AG Hamburg-St. Georg verurteilt LVM-Versicherung mit überzeugender Begründung zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 26.3.2014 – 910 C 396/13 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

zum beginnenden Wochenende geben wir Euch als Lektüre hier ein Urteil aus Hamburg-St. Georg zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die LVM Versicherung bekannt. Wir meinen, dass es sich hierbei um eine vorbildliche Begründung handelt. Mich wundert nur, dass die LVM bei ihren Abrechnungsschreiben nicht auf dieses Urteil hinweist? Stattdessen wird auf das nicht rechtskräftige Urteil des AG Paderborn vom 6.3.2014 – 68 C 410/13 – Bezug genommen. Der Amtsrichter kommt auch zu Recht völlig ohne BVSK und Honorartableau oder Gesprächsergebnis aus. Ein prima Urteil, wie wir meinen. Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingereicht durch die Kanzlei  Synatschke-Tchon aus 22041 Hamburg. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Hamburg-St. Georg
Az.: 910 C 396/13

Urteil

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster e.G., vertreten durch d. Vorstand Jochen Herwig, Kolde-Ring 21, 48126 Münster,

– Beklagte –

erkennt das Amtsgericht Hamburg-St. Georg – Abteilung 910 – durch den Richter am Amtsgericht … am 26.03.2014 auf Grund des Sachstands vom 26.03.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 57,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seit 27.11.2013 sowie weitere 70,20 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 24.01.2014 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat aus abgetretenem Recht einen weiteren Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des restlichen Sachverständigenhonorars.

Die Beklagte ist unstreitig für den zugrunde liegenden Unfall voll einstandspflichtig.

Der Geschädigte kann vom Schädiger gem. § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. BGH, NJW 2007, 1450 ff. = DS 2007, 144). Er ist gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Der Geschädigte ist dabei grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Zwar verbleibt für ihn das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist. Da es aber bei Sachverständigengutachten an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten und allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, die einen Vergleich ermöglichen würden, wird der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Erst wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarberechnung vorliegen, kann er vom Schädiger nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung verlangen (vgl. OLG Düsseldorf, DAR 2008, 523 ff.).

Hinsichtlich der Höhe des Sachverständigenhonorars haben der Kläger und der Zedent eine Honorarvereinbarung geschlossen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Zedent von einer willkürlichen Festsetzung des Honorars oder einem auffälligen Missverhältnis von Preis und Leistung hätte ausgehen müssen. Unabhängig von einer fehlenden Erkennbarkeit für den Zedenten kann bereits bei einem Vergleich der tatsächlichen Kosten in Höhe von EUR 573,58 brutto zu den von der Beklagten offenbar durch Zahlung als angemessen akzeptierten EUR 516,46 nicht von einem auffälligen Missverhältnis ausgegangen werden. In diesen Beträgen sind die Nebenkosten enthalten, so dass sich diesbezüglich nichts anderes ergibt. Entscheidend ist, ob der Gesamtbetrag für den Geschädigten erkennbar willkürlich festgesetzt ist, nicht wie sich der Gesamtbetrag im einzelnen zusammensetzt.

Die Nebenforderungen sind unter dem Gesichtspuntk des Verzugs begründet, §§ 208, 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1. S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. Hannes sagt:

    Ein Urteil, wie es klarer und schnörkelloser nicht sein kann. Nach einem Versuchsballon kürzte die LVM nicht mehr mit der Argumentation auf überhöhte Nebenkosten, die unter 100,00 € lagen, sondern mit dem pauschalen und nicht nachvollziehbaren Hinweis auf BVSK-Tableau 2013. Dass diese wie jene Variante nach dem aktuellen BGH-Urteil nicht mehr greifen kann, ist danach wohl bis heute unverständlich geblieben. Die Herren Versicherungsvertreter der LVM müssen nun gut gewappnet sein, um keine Kunden zu verlieren, die als Schädiger – so wie es im Gesetz steht- nun in Kürze direkt verklagt werden. Auf die scharfsinnigen Schriftsätze mit dem Antrag auf Klageabweisung
    darf man jetzt schon gespannt sein. Ja, ja,de Mönsterlänner un dat Geld.

    Hannes

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