Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
weiter geht es in Kiel. Nachstehend veröffentlichen wir für Euch hier ein umfangreiches Urteil des Amtsgerichts Kiel zu den restlichen Sachverständigenkosten gegen den Versicherungsnehmer der HUK-COBURG. Nachdem die HUK-COBURG als einstandspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung zunächst vorgerichtlich einen Teil der berechneten Sachverständigenkosten erstattet hatte, lehnte sie eine vollständige Schadensregulierung strikt ab. Zu Recht nahm der Geschädigte nunmehr den bei der HUK-COBURG versicherten Unfallverursacher persönlich wegen des Restbetrages auch gerichtlich in Anspruch. Nunmehr wandte die Beklagtenseite auch ein, dass es sich um einen Bagatellschaden gehandelt habe. Ein Gutachten sei – zumindest in der Höhe – nicht erforderlich gewesen. Immerhin war laut Gutachter aber ein Schaden am Fahrzeug in Höhe von knapp 1.400,— € eingetreten. Ernsthaft kann bei diesem Betrag nicht von einem Bagatellschaden gesprochen werden. Der BGH hatte die Grenze bei etwa 715,— € gezogen. Schon insoweit waren die Einwände der Beklagtenseite wenig hilfreich. Aber auch das Bestreiten der Erforderlichkeit hinsichtlich der Schadenshöhe bei den Sachverständigenkosten war unsubstantiiert. Letztlich wurde – zu Recht – der Versicherungsnehmer der HUK-COBURG für die rechtswidrigen Schadenskürzungen seiner Versicherung verurteilt. Eine schöne Versicherung, die ihre Versicherten in einen Prozess um den Restschaden ziehen. Lest selbst das Urteil des AG Kiel und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
115 C 512/15
Verkündet am 09.06.2016
Amtsgericht Kiel
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
des Herrn J. L. aus K.
– Kläger –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte D. I. & P. aus A.
gegen
Herrn R. W. B. aus M. (Versicherungsnehmer der HUK-COBURG)
– Beklagter –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte B. u. P. aus K.
hat das Amtsgericht Kiel durch den Richter am Amtsgericht S. auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19.05.2016 für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 172,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.12.2014 zu zahlen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 172,23 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung restlichen Schadensersatzes anlässlich eines Verkehrsunfalls.
Der Kläger ist Eigentümer eines VW-Busses T 3 mit dem amtlichen Kennzeichen … . Der Beklagte ist Halter des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen … .
Am 28.10.2014 fuhr die berechtigte Fahrerin des Fahrzeugs des Beklagten in Kiel so nahe am auf dem Seitenstreifen geparkten Fahrzeug des Klägers vorbei, dass sie dieses touchierte, wodurch ein Sachschaden am klägerischen Fahrzeug entstand. Die Haftung des Beklagten dem Grunde nach für den vorbezeichneten Verkehrsunfall ist zwischen den Parteien unstreitig.
Der Kläger beauftragte anschließend das anerkannte und zertifizierte Kfz-Sachverständigenbüro … GmbH mit Sitz in D. mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. Der Gutachter gab in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 17.11.2014, auf dessen Inhalt verwiesen wird (Anlage K 2, Blatt 18 sowie Blatt 79 bis Blatt 94 der Akten), die erforderlichen Reparaturkosten mit 1.393,55 € netto an.
Mit Rechnung vom selben Tag, auf deren Inhalt verwiesen wird (Anlage K 2, Blatt 19 der Akten), stellte der Gutachter dem Kläger für die Erstattung des schriftlichen Sachverständigengutachtens einen Betrag in Höhe von insgesamt 595,32 € brutto in Rechnung, wobei sich der vorbezeichneten Betrag aus einem Grundhonorar in Höhe von 358,00 € netto sowie weiteren Nebenkosten in Höhe von insgesamt 142,19 € netto zusammensetzte.
Mit anwaltlichen Schreiben vom 18.11.2014, auf dessen Inhalt verwiesen wird (Anlage K 1, Blatt 15 bis Blatt 17 der Akten), forderte der Kläger die Haftpflichtversicherung des Beklagten unter Fristsetzung bis zum 02.12.2014 unter anderem zur Erstattung der Gutachterkosten in Höhe von 595,32 € brutto auf.
Die Haftpflichtversicherung des Beklagten reagierte mit Regulierung Schreiben vom 12.12.2014, auf dessen Inhalt verwiesen wird (Anlage K 3, Blatt 20 bis Blatt 21 der Akten), und teilte mit, dass hinsichtlich der geltend gemachten Sachverständigenkosten lediglich ein Betrag in Höhe von 423,00 € geleistet werde. Im Anschluss hieran zahlte die hinter dem Beklagten stehende Haftpflichtversicherung einen Betrag in Höhe von 423,00 € auf das Sachverständigenhonorar. Weitere Zahlungen wurden abgelehnt.
Der Kläger behauptet, er habe das Sachverständigenhonorar am 18.12.2014 vollständig an den Sachverständigen … geleistet. Er vertritt die Auffassung, die Kürzung der Gutachterkosten sei rechtswidrig erfolgt. Hinsichtlich des weiteren diesbezüglichen Vorbringens wird auf die Seiten 3 bis 5 der Anspruchsbegründung vom 24.11.2015, den Inhalt der Replik vom 12.01.2016 sowie auf den Inhalt der Schriftsätze vom 08.03.2016, vom 21.04.2016 sowie vom 02.06.2016 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 172,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.02.2014 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, die Einholung eines Sachverständigengutachtens sei im Hinblick auf den – nach Auffassung des Beklagten hier vorliegenden – bloßen Bagatellschaden bereits nicht erforderlich gewesen. Jedenfalls übersteige das in Ansatz gebrachte Sachverständigenhonorar den erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung. Schließlich habe der Kläger gegen seine Pflicht zur Schadensminderung verstoßen. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Beklagten wird auf den Inhalt der Klageerwiderung vom 30.12.2015, den Inhalt der Duplik vom 10.02.2016 sowie auf den Inhalt der Schriftsätze des Beklagten vom 06.04.2016 sowie vom 19.05.2016 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.
Der Kläger hat gegen den Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, 249 Abs. 2 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Zahlung restlichen Schadensersatzes in Höhe von 172,23 € aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfallereignis vom 28.10.2014.
Zunächst steht zur Überzeugung des Gerichts im Hinblick auf die glaubhaften Darlegungen des Sachverständigen … im Rahmen der insoweit vorgenommenen Beweiserhebung fest, dass unter dem 19.12.2014 die Gutachterkosten in Höhe von 595,23 € gemäß der Rechnung vom 17.11.2014 durch den Kläger auf dem Konto des Kfz-Sachverständigenbüros … GmbH eingegangen sind.
Angesichts dessen schuldet der Beklagte dem Kläger nunmehr die weiteren angefallenen Kosten für die Einholung des Sachverständigengutachtens vom 17.11.2014.
Im Einzelnen:
Grundsätzlich kann ein Unfallgeschädigter einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten PKW beauftragen und vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, zit. nach juris, Rn. 7 m. w. N.; BGH, Urteil vom 15.10.2013 – VI ZR 471/12, zit. nach juris, Rn. 26; BGH, Urteil vom 23.01.2007 – VI ZR 67/06, zit. nach juris, Rn. 13). Als erforderlich sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, zit. nach juris, Rn. 7 m. w. N.; BGH, Urteil vom 15.10.2013 – VI ZR 471/12, zit. nach juris, Rn. 26). Der Kläger kann damit als Geschädigter diejenigen Kosten ersetzt verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen.
Unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht ist der Geschädigte jedoch gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB gehalten, den Aufwand zur Schadensbeseitigung in wirtschaftlich vernünftigen Grenzen zu halten, wobei insofern eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen ist, d. h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, zit. nach juris, Rn. 7 m. w. N.). Dabei ist der Geschädigte regelmäßig nicht verpflichtet, sich nach dem günstigsten Sachverständigen zu erkundigen. Vielmehr darf er sich damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne Weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen und muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (vgl. BGH, a. a. O.).
Der Geschädigte genügt dabei seiner Darlegungslast zur Schadenhöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadenbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (vgl. BGH, a. a. 0., Rn. 9; BGH, Urteil vom 15.10.2013 – VI ZR 528/12, zit. nach juris, Rn. 19 m. w. N.).
Auch überhöhte Honorarforderungen des Sachverständigen sind hierbei grundsätzlich schadensrechtlich erstattungspflichtig, sofern nicht der Geschädigte mit dem Sachverständigen ein offensichtlich überhöhtes Honorar vereinbart, ihm ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er grobe und offensichtliche Unrichtigkeiten der Vergütungsberechnung missachtet oder gar selbst verschuldet hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.11.2007, 1 BvR 1655/05, Schaden-Praxis 2008,162 m. w. N.; VerfGH Leipzig, Beschluss vom 26.04.2013 – Vf. 94-IV-12, zit. nach juris, Rn. 19).
Vorliegend stehen sowohl die Höhe des Grundhonorars als auch die Höhe der Nebenkosten aus der Rechnung des Kfz-Sachverständigenbüros … GmbH vom 17.11.2014 im Streit. Ob das Grundhonorar oder die Nebenkosten objektiv überhöht sind oder nicht, kann indes nach den vorstehenden Ausführungen dahinstehen. Dass der Kläger als Geschädigter womöglich von vornherein hätte erkennen können, dass dieser überhöhte Kosten ansetzen würde, wird beklagten-seits bereits nicht vorgetragen. Vor diesem Hintergrund ist überdies in Ansatz zu bringen, dass der Kläger zu einer Recherche nach einem Sachverständigen mit einem günstigeren Honorarangebot gegenüber dem Beklagten ohnehin nicht verpflichtet war. Dem Kläger musste auch nicht das Ergebnis einer Umfrage bei den Mitgliedern des Sachverständigenverbandes über die Höhe der üblichen Honorare bekannt sein. Damit fallen aber die geltend gemachten Kosten nicht von vornherein aus dem Rahmen des für die Behebung des Schadens erforderlichen Geldbetrags nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.
Gleichwohl ist mit dem Beklagten im Ausgangspunkt davon auszugehen, dass ein Schädiger auch nicht dazu verpflichtet werden kann, dem Geschädigten die Rechnungsbeträge der von diesem im Rahmen der Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Fachunternehmen ohne Möglichkeit der Nachprüfung voll zu ersetzen. Dem Schädiger verbleibt in jedem Falle die Möglichkeit, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte. Allein der Umstand, dass die vom Sachverständiger vorliegend abgerechneten Kosten die aus der BVSK-Honorarbefragung 2015 ersichtlichen Höchstsätze teilweise überschreiten (vorliegend: Grundhonorar – leichte Überschreitung des HB V Korridors; Nebenkosten – Kosten für 1. und 2. Fotosatz, Schreibkosten sowie Kopierkosten) rechtfertigt die Annahme eines solchen Verstoßes des Klägers allerdings noch nicht (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, jurisRdn. 11 m. w. IM.).
Im Hinblick auf den Mitverschuldenseinwand im Sinne von § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB, für den der Beklagte als Schädiger darlegungs- und beweisbelastet ist, ist zur Überzeugung des Gerichts nicht anzunehmen, dass der Kläger im Rahmen der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte. Die Darlegungen des Beklagten auf Seite 2 der Duplik vom 10.02.2016 reichen für die Annahme eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Schadensminderung nicht aus. Zur Überzeugung des Gerichts könnte auch nicht davon ausgegangen werden, dass – eine vorherige Nachfrage des Klägers gegenüber dem Sachverständigen nach den zu erwartenden Kosten für das in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten unterstellt – die Nennung eines Bruttobetrages in einer Größenordnung von ca. 600,00 € brutto dazu führen müsste, dass bei hieran anschließender Beauftragung ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht anzunehmen ist.
Auch der Umstand, dass die vom Kfz-Sachverständigenbüro … GmbH vorliegend abgerechneten Kosten die aus der BVSK-Honorarbefragung 2015 ersichtlichen Höchstsätze zum Teil überschreiten, rechtfertigt die Annahme eines solchen Verstoßes des Klägers vorliegend noch nicht. Denn erst wenn die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesen berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen, sind diese nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden. Ein erhebliches Überschreiten und eine damit verbundene Erkennbarkeit ex ante für den Kläger als Geschädigten kann jedoch vorliegend zur Überzeugung des Gerichts – unter Berücksichtigung der Darlegungen des Beklagten -noch nicht festgestellt werden.
Hinzu kommt, dass abgesehen davon, dass ein Geschädigter zu einem Preisvergleich vor Beauftragung des Sachverständigen gerade nicht verpflichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, zit. nach juris, Rn. 7), eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den Kläger als Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB nur dann festgestellt werden kann, wenn sich dem Geschädigten eine deutliche Überhöhung des Honorars hätte aufdrängen müssen. Dies kann indes nur dann angenommen werden, wenn jedem wirtschaftlich denkenden Menschen hätte klar sein müssen, dass sich die Sachverständigenkosten nicht im Rahmen des üblichen halten. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass ein durchschnittlicher Verkehrsteilnehmer keinen Einblick in die Abrechnung von Sachverständigen hat. Gemessen an diesen Anforderungen sind Anhaltspunkte eines derartigen „Aufdrängenmüssens“ im Hinblick auf die Rechnung des Sachverständigen vom 17.11.2014, welche mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 595,23 € brutto abschließt, nicht ersichtlich.
Weitere Umstände, anhand derer der Kläger womöglich erkennen konnte, ob der von ihm ausgewählte Sachverständige gegebenenfalls Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise übersteigen, sind nicht ersichtlich.
Zwar könnte die klägereits vorgenommene Auswahl eines Sachverständigen in Düsseldorf, wohingegen der Kläger seinerzeit in Düsseldorf wohnhaft gewesen ist, für ein Auswahlverschulden durch den Kläger sprechen. Vorliegend begegnet die Auswahl durch den Kläger, dem als Geschädigten ein gewisses Auswahlermessen zuzugestehen ist, jedoch jedenfalls im Ergebnis keinen durchgreifenden Bedenken. Denn ausweislich der Rechnung des Sachverständigen vom 17.11.2014 ist hinsichtlich der Fahrtkosten ohnehin lediglich eine Pauschale in Höhe von 25,00 € in Ansatz gebracht worden. Dieser Betrag entspräche – unter Berücksichtigung eines Fahrtkostenansatzes von 0,70 € pro gefahrenem Kilometer gemäß der BVSK-Honorarbefragung 2015 – einer in Ansatz gebrachten Wegstrecke von ca. 35,00 km. Ein etwaiges Auswahlverschulden hätte sich demgemäß vorliegend jedenfalls im Ergebnis nicht ausgewirkt.
Eine andere rechtliche Bewertung ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts auch nicht aus dem Umstand, dass die Gutachterkosten seitens des Klägers erst nach Erhalt des Schreibens der Beklagten vom 12.12.2014 (Anlage K 3) an den Sachverständigen zur Anweisung gebracht worden sind. Die Überschreitungen der Honoraransätze des Sachverständigen unter Berücksichtigung der BVSK Honorarbefragung 2015 waren – auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beklagen mit Schreiben vom 12.12.2014 – noch nicht so evident, dass sich – wie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorauszusetzen ist – eine deutliche Überhöhung des Honorars für den Kläger und damit gegebenenfalls eine Unüblichkeit der Kosten aufdrängen musste. Ein Mitverschuldenseinwand kann daher auch nicht im Hinblick auf die vollständige Zahlung der Gutachterkosten nach Erhalt des Regulierungsschreibens der Beklagten vom 12.12.2014 begründet werden.
Stellt man vor diesem Hintergrund darüber hinaus schließlich eine Gesamtschau an, ob das insgesamt abgerechnete Honorar im erkennbaren Rahmen der Üblichkeit liegt, ist auch dies hier im Ergebnis zu bejahen. Im Vergleich hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 11.02.2014 anlässlich eines Fahrzeugschadens von ca. 1.050,- € netto sogar Nebenkosten von insgesamt 189,20 € netto (vorliegend: 142,19 €) bei einem Gesamtsachverständigenhonorar von nur 534,55 € (vorliegend: 595,23 €) nicht für beanstandungswürdig gehalten.
Schließlich tragen auch die Ausführungen des Beklagten zum Bagatellschadeneinwand und der damit verbundenen Erforderlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens bereits im Hinblick auf die Schadenhöhe – welche in dem Gutachten mit 1.393,55 € netto angegeben worden sind – nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Frage, ob der Schädiger die Kosten eines Gutachtens zu ersetzen hat, nicht nur darauf abzustellen, ob die durch die Begutachtung ermittelte Schadenshöhe einen bestimmten Betrag überschreitet oder in einem bestimmten Verhältnis zu den Sachverständigenkosten steht. Denn zum Zeitpunkt der Beauftragung des Gutachters ist dem Geschädigten diese Höhe gerade nicht bekannt. Allerdings kann der später ermittelte Schadensumfang im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung nach § 287 ZPO oft ein Gesichtspunkt der Beurteilung sein, ob eine Begutachtung tatsächlich erforderlich war oder ob nicht möglicherweise andere, kostengünstigere Schätzungen – wie beispielsweise ein Kostenvoranschlag eines Reparaturbetriebs – ausgereicht hätten Dabei liegt nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs bereits ein Betrag in Höhe von ca. 750,00 € in einem Bereich, in dem die Bagatellschadengrenze anzusiedeln ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.11.2014 – VI ZR 365/03, VersR 2005, 380 m. w. N.).
Der Zinsanspruch folgt aus dem Gesichtspunkt des Zahlungsverzugs.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung ist gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BGB zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
Dabei ist zunächst der Umstand zu berücksichtigen, dass der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11.02.2014 (VI ZR 225/13) bei einem Reparaturaufwand von rund 1.050 € netto ein Sachverständigenhonorar von 534,55 €, das sich zusammensetzt aus einem Grundhonorar von 260,00 €, Fotokosten in Höhe von 22,40 €, Telefon-, Porto- und Schreibkosten in Höhe von 75,00 €, Fahrtkosten/Zeitaufwand in Höhe von 91,80 € (d.h. 1,80 € je km, max. 100,00 €) sowie auf den daraus errechneten Betrag entfallender Mehrwertsteuer, weder in Anbetracht der Höhe des Grundhonorars noch in Anbetracht der Nebenkosten beanstandet. Legt man dies zugrunde, ist auch vorliegend keine erkennbare Überhöhung der tatsächlichen Sachverständigenkosten festzustellen.
Hinzu kommt, dass zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung – unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 11.02.2014 (VI ZR 225/13) – Feststellungen dahin zu treffen sein werden, ab wann davon ausgegangen werden muss, dass die vereinbarten oder von dem Sachverständigen berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen.
HUK-Coburg-Versicherungsgruppe: Eine schöne Versicherung, die ihre Versicherten in einen Prozess um den Restschaden ziehen.
Hallo, Willi Wacker,
so hast Du es wieder mal zutreffend formuliert und das ist verbraucherorientiert auch einer Headline würdig.
Die Palette der unseriösen Infragestellungen mit unnötiger Kostenverursachung ist ja kaum noch überschaubar. Was nutzt mir dann als Versicherungsnehmer eine scheinbar besonders preisgünstige Versicherung, bei der ich Gefahr laufe bzw. dem Risiko ausgesetzt werde, im Falle eines verschuldeten Unfalls als Schädiger direkt in Anspruch genommen und schlimmstenfalls sogar verklagt zu werden?
ICH würde mich jedenfalls dagegen verwahren von meinem Haftpflichtversicherer so missbraucht zu werden.
Da nutzt dann letztlich auch die -zumindest auf den ersten Blick – so günstigere Prämie nichts, wenn das mit einer seriösen Leistungserbringung im Falle eines von mir verschuldeten Unfalls nicht konform geht.
Hier Prämienhöhe, dort Leistung. Nur eine solche Relation ist letztlich ausschlaggebend für die vernünftige Wahl einer Versicherung.
Alle anderen Bewertungen, möglichst sogar noch selbst veranlasst und bezahlt, sind Augenwischerei und eine Irreführung. Das sollte auch den Verbucherschutzverbänden und den Testinstitutionen einmal nachdrücklich zur Kenntnis gebracht werden.
Im Zeitalter des Internets verbreitet sich dann eine solche Information sowieso schneller als erwartet und die Mitbewerber in der Versicherungswirtschaft schlafen auch nicht.
Vor dem Hintergrund, dass die HUK-Coburg Vers. selbst Schäden unter 500,00 € begutachten lässt und das versicherungseigene Honorartableau auch bei einer solchen Schadenhöhe anfangen soll, könnte man die Frage stellen, ob sich eine solche Provokation unter Ausnutzung wirtschaftlicher Macht und einer Marktführerposition nicht fast schon als Terrorismus einordnen lässt?
Hugo Habicht