Mit Urteil vom 05.05.2009 (267 C 262/08) hat das AG Köln die AXA Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 102,00 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt andere Schätzungsgrundlagen ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist teilweise begründet.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 102,00 € aus abgetretenem Recht gemäß den §§ 7 Abs. 1, 17 StVG in Verbindung mit § 3 Nr. 1 und 2 PflVG (nunmehr § 115 VVG) in Verbindung mit § 398 BGB gegen die Beklagte zu.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert.
Sofern die Beklagte mit ihrem unsubstantiiertem Vortrag einen Verstoß gegen Artikel 1 § 1 Abs. 1 Rechtsberatungsgesetz in Verbindung mit § 134 BGB geltend machen will, ist dies im Hinblick auf das vorgelegte Schreiben der Klägerin (vgl. Anlage K 3) nicht nachvollziehbar. Dies ist als ernsthafte und endgültige Zahlungsverweigerung zu werten. Dass dieses Schreiben von der Klägerin dem Geschädigten zur Verfügung gestellt wurde ist rein spekulativ und durch nichts belegt.
Die Geschädigte kann von dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer gemäß § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGHZ 160, 377; BGH NJW 2006, 2106 ff.). Für die Mietwagenkosten gilt insoweit, dass der Geschädigte ebenso wie bei anderen K0sten der Wiederherstellung und wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren, von mehreren Möglichkeiten, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur für den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann.
Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH NJW 2006, 2693 ff.) ist für die Beantwortung der Frage, welche Aufwendungen für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges erforderlich sind, zunächst der Normaltarif heranzuziehen. Für die Ermittlung dieses Normaltarifs bietet dabei die Schwacke-Liste, deren Werte sich aus Erhebungen ergeben, die bei Mietwagenunternehmen des maßgeblichen Postleitzahlenbereichs vorgenommen worden sind, eine brauchbare Schätzungsgrundlage. Dabei stellt entgegen der Ansicht der Beklagten auch die Schwacke-Liste 2006 eine geeignete Schätzungsgrundlage dar. Die von der Beklagten vorgebrachten Bedenken unter Berufung auf die Entscheidung des OLG Köln, Urteil vom 10. Oktober 2008, Aktenzeichen 6 U 115/08 gegen die Eignung dieses Mietpreisspiegels als Schätzungsgrundlage erscheinen dem erkennenden Gencht nicht durchgreifend. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass sich im Mietpreisspiegel 2006 enthaltene Preisveränderungen nicht an einer tatsächlichen Marktentwicklung orientieren und dass sich die zur Erstellung des Mietpreisspiegels 2006 angewandte Erhebungsmethode von der Erstellung früherer Mietwagenpreisspiegel (z B 2003) angewandter Methoden wesentlich unterscheidet. Die Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, dass der Mietpreisspiegel 2006 die Tarifstruktur im betroffenen Postleitzahlengebiet tatsächlich unzutreffend wiedergibt. Allein aus den vorgelegten Internetangeboten ergibt sich nicht, dass im Unfallzeitraum im streitgegenständlichen Postleitzahlengebiet insgesamt eine günstigere Tarifstruktur gegeben war als im Automietpreisspiegel der Firma Schwacke – dem eine deutlich höhere Zahl an Nennungen zu Grunde lag – als Mittelwert ausgewiesen ist. Sämtliche vorgelegten Internetangebote betreffen nämlich schon einen anderen Anmietzeitpunkt Die zitierten Gutachten betreffen allesamt andere Postleitzahlengebiete.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch nicht die Preisliste des Fraunhofer Instituts als Schätzungsgrundlage zugrunde zu legen. So bestehen schon erhebliche Zweifel an der Objektivität dieser Erhebung. Sie wurde vom Gesamtverband der Haftpflichtversicherer in Auftrag gegeben. Das Fraunhofer Institut hat darüber hinaus das Bundesgebiet in ein- zweistellige Postleitzahlengebiete eingeteilt, während der Schwacke – Mietpreisspiegel bei seiner Erhebung dreistellige Postleitzahlengebiete berücksichtigt. Damit ist der von dem Fraunhofer Institut zugrundegelegte Postleitzahlenbereich zu grob und bildet keinen Markt ab. Die Erhebung des Fraunhofer Instituts basiert auch teilweise auf Ergebnissen von telefonischen Befragungen und zu großen Teilen auf der Auswertung von Internetangeboten. Internetangebote stellen jedoch keine geeignete Vergleichsgrundlage dar, da die Voraussetzungen einer Internetanmietung nicht vergleichbar sind mit den Voraussetzungen einer Vorortanmietung. So setzt die Internetanmietung eine Vorabreservierung voraus und die Anmietzeit ist von Anfang an befristet.
Hinsichtlich der gesamten Problematik wird auf die zutrefenden Entscheidungen des OLG Köln vom 18. März 2008, Az.: 15 U 145/07; LG Köln, Urteil vom 19. November 2008, Az.: 9 S 171/08; LG Köln, Urteil vom 03. Februar 2009, Az.: 11 S 77/08; LG Bonn, Urteil vom 25. April 2007, NVZ 2007, 362ff. und des LG Bielefeld vom 12. September 2006, Az.: 21 S 149/07 verwiesen. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif zugänglich war. Die von der Beklagten vorgelegten Internetangebote betreffen nicht den hier streitgegenständlichen Anmietzeitraum vom 27. Mai 2008 bis 02. Juni 2008. Des weiteren ist bei Internetangeboten eine Vorlaufzeit erforderlich und schließlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass jedermann einen Internetzugang besitzt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten bedurfte es vor Heranziehung des Schwacke -Mietpreisspiegels 2006 durch das Amtsgericht nicht der Einholung des angebotenen Sachverständigengutachtens zur Höhe des Normaltarifs. Denn § 287 Abs 2 ZPO gestattet das Absehen von der Einhoung eines Sachverständigengutachtens, wenn die vollständige Aufklärung aller maßgeblichen Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis steht. Daher hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 11. März 2008, Az, VI ZR 164/07) festgestellt, es begegne keinen Bedenken, wenn das Gericht den „Normaltarif“ auf der Grundlage des gewichteten Mittels (Modus) des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 ermittelt habe.
Nach Auffassung der Beklagten kann eine Schätzung gemäß § 287 Abs 2 ZPO erst dann vorgenommen werden, wenn – ergebnislos – ein Sachverständigengutachten eingeholt worden ist. Damit wäre der von § 287 Abs. 2 ZPO angestrebte Effekt prozessökonomischer Verfahrensweise aber in sein Gegenteil verkehrt.
Bei der Berechnung der konkret erforderlichen Kosten folgt das Gericht im übrigen der Abrechnungsweise des OLG Köln in seinem Urteil vom 02. März 2007 Az.: 19 U 181/06. Dabei sind bei der Abrechnung der Mietwagenkosten, die sich bei mehrtägiger Vermiezung ergebenden Reduzierungen nach dem Schwacke – Automietpreisspiegel nach Wochen, Dreitages- und Tagespauschalen zugrunde zu legen. Schließlich sind zugunsten des Geschädigten bzw. des Autovermieters die sogenannten Nebenkosten (Aufwendungen für den Abschluss einer Vollkaskoversicherung etc.)zu berücksichtigen. Diese können jedoch gesondert nur dann vergütet werden, wenn ausweislich des Mietvertrages oder der Rechnung entsprechend eine Zusatzleistung erbracht wurde und hierfür eine gesonderte Vergütung verlangt wurde. Für die Höhe der erforderten Nebenkosten bildet dabei die Nebenkostentabelle der Schwacke – Liste eine brauchbare Grundlage. Im konkreten Fall war eine 7-tägige Anmietdauer im PLZ Gebiet 665 in der Mietwagenklasse 1 zugrunde zu legen.
Soweit die Beklagte vorträgt, die Anmietung wäre lediglich für 5 Tage erforderlich gewesen, ist der diesbezügliche Vortrag unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, sein Fahrzeug zwingend an einem Montagvormittag zur Reparatur zu bringen.
Ein Aufschlag auf den Normaltarif gemäß der obigen OLG Entscheidung war dem Geschädigten hier zu versagen. Ein solcher kommt nicht in Betracht, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer „Normaltarif“ in der konkreten Station zugänglich war, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (vg.. BGH Urteil vom 24. Juni 2008, Az, VI ZR 234/07; BGH Urteil vom 14. Oktober 2008 – VI ZR 308/07). Die Anmietung durch den Geschädigten erfolgte hier erst am 27. Mai 2007, mithin 16 Tage nach dem Unfall, weshalb eine Eil-und Notsituation ersichtlich nicht gegeben war und die von vorneherein mit der Notwendigkeit einer sofortigen Fahrzeugbereitstellung verbundenen Zusatzkosten nicht zum Tragen kamen (vgl. BGH Urtei, vom 14. Oktober 2008 a.a.O.). Allein der Anlass der Anmietung, nämlich ein Unfall, rechtfertigt einen pauschal Aufschlag nicht (vgl. LG Köln, Urteil vom 03. Februar 2009, Az.: 11 S 77/08).
Es ergibt sich folgende Abrechnung:
1 x Wochenpauschale: 356,00 €
Vollkaskoversicherung für 1 Woche: 53,00 €
Zustellung/Abholkosten je 25,00 €: 50,00 €
Insgesamt: 459,00 €
gezahlt: 357,00 €
– Restforderung: 102,00 €
Dieser Betrag war gemäß dem vorgerichtlichen anwaltlichen Mahnschreiben der Klägerin vom 20. August 2008 mit Fristsetzung bis zum 03. September 2008 ab dem 04. September 2008 gemäß den §§ 286, 288 BGB zu verzinsen.
An vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten schuldet die Beklagte eine 1,3 Gebühr zzgl einer Auslagenpauschale in Höhe von 6,50 € ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe des zuerkannten Betrages.
Damit ergibt sich ein weiterer zu zahlender Betrag in Höhe von 39,00 €.
Soweit das AG Köln.