Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
und noch ein positives Urteil aus Hohenstein-Ernstthal zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Allianz Versicherung mit einer prima Begründung stellen wir Euch vor. Das erkennende Gericht konnte sich relativ kurz und knapp halten, um zu einer richtigen Entscheidung gegen die vorgerichtlich kürzende Allianz Versicherung AG zu gelangen. Eigentlich ist der Begründung nichts mehr hinzuzufügen. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Hohenstein-Ernstthal
Zivilgericht
Aktenzeichen: 4 C 105/15
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
Allianz Versicherungs-AG, An den Treptowers 3, 12435 Berlin, Gz.: AS 2014-60056188 vertreten durch den Vorstands Vorsitzenden Severin Moser
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal durch
Richter am Amtsgericht F.
ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495 a ZPO am 20.04.2015
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 106,98 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Februar 2015 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 70,20 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Februar 2015 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 106,98 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Tatbestand entfällt gemäß § 313a ZPO.
Entscheidungsgründe
Die aus abgetretenem Recht geltend gemachten restlichen Sachverständigenkosten nach Begutachtung eines unfallgeschädigten Kraftfahrzeuges sind begründet, denn die Geschädigte, die ihren Anspruch auf Erstattung unfallbedingter Sachverständigenkosten gegenüber der Beklagten an den Kläger abgetreten hat, hat bei der Beauftragung des Klägers nicht gegen das ihr obliegende Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen, sodass die für die Begutachtung abgerechneten Kosten von der ersatzpflichtigen Beklagten als unfallgegnerische Haftpflichtversicherung zu ersetzen sind (§ 249 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB).
I.
Das zu ersetzende Sachverständigenhonorar von 599,64 € war zur Schadenseinschätzung und somit zur Schadensbeseitigung erforderlich.
Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die Unfallgeschädigte als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Gutachterkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich und vernünftig denkender Mensch in der Lage der Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Bei mehreren zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Schadensbeseitigung ist die Geschädigte nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihr Zumutbaren von mehreren Möglichkeiten den wirtschaftlicheren Weg zur Schadensbehebung zu wählen. Sie verstößt aber noch nicht allein deshalb gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil sie einen Sachverständigen beauftragt, der teurer ist als andere Sachverständige. Ebenso wenig ist sie ohne nähere Anhaltspunkte verpflichtet, die Berechnung der Sachverständigenkosten kritisch vor Auftragserteilung zu erfragen und danach ebenso kritisch zu prüfen. Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist die zu beurteilende Frage die, welche Sachverständigenkosten der Auftraggeber als Geschädigter für erforderlich halten durfte (so auch BGH, Urteil vom 23.01.2007 – VI ZR 67/07 -; Juris).
Der Kläger hat der Zedentin für die Erstellung des Schadensgutachtens 599,64 € in Rechnung gestellt. Hiervon hat die Beklagte 492,66 € erstattet, so dass noch 106,98 € zur Zahlung offen sind. Wie sich unter diesen Umständen der Geschädigten hätte aufdrängen sollen, dass die nach Auffassung der Beklagten angemessene Vergütung von 492,66 € überschritten ist, ist nicht nachvollziehbar. Der von der Beklagten als im Unfallschadenersatzrecht versierten Haftpflichtversicherung als gerechtfertigt angesehener Honorarsatz wurde mit dem konkret abgerechneten Betrag lediglich um 21,7 % überschritten. Damit ist auch keine Obliegenheitsverletzung der Geschädigten erkennbar.
II.
Die Beklagte hat aufgrund der begründeten Hauptforderung dem Kläger auch die ihm entstandenen, vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 €, die vom Kläger unstreitig erstattet worden sind, denn der substantiierten Sachverhaltsdarstellung des Klägers in der Replik ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten, als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Kosten zu erstatten. Die Höhe der zu ersetzenden Rechtsanwaltsvergütung folgt aus dem Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, berechnet aus einem Geschäftswert von 106,98 €, ist im Übrigen insoweit auch unstreitig.
III.
Mit dem Ersatz der Hauptforderung ist die Beklagte nicht seit dem 26. April 2014 sondern seit dem 5. Februar 2015 mit unstreitigem Erhalt der Mahnung vom 4. Februar 2015 im Zahlungsverzug (§ 286 Abs. 1 BGB). Der Ablauf der einseitig vom Kläger gesetzten Zahlungsfrist begründet vorliegend noch keinen Verzug ohne Mahnung (vgl. LG Bremen, Beschluss vom 14. Juni 2004, Az.: 2 T 298/04).
Mit dem Ersatz der Nebenforderung ist die Beklagte seit Rechtshängigkeit, mithin seit dem 27. Februar 2015 im Zahlungsverzug, denn der Kläger hat Tatsachen, aus denen eine Mahnung des Ausgleiches dieser von ihm an die Klägervertreterin ausgeglichenen Rechtsanwaltskosten zu schlussfolgem wäre, nicht dargelegt.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziffer 11, 711, 713 ZPO.
Ähnlich wie am Ag Berlin Mitte, kurz und klar nach Prozent. So ist es richtig und wäre vorbildlich, so dass die Beratungsresitenz, wie auch am AG Leipzig dokumentiert, geklärt und hoffentlich aufgeweicht wird.
Kein Wucher!
„Der Kläger hat der Zedentin für die Erstellung des Schadensgutachtens 599,64 € in Rechnung gestellt. Hiervon hat die Beklagte 492,66 € erstattet, so dass noch 106,98 € zur Zahlung offen sind. Wie sich unter diesen Umständen der Geschädigten hätte aufdrängen sollen, dass die nach Auffassung der Beklagten angemessene Vergütung von 492,66 € überschritten ist, ist nicht nachvollziehbar. Der von der Beklagten als im Unfallschadenersatzrecht versierten Haftpflichtversicherung als gerechtfertigt angesehener Honorarsatz wurde mit dem konkret abgerechneten Betrag lediglich um 21,7 % überschritten. Damit ist auch keine Obliegenheitsverletzung der Geschädigten erkennbar.“
Zutreffender geht es nicht! Es ist daher absolut unverständlich, warum die Richterschaft in Deutschland sich so schwer tut und uns alle – das Volk – nicht endlich von der Geißel rechtswidriger Schadensersatzkürzungen durch Versicherer befreit.
@virus
„Der Kläger hat der Zedentin für die Erstellung des Schadensgutachtens 599,64 € in Rechnung gestellt. Hiervon hat die Beklagte 492,66 € erstattet, so dass noch 106,98 € zur Zahlung offen sind. Wie sich unter diesen Umständen der Geschädigten hätte aufdrängen sollen, dass die nach Auffassung der Beklagten angemessene Vergütung von 492,66 € überschritten ist, ist nicht nachvollziehbar. Der von der Beklagten als im Unfallschadenersatzrecht versierten Haftpflichtversicherung als gerechtfertigt angesehener Honorarsatz wurde mit dem konkret abgerechneten Betrag lediglich um 21,7 % überschritten. Damit ist auch keine Obliegenheitsverletzung der Geschädigten erkennbar.“
Zutreffender geht es nicht! Es ist daher absolut unverständlich, warum die Richterschaft in Deutschland sich so schwer tut und uns alle – das Volk – nicht endlich von der Geißel rechtswidriger Schadensersatzkürzungen durch Versicherer befreit.
Das ist ein in der Tat nicht durchschaubares Phänomen mit dem „so schwer tun“ und Deine Einschätzung verstehe ich nur zu gut. Wir sind es auch leid und nehmen jetzt die Schädiger mit Erfolg direkt in Anspruch, was nicht so erwünscht zu sein scheint, wie die Reaktionen zeigen.
Mit besten Grüßen
COLOMBO