AG Hamburg-St. Georg verurteilt DA Direkt Versicherung und Schädiger zum Ersatz der gekürzten Sachverständigenkosten auch bei abgetretener Schadensersatzforderung mit Urteil vom 15.4.2013 – 910 C 27/13 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

wir kehren nach Hamburg zurück. Nachfolgend gebe ich Euch ein Urteil des Amtsgerichts Hamburg- St. Georg vom 15.4.2013 bekannt. In dem Schadensfall, der dem Rechtsstreit zugrunde liegt, hat die DA Direkt Versicherung gemeint, die bisherige Linie der HUK-Coburg fortsetzen zu müssen. Auch die DA-Direkt hatte zu Unrecht die Sachverständigenkosten gekürzt und musste nunmehr vor dem AG Hamburg-St. Georg eine Prozessschlappe hinnehmen. Die erfolgte Abtretung ändert an dem Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen die DA-Direkt und den Schädiger nichts. Es bleibt ein Schadensersatzanspruch. Die – unkorrekten – Ausführungen des Nebenkostendeckelungsurteils des LG Saarbrücken werden auch in Hamburg nicht mitgemacht. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab. Das Urteil wurde erstritten und eingesandt durch Frau Rechtsanwältin Synatschke-Tchon aus Hamburg.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker

Amtsgericht Hamburg-St. Georg

Az.: 910 C 27/13

Urteil

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

1) Deutsche Allgemeine Versicherungen AG, vertreten durch d. Vorstand Joachim Abel, Norbert Wulff, Oberstedter Straße 14, 61440 Oberursel,

– Beklagte –

2)

– Beklagte

wegen Schadensersatz

erkennt das Amtsgericht Hamburg-St. Georg – Abteilung 910 – durch den Richter am Amtsgericht … am 15.04.2013 auf Grund des Sachstands vom 15.04.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 85,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.07.2012 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 46,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.02.2013 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und bis auf einen Teil der Zinsen begründet.

Der Kläger hat einen Schadenersatzanspruch gegen die Beklagten gem. § 7 Abs.1 StVG, § 115 VVG, §§ 823, 249, 398 BGB aus abgetretenem Recht auf Zahlung des restlichen Sachverständigenhonorars.

Die Beklagten sind unstreitig für den zugrunde liegenden Unfall voll einstandspflichtig.

Der Geschädigte kann vom Schädiger gem. § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. BGH, NJW 2007, 1450 ff. = DS 2007, 144).  Er ist gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Der Geschädigte ist dabei grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Zwar verbleibt für ihn das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist. Da es aber bei Sachverständigengutachten an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten und allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, die einen Vergleich ermöglichen würden, wird der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Erst wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarberechnung vorliegen, kann er vom Schädiger nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung verlangen (vgl. OLG Düsseldorf, DAR 2008, 523 ff.).

Der Ersatzpflichtige ist dabei nicht rechtlos gestellt. Hält er die Vergütung für überhöht, kann er vom Geschädigten in entsprechender Anwendung des § 255 BGB die Abtretung seiner Rückforderungsansprüche gegen den Sachverständigen verlangen und sich mit diesem wegen dessen Rechnungsforderung auseinandersetzen.

Die Bemessung des vereinbarten Grundhonorars an der Schadenshöhe ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Zu einer Abrechnung nach Zeitaufwand war der Kläger nicht verpflichtet. Es wurde ausdrücklich eine Vergütung in Anlehnung an die Schadenshöhe gemäß der Preisliste des Klägers vereinbart. Soweit die Beklagten bestreiten, dass eine Honorarvereinbarung geschlossen wurde, ist dieses Bestreiten unerheblich, denn die Vereinbarung ergibt sich unmittelbar aus Anlage K1.

Maßstab für die Frage der Erstattungsfähigkeit sind obigen Ausführungen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Zedent von einer willkürlichen Festsetzung oder einem auffälligen Missverhältnis von Preis und Leistung hätte ausgehen müssen. Unabhängig von einer fehlenden Erkennbarkeit für den Zedenten kann bereits bei einem  Vergleich der tatsächlichen Kosten in Höhe von EUR 578,55 zu den von den Beklagten als angemessen angesehenen in Höhe von EUR 492,57 nicht von einem auffälligen Missverhältnis ausgegangen wenden.

Auch bei einer Betrachtung der Nebenkosten kann nicht von einer evidenten Überhöhung ausgegangen werden, die der Zedentin hätte auffallen müssen. Wie bereits der Vergleich zwischen dem Gesamtbetrag und dem von Beklagtenseite gezahlten Betrag zeigt, besteht hier kein auffälliges Missverhältnis. Im Übrigen gilt auch hier, dass die Höhe der Nebenkosten anhand der Preisliste des Klägers konkret vereinbart wurde. Die Preisgestaltung ist auch hinsichtlich der Nebenkosten nicht so, dass diese dem Zendenten als willkürlich und in offensichtlichem Missverhältnis hätten auffallen müssen. Solange dies nicht der Fall war, liegt keine von den Beklagten behauptete Obliegenheitsverletzung des Zedenten vor.

Da die Beklagte auf die Sachverständigenkosten in Höhe von EUR 578,55 nur einen Betrag von EUR 492,57 gezahlt hat, verbleibt eine Restforderung in Höhe von EUR 85,98.

Die Zinsforderung folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB, ist jedoch erst ab 24.07.2012 begründet. Die Beklagten gerieten erst durch das Abrechnungsschreiben der Beklagten zu 1 vom 23.07.2012 in Verzug. Insbesondere trat Verzug nicht, wie vom Kläger behauptet, am 02.07.2012 ein. Die Rechnung vom 08.06.2012 räumt ein Zahlungsziel bis 18.06.2012 ein. Die einseitige Einräumung eines Zahlungsziels in einer Rechnung stellt keine Bestimmung der Leistungszeit nach dem Kalender i.S.v. § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB dar, denn eine solche Bestimmung ist nur durch eine Vereinbarung der Parteien möglich.

Der Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist aufgrund des Verzugs begründet. Die Berechnung des Klägers ist nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Die Berufung war nicht gem. § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache weder eine grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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