Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum Wochenbeginn geben wir Euch hier wieder ein Urteil aus Hamburg-Barmbek zum Thema SV-Kosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-Coburg bekannt. Der Richter hat dem Ansinnen der HUK-Coburg und insbesondere der von der HUK-Coburg immer wieder vorgetragenenen Nebenkostendeckelung aus dem umstrittenen Urteil des LG Saarbrücken eine klare Absage erteilt. Außerhalb des LG-Bezirks Saarbrücken findet das „Nebenkostendeckelungs-Urteil“ – zu Recht – auch keine Nachahmer. Lest aber selbst das Hamburger Urteil und gebt Eure Anmerkungen bekannt. Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingereicht durch Frau Rechtsanwältin Synatsche-Tchon aus 22041 Hamburg.
Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker
Amtsgericht Hamburg-Barmbek
Az.: 820 C 282/13
Urteil
…
erkennt das Amtsgericht Hamburg-Barmbek – Abteilung 820 – durch en Richter am 22.12.2013 ohne mündliche Verhandlung gem. § 495a ZPO für Recht:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 86,43 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 06.06.2013 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 27.07.2013 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
I. Die klagende Partei hat einen Anspruch gegen die beklagte Partei auf Zahlung restlichen Sachverständigenhonorars in zuerkannter Höhe aus abgetretenem Recht aus den §§ 7 Abs. 1,18 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1, 249 Abs. 2, 398 BGB, § 115 VVG.
1. Nachdem die Beklagte als KFZ-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers dem Grunde nach unstreitig für die Schäden aus dem Unfallereignis vom xx.05.2013 in der Beethovenstraße in Höhe der Hausnummer 60, Hamburg schadenersatzpflichtig ist und der Geschädigte seinen Ersatzanspruch für die mit der Gutachtenerstellung verbundenen Sachverständigenkosten am 14.05.2013 an den Kläger gem. § 398 BGB wirksam abgetreten hat, ist vorliegend nur noch über die Höhe dieses Anspruchs, also über die mit der Klage geltend gemachten restlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 86,43 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.06.2013 und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu entscheiden.
a) Entgegen der Auffassung des Beklagten geht das Gericht, insbesondere mit Blick auf die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit der Forderung, von einer wirksamen Abtretung aus. Es ist zu erkennen, an wen eine Abtretung erfolgt ist. Zwar enthält die streitgegenständliche Abtretungserklärung „Ich trete hiermit meinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe des Bruttoendbetrages der Rechnung des beauftragten Sachverständigenbüros unwiderruflich erfüllungshalber gegen den Fahrer, Halter und den Versicherer des unfallbeteiligten Fahrzeugs ab“ direkt keine konkrete Angabe des Zessionars. In der Zusammenschau mit den nachfolgenden Sätzen „Hiermit weise ich den regulierungspflichtigen Versicherer an, die Sachverständigenkosten (…) unmittelbar an das von mir beauftragte Sachverständigenbüro zu zahlen. Das Kfz-Sachverständigenbüro ist berechtigt, diese Abtretung den Anspruchsgegnern offen zu legen und den erfüllungshalber abgetretenen Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten gegenüber den Anspruchsgegnern im eigenen Namen geltend zu machen.“ sowie dem im Briefkopf des mit Auftragserteilung und Abtretungserklärung überschriebenen Formulars genannten Namen des Klägers ist hinreichend allerdings ausreichend erkennbar, dass der Geschädigte seinen Anspruch an den Kläger abgetreten hat.
b) Der Kläger hat einen Anspruch auf restliche Sachverständigenkosten in Höhe von 86,43 Euro. Der Geschädigte ist nach Schadens rechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (BGH, Urt. vom 18.01.2005, Az. VI ZR 73/04), so dass er im Regelfall berechtigt ist, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (BGH, Urt. vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/06). Entsprechend sind Sachverständigenkosten erstattungsfähig, wenn und soweit der Geschädigte die Einholung eines Gutachtens im Zeitpunkt der Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung für erforderlich halten durfte. Maßgeblich ist, ob die Beauftragung des Sachverständigen vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Rechtsverfolgung für zweckmäßig und angemessen erscheint (Vuia, NJW 2013, 1197,1198.) Dies ist vorliegend der Fall gewesen, zumal kein Bagatellschaden vorlag.
c) Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu erstatten, der vom Standpunkt eines verständigen wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Pro-zess als zu teuer erweist (BGH, Urt. vom 12.07.2005, Az. VI ZR 132/04). Wahrt hingegen der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (BGH, Urt. vom 23.01.2007, Az. VI ZR67/06).
Da es bei Sachverständigengutachten an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten und allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, die einen Vergleich ermöglichen würden, wird der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Erst wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Miss Verhältnis zueinander stehen, oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarabrechnung vorliegen, kann er vom Schädiger nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung verlangen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. vom 16.06.2008, Az. 1 U 246/07). Der Ersatzpflichtige ist dabei nicht rechtlos gestellt. Hält er die Vergütung für überhöht, kann er vom Geschädigten in entsprechender Anwendung des § 255 BGB die Abtretung seiner Rückforderungsansprüche gegen den Sachverständigen verlangen und sich mit diesem wegen dessen Rechnungsforderung auseinandersetzen.
Der Geschädigte und der Kläger haben vorliegend eine wirksame Honorarabrede getroffen. Der Geschädigte hat nicht nur die mit „Auftragserteilung und Abtretungserklärung“ überschriebene Formularseite, sondern auch die Preisliste selbst unterzeichnet. Auf die Preisliste wurde auch nicht in einem unübersichtlichen Fließtext verwiesen.
Die in Rechnung gestellten Gutachterkosten sind erforderlich im Sinne des § 249 BGB. Hiervon sind die unstreitig vorgerichtlich gezahlten 561 Euro abzuziehen. Der Geschädigte durfte bei der Beauftragung des Klägers davon ausgehen, dass dessen Beauftragung grundsätzlich wirtschaftlich und daher im Sinne des § 249 BGB erforderlich ist. Die dem Auftrag beigefügte und durch entsprechenden Hinweis zu Beginn des Formulars wirksam einbezogene Preisliste lässt im Wesentlichen für einen durchschnittlichen Geschädigten keine überhöhten Preise erkennen.
In Bezug auf das Grundhonorar gilt, dass sich allein aus der an der Schadenshöhe orientierten Pauschalierung des Honorars keine überhöhte Preisgestaltung ergibt (BGH, Urt. vom 23.01.2007, Az. VI ZR67/06). Aus den konkreten dort angeführten Grundhonoraren ergeben sich ebenfalls keine überhöhten Preise. Sie liegen jeweils in dem Bereich der in der Honorarbefragung des Bundesverbands der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V 2010/2011 (nachfolgend „BVSK-Honorarbefragung“) genannten Preisspanne, die auch der von der Beklagten vorgelegten Liste „Honorartableau 2012 HUK-Coburg“ zugrunde liegt. Die BVSK-Honorarbefragung, die – ausgehend von einer Berechnung auf Grundlage der Schadenshöhe – zu bestimmten Vergütungsspannen führt, hält das Gericht für ausreichend repräsentativ und durchaus geeignet, als Indikator dafür zu dienen, ob das vereinbarte Sachverständigenhonorar wesentlich überhöht war. Im konkreten Fall hat der Sachverständige ein Grundhonorar von 388,00 Euro netto abgerechnet. Die Preisspanne der BSVK-Honorarbefragung für die Reparaturkosten von 2.719,09 Euro netto (bis 2.750 Euro netto), in der zwischen 50 % und 60 % der BSVK Mitglieder ihr Honorar berechnen (HB V Korridor), beträgt 370 Euro bis 409 Euro.
Die Nebenkosten sind nicht stark überhöht, wie die Beklagte meint. Grundsätzlich gilt, dass allein aus dem Verhältnis der Nebenkosten zu dem Grundhonorar nicht ableiten lässt, dass diese überhöht sind. Dies würde nicht berücksichtigen, wie das Grundhonorar angesetzt wird. So kann dieses mit Blick auf gesondert abzurechnende Nebenkosten niedrig kalkuliert sein. Zu beachten ist außerdem, dass der Anfall von Nebenkosten nicht direkt an die Schadenshöhe gekoppelt ist. Somit kann das Verhältnis zwischen Nebenkosten und Grundhonorar besonders bei niedrigeren Schadenshöhen anders ausfallen und ggf. überhöht wirken. In diesem Sinne gibt es hier auch keine Toleranzschwelle von 100 €.
Im vorliegenden Fall sind die angesetzten Nebenkosten nicht als überhöht zu bewerten. Die aus vorstehenden Gründen gesondert abrechenbaren Schreibkosten sind nicht zu hoch. Sie entsprechen der unteren Grenze der BSVK-Honorarbefragung 2011 (HB V Korridor). Gleiches gilt für die Kosten des 1. Fotosatzes/Lichtbilder. Die Fotos waren auch alle erforderlich. Unbestritten zeigen die Fotos 1 bis 3 das verunfallte Fahrzeug von der nicht beschädigten Seite. Diese Ansicht ist als Teil des Gutachtens anzusehen, welche eine Gesamtschau des Fahrzeugs umfasst. Richtigerweise sind diese Ansichten für die Bestimmung des Wiederbeschaffungs- und Restwertes maßgeblich. Die Dokumentation der Fahrgestellnummer und der Kilometerstand sind ebenfalls als Teil des Gutachtens anzusehen. Die weiteren Fotos in Kopie können auch ersetzt verlangt werden. Die Erforderlichkeit dieser Fotos ergibt sich aus dem Dokumentationsinteresse des Geschädigten für den Abwicklungsprozess und ist Teil seines Wiederherstellungsinteresses. Die Kommunikationspauschale ist vor dem Hintergrund etwaiger telefonischer Rückfragen nicht zu beanstanden. Die von Beklagtenseite beanstandeten Fahrtkosten wurden nicht berechnet.
2. Der Zinsanspruch des Antrags zu 1 folgt aus §§ 288 Abs. 1, § 286 BGB. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind im Rahmen des Verzugsschadens zu erstatten. Mit Blick auf die Anlage K9 durfte davon ausgegangen werden, dass ein anwaltliches Mahnschreiben Beachtung findet. Der diesbezügliche Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708, Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Hei Willi,
wieder hat ein Gericht dem LG Saarbrücken die Gefolgschaft verweigert. Richtig so. Das unsinnige Urteil des LG Saarbrücken muss allerorts als absolute Mindermeinung abgewertet werden.
Dass eine solche Formilierung der Abtretung wirksam ist,hat der BGH in der VI ZR 238/11 entschieden.
Ein Verweis im Urteil darauf hätte genügt.
Da lassen die Anwälte dieser Versicherung sogar Rechnungspositionen bestreiten, die überhaupt nicht nicht eingeklagt worden sind. Was ist das denn für ein Waldzauber ? Denen ist ja wohl inzwischen jeder vermeintliche Trick recht.
Dazu aus den Entscheidungsgründen:
„Die von Beklagtenseite beanstandeten Fahrtkosten wurden nicht berechnet.“
Elmar B.
@ Elmar B.
Das sind die Tücken der Textbausteine…
Nein, Herr Rechtsanwalt Schepers,
DASS sind nicht die Tücken der Textbausteine, sondern die Lücken an emotionaler Intelligenz oder wenn Sie wollen, ganz hektische Schlampigkeit mit dem verklärenden Glanz des EURO-Zeichens im Auge.
Elmar B.