Mit Urteil vom 08.04.2008 (20 C 335/07) hat das AG Kerpen die DEVK Allgemeine Versicherungs AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 137,20 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde. Darüber hinaus macht das Gericht weitere Ausführungen insbesondere zu einem Urteil des AG Bonn vom 12.06.2007, welches einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz durch den Versicherer sah. Aus aktuellem Anlass hier noch einmal der Hinweis, dass das Rechtsberatungsgesetz (Rechts-)Geschichte ist, dennoch ist das Urteil im Hinblick auf die weitere Begründung von großem Interesse, Stichwort Wettbewerbsrecht und Porsche-Urteil.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zum Teil begründet.
Nachdem die Beklagte die Zession nicht mehr bestreitet (vergleiche dazu das Protokoll der Sitzung vom 11.3.2008) ist von einer Aktivlegitimation der Klägerin auszugehen.
Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht auch noch ein Anspruch gegenüber der Beklagten zu. Das Gericht folgt dabei allerdings nicht der Auffassung der Klägerin, dass die Beklagte durch ihr Angebot vom 21.10.2005 gegen das Rechtsberatungsgesetzes verstoßen hätte. In einem Urteil vom 12.6.2007 (13 C 321/06) hat das Amtsgericht Bonn dazu die Ansicht vertreten, dass die Kraftfahrversicherungen gegen das Rechtsberatungsgesetzes verstoßen, wenn sie Geschädigten Ersatzfahrzeuge zu einem speziellen Mietpreis anbieten. Das Amtsgericht Bonn ist dabei davon ausgegangen, dass diese Tätigkeit im Rahmen des so genannten „aktiven Schadenmanagements“ eine geschäftsmäßige Besorgungen einer fremden Rechtsangelegenheiten im Sinne von § 1 des Rechtsberatungsgesetzes darstelle. Wörtlich heißt es sodann in den Entscheidungsgründen:
„Allein die Tatsache, dass die Beklagte als Haftpflichtversicherer gemäß § 3 Nr. 1 PflVG direkt in Anspruch genommen werden kann, lässt noch kein Schuldverhältnis zu dem Unfallgeschädigten entstehen, so dass die Rechtsbesorgung nicht zu einer eigenen Angelegenheit der Beklagten wird (BGH, VersR 1981, 134; LG Nürnberg-Fürth, VersR 2007, 81; Schlüszler, ZfSch 2006, 3 ff.). Der Direktanspruch des Geschädigten gegen den Versicherer ist lediglich ein gesetzlicher Schuldbeitritt, der als gesetzlicher Annex zum Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger nur dazu dient, als akzessorisches Recht die Forderung des Geschädigten zu sichern (BGH, VersR 1979, 838).“
Diese Überlegungen des AG Bonn sind nicht überzeugend.
So hat sich der BGH in einer ebenfalls vom AG Bonn zitierten Entscheidung aus dem Jahre 1996 (Urteil vom 15.2.1996, I ZR 10/94 – zitiert nach juris -) ausführlich mit der Frage beschäftigt, wann von einer unzulässigen Rechtsbesorgung durch den Haftpflichtversicherer ausgegangen werden kann. Auszugsweise heißt es in der Entscheidung unter II. 1.:
„Wird ein Kfz-Haftpflichtversicherer vom Unfallgeschädigten als Gesamtschuldner nach § 3 Nr. 2 PflVG in Anspruch genommen, so ist er in einer eigenen Rechtsangelegenheit betroffen, ungeachtet dessen, dass er damit zugleich die Verbindlichkeit seines Versicherungsnehmers auf Ersatz desselben Schadens erfüllt (§ 422 Abs. 1 BGB). Der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer nimmt mit der Regulierung des Unfallschadens eine eigene Rechtsangelegenheit war (Altenhoff/Busch/Chemnitz, Rechtsberatungsgesetz, 10. Aufl., Rdn. 553; Chemnitz, DAR 1995, 8, 9).“
Nach Auffassung des Gerichts unterliegt das AG Bonn daher auch einem Fehlschluss, wenn es davon ausgeht, dass zwischen der Kraftfahrversicherung und dem Geschädigten kein eigenes Schuldverhältnis existiere. Für diese Annahme des AG Bonn bietet auch die Entscheidung des BGH, VersR 1981, 134 keine Grundlage. In der Entscheidung vom 30.10.1980 (III ZR 132/79) ging es nämlich nur um die Frage, ob die in Anspruch genommene Haftpflichtversicherung über § 426 Abs. 1 BGB einen Rückgriffsanspruch gegenüber dem (Mit)Schädiger (beziehungsweise gegenüber dem Entsendestaat, es ging um einen Verkehrsunfall mit einem Militärfahrzeug), der nicht der Versicherungsnehmer ist, hatte.
Wörtlich heißt es sodann (vgl. a.a.O. unter I.):
„Der Direktanspruch des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer ist lediglich ein gesetzlicher Schuldbeitritt, der den Haftpflichtanspruch gegen den Schädiger zu seiner leichteren und sichereren Durchsetzung lediglich Verstärken soll (BGH, Urt. v. 7. November 1978 – VI ZR 86/77 = VersR 1979, 30, 31 m.w. Nachw.). Durch diesen Direktanspruch wird daher der Versicherer in das Gesamtschuldverhältnis zwischen seinem Versicherungsnehmer und dem Dritten nicht einbezogen (vgl. Senatsurteil vom 28. Mai 1979 – III ZR 83/77 = VersR 1979, 838, 839; KG, VersR 1978, 435, 436; Prölss/Martin, WG, 22. Aufl., § 3 PflVG Anm. 3).“
Anders ausgedrückt: aufgrund des Schadensfalles besteht zwar eine gesamtschuldnerische Haftung zwischen mehreren Schädigern sowie zwischen dem Schädiger (= Versicherungsnehmer) und seinem Haftpflichtversicherer, nicht aber eine Gesamtschuldnerschaft im Verhältnis zwischen dem Haftpflichtversicherer und einem etwaigen weiteren Schädiger (= Drittem, der nicht Versicherungsnehmer ist). Soweit aber die Versicherung mit der Regulierung einen Schadensersatzanspruch des Geschädigten befriedigen möchte, leistet sie auf eine eigene Verbindlichkeit und ist daher in diesem Rahmen auch in einer eigenen Rechtsangelegenheit betroffen. Dieser Boden wird erst dann verlassen, wenn die Versicherung gleichsam „sehenden Auges“ über eine von ihr angenommene Schadensersatzverpflichtung hinausgehend Leistungen an den Geschädigten erbringt und sie sich sodann im Ausgleich dafür von dem Geschädigten Ansprüche abtreten lassen möchte (vgl. ausführlich dazu die Entscheidung des BGH vom 15.2.1996 -1 ZR 10/94 -, VersR 1996, 510 -zitiert nach juris -).
Die Erwägungen des AG Bonn, der Haftpflichtversicherer würde bei der Regulierung gleichsam außerhalb eines Schuldverhältnisses keine eigene Rechtsangelegenheit im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes wahrnehmen, ist daher zu pauschal und in dieser Allgemeinheit nicht berechtigt. Entscheidend ist vielmehr nach der auch vom Gericht für richtig gehaltenen Auffassung des BGH, ob der Versicherer mit seinen Regulierungsanstrengungen eine für berechtigt gehaltene Schadensersatzforderung des Geschädigten regulieren möchte (dann: eigene Rechtsangelegenheit) oder über diesen Rahmen hinausgehend mit der Regulierung nur die Grundlage dafür geschaffen werden soll, sich von dem Geschädigten Ansprüche abtreten zu lassen (dann: Verfolgung fremder Rechtsangelegenheiten).
Ausgehend von diesen Überlegungen besteht kein Zweifel daran, dass die Beklagte vorliegend eine eigene Rechtsangelegenheit betrieb, als sie dem Zedenten das Angebot unterbreitete, für einen Tagessatz von 37 € ein Mietfahrzeug zur Verfügung stellen zu können. Denn mit diesem Angebot wollte die Beklagte ersichtlich eine, (auch für sie) günstige Regulierung der Schadenangelegenheit herbeiführen. Die Klägerin kann dem Angebot der Beklagten daher nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass es gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße.
Nach Auffassung des Gerichts kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf das Wettbewerbsrecht berufen. Da die Klägerin nämlich aus abgetretenem Recht vorgeht, können ihr nicht mehr Rechte zustehen, als dem Zedenten. Der Zedent steht aber unstreitig nicht im Wettbewerb bezüglich der Anmietung von Fahrzeugen. Selbst wenn sich die Beklagte daher wettbewerbswidrig verhalten sollte (was nach Auffassung des Gerichtes anzunehmen ist, vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.3.1995 – 20 U 1/95 -, VersR 1996, 640 – zitiert nach Juris -), so könnte sich die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht unmittelbar auf das UWG berufen (vgl. dazu allerdings auch noch später). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von dem Klägervertreter zitierten Entscheidung des LG Karlsruhe 15.7.2004 (15 0 86/04 KfH IV – NZV 2005, 265 -, wiederum zitiert nach juris). Denn dort betrieb die Klägerin ausweislich der Entscheidungsgründe eine Autovermietung.
Trotz der vorstehenden Ausführungen kann sich die Beklagte nicht einfach auf ihr Angebot zurückziehen, dass der Zedent für einen Tagessatz von 37 € ein Mietfahrzeug hätte in Anspruch nehmen können. Der Zedent war nämlich nicht ohne weiteres verpflichtet, sich auf das Angebot der Beklagten einzulassen. Nach dem Gesetz steht dem Geschädigten einen Anspruch auf Schadenersatz in Geld zu (vergleiche § 249 1 Abs. 2 Satz 1 BGB, vgl. auch LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 8.3.2005, 8 S 1649/05).
Weiter ist anerkannt, dass der Geschädigte grundsätzlich in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung wie auch bei der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei ist (vgl. BGH, Urteil vom 29.4.2003 – VI ZR 398/02 – sog. „Porsche-Urteil“, unter II. 2., S. 6 oben des Entscheidungsumdrucks). Der Geschädigte kann daher auch als „Herr der Schadenabwicklung“ angesehen werden. Dieses Recht des Geschädigten unterliegt allerdings gewissen Einschränkungen insofern, als er gemäß § 254 BGB zur Schadenminderung verpflichtet ist. Dieses Gebot der Schadenminderung verpflichtet den Geschädigten allerdings nicht dazu, sich auf etwaige „Dumping-Preise“ der Versicherer einlassen zu müssen. Ebenso wenig, wie sich der Geschädigte darauf verweisen lassen muss, sein Fahrzeug in irgendeiner Fachwerkstatt nach dem Belieben der zur Regulierung verpflichteten Haftpflichtversicherung reparieren zu lassen (vgl. erneut das „Porsche-Urteil“), ist er nicht verpflichtet, sich zur Geringhaltung des Schadens wegen der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges mit der zum Schadenersatz verpflichteten Versicherung in Verbindung zu setzen. Ausreichend ist vielmehr, wenn sich der Geschädigte zu marktüblichen Konditionen um die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges bemüht. Mehr kann dem Geschädigten nach Auffassung des Gerichts auch deshalb nicht abverlangt werden, weil die Praxis der Versicherungen, Mietfahrzeuge von bestimmten Gesellschaften zu besonders günstigen Konditionen anzubieten, objektiv rechtswidrig ist (vgl. dazu erneut die ausführlichen Darlegungen des OLG Düsseldorf, a.a.O.) und dem Geschädigten nicht zugemutet werden kann, dieses wettbewerbswidrige Verhalten der Versicherungen auch noch aktiv zu fördern. Auch wenn sich der Geschädigte daher nicht unmittelbar gegenüber der Beklagten auf das UWG stützen kann, so kann ihm doch nicht zugemutet werden, „seine Hand“ in Richtung dieses objektiv rechtswidrigen Verhaltens auszustrecken. Weiter würde bei einer solchen Annahme die Entscheidungsfreiheit des Geschädigten in einer nach Auffassung des Gerichts nicht mehr hinnehmbaren Weise eingeengt werden.
Nach alledem kann die Beklagte die entstandenen Mietwagen kosten auch nicht einfach auf der Basis des von ihr in den Raum gestellten Tagessatzes von brutto 37 € abrechnen. Dem OLG Köln folgend (vgl. Urteil vom 23.2.2007 – 19 U 181/06 -) ist vielmehr davon auszugehen, dass der so genannte „Schwacke-Automietpreisspiegel“, der auch von den Klägervertretern mit Schriftsatz vom 19.2.2008 (Bl. 52 f. GA) in das Verfahren eingeführt wurde, eine sachgerechte Grundlage für die Abrechnung des Schadensfalles bietet. Unstreitig ist dazu, dass der Schwacke-Automietpreis-Spiegel innerhalb der 2-Tage-Gruppe einen Mietpreis von 71 € pro Tag ausweist. Der 1 Entscheidung des OLG Köln folgend sind weiter die Kosten für eine Teil- beziehungsweise Vollkaskoversicherung bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs grundsätzlich erstattungsfähig (vgl. a.a.O. S. 10). Diese belaufen sich hier pro Tag auf 17 €. Pro Tag errechnet sich so ein Betrag in Höhe von 88 €. Zu diesem Betrag ist sodann noch ein Zuschlag in Höhe von 20% vorzunehmen (vergleiche dazu eingehend OLG ; Köln a.a.O.). Pro Tag errechnet sich daher ein Betrag in Höhe von 105,60 € was für zwei Tage einen Betrag in Höhe von 211,20 € ausmacht.
Soweit die Klägerin darüber hinaus weitere Kosten für die Zustellung/Abholung des Fahrzeuges in ihre fiktive Abrechnung eingestellt hat, vermag das Gericht eine Erstattungsfähigkeit nicht zu erkennen. Das Gericht geht dabei allerdings – wiederum dem OLG Köln folgend – davon aus, dass derartige Kosten grundsätzlich erstattungsfähig sind. Soll aber – wie hier – fiktiv auf der Basis des Schwacke-Automietpreisspiegels abgerechnet werden, so können solche Kosten nur dann eingestellt werden, wenn dieser Service auch im konkreten Fall in Anspruch genommen wurde (vgl. OLG Köln, a.a.O. S. 11 unten). Dass dies hier der Fall war, ist nicht konkret vorgetragen worden.
Für die Abrechnung des Schadensfalles ist mithin davon auszugehen, dass für die Kosten der Anmietung des Ersatzfahrzeuges ein Betrag in Höhe von 211,20 € als angemessen angesehen werden kann. Auf diesen Betrag hat die Beklagte unstreitig bereits 74 € geleistet, so dass eine offene Restforderung in Höhe von 137,20 € verbleibt, die zuzusprechen war. Daneben stehen der Klägerin (zutreffend berechnet) vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von netto 39 € zu. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich in der zugesprochenen Höhe aus §§ 286 ff. BGB.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache sowie zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hat das Gericht die Berufung für die Beklagte zugelassen. Für die Klägerin war die Berufung nicht zuzulassen, weil die Klageabweisung nicht auf Gründen beruht, die von grundsätzlichem Interesse sind oder einer einheitlichen Rechtsprechung bedürften.
Das AG Kerpen zitiert den BGH, NJW 1996, 1965 mit den Worten:
„Wird ein Kfz-Haftpflichtversicherer vom Unfallgeschädigten als Gesamtschuldner nach § 3 Nr. 2 PflVG in Anspruch genommen, so ist er in einer eigenen Rechtsangelegenheit betroffen, ungeachtet dessen, dass er damit zugleich die Verbindlichkeit seines Versicherungsnehmers auf Ersatz desselben Schadens erfüllt (§ 422 Abs. 1 BGB). Der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer nimmt mit der Regulierung des Unfallschadens eine eigene Rechtsangelegenheit war (Altenhoff/Busch/Chemnitz, Rechtsberatungsgesetz, 10. Aufl., Rdn. 553; Chemnitz, DAR 1995, 8, 9).”
Das Gericht vergisst aber, auch den diesen Ausführungen folgenden Satz zu zitieren:
„Mit der Erfüllung der Schadensersatzverpflichtung erledigt der Versicherer eine eigene Rechtsangelegenheit aber nur, soweit sie auf den Ersatz des erforderlichen Geldbetrags im Sinne des § 249 BGB gerichtet ist.“
Insoweit ist den Ausführungen des AG Kerpen zum „aktiven Schadenmanagement“ mit Blick auf das RBerG nicht zu folgen.
Das RBerG ist ersetzt worden durch das RDG. M.E. fasst das RDG den Stand der Legislatur zum RBerG sehr kompakt zusammen. Was in Hinsicht auf das „aktive Schadenmanagement“ für das RBerG galt, sollte auch für das RDG gelten — abgesehen vom Ordnungswidrigkeitenparagraphen.
Die Einschätzung der wettbewerbsrechtlichen Konsequenzen halte ich für richtig: Ein Vertrag wird nicht deshalb nichtig, weil er gegen das UWG verstößt. Vielmehr entsteht dem Geschädigten ein Schadensersatzanspruch gegen den Verletzer. Der Autovermieter hätte in diesem Fall neben dem zedierten Anspruch seines Mieters einen wettbewerbsrechtlichen Schadensersatzanspruch gegen den Haftpflichtversicherer geltend machen sollen.