Mit Datum vom 26.02.2016 (918 C 7/16) hat das AG Hamburg-St. Georg den Halter des bei der LVM versicherten Fahrzeuges zur Zahlung gekürzter Sachverständigenkosten in Höhe von 30,74 € zzgl. Zinsen sowie der Kosten einer Halteranfrage verurteilt.
Die Hamburger Rechtsprechung konsolidiert sich. Erstritten wurde dieses Urteil von der Kanzlei Hamburger Meile.
Die Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht des Geschädigten X aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfallereignis vom xx.xx.2015 in Hamburg einen Anspruch auf Zahlung des restlichen Sachverständigenhonorars in Höhe von 30,74 € gem. §§ 823, 249 BGB, §§ 7, 17 StVG i.V.m. § 398 BGB. Die alleinige Haftung des hier beklagten Fahrzeughalters ……. für die Unfallfolgen ist unstreitig.
Der Beklagte schuldet die vollständige Begleichung der Kosten des Sachverständigenbüros aus dessen Rechnung vom 15.07.2015 (Anlage K 4) über insgesamt 494,84 € (brutto) und kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die von seiner Haftpflichtversicherung darauf geleistete Teilzahlung von 464,10 € (brutto) habe diese Forderung bereits vollständig erfüllt, denn zur Kürzung des Sachverständigenhonorars, das aus Sicht des Geschädigten für eine sachdienliche Rechtsverfolgung erforderlich war, bestand unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anlass. Die Kosten des Sachverständigen erweisen sich bei der i.R.d. § 249 Abs. 2 BGB gebotenen subjektbezogenen Schadensbetrachtung aus der danach maßgeblichen Sicht des Geschädigten X bei Auftragserteilung als zur Schadensbehebung erforderlicher Herstellungsaufwand. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet im Rahmen der gerichtlichen Schadensschätzung nach § 287 ZPO mit der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Geldbetrages i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (BGH, Urteile vom 11.02.2014, Az.: VI ZR 225/13 und vom 22.07.2014, Az.: VI ZR 357/13.
Der Beklagte kann dem Geschädigten bzw. dem klagenden Sachverständigenbüro insbesondere nicht entgegenhalten, der Geschädigte habe gegen das Gebot zur wirtschaftlich vernünftigen Schadensbehebung verstoßen, denn zur Marktforschung (Suche nach einem honorar- bzw. kostengünstigen Sachverständigen) ist der Geschädigte schon nicht verpflichtet und Anhaltspunkte dafür, dass sich dem Geschädigten hier ein besonders auffälliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung geradezu aufdrängen musste, liegen nicht vor.
Bei der mit der Rechtsprechung des Landgerichts Hamburg (s. nur Urteil vom 09.04.2015, Az.: 323 S 45/14), der sich dieses Gericht anschließt, nur gebotenen Gesamtbetrachtung (von Grundhonorar und Nebenkosten), also des Rechnungsendbetrages erweisen sich Sachverständigenkosten von insgesamt 494,84 € (brutto) bei einer Schadenshöhe (hier: Netto-Reparaturkosten) von 1.205,97 € durchaus nicht als für den Geschädigten „erkennbar erheblich überhöht“. Die Beklagte selbst hielt 464,10 €, also 94 % des verlangten Honorars für angemessen. Bei einer derart geringfügigen Differenz von nur 6 % liegt schon keine „erhebliche“ Überhöhung vor – geschweige denn, eine für den Geschädigten erkennbare. Auch die Sätze der BVSK-Honorarbefragung 2015 werden hiervon dem Sachverständigenbüro insgesamt nicht nennenswert überschritten, so dass auch daraus für den Geschädigten keine Überhöhung „erkennbar“ war.
Nur wenn der Geschädigte aber bei Auftragserteilung selbst erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (BGH, Urteil vom 11.02.2014, Az.: VI ZR 225/13, Rz. 9 – zitiert nach Juris).
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Klägerin durch die Abtretung selbst Gläubigerin des Schadensersatzanspruchs geworden ist, denn die Abtretung nach § 398 BGB ändert nichts an dem abgetretenen Erstattungsanspruch selbst, der vielmehr seine Identität wahrt.
Die Kosten einer Halteranfrage in Höhe von tatsächlich angefallenen 5,10 € (vgl. Gebührenrechnung vom 17.11.2015, Anlage K 6), die hier der Klägervertreter selbst (nicht etwa das klagende Sachverständigenbüro) vorgenommen hat, gehören als Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ohne weiteres zum erstattungsfähigen Schaden, § 249 BGB. Der Geschädigte, der auch diesen Erstattungsanspruch wirksam an das klagende Sachverständigenbüro abgetreten hat (s. Anlage K 1) muss sich nicht darauf verweisen lassen, nur die Haftpflichtversicherung des unfallgegnerischen Fahrzeuges in Anspruch zu nehmen, sondern kann berechtigterweise alle ihm haftenden Schuldner in Erfahrung bringen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB (ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung der Haftpflichtversicherung des Beklagten mit Schreiben vom 13.08.2015, Anlage K 5, die dem Beklagten, der sich dieser Erfüllungsverweigerung im übrigen auch im vorliegenden Rechtsstreit vollinhaltlich angeschlossen hat, entsprechend § 10 Abs. 5 AKB zuzurechnen ist).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit dieses angesichts des niedrigen Streitwerts mit Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Urteils auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Soweit das AG Hamburg.
Hallo, Babelfisch,
da hat ja die LVM von der Richterschaft des AG Hamburg St. Georg richtig eins hinter die Ohren bekommen und das kommt daher, wenn die Dreistigkeit der rechtswidrigen Honorarkürzungen keine Grenzen mehr kennt. Hier wurde zu Recht der Einwand der Überhöhung als nicht erheblich sachgerecht nach dem Gesetz entsorgt und das wird noch oft passieren. So routiniert und gesetzestreu, wie hier das herausgeforderte Amtsgericht Hamburg St.-Georg, reagieren allerdings lägst nicht alle Abteilungsrichter an anderen Gerichten in der BRD, welche die Position des besonders freigestellten Tatrichters dazu benutzen, gesetzeswidrig über die Stränge zu schlagen und mit nachweisbarer falscher Anwendung das BVSK-Honorartableau 2015 als Festvorgabe in der Funktion einer Gebührenordnung angewendet wissen wollen und auf dieser Basis Urteile absetzen (weil es ja so irrsinnig bequem ist), die auch noch das GG eklatant verletzen.
Austernfischer
Hallo, Austernfischer,
dazu kann ich demnächst auch noch einige äußerst interessante Beiträge einstellen, die sogar die nicht sachgerechte Anwendung belegen und schadenersatzrechtlich völlig abdriften, in einem Fall mit dem Hinweis, dass die Nebenkosten lt. BVSK-Umfrage 2015 immer noch „im oberen Bereich des Üblichen“ liegen würden. Na, das ist doch mal eine bemerkenswerte Ansage, die selbst den Apostel Andreas erstaunen wird. Wie war das noch mit der Gewaltenteilung ?
Heute wird das Prinzip der Gewaltenteilung überwiegend als Bestandteil jeder Demokratie betrachtet. Allerdings wird diskutiert, ob die Verschränkung der Gewalten durch eine enge Zusammenarbeit und Verzahnung der Staatsorgane dem ursprünglichen Gedanken der Trennung der Gewalten zuwiderläuft und durch Lobbyismus und andere Einflussnahme die zentrale Stellung des Parlaments in Frage gestellt wird. In der öffentlichen Wahrnehmung wird die Bedeutung einer unabhängigen Presse oft höher eingeschätzt, weshalb diese gelegentlich informell auch als Vierte Gewalt bezeichnet wird.-
Ein schönes Wochenende
H.R.
@ Austernfischer
Wenn Du vielleicht gerade auch mit beiden Beinen berufsbedingt im Wasser stehst, so trifft auch an diesem nassen Örtchen eine kompetente richterliche Überlegung doch den Kernpunkt bezüglich der konsequenten Zurückweisung rechtswidriger Honorarkürzungen:
1.) „Die Vorschrift des § 249 BGB verpflichtet den Schädiger grundsätzlich, im Rahmen seiner Haftung die dem Geschädigten entstandenen Nachteile vollständig auszugleichen.
2.) Es ist nicht Anliegen der Norm, diese Haftung unter Inanspruchnahme des Geschädigten auf dessen Kosten zu mindern bzw. auszuhöhlen.
3.) Der dem Geschädigten abzuverlangende Aufwand zur Schadensbeseitigung ist daher in vernünftigen Grenzen zu halten, wobei eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen ist, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten Rücksicht zu nehmen ist (vgl. auch: BGH, Urteil vom 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13).“
Hast DU schon einmal erlebt, das beispielweise bei unfallbedingten Reparaturkosten eine solche rechtswidrige Kürzungshysterie um sich greift und von Gerichten gebilligt wird? Egal ob preiswerte Referenzwerkstatt oder deutlich teurere Vertragswerkstatt wird nahezu alles reguliert, denn weder der reparierende Kfz-Betrieb noch der beigezogene Kfz-Sachverständige sind Erfüllungsgehilfen des Unfallopfers, sondern immer als solche des Schädigers einzuordnen. Das ist Fakt und deshalb geht ein Risiko aus der Inanspruchnahme des einen oder anderen Dienstleisters auch zu Lasten des Schädigers, mit der Folge, dass auch ggf. überhöhte Reparaturkosten oder angeblich überhöhte Gutachterkosten zu regulieren sind. Würde ein Vorwurf überhöhter Reparaturkosten einem Kfz-Betrieb gemacht und es käme zu einer Klage, würden dann Richter genau so in Einzelpositionen einer Reparaturkostenrechnung mehr oder weniger lustvoll herumwühlen, wie in einer Rechnung des Sachverständigen? Und das immerhin bei möglichen Differenzen zwischen 30-50 %. Mittelwerte, durchschnittliche, angemessene oder übliche Kosten haben mit einer schadenersatzrechtlichen Beurteilung bekanntlich nichts zu tun. Nun erkläre mir doch mal einer verständlich die insoweit unter schadenersatzrechtlichen Gesichtspunkten unterschiedliche Betrachtungsweise und Handhabung.
Mit freundlichen Grüßen
Godehard B.