Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
zum Wochenbeginn geht es gleich weiter mit der HUK-COBURG. Nachstehend geben wie Euch hier eine Verfügung aus Hamburg zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG bekannt. Zu Recht hat das erkennende Gericht den von der HUK-COBURG vorgetragenen Hinweis auf das Urteil des OLG Dresden vom 19.2.2014, über das wir hier bereits mehrfach berichtet haben, als nicht sachdienlich zurückgewiesen. Zum einen ist das OLG-Urteil durch das Urteil des BGH vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (= BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90) überholt, da zur Zeit der Verkündung des OLG-Urteils das BGH-Urteil noch nicht veröffentlicht war. Zum anderen überzeugt die Ansicht des erkennenden Gerichts. Der Sachverständige muss sich nicht selbst diskreditieren. Eine Markterforschungsflicht für den Geschädigten besteht nicht. Er kann regelmäßig davon ausgehen, dass die berechneten Sachverständigenkosten, die durch die Vorlage der entsprechenden Rechnung belegt werden können, den branchenüblichen Preisen entsprechen. Lest selbst die Verfügung des AG Hamburg vom 2.7.2015 und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne Woche
Willi Wacker
Amtsgericht Hamburg Hamburg, 02.07.2015
4 C 64/15
Verfügung
In Sachen
wg. Schadensersatz
Das Gericht weist die Parteien im Hinblick auf den Sach- und Streitstand auf Folgendes hin:
Im Hinblick auf die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten ist zunächst festzuhalten, dass zwischen dem Kläger und dem Zedenten eine Honorarvereinbarung zustande gekommen ist, weshalb für die Frage der Höhe der Vergütung nicht auf § 632 Abs. 2 BGB zurückzugreifen ist. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers ist in seinem Vertrag mit dem Zedenten hinsichtlich der Vergütung die Preisliste gemäß Anlage K 2 einbezogen worden, so dass eine Vergütungsbestimmung i.S.v. § 632 Abs. 2 BGB vorliegt. Die entsprechende vertragliche Erklärung findet sich in der Anlage K 1.
Weiter ergibt sich aus der Anlage K 1, dass der Zedent seinen gegen die Beklagte zustehenden Schadensersatzanspruch an den Sachverständigen, also den Kläger, abgetreten hat. An der Wirksamkeit der Abtretung bestehen keine Zweifel, diese wird von der Beklagten auch nicht angegriffen.
Die Sachverständigenkosten stellen grundsätzlich einen erforderlichen Herstellungsaufwand i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB dar, ohne dass im Rahmen des Erforderlichen eine Preiskontrolle durchgeführt werden kann. Ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Honorar ist erstattungsfähig (BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az.: VI ZR 67/06).
Sofern bei Vertragsschluss eine Vergütungsvereinbarung unterzeichnet wird, kommt es für die Frage der Erstattungspflicht des Versicherers darauf an, ob das Entgelt „deutlich erkennbar“ (so BGH, NJW 2014, 1947, 1948) bzw. „erkennbar erheblich“ (so BGH, NJW 2014, 3151, 3153) über den Üblichen Preisen liegt. Dabei ist nach zutreffender Auffassung nicht auf Einzelpositionen abzustellen, sondern eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei welcher es auf den Rechnungsendbetrag ankommt. Dieser Wert ist mit der ortsüblichen Vergütung zu Vergleichen, welche das Gericht im Rahmen des § 287 ZPO anhand der BVSK-Honorarbefragung 2013 (Mittelwert des HB-V-Korridors) ermittelt. Das von dem Kläger geforderte Honorar liegt zwar über der so ermittelten ortsüblichen Vergütung, diese Überhöhung ist jedoch noch nicht „deutlich erkennbar“ bzw. es handelt sich nicht um eine „erkennbar erheblich“ überhöhte Honorarforderung. Eine solche ist für den Laien, auf dessen Horizont abzustellen, erst ab einer Überhöhung von 100 % oder mehr erkennbar.
Entgegen der Auffassung der Beklagten muss sich der Kläger einen Einwand der überhöhten (Neben-)Kosten auch nicht über § 242 BGB entgegenhalten lassen (a.A. OLG Dresden, Urteil vom 19.02.2014, Az. 7 U 111/12, zitiert nach juris). Zwar muss nach der Abtretung eines Anspruchs gewährleistet sein, dass der Schuldner der abgetretenen Forderung durch die Abtretung keinen Rechtsnachteil erleidet (vgl. MünchKomm/Roth, BGB, 6. Aufl., § 398 Rdnr. 97). Dementsprechend stehen dem Schuldner unbeschränkt alle anderen Einwendungen offen, die in der Person des Zessionars begründet sind, z.B. die Einwendung der unzulässigen Rechtsausübung (MünchKomm/Roth, BGB, 6. Aufl., § 404 Rdnr. 16). Allerdings folgt aus dem Rechtsgedanken des § 404 BGB, wonach der Schuldner durch die Abtretung nicht schlQchtQr gestellt werden darf, umgekehrt auch, dass sich die Rechtslage des Schuldners durch die Abtretung nicht verbessern darf (Staudinger/Busche, BGB, 2012, § 404 Rdnr. 11). So liegt es hier: Die Beklagte hätte gegenüber dem Zedenten den Einwand der Überhöhung nicht geltend machen dürfen, dementsprechend ist ihr dies auch nicht gegenüber dem Zessionar möglich, auch wenn es sich dabei um den Sachverständigen selbst handelt.
Soweit vertreten wird, dass den Sachverständigen eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Geschädigten und Auftraggeber treffe und er diesen aufgrunddessen darauf hinweisen müsse, dass sein Honorar ggfls. über den üblichen Sätzen liege und deshalb möglicherweise nicht in vollem Umfang von der gegnerischen Haftpflichtversicherung erstattet werde (vgl. OLG Dresden a.a.O.; darauf aufbauend wird ein direkter Schadensersatzanspruch des Haftpflichtversicherers gegen den Sachverständigen hergeleitet, da der Versicherer in den Schutzbereich des Werkvertrages über die Erstellung des Sachverständigengutachtens einbezogen sei), so erscheint das Erfordernis eines solchen Hinweises konstruiert. Dass der Sachverständige hierdurch gezwungen wird, seine Preisgestaltung selbst zu diskreditieren, ist auch nicht mit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit vereinbar.
Im Hinblick auf die Haftung dem Grunde nach mag die Beklagte sich dazu erklären, auf welcher Haftungsgrundlage sie den Betrag von € 443,83 gezahlt hat, wenn die Haftung nicht dem Grunde nach unstreitig sein soll.
Die Rechtsanwaltskosten erachtet das Gericht für erstattungsfähig.
Es besteht Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme binnen zwei Wochen.
…
Richterin am Amtsgericht
Hallo, Willi Wacker,
das ist der frische Wind des Nordens, welcher der HUK-Coburg-Vers. mal wieder entgegenbläst. Die Richterin hat trefflich die Scheinargumente durchschaut und den Vorhang hochgezogen. Diese Deutlichkeit spricht für die Hamburger Justiz, welche die Mogelpackung kühl entlarvt hat.
Krickente