Mit Urteil vom 01.06.2012 (20 C 294/11) hat das Amtsgericht Hameln die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 962,64 € zzgl. Zinsen verurteilt. Auch beim AG Hameln geht man von der Vorzugswürdigkeit der Schwacke-Liste aus und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab. Interessent in diesem Fall: die beklagte Versicherung wurde vom Gericht offensichtlich im Verfahren aufgefordert, ihre Behauptung des Vorliegens günstigerer Angebote durch Benennung von eindeutigen Beweismitteln zu konkretisieren. Dies hat die beklagte Versicherung nicht getan. Weil sie es nicht konnte?
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 32 ZPO, 20 StVG bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht Hameln erhobene Klage ist lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten aufgrund des streitgegenständlichen Unfallereignisses ein restlicher Anspruch auf Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 962,64 € aus vom Zeugen X abgetretenem Recht gemäß §§ 115 VVG, 7 Abs. 1, 17 StVG, 398 BGB zu.
Die Abtretung ist nicht wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz gemäß § 134 BGB nichtig. Die Einziehung der vorliegend an die Klägerin abgetretenen Schadenersatzforderung des geschädigten Zedenten auf Erstattung der Mietwagenkosten ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG grundsätzlich erlaubt, da hier nicht die Haftung der Beklagten dem Grunde nach oder die Haftungsquote streitig ist, sondern allein die Höhe der zu erstattenden Mietwagenkosten (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 2012 – VI ZR 143/11 – in NJW 2012, 1005 ff.).
Bereits vorgerichtlich stand die Alleinhaftung der Beklagten außer Streit. Dem Akteninhalt ist kein nachvollziehbarer Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass diese von den Parteien außergerichtlich vorgenommene rechtliche Einschätzung unzutreffend war..
Überdies ist die Abtretung hinreichend bestimmt, da sie uneingeschränkt sämtliche u. a. gegenüber der Beklagten bestehenden Ansprüche des Zedenten auf Erstattung der Mietwagenkosten umfasst, die anlässlich des in der Abtretungserklärung näher gekennzeichneten Schadensereignisses entstehen.
Der für die Erstattungsfähigkeit der Mietwagenkosten grundsätzlich maßgebliche Normaltarif kann im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO ermittelt werden, wobei in vorhandenen Listen und Tabellen ausgewiesenen Werte herangezogen werden können (vgl. OLG Celle, Urteil vom 29. Februar 2012 – 14 U 49/11 – zitiert nach Juris). Unter Abwägung der Vor- und Nachteile der insoweit vorliegenden Schwacke-Liste und des Fraunhofer-Mietpreisspiegels gelangt das erkennende Gericht zu der Auffassung, dass im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO der Schwacke-Liste der Vorzug zu geben ist und der Normaltarif anhand des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels zu ermitteln ist (so auch: OLG Karlsruhe, Urteil vom 30. April 2010 – 4 U 131/09 – in NZV 2010, 472 f.; OLG Köln, Urteil vom 18. August 2010 – 5 U 44/10 – in NZV 2010, 614 ff.). Die gegen den Schwacke-Mietpreisspiegel erhobenen abstrakten Einwände des Fraunhofer-Instituts, das im Auftrag des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft einen eigenen – seinerseits inhaltlicher Kritik ausgesetzten – Mietpreisspiegel herausgegeben hat, hindern das Gericht nicht daran, bei der Schadensschätzung allein auf das gewichtete Mittel des Schwacke-Mietpreisspiegels abzustellen. Da das Gericht den Schwacke-Mietpreisspiegel als geeignete Schätzgrundlage ansieht, erscheint es nach Ansicht des Gerichts ferner nicht als sachgerecht, bei der Schätzung des Normaltarifs zu erstattender Mietwagenkosten auf den arithmetische Mittelwert aus Schwacke-Liste und Fraunhofer-Tabelle abzustellen (so zuletzt: OLG Celle a.a.O.).
Das Gericht hat keine Veranlassung, bei seiner Urteilsfindung davon auszugehen, dass entgegen der Beschreibung des Mietwagens im Mietvertrag dieser nicht mit Winterreifen ausgestattet war. Der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten beschränkt sich auf eine bloße „Behauptung ins Blaue hinein“ und erscheint dem Gericht daher nicht als erheblich. Darüber hinaus ist das Gericht der Auffassung, dass die Kosten für Winterreifen erstattungsfähige Nebenleistungen sind (vgl. OLG Celle a.a.O.).
Für den der Tarifklasse 7 zugeordneten Unfallwagen ergibt sich für die 16-tägige Mietdauer folgender Brutto-Normaltarif:
Wochenpauschale Fahrzeugmiete: 670,31 €
Tagessatz Fahrzeugmiete: 95,76 €
Fahrzeugmiete für 16 Tage: 1.532,16 €
Wochenpauschale Haftungsbefreiungskosten: 174,01 €
Tagessatz Haftungsbefreiungskosten: 24,86 €
Haftungsbefreiungskosten für 16 Tage: 397,76 €
Zustellkosten: 30,14 €
Notdienstgebühr: 57,22 €
Tagessatz Winterreifen: 11,71 €
Winterreifen für 16 Tage: 187,36 €
Brutto-Gesamtbetrag 2.204,64 €
Gesamtkosten Normaltarif netto: 1.852,64 €
Das Gericht verkennt nicht, dass die Beklagte vermeintlich dem Zedenten zur Verfügung stehende Mietangebote der Hildesheimer Autovermieter Enterprise Autovermietung Deutschland GmbH, Europcar Autovermietung GmbH und Sixt GmbH & Co. Autovermietung KG schriftsätzlich vorgelegt hat (vgl. Bl. 52 ff. d. A.), mit denen sie die mangelnde Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegel zur Schätzung des maßgeblichen örtlichen Normaltarifs belegen will.
Das Gericht hat indes mit Schreiben vom 09. Januar 2012 (vgl. Bl. 193 f. d. A.) die Beklagte u. a. aufgefordert, neben den eingereichten Internetangeboten der vorbezeichneten Vermieter auch deren Bescheinigungen vorzulegen, mit denen dokumentiert wird,
a) dass am Nachmittag des 15. Januar 2011 der jeweiligen Hildesheimer Filiale des Autovermieters ein zu den Konditionen eines Ersatzfahrzeugs der Fahrzeuggruppe 7 (Welches Fahrzeugmodell war dies konkret?) mit Winterreifen ausgerüsteter Pkw für eine Nutzung für 14 Tage (in dem streitgegenständlichen Mietvertrag war die Rückgabe des Mietfahrzeugs für den 29. Januar 2011 vorgesehen) überhaupt zur Verfügung stand;
b) welche Mietwagen kosten dem Zedenten in Rechnung gestellt worden wären, wenn er dieses Mietfahrzeug über eine Fahrstrecke von 1.419 km bis einschließlich 31. Januar 2011 genutzt hätte, und zwar unter Einschluss einer Haftungsbeschränkung auf 850,00 €;
c) welcher Mietpreis sich ergeben hätte, wenn dieses Mietfahrzeug nicht in Hildesheim, sondern in Wolfsburg zurückgegeben wird (vgl. die streitgegenständliche Mietwagenrechnung).
Auf dieses gerichtliche Anschreiben hat die Beklagte nicht sachgerecht erwidert, sondern lediglich ihre Beweisantritte wiederholt. Eine Ergänzung des Sachvorbringens unterblieb trotz des weiteren gerichtlichen Anschreibens vom 27. Februar 2012 (vgl. Bl. 197 d. A.), (in dem das Gericht darauf hingewiesen hat, dass es aufgrund des Verbots des Führens eines Ausforschungsbeweises keinen Anlass sieht, dem Beweisantritt der Beklagten zu folgen).
Nach alledem ist eine Vergleichbarkeit der von der Beklagten vorgelegten Internetangebote mit dem hier streitgegenständlichen Mietvertrag nicht hinreichend nachvollziehbar dargelegt, wobei ergänzend darauf hingewiesen wird, dass die vorgelegten vermeintlichen Vergleichsangebote bereits deshalb nicht vergleichbar sind, weil sie sich jeweils nur auf eine bestimmte Fahrzeugklasse beziehen und insoweit lediglich jeweils ein Beispielfahrzeug benennen. Damit ist aber nicht sichergestellt, dass das beispielhaft angebotene Fahrzeug dem Mieter auch tatsächlich zur Verfügung gestellt werden kann und mit dem vom jeweiligen Geschädigten angemieteten Fahrzeug sowie dem jeweiligen Unfallwagen vergleichbar ist, den die Klägerin anhand der Schwacke-Liste eingruppiert hat. Dass Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller selbst dann, wenn sie derselben Fahrzeugklasse angehören und vergleichbar motorisiert sind in der Schwacke-Liste in unterschiedlichen Fahrzeuggruppen eingruppiert sein können, erklärt sich nachvollziehbar und sachgerecht, wenn die zum Teil erheblichen Divergenzen in den Anschaffungspreisen berücksichtigt werden (vgl. OLG Celle a.a.O.).
Demgegenüber sind nicht die den Normaltarif vorliegend übersteigenden Kosten durch die Beklagte zu erstatten, denn deren Erforderlichkeit ist nicht substantiiert dargelegt. Insbesondere kann dem Klagevorbringen nicht im einzelnen und detailliert entnommen werden, dass tatsächlich für den Zedenten keinerlei andere Möglichkeit der Anmietung zum Normaltarif bestand. So fehlt es insbesondere an der Darlegung der konkreten Öffnungszeiten der im Raum Hildesheim ansässigen Mitbewerber der Klägerin.
Gleichfalls ist es vorliegend auch nicht unter Hinweis auf allgemeine Erwägungen, denen zu entnehmen sein soll, dass das Unfallersatzwagengeschäft für Mietwagen-Unternehmer zu erhöhten Kosten führt, nicht gerechtfertigt, einen pauschalen Aufschlag auf den Normaltarif bei der Berechnung der von dem Schädiger zu erstattenden Mietwagen kosten vorzunehmen, zumal die Klägerin vorliegend nicht nachvollziehbar vorgetragen hat, dass der Zedent bei entsprechenden Anstrengungen in der konkreten Situation keine Möglichkeit zur Anmietung zum günstigeren Normaltarif hatte (vgl. OLG Celle a.a.O.).
Im Hinblick auf die nicht unerhebliche Nutzung des Mietwagens würde es dem Gericht grundsätzlich als sachgerecht erscheinen, im Rahmen des Vorteilsausgleichs für ersparte Eigenaufwendungen einen pauschalen Abzug von 5 % der Mietwagenkosten bei der Berechnung des Ersatzanspruchs zu berücksichtigen (vgl. OLG Gelle, Urteil vom 30. September 2009 – 14 U 63/09 – in Schaden-Praxis 2010, 78 f.). Demgemäß geht das Gericht davon aus, dass die von der Klägerin selbst vorgenommene Berücksichtigung eines Vorteilsausgleichs in Höhe von 120,00 € den rechtlichen Interessen der Beklagten nicht zuwiderläuft.
Unter Berücksichtigung der bereits vorgerichtlich erfolgten Zahlung in Höhe von 770,00 € errechnet sich nach alledem die Urteilssumme.
Indes steht der Klägerin gegenüber, der Beklagten aus keiner ersichtlichen Anspruchsgrundlage ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich erstandenen anwaltlichen Rechtsverfolgungskosten zu. Die Veranlassung der vorbezeichneten Kosten verletzte die sich aus § 254 BGB ergebende Obliegenheit der Klägerin zur Schadensminderung, denn die Beklagte hatte durch die Fertigung ihres Schreibens vom 21. März 2011 unmissverständlich mitgeteilt, eine weitere außergerichtliche Zahlung nicht vorzunehmen. Hiernach bestand für die Klägerin kein Anlass, von einer Erfolgsaussicht ihrer außergerichtlichen anwaltlichen Zahlungsaufforderung vom 05. Juli 2011 auszugehen.
Die zugesprochene Zinsforderung ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet.
Die getroffenen prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Soweit das AG Hameln.