AG Hamburg-Harburg verurteilt HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung der rechtswidrig gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 18.1.2012 – 648 C 206/11 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

unsere Deutschlandreise geht weiter. Jetzt geht es wieder in den Norden. Hier nun ein Urteil aus Hamburg-Harburg. Verklagt werden musste wieder einmal die HUK-Coburg. Dass der Kläger zunächst die „falsche“ HUK-Coburg-Versicherung verklagt hat, resultiert aus der Verschachtelung der HUK-Coburg Gesellschaften. Einmal führt die Tochter die Regulierung im Auftrag und in Vertretung der Mutter, dann wieder umgekehrt. Letztlich musste aber die HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse vollen Schadensersatz leisten. Wieder einmal wurde – unsinnigerweise – von dem Prozessbevollmächtigten der HUK vorgetragen, die berechneten Sachverständigenkosten seien nicht erforderlich. Die immer wieder von den HUK-Coburg-Anwälten vorgebrachten werkvertraglichen Argumente sind im Schadensersatzprozess, sei es der Prozess des Unfallopfers direkt oder der Prozess des Sachverständigen aufgrund abgetretenen Rechts, unerheblich, denn maßgeblich sind nur schadensersatzrechtliche Gesichtspunkte im Rahmen des § 249 BGB. Die Sachverständigenkosten sind seit BGH VI ZR 67/06 (BGH DS 2007, 144 m. zutr. Anm. Wortmann) erstattungsfähige Schadensposition des Geschädigten.  Wenn der regulierungspflichtige Krafthaftpflichtversicherer meint, die Sachverständigenkosten seien überhöht, dann muss er sogar die überhöhten Kosten erstatten, kann sich allerdings die eventuellen Bereicherungsansprüche des Kunden des Sachverständigen gegen diesen abtreten lassen und im Wege des Regresses gegen den Sachverständigen vorgehen mit der Konsequenz, dass der Versicherer die volle Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Überhöhung trägt. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Euer Willi Wacker

Amtsgericht Hamburg-Harburg

Az.: 648 C 206/11

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

1) HUK Coburg-Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Aufsichtsrat und dessen Vorsitzenden Werner Strohmayr, Nagelsweg 41-45, 20097 Hamburg

– Beklagte –

2) HUK Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., vertreten durch d. Vorstand Dr. Wolfgang Weiler und Klaus-Jürgen Heitmann, Nagelsweg 41-45, 20090 Hamburg

– Beklagte –

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Hamburg-Harburg durch den Richter am Landgericht … am 18.01.2012 auf Grund des Sachstands vom 18.01.2012 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Urteil

1. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger 259,68 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.11.2011 zu bezahlen.

2. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger 69% und die Beklagte zu 2) 31%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt der Kläger. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt diese selbst.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird bis zum 04.11.2011 auf 573,68 € festgesetzt. Ab dem 05.11.2011 beträgt der Streitwert € 259,68.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die Klage ist – nach Klagrücknahme gegenüber der Beklagten zu 1) – hinsichtlich der Beklagten zu 2) zulässig und begründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 2) einen Anspruch auf Zahlung weiterer Sachverständigengebühren aus §§ 631,632, 398 S. 1 BGB; 7 Abs. 1,17 Abs. 1 S. 2 StVG; 115 VVG.

Die Aktivlegitimation des Klägers liegt angesichts der Rückabtretung vom 06.07.2011 (Anlage K 3) vor.

Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 2) als Versicherer des Schädigers auf Zahlung der Sachverständigenkosten zu:

Die grundsätzliche Haftung der Beklagten zu 2) für die aus dem Verkehrsunfall folgenden Schäden des Klägers steht zwischen den Parteien außer Streit.

Die Gutachterrechnung vom 19.10.2010 (Anlage K 1) ist fällig, da sie prüffähig im Sinne der §§ 631, 632 BGB ist.

Die Beklagte zu 2) hat auch die volle Höhe der Gutachterkosten zu ersetzen, also über die bereits gezahlten € 345,- und € 314,- hinaus weitere € 259,68.

Ihr Einwand, die über die von ihr gezahlte Summe hinausgehenden Gutachterkosten seien nicht „erforderlich“ im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, greift nicht durch. Grundsätzlich kann der Geschädigte vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (BGH, NJW 2007, 1450 (1451). Dem Geschädigten ist es in diesem Zusammenhang nicht zuzumuten, „Marktforschung“ zu betreiben und vor Beauftragung eines Sachverständigen mehrere Kostenvoranschläge einzuholen. Vielmehr kann er den vollen Ausgleich der – möglicherweise überhöhten – Gutachterkosten verlangen, solange für ihn als Laien nicht erkennbar ist, dass Preis und Leistung des Sachverständigen in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und ihm insoweit ein Auswahlverschulden zur Last fällt (OLG Naumburg, NJW-RR 2006, 1029 (1031)). Eine solche Erkennbarkeit dürfte im Regelfall erst dann in Betracht kommen, wenn die Gutachterkosten über 25% der Reparaturkosten betragen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Eine Erkennbarkeit einer möglichen Überhöhung der Sachverständigenkosten für den Geschädigten aus anderen Gründen ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Diese Erwägungen gelten unabhängig von der Frage, ob eine vertragliche Vereinbarung des Honorars vorliegt oder nicht, denn der Maßstab hinsichtlich des allein relevanten Schadensersatzanspruchs des Geschädigten ist in beiden Fällen gleich (vgl. OLG Naumburg, NJW-RR 2006,1029 (1031)). Unerheblich ist auch der Einwand der Beklagten zu 2), die von der Klägerin geltend gemachten Kosten seien nicht üblich, angemessen und erforderlich. Denn vorliegend ist nicht der Werklohnanspruch des Sachverständigen, sondern der Schadensersatzanspruch des Geschädigten Streitgegenstand (vgl. AG Halle (Saale), Urteil vom 10.11.2011, Az. 93 C 3741/10, ). Dieser umfasst – wie oben ausgeführt – auch den Ersatz möglicherweise überhöhter Sachverständigenkosten, soweit kein Auswahlverschulden vorliegt.

Die obenstehenden Erwägungen machen den Einwand der Beklagten zu 2) sowohl hinsichtlich der Höhe der Grundgebühr als auch hinsichtlich der weiteren Rechnungspositionen (Anfahrtspauschale, Lichtbilder etc.) unerheblich.

II.

Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 269 ZPO.

Die zulässige Klagänderung von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) hat zur Folge, dass der Kläger wegen der Klagrücknahme im Verhältnis zur Beklagten zu 1) deren außergerichtlichen Kosten zu tragen hat. Hinsichtlich der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Klägers ist von einem fiktiven Gesamtstreitwert der Verfahren gegen die Beklagte zu 1) und zu 2) von € 833,36 (gegen die Beklagte zu 1) € 573,68; gegen die Beklagte zu 2): € 259,68) auszugehen, von dem der Kläger € 573,68, also 69% verliert. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) hat diese selbst zu tragen, da sie im Verhältnis zum Kläger in voller Höhe (€ 259,68) unterliegt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit dieses mit Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Urteils ergeht aufgrund §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Berufung gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern, § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 S. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.

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3 Antworten zu AG Hamburg-Harburg verurteilt HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung der rechtswidrig gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 18.1.2012 – 648 C 206/11 -.

  1. Gerhard Grumme sagt:

    Also nehmen die Rechtsstreite mit der HUK-Coburg kein Ende. Mit dem neuen Honorartableau meinte so mancher Sachverständige, die HUK würde nun auf Prozesse ums Honorar verzichten. Weit gefehlt. Sie behauptet weiterhin irreführend und wettbewerbswidrig, die berechneten Sachverständigenkosten seien zu hoch. Da sieht man, was man von dieser Versicherung halten kann. Das Urteil des BGH VI ZR 67/06 wird einfach ignoriert. Vielmehr wird mit solchen Taschenspielertricks mit den Töchtern bzw. der Mutter zur Irreführung des Geschädigten gearbeitet. Pfui Teufel.
    Moral ist in Coburg sowieso nicht mehr vorhanden. Ist der Ruf erst ruiniert, läßt es sich leben ungeniert. Nein Danke. Ich werde meinen Vertrag bei der HUK-Coburg kündigen. Irgendwann werden die Coburger auch ihren „Kater“ erleben. Das dauert m.E. gar nicht mehr so lange.

  2. andreas sagt:

    @gerhard grumme
    ..lange wird es nicht mehr dauern!!!!!-das ist sicher!

  3. Sergio sagt:

    @andreas
    Dienstag, 21.02.2012 um 20:19

    „@gerhard grumme
    ..lange wird es nicht mehr dauern!!!!!-das ist sicher!“

    Hallo Andreas,

    das, was wir verursachen, tritt ein und das ist bei der HUK-Coburg auch so, denn das Gesetz von Ursache und Wirkung läßt sich nicht so einfach aushebeln, wie sich das offenbar die HUK-Coburg immer noch vorstellt.

    Dass Gedanken für uns der Stoff sind, aus dem die Wirklichkeit gemacht wird/erwächst, hat dieser Blog bisher eindrucksvoll bewiesen.

    Schon in der Bibel steht zu lesen: „Und da Ihr wisst, was zu tun ist, gehet hin und tuet das Rechte.“ Na also, ist doch nicht so schwer zu kapieren, oder?

    Mit freundlichen Grüßen

    Sergio

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