AG Halle (Saale) verurteilt HUK-COBURG Allg. Vers. AG. zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten mit lesenswertem Urteil vom Urteil 24.6.2014 – 105 C 3786/13 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

weil  es in Halle an der Saale so hervorragende Rechtsprechung gegen die HUK-COBURG gibt, veröffentlichen wir zum Wochenbeginn erneut ein Sachverständigenkostenurteil gegen die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG. Damit fängt die Woche dann schon einmal gut an. Wieder musste ein freier Kfz-Sachverständiger gegen die Coburger Versicherung klagen, weil diese – trotz der zwischenzeitlich ergangenen BGH-Rechtsprechung – nicht bereit und willens war, die berechneten Sachverständigenkosten als Schadensersatzposition in voller Höhe anzuerkennen. Entsprechend musste der Sachverständige aus abgetretenem Recht die restlichen Sachversändigekosten einklagen. Dabei handelt es ich nicht um restlichen Werklohn im Sinne des § 632 BGB, sondern um restlichen Schadensersatz aus dem Unfallgeschehen. Es kann nur immer wieder darauf hingewiesen werden, dass sich mit der Abtretung der Schadensersatzanspruch nicht umwandelt. Schadensersatz bleibt Schadensersatz, auch wenn der Anspruch an den Sachverständigen abgetreten wird. Das hat die zuständige Amtsrichterin der HUK-COBURG klar ins Urteil geschrieben. Ebenso zutreffend hat sie vermerkt, dass überhöhe Sachverständigenkosten nicht zu Lasten des Geschädiguten gehen. Insgesamt handelt es sich daher um ein prima Urteil gegen die HUK-COBURG. Einzig der Lapsus mit den „Gebühren“ ärgert etwas. Dabei muss man allerdings wissen, dass die HUK-COBURG ständig von „Sachverständigengebühren“ spricht. Lest aber selbst und gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab. 

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht                                                                Verkündet am: 24.06.2014
Halle (Saale)

Geschäfts-Nr.:
105 C 3786/13

Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit

Kfz-Sachverständiger

Klägerin

gegen

HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, ges. vertr. d. d. Vorstand Dr. Wolfgang Weiler, Wolfgang Flaßhoff, Stefan Gronbach u. a., Martin-Greif-Straße 1, 80336 München

Beklagte

hat das Amtsgericht Halle (Saale) im schriftlichen Verfahren gem. § 128 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 03.06.2014 durch die Richterin am Amtsgericht …

für Recht erkannt:

1.)      Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 291,99 € nebst Verzugszinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.01.2014 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 70,20 € als Nebenforderung zu zahlen.

2.)      Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.)      Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auf 291,99 € festgesetzt.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 Buchst. a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung offen stehender Gutachtergebühren (gemeint sind wohl Kosten, Anm. des Autors!) in Höhe der Klageforderung aus abgetretenem Recht der Geschädigten R. F. , resultierend aus der Gebührenrechnung der als Sachverständigenbüro tätigen Klägerin vom 15.07.2013 gemäß §§ 398 S. 1, 249 BGB, 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG.

Vorliegend macht die Klägerin nicht aufgrund eines Werkvertrages im Verhältnis zur Beklagten Honoraransprüche geltend, vielmehr geht es um Schadensersatzansprüche einer Unfallgeschädigten.

Maßgeblich ist daher, ob die geltend gemachten Sachverständigenkosten zum erforderlichen Herstellungsaufwand gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gehören.
Daran bestehen vorliegend keine Zweifel. Die Geschädigte hatte ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Schäden an ihrem Fahrzeug (Ford Focus mit amtlichen Kennzeichen HAL-…), welches durch den Versicherungsnehmer der Beklagten während des Verkehrsunfalls vom xx.07.2013 in der Ortslage Halle in der Herderstraße beschädigt wurde.

Vorliegend ist die vollumfängliche Haftungsverpflichtung der Beklagten als gesetzlicher Haftpflichtversicherer des unfallverursachenden Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen M-… unstreitig. Streit besteht lediglich in Bezug auf die Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten der Klägerin.

Aus Sicht des Gerichtes steht fest, dass die für die Begutachtung aufgewendeten Kosten zum Herstellungsaufwand gehören und somit erstattungsfähig sind (§§ 249 BGB, 12 StVG).

Denn die Geschädigte konnte als absolut technischer Laie bei den Beschädigungen an ihrem Fahrzeug nicht sicher erkennen, welchen Umfang diese Beschädigungen hatten und wie diese Beschädigungen sach- und fachgerecht zu beseitigen waren.

Gutachterkosten gehören zum Herstellungsaufwand, wenn aus der Sicht des verständigen und wirtschaftlich denkenden Geschädigten ein Bedürfnis für die ein Volumen eines Gutachtens zur Erreichung des Wiederherstellungszweckes anzuerkennen ist. Das gilt auch dann, wenn der Gegner bereits ein Gutachten vorgelegt hat, es sei denn ein eigenes Gutachten erscheint bei verständiger Beurteilung unnötig (Hentschel/König/Dauer, 42. Auflage, Straßenverkehrsrecht, Rn. 50 zu § 12 StVG).

Überhöhte Gutachterkosten gehen, woran die neue Rechtsprechung zum Unfallersatztarif nichts geändert hat (BGH NJW 2007, 1450) grundsätzlich nicht zulasten des Geschädigten; ihn trifft auch keine Erkundigungspflicht, anders nur, wenn der Geschädigte die Unangemessenheit erkennen und die Bezahlung ablehnen konnte (a.a.O. Rn. 50 zu § 12 StVG).

Außer bei Totalschaden wird die Beauftragung eines Sachverständigen zur Ermittlung der Reparaturkosten bei Beträgen unter 500 € in der Regel ein Verstoß gegen die Schadensminderungpflicht sein (OLG Naumburg NZV 2006, 546; zwischen 500 € und 750 € AG Mainz ZfS 2002, 74).

Jedoch verbietet sich eine starre, schematischer Handhabung einer bestimmten Grenze (BGH NJW 2005, 356; Zubilligung der Gutachterkosten bei 1.400 DM, Sachschaden nicht beanstandet).

Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere stets, dass der Geschädigte dies zumeist nur sehr schwer abschätzen kann (BGH NJW 2005, 356).

Die Kosten der Schadensfeststellung sind Teil des zu ersetzenden Schadens insbesondere dann, wenn sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144).

Vorliegend steht zur Gewissheit des erkennenden Gerichtes fest, dass es sich weder um einen Totalschaden an dem verunfallten Fahrzeugs der Geschädigten noch um Reparaturkosten i.H.v. 500-700 € gehandelt hat. Nach dem Gutachten der Klägerin gemäß Anl. K1, Bl. 9 ff. der Akte sind Reparaturkosten ohne Mehrwertsteuer i.H.v. 741,30 € und solchen mit Mehrwertsteuer in Höhe eines Betrages von 882,15 € ermittelt worden.

Die Annahme, dass der streitgegenständliche Verkehrsunfall einen Bagatellschaden zum Gegenstand hatte, war hiernach nicht offensichtlich und kann demzufolge der Geschädigten als technischen Laien bei der Entscheidung zur Begutachtung der entstandenen Schäden nicht vorgehalten werden.
Mithin sind die Aufwendungen für die Einholung des Sachverständigengutachtens als zweckentsprechende Kosten der Schadensfeststellung und somit als Teil des von der Beklagten gemäß § 249 S. 2 BGB zu ersetzenden Schadens anzusehen.

Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Beklagten überzeugen nicht.

Die Beklagte befindet sich mit der Regulierung der Gutachterkosten als Teil der Schadensersatzleistung im Verzug, weshalb die hierauf gestützte Entscheidung zu den Vollzugskosten und Verzugszinsen aus §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB folgt.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 91 ZPO.

Die Streitwertbemessung ergibt sich aus § 3 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. Friedhelm sagt:

    Halle in Sachsen-Anhalt scheint tatsächlich ein schlechtes Pflaster für die Huk-Coburg zu sein.
    Hier schon mächtig was auf den Pelz gekriegt. Weiter so.

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