Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
zum beginnenden Wochenende geben wir Euch heute noch ein Urteil aus Hohenstein-Ernstthal zu den Sachverständigenkosten und Restbenzinkosten gegen die HUK-COBURG bekannt. Die Urteilsbegründung zu den Sachverständigenkosten überzeugt, da sich das erkennende Gericht an der Grundsatzentscheidung des BGH vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – (= BGH DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann) orientiert hat. Mit dem Restkrafstoff hat der Kläger wohl selbst ins Tor geschossen? So was nennt man dann ein Eigentor. Die Argumentation zum Restkraftstoff ist natürlich in diesem Fall völlig falsch. Lest aber selbst das Urteil des AG Hohenstein-Ernstthal vom 1.7.2015 – 4 C 319/15 – und gebt dann anschließend bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker
Amtsgericht
Hohenstein-Ernstthal
Zivilgericht
Aktenzeichen: 4 C 319/15
Im Namen des Volkes
Endurteil
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
HUK CoburgAllgemeine Versicherung AG, Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg, vertreten durch d. Vorstand
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Hohenstein-Ernssthal durch
Richter am Antsgericht F.
ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495 a ZPO am 01.07.2015
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 161,25 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Januar 2015 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Verfahrens haben der Kläger 3/10 und die Beklagte 7/10 zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 226,77 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Tatbestand entfällt gemäß § 313a ZPO.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist hinsichtlich der restlichen Sachverständigenkosten begründet, hinsichtlich der Benzinkosten unbegründet.
I.
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Er hat seinen Schadenersatzanspruch gegenüber dem vollständig einstandspflichtigen Unfallgegner bzw. gegenüber dessen Haftpflichtversicherung, der Beklagten, unwiderruflich an den Sachverständigen abgetreten. Unwiderruflich in diesem Kontext heißt, dass der Abtretende die Abtretung nicht widerrufen kann und der Sachverständige Forderungsinhaber geworden ist. Selbstverständlich kann jeder Forderungsinhaber diese Forderung weiter abtreten oder wie im vorliegenden Fall ausweislich der Anlage K 6, dort Ziffer 2., dem vormaligen Abtretenden die Befugnis erteilen, einen konkret benanntenTeil dieser Forderung im eigenem Namen gegenüber dem Schuldner geltend zu machen.
Rechtlich zutreffende Einwände wurden im nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten hiergegen nicht erhoben.
II.
Die Einwendungen der Beklagten gegen die restlichen Sachverständigenkosten, 722,25 € hat der Sachverständige gegenüber dem Kläger als Unfallgeschädigten abgerechnet und die Beklagte als vollständig einstandspflichtige Haftpflichtversicherung hat hierauf vorprozessual 561,- € gezahlt, sind unerheblich, denn sie gehen von einem schadenersatzrechtlich falschen Ansatz aus.
Die Entscheidung des Rechtsstreits richtet sich ausschließlich danach, ob und in welchem Umfang der Kläger von der Beklagten Ersatz der ihm in Rechnung gestellten Gutachterkosten verlangen kann bzw. konnte, also welche Sachverständigenkosten der Auftraggeber als Geschädigter für erforderlich halten durfte (so auch BGH, Urteil vom 23.01.2007 – VI ZR 67/07 -; Juris).
Die 100 %-ige Haftung der Beklagten gegenüber Herrn W. für den durch den Verkehrsunfall verursachten Sachschaden ist unstreitig.
Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Unfallgeschädigte als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Gutachterkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich und vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Bei mehreren zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Schadensbeseitigung ist der Geschädigte nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren Möglichkeiten den wirtschaflticheren Weg zur Schadensbehebung zu wählen. Er verstößt aber noch nicht allein deshalb gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil er einen Sachverständigen beauftragt, der teurer ist als andere Sachverständige. Ebenso wenig ist er ohne nähere Anhaltspunkte verpflichtet, die Rechnung des Sachverständigen kritisch zu prüfen (AG Hohenstein-Ernstthal, Urteil vom 28. September 2012, Aktenzeichen 1 C 570/12).
Nach diesen Grundsätzen hatte der Geschädigte keine Veranlassung, die Rechnung des Sachverständigen anzuzweifeln und zu kürzen. Ganze 161,25 € sind zur Zahlung noch offen. Wie sich unter diesen Umständen dem Geschädigten hätte aufdrängen sollen, dass die nach Auffassung der Beklagten angemessene Vergütung von 561,- € überschritten ist, ist nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar.
Die abgerechneten Kosten liegen lediglich um 28,75 % über dem von der Beklagten als angemessen erachteten Betrag. Eine Obliegenheitsverletzung des Geschädigten ist nicht erkenbar.
III.
Hinsichtlich der als Schadenersatz geltend gemachten Benzinkosten in Höhe von 65,52 € ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat nach eigener Darlegung sein unfallgeschädigtes Fahrzeug mit vollgefülltem Tank einem Erwerber verkauft. Er einigte sich mit dem Erwerber, das Fahrzeug mit vollgefülltem Tank zu dem vereinbartem Preis zu verkaufen. Gründe, warum danach dann der Unfallgeschädigte bzw. die hinter ihm stehende Haftpflichtversicherung den Wert eines Teiles der Kaufsache erstatten soll, erschließt sich dem Gericht nicht.
IV.
Die Beklagte ist spätestens seit 21. Januar 2015 im Zahlungsverzug, nachdem sie mit Schreiben vom 20. Januar 2015 die Erstattung der streitgegenständlichen Sachverständigenkosten ablehnte (§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 3 BGB).
Die Höhe der Verzugszinsen folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziffer 11, 711, 713 ZPO.