Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
nachdem wir Euch gestern das jüngste Revisionsurteil des BGH zu den Sachverständigenkosten als Schadensersatz nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall mit Abtretungserklärung an den Sachverständigen und weiterer Abtretung an eine Verrechnungsstelle mit Begleichung der Rechnung vorgestellt hatten, stellen wir Euch heute ein Urteil aus Halle an der Saale zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Klagehäufung gegen die HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG vor. Auch hier vertrat die HUK-COBURG die rechtirrige Ansicht, die Abtretungen seien zu unbestimmt. Dabei verkennt die HUK-COBURG, dass es nach herrschender Rechtsprechung ausreicht, wenn die Forderung der Höhe nach bestimmbar ist, wie im zu entscheidenden Rechtsstreit vor der 99. Zivilabteilung des AG Halle an der Saale. Das hat das erkennende Gericht erkannt und die Aktivlegitimation bejaht. Allerdings verirrt sich das erkennende Gericht dann im Schadensersatzprozess in werkvertragliche Überprüfungen der einzelnen abgetretenen Sachverständigenkostenrechnungen. Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustandes, wozu auch die Feststellung der zur Wiederherstellung erforderlichen Reparaturkosten gehören, so ist weder der Schädiger noch das Gericht im Rahmen des Schadensersatzprozesses zur werkvertraglichen Preiskontrolle berechtigt. Immerhin ist der Sachverständige der Erfüllungsgehilfe des Schädigers. Das hat immerhin das für Sachsen-Anhalt zuständige OLG Naumburg (in DS 2006, 283 ff.) entschieden. Die Urteilsgründe sind daher fehlerhaft, weil sie mit Schadensersatz nichts zu tun haben. Auch durch die Abtretungen verändert sich die Schadensersatzforderung nicht (vgl. BGH VI ZR 491/15 Rn. 22). Lest aber selbst das Urteil aus Halle an der Saale und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Halle (Saale)
99 C 4054/15 Verkündet am 15.09.2017
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
gegen
HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs AG diese vertreten d.d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 09.08.2017 durch die Richterin am Amtsgericht R. für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 45,39 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.03.2012 sowie 2,50 € Mahnkosten zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.01.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 44,62 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.05.2012 sowie 2,50 € Mahnkosten zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.01.2016 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 51,69 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.06.2012 sowie 2,50 € Mahnkosten zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.01.2016 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 45,18 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.01.2013 sowie 2,50 € Mahnkosten zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.01.2016 zu zahlen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 77,92 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.11.2012 sowie 5,00 € Mahnkosten zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 2,50 € seit dem 02.12.2012 und auf 2,50 € seit dem 12.01.2016 zu zahlen.
6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 31,16 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.11.2012 sowie 5,00 € Mahnkosten zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 2,50 € seit dem 03.12.2012 und auf 2,50 € seit dem 12.01.2016zu zahlen.
7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
8. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte zu 66 % und der Kläger zu 34 % zu tragen.
9. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung des Prozessgegners gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Prozessgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Kreditgenossenschaft zu erbringen.
10. Die Berufung wird zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert beträgt 448,37 €.
Tatbestand
Die Prozessparteien streiten um restlichen Schadenersatz aus Verkehrsunfallereignissen der Geschädigten R. vom 13.01.2012, M. vom 14.03.2012, H. vom 10.04.2012, B. D. V. vom 22.11.2012, K. vom 21.09.2012 und R. vom 18.09.2012.
Zwischen den Prozessparteien ist unstrittig, dass die Beklagte als Haftpflichtversicherung der Schädiger dem Geschädigten für die im Zusammenhang mit diesen Unfällen entstandenen Unfallschäden zu 100 % aufzukommen hat.
Unstrittig waren durch das Kfz-Sachverständigenbüro … des Klägers Gutachten über die Schadenshöhe an den Fahrzeugen der Geschädigten erstellt worden. Unstrittig ist, dass die Gutachten der Beklagten per E-Mail zugesandt wurden. Die Fahrzeugschäden sind unstrittig. Die Abtretungserklärungen der Geschädigten haben u. a. den Wortlaut:
„Zur Sicherung des Anspruches des oben genannten Gutachtenbüros auf Bezahlung der Gutachtenkosten trete ich gleichzeitig den Teil meines Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Gutachterkosten gegen den Unfallgegner und dessen Versicherungsgesellschaft in Höhe der Gutachtenkosten an oben genanntes Gutachtenbüro ab“.
Mit den Rechnungen vom 07.02.2012, 16.03.2012, 13.04.2012, 22.11.2012, 25.09.2012 und 04.10.2012 (Bd. I, Bl. 24, 40, 56, 72, 88, 105 der Akte), auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hatte das Kfz-Sachverständigenbüro … gegenüber den Geschädigten die Gutachterkosten abgerechnet. Zwischen den Prozessparteien ist unstrittig, dass die Beklagte auf die Gutachterkosten in den Schadensfällen R. 467,50 € und weitere 27,30 €, M. 474,00 €, H. 520,00 €, B. D. V. 356,00 €, K. 356,00 € und R. 786,83 € gezahlt hatte. Die Beklagte war vom Kläger mit den auf Bd. I, Bl. 27-29, Bl. 42-44, Bl. 59-61, Bl. 75-77, Bl. 91-93 und Bl. 108-110 vorgelegten Schreiben zur Zahlung aufgefordert bzw. gemahnt worden.
Der Kläger trägt vor, dass die Sachverständigenkosten ortsüblich und angemessen abgerechnet worden seien. Der Rechnungsbetrag sei mit dem Auftrag nach Honorartabelle vereinbart worden. Die Gutachten seien einmal an die Geschädigten abgesandt worden und einmal im Archiv des Klägers abgelegt worden. Sämtlichen abgerechneten Positionen stünden von ihm erbrachte Leistungen gegenüber. Die Fahrtkosten seien angefallen. Die Restwertermittlung sei vereinbart worden und der Restwert durch das Einstellen in die firmeneigene Restwertbörse ermittelt, nach Anfrageende die Gebote geprüft, im Gutachten verarbeitet und der Geschädigte informiert worden. Die Kosten für die zur Gerichtsakte gereichten Gutachtenkopien seien, wenn die Gutachtenkopien an die Beklagte weitergeleitet werden, abrechenbar und dem Kläger zu erstatten.
Im Gutachtenfall R. hat der Kläger, mit Zustimmung der Beklagten, die Klage i.H.v. 27,30 € teilweise zurückgenommen.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen an den Kläger 45,39 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.03.2012 sowie 12,00 € Mahnkosten zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2012 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen an den Kläger 44,62 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.04.2012 sowie 12,00 € Mahnkosten zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.05.2012 zu zahlen,
3. die Beklagte zu verurteilen an den Kläger 51,69 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.05.2012 sowie 12,00 € Mahnkosten zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.06.2012 zu zahlen,
4. die Beklagte zu verurteilen an den Kläger 45,18 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.12.2012 sowie 12,00 € Mahnkosten zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.01.2013 zu zahlen,
5. die Beklagte zu verurteilen an den Kläger 133,86 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.11.2012 sowie 12,00 € Mahnkosten zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.12.2012 zu zahlen,
6. die Beklagte zu verurteilen an den Kläger 100,33 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.11.2012 sowie 12,00 € Mahnkosten zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.12.2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers. Sie meint, dass die Abtretung wegen Unbestimmbarkeit unwirksam sei. Es werde bestritten, dass die benannten Geschädigten Eigentümer der vom Kläger besichtigten Pkw gewesen seien, Es werde bestritten, dass die abgerechneten Positionen wirksam vereinbart seien und bestritten, dass diese entstanden seien, also die vorgetragenen Leistungen vom Kläger erbracht wurden. Sie bestreitet, dass die für Lichtbilder und Schreibkosten angegebenen Beträge tatsächlich aufgewandt wurden. Sie ist zudem der Ansicht, das abgerechnete Honorar des Sachverständigen sei nicht üblich und angemessen, sondern überhöht. Üblich und angemessen sei das Honorar nur in der von der Beklagten bereits bezahlten Höhe.
Für das Vorbringen der Parteien im Einzelnen wird auf die von ihnen eingereichten und vorgetragenen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Es wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen F. B. . Wegen des Ergebnisses der Zeugenvernehmung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 09.08.2017 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Mit den Abtretungserklärungen vom 22.02.2012 (Bd. I, Bl. 25 der Akte), vom 14.03.2012 (Bd. I, Bl. 41 der Akte), vom 10.04.2012 (Bd. I, Bl. 57 der Akte), vom 21.11.2012 (Bd. I, Bl. 73 der Akte), vom 21.09.2012 (Bd. I, Bl. 89 der Akte) und vom 01.10.2012 (Bd. I, Bl. 106 der Akte) haben die Geschädigten den Teil ihres Schadensersatzanspruches auf Erstattung der Gutachterkosten gegen den Unfallgegner und dessen Versicherung in Höhe der Gutachtenkosten an den Kläger abgetreten. Die Abtretungserklärungen werden den Bestimmtheitsanforderungen gemäß § 398 BGB unter Beachtung des Urteils des BGH vom 07.06.2011 (VI ZR 260/10) gerecht, weil der Teil des Schadensersatzanspruchs „auf Erstattung der Gutachterkosten … in Höhe der Gutachtenkosten“ abgetreten wurde.
Nachdem die Beklagte unstrittig auf der Grundlage der Gutachtens des Klägers und der Abtretungserklärungen bereits jeweils den überwiegenden Teil der Sachverständigenkosten gegenüber dem Kläger reguliert hat, hätte die Beklagte angesichts des vorgerichtlichen Regulierungsverhaltens tatsächliche Anhaltspunkte vortragen müssen, aus welchen Gründen sie nunmehr Zweifel an der Eigentümerstellung des Geschädigten hat. Derartiger Vortrag ist jedoch nicht erfolgt. Vielmehr konnten diese Zahlungen aus maßgeblicher Sicht der Geschädigten nur so verstanden werden, dass das Schuldverhältnis an sich bestätigt und jedenfalls in Höhe der gezahlten Beträge und der der Berechnung zu Grunde liegenden Schadenspositionen dem Streit entzogen werden sollte. Im Hinblick darauf ist es der Beklagten verwehrt, nunmehr die Eigentümerstellung der Geschädigten zu bestreiten.
Der Kläger hat gegen die Beklagte über die von der Beklagten bereits gezahlten Beträge hinaus einen Zahlungsanspruch gemäß § 398 BGB i.V.m. §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs.1 Nr.1 VVG, 249 BGB nur in der jeweiis zuerkannten Höhe.
Zwischen den Prozessparteien ist ein (abgetretener) Schadenersatzanspruch der Unfallgeschädigten streitgegenständlich. Prüfungsmaßstab ist daher, ob die Sachverständigenkosten zum erforderlichen Herstellungsaufwand gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören, also Kosten darstellen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten als zweckmäßig und angemessen zur Schadensbehebung ansehen durfte (vgl. BGHZ 115, 364, 369; 160, 377; 162, 161, 165). Der Geschädigte ist hierbei grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/07, NJW 2007, 1450; BGHZ, 163, 362, 367 f.). Der Geschädigte kann vom Schädiger nur dann den vollständigen Ausgleich seiner dem Sachverständigen gezahlten Aufwendungen nicht mehr verlangen, wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt (OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, Az. 4 U 49/05, zitiert nach juris). Damit schuldet der Schädiger dem Geschädigten den unter Berücksichtigung der individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten objektiv zur Schadensbehebung erforderlichen Herstellungsaufwand (LG Saarbrücken, Urteil vom 10.02.2012, Az. 13 S 109/10, zitiert nach juris).
Im Hinblick auf diese Grundsätze steht dem Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten daher nur insoweit zu, als diese nicht deutlich überhöht sind bzw. der Sachverständige sein Honorar nicht willkürlich festsetzt, und dies für den Geschädigten erkennbar gewesen ist.
Soweit der Kläger sich hierbei zunächst darauf berufen hat, dass für die Nebenkosten in den Gutachtenfällen K. und R. Preise nach seiner Honorartabelle 12.2010 vereinbart wurden, ist aus dem Gutachtenauftrag und der Honorartabelle die Vereinbarung eines konkret bestimmten Preises nicht ersichtlich geworden. Denn die Honorartabelle weist keinen konkreten Preis sondern nur aus, dass ein Honorar bis zu einem bestimmten Euro-Betrag gefordert werden kann. Dies kann nur so angesehen werden, als dass die Bestimmung des konkreten Preises für Haupt- und Nebenleistungen letztendlich doch allein beim Sachverständigen liegt und es allenfalls Vereinbarung zwischen dem Sachverständigen und dem Geschädigten ist, dass der Preis für Haupt- und Nebenleistungen eine bestimmte Grenze nicht überschreiten darf. Zudem kann der Geschädigte auch nicht erkennen, welche Nebenleistungen konkret überhaupt anfallen werden, denn nach der Honorartabelle des Kläger werden identische Positionen unterschiedlich berechnet, z.B. „Fahrtkosten je Kilometer“ oder „Anfahrtzeit pro Minute“ oder „Fahrtkosten pauschal“, „Porto/Telefon pauschal“ oder „Porto/Teiefon/EDV“, „Schreibkosten je Seite“ oder „Schreibgebühren/Bürokosten pauschal“. Daraus kann der Geschädigte weder erkennen, welche Nebenleistungen konkret vereinbart sind, noch welcher konkrete Preis zur welche Nebenleistungen geschuldet ist. Der Geschädigte kann daher nicht einschätzen, welche konkreten Aufwendungen auf ihn zukommen werden (zur Problematik so auch Amtsgericht Halle (Saale), Urteil vom 01.09.2016, Az. 96 C 3858/15).
Den vom Kläger vorgelegten Rechnungen ist im Rahmen der Schadensschätzung auch keine Indizwirkung für die Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten beizumessen. Denn die Geschädigten haben unstreitig selbst bislang keine Zahlungen auf die streitgegenständliche Rechnungen geleistet. Nach der Rechtsprechung des BGH bietet aber allein der von Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zu Grunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte Aufwand einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB (BGH, Urteil vom 19.07.2016, Az. VI ZR 491/15; BGH, Urteil vom 26.04.2016, Az. VI ZR 50/15 jeweils zitiert nach juris).
Nachdem eine konkrete Preisvereinbarung zwischen den Geschädigten und dem Sachverständigen – wie dargelegt – nicht vorliegt und die Geschädigte bisher selbst keine Zahlungen auf die streitgegenständliche Gutachterrechnungen geleistet haben, ist deshalb gemäß § 632 Abs. 2 BGB nur die übliche Vergütung geschuldet. Üblich ist eine Vergütung, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nach Art, Güte und Umfang gleiche Leistung nach Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt (vgl. BGH, NJW 2001, 151 ff).
Die Honorarbefragung des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e. V. – BVSK – stellt hierbei eine geeignete Schätzungsgrundlage (§ 287 ZPO) zur Ermittlung des üblichen Honorars dar (z.B. Landgericht Halle, Urteil vom 11.04.2016, Az. 1 S 248/15; Landgericht Halle, Urteil vom 24.08.2016, Az. 1 S 71/16).
Soweit es hierbei die in den Gutachtenfällen K. und R. strittigen Foto- und Schreibkosten für Gutachtenkopien, die im Archiv des Klägers abgelegt worden sind, anbetrifft, ist nach der Honorarbefragung des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e. V. – BVSK – für 2011 jedoch die Abrechnung derartiger Archivierungskosten nicht als üblich anzusehen. Die Archivierung eines Gutachtens mit Fotoanlage beim Sachverständigen wurde mit dem Geschädigten nicht konkret vereinbart. Den hierfür im Gutachten Fall K. mit 13,60 € netto für Kopien der Fotos und 33,41 € netto Schreibkosten für die Gutachtenkopie und im Gutachten Fall R. mit 17,00 € netto für Kopien der Fotos und 41,12 € netto Schreibkosten für die Gutachtenkopie in Ansatz gebrachten Beträge kann der Kläger daher nicht verlangen. Die Archivierung eines Gutachtens mit Fotoanlage beim Sachverständigen dient ausschließlich dem Interesse des Sachverständigen, ein Gutachtenexemplar zum Zwecke des Nachweises der Vertragserfüllung für spätere Werklohnforderungen oder Abwehr von Gewährleistungsansprüchen zu dokumentieren (vgl. LG Halle, Beschluss vom 31.08.2015, Az. 1 S 102/15, zuvor Amtsgericht Halle (Saale) Az. 99 C 572/14). Dass der Kläger mit dem Geschädigten eine Vergütung für die Archivierung eines ausgedruckten und mit Fotoanlage versehenen Gutachtens gerade für den Fall des Verlustes des Gutachtens vereinbart hatte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich geworden. Der Kläger hat hierzu kein geeignetes Beweisangebot unterbreitet, dass er insoweit eine Vereinbarung mit dem Geschädigten getroffen hatte. Zwar ergibt sich aus dem Gutachtenauftrag, dass der Rechnungsbetrag entsprechend der Honorartabelle 12.2010 zu berechnen ist, eine konkrete Vereinbarung, dass der Geschädigte mit dem Kläger eine Vergütung für ein Gutachten, dass der Geschädigte selbst nicht erhält, gerade für den Fall des Verlustes des Gutachtens vereinbart hatte, ergibt sich aus dem Gutachtenauftrag jedoch nicht. Daher ist nicht davon auszugehen, dass diese Kosten Inhalt der Vereinbarung des Klägers und des Geschädigten, dass der Rechnungsbetrag ortsüblich der Schadenshöhe zu berechnen ist, geworden sind. Im Hinblick darauf stellen sich die insoweit nicht von dem mit dem Sachverständigen geschlossenen Werkvertrag umfassten Kosten der Archivierung eines Gutachtens auch aus sonstigen Gründen nicht als erforderliche Kosten im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dar. Auch der seltene Fall des Verlustes des Originalgutachtens rechtfertigt die Archivierung eines Gutachtens beim Sachverständigen auf Kosten des Schädigers und dessen Haftpflichtversicherung nicht (vgl. LG Halle, Beschluss vom 31.08.2015, 1 S 102/15, zuvor AG Halle (Saale), 99 C 572/14). Die Beklagte hat die Gutachten in allen Schadensfällen unstrittig digital erhalten. Ein weiteres Gutachtenexemplar hat die Beklagte vom Kläger in keinem Schadensfall angefordert. Von daher kann der Kläger in den Schadensfällen K. und R. die Kosten für die zur Gerichtsakte gereichten Kopien der Gutachten nunmehr nicht im Rahmen der bereits erfolgten Abrechnungen von der Beklagten erstattet verlangen.
Soweit es im Übrigen die Ermittlung der ortsüblichen Sachverständtgenvergütung, also die Feststellung der insoweit ersatzfähigen Schadenshöhe anbetrifft, hat das Landgericht Halle im Urteil vom 24.08.2016, Az. 1 S 71/16 ausgeführt:
„1. Die Kammerhält eine Prüfung in 2 Schritten für sinnvoll.
a) Bei der Feststellung der ersatzfähigen Schadenshöhe ist nach Auffassung des Berufungsgerichts zunächst die Frage der objektiven Erforderlichkeit im engeren Sinne zu prüfen.
Die Grenze der objektiven Erforderlichkeit i. S. einer Ortsüblichkeit kann auf unterschiedliche Weise nach § 287 ZPO geschätzt werden. Nach Ansicht der Kammer stellt – unter anderem -die Honorarbefragung des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e. V. (BVSK) eine geeignete Schätzgrundlage zur Ermittlung des üblichen Honorars dar (vgl. auch KG, Urt. vom 30.04.2015, 22 U 31/14, Schaden-Praxis 2015, 414 ff.; OLG München, Urt. vom 12.03.2015,10 U 579/15, Schaden-Praxis 2015, 200 ff.).
Sachgerecht erscheint es der Kammer bei Anwendung dieser Tabelle im Rahmen einer eigenen Schadensschätzung, den Höchstbetrag des Korridors V (= HB III), in dem je nach Schadenshöhe 50 % bis 80 % der befragten Sachverständigen ihr Honorar berechnen, als Obergrenze der Erforderlichkeit heranzuziehen, wobei jede Rechnungspositionen daran zu messen ist.
b) Erst und nur dann, wenn die geltend gemachte Schadenshöhe das Maß des objektiv Erforderlichen übersteigt, kommt es darauf an, ob dies für den Geschädigten erkennbar war. Ob die objektive Überschreitung der vom Gericht (im Wege der Beweisaufnahme oder der Schätzung) als maßgeblich erachteten Grenze der Üblichkeit erkennbar war oder die Rechnungsbeträge plausibel sind, ist nach Ansicht der Kammer anhand der Gesamtrechnungssumme zu überprüfen und hängt grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab“.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegen sowohl die vom Kläger in den Honorarrechnungen vom 07.02.2012, 16.03.2012, 13.04.2012, 22.11.2012, 25.09.2012 und 04.10.2012 abgerechneten Grundhonorare netto als auch die vom Kläger abgerechneten Beträge für ein Foto des 1. Fotosatzes mit 2,47 € netto, für Schreibkosten je Seite von 3,59 € netto sowie Porto- und Telefonkosten von 18,26 € netto und Fahrtkosten von 1,04 € netto je Kilometer im Bereich des HB V Korridors der BVSK-Honorarbefragung für 2011. Nach dieser werden als Fremdleistungen auch regelmäßig die Abrufkosten für Restwertbörsen gesondert aufgeführt. Insoweit hält das Gericht auch diese abgerechneten Kosten der Restwertermittlung von 30,80 € netto in den Schadensfällen R. , K. und R. , hinsichtlich derer der Zeuge B. den Umfang der zur Restwertermittlung ausgeführten Tätigkeiten im Rahmen seiner Zeugenvernehmung glaubhaft dargestellt hat, für erstattungsfähig. Zudem hat der Zeuge B. aus Sicht des Gerichtes im Rahmen seiner Vernehmung auch glaubhaft zur Entstehung der Fahrtkosten in den Schadensfällen R. , K. , V. und R. und zu den zurückgelegten Kilometern sowie dazu ausgesagt, dass alle Gutachten jeweils auch an die Geschädigten geschickt wurden. Wegen der Einzelheiten der Aussage des Zeugen B. wird auf das Sitzungsprotokoll vom 09.08.2017 (Bd. II, Bl. 33-34 Rückseite der Akte) Bezug genommen.
Daher waren die von den Geschädigten mit den Gutachtenaufträgen eingegangene und mit den Honorarrechnungen vom 07.02.2012, 16.03.2012, 13.04.2012, 22.11.2012, 25.09.2012 und 04.10.2012 vom Kläger konkretisierten Verbindlichkeiten wie folgt erforderlich:
1. Schadensfall R. i.H.v. 540,19 € brutto,
2. Schadensfall M. i.H.v. 518,62 € brutto,
3. Schadensfall H. i.H.v. 571,69 € brutto,
4. Schadensfall V. i.H.v. 401,71 € brutto,
5. Schadensfall K. i.H.v. 433,92 € brutto,
6. Schadensfall R. i.H.v. 817,99 € brutto.
Da die Beklagte vorprozessual an den Kläger
1. im Schadensfall R. 467,50 € und weitere 27,30 €,
2. im Schadensfall M. 474,00 €,
3. im Schadensfall H. 520,00 €,
4. im Schadensfall V. 356,00 €,
5. im Schadensfall K. 356,00 €,
6. im Schadensfall R. 786,83 €
gezahlt hat, steht dem Kläger gegen die Beklagte daher nur noch ein Zahlungsanspruch
1. im Schadensfall R. i.H.v. 45,39 €,
2. im Schadensfall M. i.H.v. 44,62 €,
3. im Schadensfall H. i.H.v. 51,69€,
4. im Schadensfall V. i.H.v. 45,18 €,
5. im Schadensfall K. i.H.v. 77,92 €,
6. im Schadensfall R. i.H.v. 31,16 € zu.
Die darüber hinausgehende Klage ist abzuweisen.
Die Mahnungen in den Schadensfällen R. vom 16.03.2012, M. vom 04.05.2012, H. vom 23.05.2012, V. vom 27.12.2012, K. vom 25.10.2012 und R. vom 25.10.2012 stellen jeweils die den Verzug begründenden Erstmahnungen dar, deren Kosten nicht erstattungsfähig sind. Für die nach den den Verzug begründenden Erstmahnungen in den Schadensfällen R. , M. , H. und V. der Beklagten zugesandte weitere Mahnung und in den Schadensfällen K. und R. zugesandten 2 weiteren Mahnungen kann der Kläger Mahnkosten in Höhe von je 2,50 €, insgesamt daher Mahnkosten in der zuerkannten Höhe als Verzugsschaden gemäß §§ 286 Abs. 1, 249 BGB erstattet verlangen. Die darüber hinausgehende Klage ist abzuweisen.
Die Entscheidung über die Zahlung von Verzugszinsen beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 269 Abs. 3, 708 Nr. 11, 711, 108 ZPO.
Die Berufung gegen das Urteil ist gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Dem Gericht ist keine Entscheidung des Berufungsgerichtes in einem Rechtsstreit bekannt, in dem der Kläger – wie hier – im Prozess seine Abrechnungen unter anderem darauf stützt, dass er Gutachtenkopien in Papierform erst im Verlaufe des Verfahrens zur Übersendung an die Beklagte, der die Gutachten bereits per E-Mail zugesandt wurden, vorlegt.
„Der Kläger trägt vor, dass die Sachverständigenkosten „ortsüblich und angemessen“ abgerechnet worden seien.“
Da die Beklagte der Regel pauschal behauptet, dass ein Teil der Sachverständigenkosten in Höhe des Kürzungsbetrages nicht erforderlich gewesen sei mit Verweis auf das hauseigene HUK-Coburg Honorartableau, das auf eine Pauschalpreisbemessung abzielt, löst der klägerische Vortrag völlig unnötig eine vermeintliche
Überprüfungsverpflichtung durch das Gericht aus, wie hier festzustellen. Der Kläger sollte sich vergegenwärtigen, dass es bekanntlich eine „Ortsüblichkeit“ nicht gibt, wie bespielsweise das AG München zutreffend durch Einholung eines Gutachtens festgestellt hat und die Frage der „Angemessenheit“ einer werkvertraglichen Bewerung vorbehalten bleibt.
Aber auch das Bestreiten der Beklagten sollte angesprochen werden, wenn bestritten wurde, dass die für Lichtbilder und Schreibkosten angegebenen Beträge tatsächlich aufgewandt wurden. Sie ist zudem der Ansicht, das abgerechnete Honorar des Sachverständigen sei nicht „üblich“ und „angemessen“ , sondern „überhöht“. Üblich und angemessen sei das Honorar nur in der von der Beklagten bereits bezahlten Höhe.
Die Beklagte kann dem Kläger begründet nur solche Einwendungen entgegenhalten, die sie auch in schadenersatzrechtlicher Beschränkung den Auftraggebern des Klägers entgegenhalten könnte. Dazu gehören pauschale Einwendungen werkvertraglicher Art -wie hier- jedoch nicht und zudem sind sie schadenersatzrechtlich unerheblich, zumal das HUk-Coburg Honorartableau inzwischen vielfach von den Gerichten als geeignetes Beurteilungskriterium verworfen wurde. Die Taktik ist klar: Ablenkung von der beurteilungsrelevanten Bewertung unter schadenersatzrechtlichen Gesichtpunkten mit der Betrebung, das Gericht zu einer werkvertraglichen Überprüfung zu veranlassen, was hier offensichtlich mal wieder vom Erfolg gekrönt war.
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Nur wenn der Rahmen des zur Herstellung Erforderlichen deutlich und für den Geschädigten erkennbar überschritten wird, ist unter schadenersatzrechtlichen Vorbehalten ggf. eine Überprüfung veranlasst. Auch nach dem inzwischen bekannte BGH-Beschluss des IX. BGH-Zivilsenats wäre das in etwa das Doppelte von dem, was als erforderlich unterstellt wird, also nahezu immer ein Vielfaches des Kürzungsbetrages. Schon von daher wird die Infragestellung ad absurdum geführt und man erkennt vergleichsweise die schadenersatzrechtlich nicht existente Erheblichkeit solcher Pauschalbehauptungen, wie auch die Unsinnigkeit der Behauptung, dass als lediglich „erforderlich“ nur eine nicht verifizierbare Pauschalpreisabgrenzung bindend sei, zumal ein Gericht einen „gerechten“ Preis gerade nicht festlegen soll.
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