände des Geschädigten, mitunter auch seine möglicherweise beschränkten Erkenntnismöglichkeiten zu berücksichtigen sind. Diese schlagen sich regelmäßig im tatsächlich aufgewendeten Betrag nieder (BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15 -, Rn. 13, juris).
b) Hat der Geschädigte dagegen die Rechnung nicht beglichen, liegt dieser aber eine Vergütungsvereinbarung mit dem Sachverständigen zugrunde, kommt es unter Abwägung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit auf der einen und der subjektbezogenen Schadensbetrachtung auf der anderen Seite im Einzelfall darauf an, ob die geltend gemachten Sachverständigenkosten sich noch im Rahmen des erforderlichen Herstellungsaufwands halten. Dies schließt die Obliegenheit des Geschädigte ein, die vom Sachverständigen bei Vertragsab-schluss geforderten Preise einer gewissen Plausibilitätskontrolle zu unterziehen, will er nicht Gefahr laufen, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist. Verlangt der Sachverständige bei Vertragsab-schluss Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieses Sachverständigen als nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erweisen (BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15 -, Rn. 13, juris).
c) Liegt dagegen der Erstellung des Schadensgutachtens keine Vergütungsvereinbarung zugrunde und hat der Geschädigte die Sachverständigenrechnung auch nicht beglichen, gilt § 632 Abs. 2 BGB mit der Folge, dass die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist. Nur diese Vergütung bestimmt dann den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag. Die Zahlung eines höheren Betrages wäre nicht „erforderlich“ im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (BGH. Urteil vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 471/12 -, Rn. 28, juris).“
Vorliegend ist Fall c) einschlägig, da der Geschädigte die ihm gelegte Rechnung nicht beglichen hat (Fall a), und das Gericht keine hinreichend konkrete Vergütungsvereinbarung feststellen kann (Fall b). Denn in dem Text der Abtretungserklärung heißt es nur, dass das Honorar nach der Honorartabelle 12.2010 berechnet wird.
Bei dieser Wendung zur Vergütungsabrede handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen, welche wirksam in den zugrunde liegenden Vertrag einbezogen worden sein müssen, schon dies ist nicht dargelegt, einer wirksamen Einbeziehung der Preisliste 12.2010 steht aber das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegen, da die Preisgestaltung an die Höhe des dem Auftraggebers bislang unbekannten Schadens anknüpft, d.h. der Verbraucher ist aufgrund der Liste nicht in der Lage vor der Auftragserteilung einen konkreten Preis für die zu erbringende Leistung zu ermitteln, sondern kann sich in fröhliche Spekulationen darüber ergehen, wie hoch wohl der letztlich zu zahlende Preis sein könnte. Dass offensichtlich auch andere Gutachter, u.a. große Sachverständigenorganisationen sich für diese Art der Abrechnung entschlossen haben, ändert an der Tatsache nichts, dass sich ein derartiger Abrechnungsmodus aus Sicht des Verbrauchers als überraschend darstellt.
Weiterer Ausführungen hierzu bedarf es aber nicht, denn die Beklagte schuldet, wenn man von einer unwirksamen Einbeziehung der Preisliste ausgeht, dann die Zahlung der üblichen Vergütung.
Nach Auffassung des erkennenden Gerichts entspricht unabhängig davon, inwieweit eine Preisabrede mit dem Sachverständigen besteht, das (unbeglichene) Honorar dem erforderlichen Herstellungsaufwand gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, wenn und soweit dieses Honorar objektiv nicht deutlich überhöht ist und dies subjektiv für den Geschädigten erkennbar ist (vgl. zu diesen Parametern Ullenboom, NJW 2017, 849 unter El 1 und 2).
3.) Die einzelnen Positionen
Die Indizwirkung der vorgelegten Rechnung für den im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlichen Aufwand entfällt nur dann, wenn die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen (vgl. LG Halle Urteil vom 16.11.2015, 1 S 202/15 unter Zitierung von BGH, Urteil vom 22.07.2014, VI ZR 357/13). Abzustellen ist insoweit auf die in der Branche üblichen Preise, dem Geschädigten können daher die im Vergleich zu einer anderen Branche oder dem „Privatleben“ erhöhten Preise nicht entgegengehalten werden. Daher kommt es auch nicht auf die von den beklagten Versicherungen immer wieder eingewandten günstigen Preise für die Erstellung von Lichtbildern in Drogeriemärkten an.
Um zu überprüfen, ob die vereinbarten und in Rechnung gestellten Kosten üblich, d.h. schadensrechtlich erforderlich sind, hat das Gericht vorliegend die BVSK Befragung 2010/2011 / 2013 als Schätzgrundlagen herangezogen, da diese Datenerhebungen nächst zum Unfallzeitpunkt Dezember 2012 liegen, und sich auch, wie die anhängigen Klageverfahren zeigen, viele Sachverständige im hiesigen Gerichtsbezirk an diesen Werten orientieren.
Das Gericht erachtet diese Befragungen als geeignete Schätzgrundlage (§ 287 ZPO) zur Ermittlung des üblichen Honorars (so auch z. B. KG Berlin, Urteil vom 30. April 2015 – 22 U 31/14-, juris, OLG München, Beschluss vom 12. März 2015- 10 U 579/15 -, juris und LG Halle Urteil vom 11.04.2016, Az.: 1 S 248/15).
Insoweit ist zu betonen, dass es im Rahmen der Üblichkeitsprüfung/Angemessenheitsprüfung nicht darauf ankommt, ob jede Position der Rechnung, welche sich aus Grundhonorar und Nebenkostenpauschalen zusammensetzt, sich innerhalb der Ergebnisse der BVSK Befragung hält, sondern es ist letztlich eine Gesamtschau dahingehend vorzunehmen, inwieweit die Rechnung ein auffälliges Missverhältnis zwischen den Gesamtkosten und der Gesamtleistung aufweist (vgl. z. B. LG Krefeld, Urteil vom 10. Dezember 2015 – 3 S 21/15 -, juris).
Eine Kürzung zu Lasten des Geschädigten scheidet dann aus, wenn der Gesamtbetrag die üblichen Gesamthonorare nicht deutlich übersteigt, weil in diesem Fall wegen der fehlenden Transparenz der gutachterlichen Abrechnung ein nicht fachkundiger Geschädigter nicht erkennen kann, ob die Abrechnung als solche überhöht sind.
Soweit allerdings einzelne Positionen nicht angefallen sind, ist das Honorar allerdings entsprechend zu kürzen.
Unter Berücksichtigung der insgesamt in Rechnung gestellten Leistungen und verlangten Einzelpreise im Vergleich mit der BVSK-Honorarumfragen ergibt sich Folgendes:
a) Grundhonorar
Der Kläger hat die Schadenshöhe mit 999,80 € incl. Mehrwertsteuer berechnet, nach der Honorarbefragung 2011 beträgt das Honorar zwischen HB II und HB III 195,– bis 249,– €.
Der Kläger hat einen Betrag in Höhe von 243,95 € in Ansatz gebracht.
b) 1. Fotosatz:
In der Befragung 2011 bewegen sich die Preise der HB II und HB III zwischen 1,91 € und 2,57 €.
Der Kläger hat hier 2,57 € in Ansatz gebracht.
c) 2. Fotosatz Kopie
In der Befragung 2011 bewegen sich die Preise der HB II und HB III zwischen 1,12 € und 1,80 €. Der Kläger hat hier 1,70 € in Ansatz gebracht. Diese Fotokosten sind hinsichtlich der durch den Kläger erfolgten Archivierung angefallen, und nach neuerer Rechtsprechung des Landgerichts Halle (vgl. LG Halle, 1 S 95/16, dort Seite 7) nicht erstattungsfähig, da sie gewissermaßen im Eigeninteresse des Klägers erfolgt.
d) Porto/Telefon
Hinsichtlich der Porto- und Telefonpauschale bewegt sich der Wert bei der Befragung 2011 zwischen HB II mit 10,73 € und HB III mit 18,88 €. Berechnet hat der Kläger einen Betrag in Höhe von 18,26 €.
e) Schreibkosten
Hinsichtlich der Schreibkosten bewegt sich der Wert bei der Befragung 2011 zwischen HB II mit 2,24 € und HB III mit 3,75 €. Berechnet hat der Kläger einen Betrag in Höhe von 3,59 €.
f) Schreibkosten je Kopie
Hinsichtlich der Schreibkosten je Kopie bewegt sich der Wert bei der Befragung 2011 zwischen HB II mit 2,16 € und HB III mit 2,80 €. Berechnet hat der Kläger einen Betrag in Höhe von 2,57 €. Diese Schreibkosten sind hinsichtlich der durch den Kläger erfolgten Archivierung angefallen, und nach neuerer Rechtsprechung des Landgerichts Halle (vgl. LG Halle, 1 S 95/16, dort Seite 7) nicht erstattungsfähig, da die Archivierung im Eigeninteresse des Klägers erfolgt.
g) Fahrtkostenpauschale
Die Fahrtkostenpauschale bewegt sich nach der BVSK-Befragung 2011 im Bereich zwischen 0,87 € (HB II) und 1,08 € (HB III). Der Kläger hat einen Betrag in Höhe von 1,04 € berechnet. Diese Kosten sind auch angefallen, da der Sachverständige das Fahrzeug bei der Geschädigten vor Ort besichtigt hat. Eine Verpflichtung der Geschädigten, mit dem Fahrzeug, welches unstreitig noch verkehrstüchtig war, bestand nicht. Soweit der Kläger hier erwähnt, dass die Beklagte aufgrund der Beschädigungen nicht habe sicher sein können, dass das Fahrzeug verkehrstüchtig sei, greift dieses Argument zwar nicht durch, da die kaum sichtbaren Schäden am Stoßfänger nicht zu irgendeinem technischen Problem führen dürften, allerdings sind die Kosten, welcher auf der Anfahrt des Sachverständigen beruhen meist Kosten, die ein Geschädigter ohnehin bereit zu tragen ist. Diese beliefen sich vorliegend auf 6,24 €, einen Betrag, bei dem man der Höhe nach keine ernsthaften Diskussionen über Schadensminderung oder ähnliche Dinge führen kann.
Position Anzahl Betrag BVSK 2011 HBII BVSK 2011 HB III
a) Gutachtenerstellung 243,95 € 195,– € 249,– €
b) 1. Fotosatz 6* 2,47 = 14,82 € 1,91 € = 11,46 € 2,57 = 20,56 €
c) 2. Fotosatz 6* 1,70 = 10,20 € 1,12 € = 6,72 € 1,80 = 14,40 €
d) Porto/Telefon 18,26 € 10,73 € 18,88 €
e) Schreibkosten 14* 3,59 = 50,26 € 2,24 € = 31,36 € 3,75 = 67,50 €
f) Schreibkosten/Kopie 14* 2,57 = 35,98 € 2,16 € = 30,24 € 2,80 = 50,40 €
e) Fahrtkosten 6 1,04 = 6,24 € 0,87 € = 5,22 € 1,08 = 5,40 €
. 379,11 € 290,73 € 426,14 €
Gesamtbetrag brutto 451,85 € (405,67 €) 345,96 € (309,– €) 507,10 € (442,30 €)
(dieser Betrag ist jeweils
um die nicht zuerkann-
ten Positionen c) und f)
zu kürzen; d.h. Rech-
nungsbetrag dann:)
Im Ergebnis liegt keine Position über den Werten, welche in dem durch die Gruppen II und III der BVSK Befragungen ermittelt worden sind, wobei 90 % der Mitglieder über dem Betrag der Honorargruppe II liquidieren, und 95 % der Mitglieder ihr Honorar unterhalb der Honorargruppe 3 berechnen. Letztere Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Da die Schätzung aber unter der eingangs angegebenen Prämisse erfolgt, d.h. unter der Fragestellung, ob eine signifikante Abweichung vorliegt, welche einem „Durchschnittsbürger“ gewissermaßen ins Auge sticht, bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte, dass die berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar überhöht waren.
Auch die Tatsache, dass die Nebenkosten über einem Betrag von 100,– € liegen, führt nicht dazu, dass die Honorare zu kürzen wären.
Im Ausgangspunkt ist es zwischenzeitlich höchstrichterlich geklärt, dass Kfz.-Sachverständige auch Nebenkosten abrechnen dürfen (vgl. den Rechtsmittelzug LG Saarbrücken, Urteil vom 29. Juli 2013 – 13 S 41/13 – juris, BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13 -, juris, LG Saarbrücken, Urteil vom 19. Dezember 2014 – 13 S 41/13 — juris). Dies gilt auch für den Berufungssprengel des Landgerichts Halle (Saale), vgl. z. B. LG Halle, Urteil vom 16. November 2015 – 1 S 202/15 -, juris), und dass diese nicht abstrakt begrenzt werden können.
Daher kommt es nicht darauf an, dass die Nebenkosten über 100,- € liegen.
Vorliegend bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass es der Geschädigten nach ihren individuellen Einflussmöglichkeiten erkennbar war, dass die von der Klägerin verlangte Vergütung erheblich über den Vergütungen anderer Marktteilnehmer liegt.
Mithin hat die Beklagte dem Kläger noch einen Restbetrag in Höhe von 49,67 € zu zahlen, der in Ermangelung eines Verzugseintritts aufgrund der erfolgten Mahnungen, welche erhebliche Zuvielforderungen enthielten, nach § 291 ZPO mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz dem Zinssatz des § 288 Abs. 1 BGB ab Klagezustellung zu verzinsen ist. Aus den gleichen Gründen ist dem Kläger auch keine Mahnpauschale zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert war entsprechend dem Klageantrag festzusetzen, da vorliegend auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme geklagt wurde (§§ 40, 43, 48 Abs. 1, 63 GKG).
Mangels Einschlägigkeit des § 511 Abs. 4 ZPO war die Berufung nicht zuzulassen. Die obigen Rechtsausführungen entsprechen öer einschlägigen und aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und der Berufungskammer des Landgerichts Halle, welche auch in dem vorstehenden Urteil zitiert worden ist. Dies auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des BGH, Urteil vom 01. Juni 2017 – VII ZR 95/16 -, juris, da es in diesem Fall um ein Honorar ging, welches deutlich über dem ortsüblichen Honorar lag. Dies ist vorliegend nicht der Fall, vielmehr ist die Abrechnung, soweit es die berechtigten Nebenpositionen betrifft eher als maßvoll zu bezeichnen.
Die Festsetzung des Streitwertes kann mit der Beschwerde angefochten werden. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache rechtskräftig geworden ist oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, eingelegt wird. Sie ist einzulegen bei dem
Amtsgericht Halle (Saale), Thüringer Straße 16, 06112 Halle (Saale).
Wird der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung der Festsetzung bei dem Gericht eingelegt werden.
Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 € übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zu diesem Beschluss zugelassen hat.
Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des genannten Gerichts eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem genannten Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.
Rechtssicherheit am AG Halle? Hier hat er noch anders entschieden:
http://www.captain-huk.de/urteile/ag-halle-an-der-saale-verurteilt-huk-coburg-allgemeine-versicherungs-ag-zur-zahlung-restlicher-erfuellungshalber-abgetretener-sachverstaendigenkosten-mit-urteil-vom-16-3-2016-106-c-131314/
http://www.captain-huk.de/urteile/ag-halle-saale-verurteilt-huk-coburg-haftpflichtunterstuetzungskasse-zur-zahlung-restlicher-erfuellungshalber-abgetretener-sachverstaendigenkosten-mit-umfangreichem-urteil-vom-16-3-2016-106-c-336/
Vertrauen ist gut, aber … Daher Gutachten ausschließlich in Papierform mit allen ergänzenden Dokumenten und Hinweisen. Bei einigen Versicherern leider schon mal als Postzustellungsurkunde erforderlich. Schriftverkehr per FAX oder ggf per Post – nicht per E-Mail. Keine telefonischen Vereinbarungen/Absprachen ohne schriftliche Bestätigung. Das ist die Quintessenz aus vielen Jahren.
Wehpke, Berlin.