AG HH-Blankenese verurteilt den Halter des bei HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung gekürzter Sachverständigenkosten (533 C 30/15 vom 29.01.2016)

Mit Datum vom 29.01.2016 (533 C 30/15) hat das Amtsgericht Hamburg-Blankenese den Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung von 169,44 € zzgl. Zinsen sowie den Kosten einer Halteranfrage verurteilt. Das Gericht nimmt Bezug auf die zutreffende Rechtsprechung des LG Hamburg. Ein gutes Urteil, erstritten von der Kanzlei Hamburger Meile.

Die Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

1.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Zah­lung der restlichen Gutachterkosten in Höhe von 169,44 € gemäß § 7 StVG, § 398 BGB VVG zu.

a)

Die Bedenken des Beklagten zur Schlüssigkeit der Klage teilt das Gericht nicht. Die Kläge­rin hat zwischenzeitlich unbestritten vorgetragen, dass der Beklagte bzw. der Fahrer des Fahrzeuges des Beklagten die Vorfahrt des Fahrers des klägerischen Fahrzeuges nicht be­achtet habe. Damit liegt ein Verstoß gegen § 8 StVO vor, der in der Regel zu einer 100 %-igen Haftung des die Vorfahrt Missachtenden führt. Konkrete Einwendungen gegen die vollständige Haftung dem Grunde nach hat der Beklagte nicht erhoben. Im Übrigen ergibt sich auch aus dem Schreiben der Haftpflichtversicherung des Beklagten (Anl.K 5), dass diese von einer 100 %-igen Haftung des Beklagten ausgegangen ist, da sie die Kosten des Sachverständigen nicht aufgrund einer Quote gekürzt, sondern sich darauf berufen hat, dass das Honorar den erforderlichen Aufwand zur Schadenbeseitigung übersteige.

b)

Die geltend gemachten Sachverständigenkosten von insgesamt 709,44 € – auf die die Haft­pflichtversicherung des Beklagten vorgerichtlich 540,- € geleistet hat – sind der Höhe nach erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB und angemessen, so dass die Klägerin auch den restlichen Betrag von 169,44 € verlangen kann.

Da die Schadensersatzforderung ursprünglich in der Person des Geschädigten entstan­den ist, ist bei der rechtlichen Bewertung auch ausschließlich auf dessen Person und Kennt­nisse anzustellen. Der Erstattungsanspruch des Geschädigten verändert sich nicht durch Abtretung des Anspruchs an den Sachverständigen, sondern wahrt seine Identität.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung vorzunehmen; dabei wird der erforderliche Herstellungsaufwand nicht nur nach objektiven Kriterien wie Art und Ausmaß des Schadens, sondern auch durch die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten mitbestimmt. Der Ge­schädigte darf sich damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen, ohne Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13). Dabei genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage der Rechnung des von ihm in Anspruch genommenen Sachverständigen, de­ren Höhe ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages i.S.v. § 249 Abs. 2 BGB darstellt. Sofern bei Vertragsschluss eine Vergütungsvereinbarung wie die vorliegende Preisliste unterzeichnet wird, kommt es für die Frage der Erstattungs­pflicht des Versicherers darauf an, ob das Entgelt „deutlich erkennbar“ (BGH, VI ZR 225/13) bzw. „erkennbar erheblich“ (BGH, NJW 2014, 3151, 3153) über den üblichen Prei­sen liegt.

Dabei stellt das Gericht – ebenso wie das Landgericht Hamburg in seinen Entscheidun­gen vom 24.1.2015 (Az. 323 S 7/14, zitiert nach juris) und 26.03.2015 (Anl. K 7) – darauf ab, welcher Gesamtpreis von dem Geschädigten verlangt wird. Letztlich ist der Gesamt­preis dasjenige, woran sich die Beurteilung, ob eine Leistung für einen angemessenen Preis angeboten wird, zu orientieren hat. Es kommt nicht auf die in Ansatz gebrachten Einzelpositionen, wie z.B. Foto- und Fahrtkosten etc. an, sondern Maßstab der Prüfung, ob ei­ne Überhöhung vorliegt, sind die Rechnungsendbeträge, denn die Gesamthöhe der Rech­nung entscheidet darüber, ob ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliegt. Andernfalls käme es angesichts der unterschiedliehen Abrechnungsmodalitäten der Kfz-Sachverständigen in denjenigen Fällen zu unbilligen Ergebnissen, in denen ein gerin­ges, deutlich unterhalb der üblichen Sätze in Ansatz gebrachtes Grundhonorar, dafür aber verhältnismäßig hohe Nebenkosten in Rechnung gestellt werden, ohne dass es insgesamt zu einer Überschreitung der üblichen Vergütung kommt. Dem Schuldner einer Rechnung geht es letztlich nicht um die Angemessenheit einzelner Positionen, sondern darum, ob der Gesamtbetrag eine angemessene Vergütung darstellt – darauf, dass diesem Aspekt entscheidende Bedeutung zukommt, deutet im Übrigen auch die Anlage B1 hin, die Gesamthonorare ausweist, in die die Nebenkosten einkalkuliert sind.

Im vorliegenden Fall ist die Vergütung bei der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht als über­höht zu betrachten. Das gilt selbst dann, wenn man die von der Beklagten als Anlage B1 vorgelegte Honorartabelle basierend auf der BVSK Honorarbefragung 2010/2011 zugrun­de legt. Die übliche Vergütung eines Sachverständigen ist nicht als ein fester Wert anzuge­ben, sondern bewegt sich innerhalb eines bestimmten Rahmens. Denn Sachverständige rechnen ihre Leistung individuell ab. Mangels gesetzlicher oder sonst verbindlicher Vorga­ben für die Berechnung der Sachverständigenvergütung gilt der Grundsatz der Vertragsfrei­heit. Hier überschreitet der von der Klägerin in Ansatz gebrachte Betrag von 709,44 € den von dem Beklagten auf der Basis der Anlage B1 ermittelten Honorarbetrag von 540,- € um etwa 31 %. Damit liegt keine Überschreitung vor, die es gebietet, die als Schadensersatz geltend gemachten Sachverständigenkosten als „nicht erforderlich“ im schadensersatz­rechtlichen Sinne anzusehen, zumal Besonderheiten, die eine überdurchschnittliche Kennt­nis des Geschädigten von der üblichen Honorarhöhe nahe legen, weder vorgetragen wor­den noch sonst ersichtlich sind (siehe auch LG Hamburg 323 S 7/14). Angesichts der gel­tend gemachten Honorarhöhe ist ein „auffälliges Missverhältnis“ von Leistung und Gegenlei­stung im Sinne von § 138 BGB schon objektiv nicht anzunehmen.

Die Bedenken des Beklagten, die Klägerin halte sich nicht an ihre eigene Preistabelle, teilt das Gericht nicht. Die Behauptung, die Preistabelle sehe einen Abschlag auf das Grundhonorar von 30 % bei Totalschaden vor, ist nicht zutreffend. Ausweislich der Preista­belle richtet sich das Grundhonorar im Totalschadenfall nach dem Wiederbeschaffungs­wert. Entsprechend hat die Klägerin das in Rechnung gestellte Grundhonorar berechnet. Auch der von der Haftpflichtversicherung des Beklagten gezahlte und von dem Beklagten für angemessen gehaltene Betrag errechnet sich anhand des Wiederbeschaffungswertes.

Sofern der Beklagte die Berechtigung des Ansatzes von Nebenkosten in Zweifel zieht und meint, Nebenkosten wie Fotokosten und Schreibgebühren seien mangels Vereinbarung ne­ben dem Grundhonorar nicht gesondert abrechenbar, ist dem entgegenzuhalten, dass der Sachverständige bei der Ausgestaltung seiner Honorarforderung nicht gebunden ist, weil es keine gesetzlichen oder sonst verbindlichen Vorgaben hierfür gibt. Nach dem gdlten-den Grundsatz der Vertragsfreiheit ist es dem Gutachter überlassen, wie er sich sein Hono­rar aufteilt. Dass die Vereinbarung von Nebenkosten in Sachverständigenhonoraren durchaus üblich ist, lässt sich auch der Anlage B1 entnehmen, denn in die dortigen Bruttoendbeträge der Sachverständigenhonorare sind anteilige Nebenkosten, wie Fotokosten, Schreib- und Telefonkosten sowie Fahrtkosten eingeflossen. Im Übrigen ist dies aus einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten vor dem hiesigen Gericht bekannt.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Halterfrage zu, da diese „er­forderlich“ im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB war. Aus dem Antwortschreiben der Haftpflicht­versicherung des Beklagten ergab sich nur, dass der Beklagte Versicherungsnehmer war und aus dem Gutachten, dass er dieses in Auftrag gegeben hatte, nicht jedoch, ob er auch der Halter des Fahrzeuges war. Der Klägerin kann nicht vorgeschrieben werden, dass sie statt des Halters die Haftpflichtversicherung hätte verklagen müssen.

Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 286 Abs. 2 Ziff. 3, 288 BGB. Die Haftpflichtversiche­rung des Beklagten hat die streitgegenständliche Zahlung abgelehnt. Der Beklagte muss sich aufgrund der Regulierungsvollmacht der Haftpflichtversicherung die Zahlungsverweige­rung zurechnen lassen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr.11, 713 ZPO.

Soweit das AG HH-Blankenese.

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