Mit Urteil vom 12.10.2017 (916 C 252/17) hat das Amtsgericht Hamburg-St. Georg den Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung von gekürzten 60,69 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Erstritten wurde das Urteil von der Kanzlei Hamburger Meile.
Die Entscheidungsgründe:
Die Klage ist überwiegend zulässig und begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht einen restlichen Schadenersatzanspruch gem. §§ 7, 17 StVG, 249ff. BGB auf Zahlung des restlichen Sachverständigenhonorars.
Die Geschädigte hat ihren Schadenersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten mit dem als Anlage K1 vorgelegten Schreiben an den Kläger abgetreten. Zweifel an der Wirksamkeit dieser Abtretung bestehen nicht. Unter welchen Voraussetzungen der Geschädigten ein Anspruch auf Rückabtretung der Forderung zusteht, braucht hier nicht geklärt zu werden. Die Abtretung ist auch nicht unbestimmt, denn sie ist gerade in Höhe der Sachverständigenkosten erfolgt. Ob diese bei Abtretung bereits beziffert waren, ist dabei unerheblich.
Der Beklagte hat unstreitig die der Geschädigten durch den streitgegenständlichen Unfall entstandenen Schäden zu ersetzen.
Hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von Gutachterkosten nach einem Verkehrsunfall gilt folgendes:
„Zwar ist der Geschädigte grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Der Geschädigte ist auch grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 528/12, VersR 2013, 1590 Rn. 18 mwN; vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13, VersR 2014, 1141 Rn. 14). Dabei verbleibt für ihn allerdings das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2005 – VI ZR 132/04, BGHZ 163, 362, 367 f.; vom 23. Januar 2007 – VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 Rn. 17; vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13, VersR 2014, 1141 Rn. 15). Denn gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Geschädigte vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Verlangt der Sachverständige bei Vertragsabschluss Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieses Sachverständigen als nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erweisen. Der Geschädigte kann dann nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen, deren Höhe der Tatrichter gemäß § 287 ZPO zu bemessen hat (vgl. Senatsurteile vom 09. Dezember 2014 – VI ZR 138/14, VersR 2015, 503 Rn. 16 a.E.; vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13, VersR 2014, 1141 Rn. 14, 17).“ (BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15 – Rn. 13, juris)
Die Klägerin hat hier mit dem Sachverständigen eine Honorarvereinbarung geschlossen. Auf die dort vereinbarten Preise ist abzustellen. Der Beklagte kann nicht einwenden, die Preisliste Anlage K2 sei nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Die Geschädigte hat die Anlage K2 vielmehr ausdrücklich separat unterzeichnet.
Hinsichtlich des Grundhonorars wurde vereinbart, dass sich dieses nach Spalte III der BVSK-Honorarbefragung abzüglich EUR 1,00 richten soll, eine entsprechende Tabelle ist in Anlage K2 enthalten. Das Grundhonorar ist hier in der entsprechenden Tabelle nach der Schadenshöhe bis EUR 1.250,00 netto bemessen worden, was im Hinblick auf die festgestellten Reparaturkosten nicht zu beanstanden ist. Spalte III abzüglich EUR 1,00 ergibt den abgerechneten Wert von EUR 319,00.
Dieser Betrag war für die Geschädigte nicht erkennbar überhöht, denn er liegt innerhalb BVSK-Korridors, Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass aus der Tabelle (Anlage B1) hervorgeht, dass 95% der Mitglieder des BVSK ihr Honorar unterhalb des Wertes HB III berechnen. Das allein bedeutet aber nicht, dass sich der Geschädigten eine Überhöhung aufdrängen musste. Zum einen ist dieser Umstand aus der Anlage K2 nicht zu entnehmen. Zum anderen hätte die Geschädigte allenfalls erkennen können, dass sich das Honorar des beauftragten Sachverständigen im oberen Bereich der verlangten Honorare bewegt. Da es keine allgemeingültigen Honorarsätze gibt, entwickelt sich zwangsläufig eine gewisse Bandbreite an Honoraren. Dies bildet die vorgelegte Tabelle B1 ab. Der Auftraggeber des Gutachtens muss jedoch nicht davon ausgehen, dass Honorare in der oberen Hälfte überhöht sind. Das auch deshalb, weil der obere Rand der Werte nicht etwa ein Vielfaches des unteren Wertes ausmacht.
Soweit ein Sachverständiger neben dem Grundhonorar Nebenkosten geltend macht, gelten die oben zitierten Grundsätze ebenfalls. Daneben ist folgendes zu berücksichtigen:
„Denn sowohl bei den Aufwendungen für Fahrten mit dem Auto als auch denen für Fotos, Kopien und Druck handelt es sich – auch wenn sie im Rahmen eines Geschäftsbetriebs angefallen sind – um Kosten des täglichen Lebens, mit denen ein Erwachsener üblicherweise im Alltag konfrontiert ist und deren Höhe er typischerweise auch ohne besondere Sachkunde abschätzen kann.“ (BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VIZR 50/15 -, Rn. 14, juris)
Die hier mit dem Kläger vereinbarten Preise für Nebenkosten musste die Geschädigte ebenfalls nicht als überhöht einstufen.
Zum einen entsprechen die vereinbarten Werte den Grundlagen der BVSK Honorarbefragung. Zum anderen entsprechen die Beträge auch den Werten, die das Gericht im Fall einer Schätzung gemäß § 287 ZPO heranziehen könnte. Somit halten die vereinbarten Preise einer Plausibilititskontrolle durch den Geschädigten stand. Die Werte des JVEG können als Schätzgrundlage im Rahmen der Schätzung gemäß § 287 ZPO herangezogen werden (BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15 -, Rn. 18, juris LG Hamburg, Urteil vom 13. Januar 2017 – 323 S 23/16 -, Rn. 11 ff., juris). Auch ist nicht zu beanstanden, die Fahrtkosten mit EUR 0,70 je km anzusetzen (BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15 -, Rn. 26, juris LG Hamburg, Urteil vom 13. Januar 2017 – 323 S 23/16 -, Rn. 12, juris). Auch soweit der Sachverständige hier eine Pauschale für Porto/Telefon von EUR 15,00 verlangt, ist dies kein Betrag, der dem Kläger hätte als deutlich überhöht auffallen müssen.
Der Beklagte hat zwar bestritten, dass Nebenkosten angefallen sind. Dies ist hier im Ergebnis jedoch nicht beachtlich. Zum einen handelt es sich auch bei den einzelnen Nebenkosten um Pauschalen bzgl. der jeweiligen Nebenkostenart, so dass nicht etwa dargelegt werden muss, dass eine Kopie den Sachverständigen tatsächlich genau EUR 0,50 gekostet hat. Im Übrigen liegt dem Beklagten das erstellte Gutachten vor. Er kann daher ersehen, dass etwa Fotos gemacht wurden oder das Gutachten geschrieben wurde.
Soweit der Beklagte grundsätzliche Bedenken gegen einzelne Nebenkostenarten erhebt, folgt das Gericht dem mit Verweis auf die zitierte obergerichtliche Rechtsprechung nicht.
Ob sämtliche angefertigten Fotos tatsächlich erforderlich waren, obliegt grundsätzlich der Beurteilung des Sachverständigen, der das Gutachten erstellt. Etwas anderes könnte höchstens dann gelten, wenn sich eine offenkundig überhöhte Anzahl von Fotos geradezu aufdrängen würde. Das ist hier jedoch nicht der Fall.
Der Beklagte wendet sich vergeblich dagegen, dass der Kläger die Fahrt von 4 km abgerechnet hat. Unstreitig betrug die einfache Fahrt jeweils mehr als 1 km. Hin- und Rückfahrt jeweils auf volle km aufzurunden ist nicht zu beanstanden.
Dass der Sachverständige zwei Fotosätze, einen davon für die Geschädigte erstellt hat, ist ebenso nicht zu beanstanden, sondern für eine sinnvolle Rechtsverfolgung angemessen.
Soweit der Beklagte Kosten für die Benutzung des Computerprogramms „Audatex“ beanstandet, ist darauf hinzuweisen, dass solche Kosten nicht abgerechnet wurden.
Da der Haftpflichtversicherer des Beklagten auf die Sachverständigenkosten in Höhe von EUR 467,79 nur einen Betrag von EUR 407,00 gezahlt hat, verbleibt eine Restforderung in Höhe von EUR 60,79.
Der Kläger hat außerdem gemäß §§ 286, 288 BGB Anspruch auf den Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Der Beklagte muss sich den Verzug seines Haftpflichtversicherers zurechnen lassen. Der Kläger war nicht gehindert, seinerseits einen Rechtsanwalt zu beauftragen, um den abgetretenen Anspruch gegen einen anderen Schuldner als den von der Geschädigten zuvor in Anspruch genommenen, geltend zu machen.
Hinsichtlich der geltend gemachten Auskunftskosten von EUR 5,10 war die Klage abzuweisen. Die Auskunft war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich. Der Kläger hatte sich von der Geschädigten ihren Schadenersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten abtreten lassen, und zwar gegen den Fahrer, den Halter und den Versicherer des unfallbeteiligten Fahrzeugs. Damit der Kläger in der Lage ist, den ihm abgetretenen Anspruch überhaupt geltend zu machen, benötigt er die genaue Bezeichnung der Schuldner. Aus der Abtretung ergibt sich deshalb eine Nebenpflicht der Zedentin, also der Geschädigten, dem Kläger diese Informationen zu überlassen. An die Geschädigte hätte sich der Kläger daher zunächst wenden können und müssen. Die Notwendigkeit einer sofortigen Halterabfrage bestand nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2. Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 13 ZPO.
Soweit das AG HH-St. Georg.