Der Geschädigte wurde schuldlos in einen Verkehrsunfall verwickelt, den der Fahrer des bei der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung versicherten Fahrzeugs in Herne-Wanne-Eickel verursacht hat. Der Geschädigte suchte den qualifizierten Kfz-Sachverständigen R. in Bochum auf und bat ihn ein Schadensgutachten zu erstellen. Unter Vorlage des Schadensgutachtens verlangte er von der später beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung Schadensersatzleistungen. Die unstreitig zum Schadensersatz verpflichtete Kfz-Haftpflichtversicherung legte ihrerseits einen von ihr in Auftrag gegebenen Prüfbericht vor. Mit diesem beauftragte der Geschädigte den Sachverständigen R. erneut, zu dem Prüfbericht Stellung zu nehmen. Dieser erstellte schriftlich die Stellungnahme und berechnete für die Stellungnahme 414,72 €. Später regulierte die Versicherung den Schaden. Lediglich die Kosten der Stellungnahme wurden nicht erstattet. Diese sind Gegenstand des Rechtsstreites vor dem AG Herne-Wanne. Die Richterin der 14. Zivilabteilung des AG Herne-Wanne gab dem Kläger Recht. Lest bitte das nachfolgend aufgeführte Urteil aus dem Ruhrgebiet selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Mit freundlichen Grüßen und ein schönes Wochenende
Willi Wacker
14 C 22/13
Amtsgericht Herne-Wanne
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn ….
– Klägers –
Prozessbevollmächtigte: RAe. D. u. F. aus B.-W.
g e g e n
1. ….
2. ….
– Beklagte –
Prozessbevollmächtigte : ….
hat das Amtsgericht Herne-Wanne im vereinfachten Verfahren gemäß § 495 a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 20.6.2013 durch die Richterin …. für Recht erkannt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 414,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszunssatz seit dem 20.10.2012 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Anspruch auf Zahlung von den weiteren Sachverständigenkosten folgt aus §§ 7, 18 StVG, 115 VVG, 249 ff. BGB.
Zu den grundsätzlich zu ersetzenden Kosten zählen auch die Kosten der Schadensfeststellung, d.h. die Sachverständigenkosten. Verweigert die ausgleichsverpflichtete Haftpflichtversicherung den vollständigen Ausgleich der privatgutachterlich festgestellten Schäden unter Hinweis auf ein von ihr eingeholtes „Gegengutachten“ oder eine vergleichbare inhaltlich begründete Stellungnahme, ist es dem Geschädigten ohne weiteres gestattet, diese dem ursprüglichen Sachverständigen zur Überprüfung vorzulegen. Nur so ist es dem regelmäßig nicht sachkundigen Geschädigten überhaupt möglich, etwaige Ansprüche sachgerecht geltend zu machen bzw. weiterzuverfolgen. So ist es dem Geschädigten grundsätzlich nicht möglich, selbständig einzuschätzen, ob die im Prüfbericht des Haftpflichtversicherers angesetzten Stundensätze ortüblich und angemessen sind. Ergibt sich im Rahmen einer sodann eingeholten zweiten Stellungnahme des ursprünglichen Sachverständigen, dass dessen Schadensfeststellungen zutreffend waren, ist der Schädiger bzw. dessen Versicherer verpflichtet, auch die notwendigen Kosten der zweiten Stellungnahme zu tragen. Diese sind unmittelbar schadenskausal und auch dem Schädiger objektiv zurechenbar.
Dies ist auch dann der Fall, wenn der Haftpflichtversicherer die Regulierung erst nach der Vorlage weiterer Unterlagen vornimmt, wenn er zuvor nicht zur Vorlage der Unterlagen aufgefordert hat.
Indem die Aufforderung zur Vorlage der weiteren Unterlagen, die letztlich zu einer vollständigen Regulierung des Schadens geführt hat, erst auf die Vorlage der ergänzenden Stellungnahme erfolgt ist, war die ergänzende Stellungnahme kausal und erforderlich.
Will der Haftpflichtversicherer die weitere, vollständige Leistung ausschließlich davon abgängig machen, dass die durchgehende Wartung in einer Fachwerkstatt nachgewiesen wird, hat er den Geschädigten darauf hinzuweisen, wenn die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme nicht erforderlich sein soll.
Vorliegend wäre die Einholung der ergänzenden Stellungnahme folglich nur dann nicht erforderlich gewesen, wenn der Geschädigte sofort hätte erkennen können, dass bei Vorlage des Service-Heftes oder vergleichbarer Unterlagen eine vollständige Regulierung erfolgt wäre. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Zinsanspruch folgt aus dem Verzug gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Der Streitwert wird auf 414,72 € festgesetzt.
So das Urteil des AG Herne-Wanne. Und nun Eure Kommentare.
Hei Willi Wacker,
bei konsequenter Durchführung haben die Versicherer keine Chance mehr, die Preise durch Prüfberichte nach ihren Vorgaben zu drücken und damit die Schadensbeträge zu kürzen. Wenn die Schadenskürzungen, nehmen wir mal an 100 Euro betragen, und die gutachterliche Stellungnahme, nehmen wir mal an 400 Euro, so ist die begehrte Schadenskürzung wirtschaftlich wenig sinnvoll. Sie macht ohne Gerichts- und Anwaltskosten, die noch dzu kommen, Minus 300 Euro aus.
Leute schaltet die Sachverständigen ein, die das Unfallauto begutachtet haben, sofern es sich um freie Sachverständige handelt, die nicht mit der Versicherung verbandelt sind.
Dieses Urteil aus Herne-Wanne zeigt doch, dass es geht. Macht Kopien und legt dieses Urteil den beabsiichtigten Klagen bei. Das Ansehen der Versicherungen auch bei Gericht ist nicht mehr so gut, wie es mal war. Die Änderung der Rechtsprechung im Bereich des LG Stendal zeigt dies genauestens.