Mit Urteil vom 24.02.2011 (921 C 1/11) hat das AG Hamburg-St. Georg die HUK-Coburg zur Zahlung weiterer – abgetretener – Sachverständigenkosten in Höhe von 238,16 € zzgl. Zinsen verurteilt. Die Versicherung hatte lediglich einen Teilbetrag (144,00 €) gezahlt und mit dem allseits bekannten Formschreiben angeboten, nach BVSK-Gesprächsergebnis abzurechnen, wenn der Kläger sein Einverständnis erklärt. Die vom SV ermittelten Reparaturkosten beliefen sich 1.028,06 € brutto.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist aus abgetretenem Recht begründet.
Der/Dem bei einem Autounfall Geschädigten steht gegen die Beklagte, bei der der Unfallverursacher Verkehrshaftpflicht versichert ist, ein Anspruch auf Schadensersatz bzgl. der Kosten der vom Kläger angefertigten gutachterlichen Feststellung des Schadens am Fahrzeug der Geschädigten in Höhe von 238,16 Euro nach §§ 823 BGB, 7,17,18 StVG, S PflVG, 398 BGB, § 115 VVG zu. Insoweit handelt es sich um den für die Wiederherstellung des beschädigten PKW erforderlichen Geldbetrag im Sinne des § 248 Abs. 2 BGB, nämlich um notwendige Rechtsverfolgungskosten.
Diesen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte hat die/der Geschädigte an den Kläger gem. § 398 BGB abgetreten .
Soweit die Beklagte bestritten hat, dass die Einholung eines Schadensgutachtens vorliegend für die/den Geschädigte/n erforderlich gewesen sei, um den an ihrem/seinem Fahrzeug entstandenen Schaden zu beziffern und damit regulieren zu können, ist auf den Hinweis vom 10.2.2011 Bezug zunehmen. Die Bagatellgrenze war überschritten. Damit sind die tatsächlich für das Gutachten von der/dem Geschädigten zu zahlenden Kosten grundsätzlich von der Beklagten zu erstatten.
Dabei ist es nicht Sache der Beklagten der/dem Geschädigten vorzugeben, welchen Vertrag welchen Inhalts sie/er abschließt, um den ihr/ihm entstandenen Schaden zu beseitigen. Für den Abschluss von Verträgen über die Erstattung von Sachverständigengutachten gibt es insbesondere zur Frage der Berechnung der Vergütungshöhe weder gesetzliche Vorschriften, noch eine Taxe oder andere Vorgaben, so dass die Parteien frei sind, die konkrete Vergütung oder die Maßstäbe nach der die Vergütung zu berechnen ist, zu vereinbaren. Das haben die/der Geschädigte und der Kläger ersichtlich getan, indem sie für das Grundhonorar eine Berechnung nach kalkulierten Reparaturkosten und bestimmte Pauschalen für Post, Tetekommunikation und Fotos vereinbart haben, wie es aus der Rechnung vom 1.7.10 hervorgeht. Die/der Geschädigte hätte mit dem Kläger sogar ohne Zugrundelegung jeder Berechnungsgrundlage bei Abschluss des Vertrages einen Festpreis vereinbaren können.
Begrenzt wird die Erstattungsfähigkeit der tatsächlich geleisteten Aufwendungen nur durch zwei rechtliche Kategorien :
Einmal dadurch, dass erstattungsfähig nur die Aufwendungen sind, die zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erforderlich sind, und zum anderen dadurch, dass der Geschädigte nach § 254 Abs. 2 BGB verpflichtet ist, den Schaden zu mindern und diesen insoweit selbst zu tragen hat, als er verschuldet seiner Schadensminder-ungspflicht nicht nachgekommen ist.
Im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit fallen diejenigen Aufwendungen heraus, die die/der Geschädigte gemacht hat, ohne dass es der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes diente. So etwa wenn sie bei der Inanspruchnahme eines Mietwagens wissentlich einen Tarif wählt, der ihr zahlreiche Zusatzleistungen bietet, die sie allerdings aufgrund der Unfallereignisses gar nicht benötigt und möglicherweise auch gar nicht in Anspruch nimmt.
Alle durch die Gutachtenerstellung entstandenen Kosten waren zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erforderlich.
Mit der Beauftragung des Klägers zu den vereinbarten Bedingungen hat die/der Geschädigte auch nicht schuldhaft gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Ein Mitverschulden in diesem Sinne ist erst gegeben, wenn der Geschädigte die Maßnahmen unterlägst, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergreifen würde.
Ein solches Mitverschulden liegt jedenfalls dann vor, wenn der Geschädigte vorsätzlich, d.h. im Wissen um günstigere und gleichwertige Möglichkeiten ohne Grund einen teureren Weg wählt. Das ist vorliegend nicht ersichtlich und auch von der Beklagten nicht behauptet. Ein Mitverschulden liegt auch dann vor, wenn die Geschädigte fahrlässig nicht erkennt, dass der von ihr gewählte Weg erhöhte Kosten verursacht. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn aufgrund der Preisgestaltung jedem ordentlichen und verständigen Menschen auffallen muss, dass der von ihm gewählte Sachverständige überhöhte Honorare verlangt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der durchschnittliche Geschädigte eines Verkehrsunfalls die Preisgestaltung von Sachverständigen nicht kennen wird. Anders als beim Kauf vom Gebrauchsgütern des täglichen Bedarfs kommt ein durchschnittlicher Mensch nicht öfter in die Verlegenheit, einen KfZ-Schadenssachverständigen zu beauftragen, so dass nicht erwartet werden kann, dass – außer bei utopisch überhöhten Vergütungsforderungen – diesem auffällt, wenn ein Sachverständiger höhere Vergütungen verlangt als andere. Von einer solch utopisch überhöhten Vergütungsforderung kann hier keine Rede sein.
Es kann auch dahin stehen, ob ein ordentlicher und verständiger Mensch möglicherweise Vergleichsangebote eingeholt hätte. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Einholung solcher Vergleichsangebote tatsächlich zu einer Reduzierung der Sachverständigenkosten geführt hätte. Die/der Geschädigte wird jedenfalls nicht zur Marktforschung verpflichtet gewesen, sondern allenfalls dazu ein oder zwei Vergleichsangebote einzuholen. Ob diese aber tatsächlich günstiger gewesen wären, als das Angebot des Klägers ist auch nach dem Vortrag der insoweit darlegungs- und beweisverpflichteten Beklagten völlig offen. Allein das Branchenfernsprechbuch für Hamburg weist 88 Einträge für KfZ-Sachverständige auf. Die Beklagte legt aber nicht eine Honorarliste eines Einzelsachverständigen vor, so dass nicht ersichtlich ist, welche Auskunft die/der Geschädigte bei Anfrage bei einem dieser Sachverständigen erhalten hätte. Die Beklagte selbst behauptet auch nicht, dass alle Sachverständigen außer dem Kläger nach der von ihr vorgelegten Empfehlung des BSVK abrechnen. Damit ist der Fall, dass die/der Geschädigte gleich hohe oder höhere Preise genannt bekommen hätte, keinesfalls ausgeschlossen.
Im Ergebnis hat die Beklagte daher ein Mitverschulden der/des Geschädigten nicht substantiiert vorgetragen, so dass sie dieser bzw. dem Kläger die Gutachtenkosten, abzüglich der bereits gezahlten 144,00 Euro, zu erstatten hat. Nebenentscheidungen folgen dem Gesetz.
Soweit – deutlich – das AG Hamburg-St. Georg.