Das AG Köln hat mir Urteil vom 08.02.2008 – 263 C 353/07 – für den Geschädigten im Sinne des „Porsche-Urteils“ entschieden und darauf hingewiesen, dass der Kläger von der Beklagten Ersatz der mit der Klage geltend gemachten weiteren Reparaturkosten verlangen.
Der Satz, den die Beklagte aus der Porsche-Entscheidung entnommen hat, wonach der Geschädigte auf „eine mühelos ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hingewiesen werden könne, darf nicht verallgemeinert und aus dem Zusammenhang gerissen werden. Eine Reparaturmöglichkeit in irgendeiner dem Kläger nicht bekannten Werkstatt im Verhältnis zu einer Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt ist keine „gleichwertige Reparaturmöglichkeit“.
Der Kläger kann seiner Schadensabrechnung das Gutachten des Sachverständigen… zugrunde legen, wonach die Reparatur des Unfallschadens vom 25.05.2007 797,13 € Netto kostet, wobei der SV seiner Kalkulation die Verrechnungssätze einer Ford-Vertragswerkstatt zugrunde gelegt hat. Dies ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht zu beanstanden. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 29.04.2003 (NJW 2003, 286) ausdrücklich ausgeführt, dass der Geschädigte, der fiktive Reparaturkosten abrechne, der Schadensberechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen darf. Der abstrakte Mittelwert, der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen Marken- und freien Fachwerkstätten einer Region repräsentiere als statistisch ermittelte Rechengröße nicht den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag.
Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf diese BGH-Entscheidung meint, mit der Angabe einer genannten Werkstatt habe die Beklagte den Kläger auf „eine mühelos ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hingewiesen, auf die er sich verweisen lassen müsse“, vermag dies nicht zu überzeugen, denn dieser Satz des BGH- Urteils darf nicht verallgemeinert und aus dem Zusammenhang gerissen werden. Dieser Satz ist vielmehr im Geiste der Entscheidung, die sich insbesondere aus dem o. g. Leitsatz und der weiteren Begründung, auch unter Hinweis auf die frühere Rechtsprechung des BGH ergibt, zu werten. Treffe nämlich die Auffassung und Vorgehensweise der Beklagten zu, so könnte der Geschädigte, der die zur Wiederherstellung gesetzlich zulässige Form der fiktiven Abrechnung in Anspruch nimmt, stets unter bloßer Angabe einer besonders kostengünstig arbeitenden Werkstatt auf diese „als ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit“ verwiesen werden. Dies würde selbst dann gelten, wenn deren Werte noch unter den schon vom BGH nicht anerkannten abstrakten Mittelwerten der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen Marken- und freien Fachwerkstätten einer Region liegen würde. Die Versicherungswirtschaft wäre dann geradezu dazu eingeladen, ein Netzwerk von besonders günstigen Reparaturwerkstätten zu finden oder gar zu bilden, auf die der Geschädigte dann jeweils verwiesen werden könnte. Dies wäre jedenfalls unvereinbar mit der ständigen Rechtsprechung des BGH, wonach der Geschädigte grundsätzlich Herr des Restitutionsverfahrens ist. In dieser Rolle würde er gleichsam entmannt werden, wenn das von der Beklagten entwickelte Modell Schule machen würde. Dass der BGH das besondere Vertrauen des Geschädigten in die Reparaturmöglichkeit einer markengebundenen Fachwerkstatt schützen will, zeigt sich auch darin, dass er in der oben zitierten Entscheidung auch ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Geschädigte nicht gehalten wird, in wartungstechnischer Hinsicht „zum Vorleben“ seines PKW vorzutragen. Danach ist der Geschädigte selbst dann berechtigt, auf der Grundlage der Preise markengebundener Fachwerkstätten abzurechnen, wenn er solche zuvor nicht aufgesucht hat. Jedenfalls braucht er dies nicht darzulegen und ggf. unter Beweis zu stellen. Im Ergebnis handelt es sich bei der von der Beklagten aufgezeigten Reparaturmöglichkeit in irgendeiner dem Kläger nicht bekannten Werkstatt im Verhältnis zu einer Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt mit jedenfalls aus Sicht des Geschädigten besonders geschultem Personal, besonderen Diagnose- und Reparaturmöglichkeiten auch nicht um eine „gleichwertige“ Reparaturmöglichkeit im Sinne des von der Beklagten zur Begründung ihrer Auffassung aus dem o. g. BGH-Urteil herausgenommenen Satz.
Die Beklagte war daher entsprechend zu verurteilen, den nicht ersetzten Differenzbetrag zu zahlen.
Hallo Willi Wacker,
ein gutes Urteil zu den Stundenverrechnungssätzen. Ich verweise hierbei auf den Aufsatz von Handschumacher in NJW 2008, 2622 ff. mit dem Titel: Gleichwertigkeit der Reparaturmöglichkeit im schadensrechtlichen Sinne – markengebundene Fachwerkstatt. Der Autor bestätigt die Auffassung des KG Berlin, Urt. vom 30.6.2008 – NJW 2008, 2656. Er ist der Ansicht, dass nach dem Porsche-Urteil des BGH die durchschnittlichen Stundenverrechnungssätze aller markengebundenen Fachwerkstätten der betreffenden Marke in der Region bei fiktiver Abrechnung nur dann nicht massgeblich sind, wenn dem Geschädigten eine qualitativ gleichwertige und günstigere MARKENGEBUNDENE Fachwerkstatt der betreffenden Marke nachgewiesen wird, die für den Geschädigten mühelos erreichbar ist. In der Praxis wird sich kaum ein Hinweis auf eine günstigere markengebundene Fachwerkstatt in der Region ergeben, da sich die Fachwerkstätten in einer Region mit ihren Preisen und Löhnen im gleichen Niveau bewegen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Friedhelm S.