AG Köln verurteilt R+V Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten (264 C 242/08 vom 05.02.2009)

Mit Datum vom 05.02.2009 (264 C 242/08) hat das AG Köln die R+V Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 2.525,34 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht wendet  die Schwacke-Liste an und lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle ab.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist in Höhe von € 2.526,34 nebst Zinsen begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten gem. §§ 7 StVG; 3 PflVG; 249, 398 BGB weitere Mietwagenkosten in der zugesprochenen Höhe verlangen. Die ihr zu ersetzenden Mietwagenkosten berechnen sich insgesamt auf € 6.243,05. Abzüglich des bereits gezahlten Betrages in Höhe von € 3.716,71 verbleibt der zugesprochene Betrag in Höhe von € 2.526,34.

Mietwagenkosten gehören grundsätzlich zum Herstellungsaufwand, den ein Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung gemäß § 249 BGB dem Geschädigten nach einem Unfall zu ersetzen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind als erforderlicher Aufwand nur diejenigen Mietwagenkosten anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte.

Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlichen relevanten Markt -nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann.

Bei der Frage der Erforderlichkeit der Mietwagenkosten hält das Gericht den Normaltarif im Schwacke- Automietpreisspiegel (2007) für die jeweiligen Postleitzahlengebiete (Wohnsitz der Geschädigten beziehungsweise Anmietstation) für eine angemessene Vergleichs- und Schätzungsgrundlage. Zugrundezulegen ist der in der Tabelle enthaltene Moduswert. Dieser Wert entspricht dem in den Vortabellen (2003) aufgeführten „gewichteten Mittelwert“; er ist als der Wert definiert, der in dem genannten Bezirk am häufigsten angeboten wird. Er erscheint daher als taugliche Anknüpfungsgrundlage. Soweit die Beklagte dem entgegentritt, konnte ihr nicht gefolgt werden. Die Tauglichkeit als Anknüpfungsgrundlage war für den vorangegangenen Automietpreisspiegel 2003 insbesondere auch vom Bundesgerichtshof anerkannt. Für die neueren Erhebungen 2006 und 2007 kann nichts anderes gelten. Das dagegen gerichtete Vorbringen der Beklagten überzeugt das Gericht nicht; zum jetzigen Zeitpunkt sieht das Gericht keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die im Mietpreisspiegel 2007 enthaltenen preislichen Veränderungen nicht im Rahmen der allgemeinen Preis- und Marktentwicklung halten. In einer jüngeren Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 11.3.2008; Aktenzeichen VI ZR 164/07) gegen die Anwendung des Schwacke -Mietpreisspiegels 2006 keine Bedenken erhoben, sondern ausdrücklich ausgeführt, dass sich die Ermittlung des „Normaltarifs“ auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke – Mietpreisspiegel 2006 im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens halte. Der Verweis der Beklagten auf das Gutachten und auf die Erhebungen von Dr. Zinn sowie auf den Mietwagen-Marktpreisspiegel des Fraunhofer Instituts gibt nach Ansicht des Gerichts keinen Anlass. von der Meinung abzuweichen, dass der Schwacke – Mietpreisspiegel 2007 eine geeignete Schätzungsgrundlage darstellt. Die genannten Erhebungen sind nicht aufgrund vergleichbarer Grundlagen erfolgt. Darauf braucht sich die Klägerin nach Ansicht des Gerichts ebensowenig verweisen zu lassen, wie allgemein auf spezielle Internetpreise.

Bei der Bewertung der Schätzungsgrundlagen verkennt das Gericht nicht, dass gegen den Schwacke – Mietpreisspiegel teilweise methodische Bedenken vorgebracht worden sind. Darauf hat die Beklagte zu Recht hingewiesen. Andererseits sind aber auch ebenso berechtigte Bedenken gegen die Erhebungen des Dr. Zinn und des Fraunhofer Mietpreisspiegels gegeben. Diese sind von der Klägerin vorgetragen worden. In dem zur Zeit herrschenden Chaos von Erhebungen und Meinungen zur Frage der Schätzungsgrundlage für die Erforderlichkeit von Mietwagenkosten sowohl in Rechtsprechung als auch in Schrifttum hält sich das Gericht an den vom Bundesgerichtshof als taugliche Anknüpfungsgrundlage angesehenen oder jedenfalls nicht beanstandeten Schwacke-Mietpreisspiegel. Der Vortrag der Beklagten über die Vorzüge der Erhebungen des Fraunhofer Instituts beziehungsweise der Feststellungen des Dr. Holger Zinn überzeugen das Gericht nicht davon, dass ihnen gegenüber der Schwackeliste 2007 der Vorzug zu geben ist. Hinsichtlich der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Schätzungsgrundlagen wird auch auf die Ausführungen der 9. Zivilkammer des Landgerichts Köln im Urteil vom 19.11.08 (Aktenzeichen 9 S 171/08) hingewiesen, die das Gericht jedenfalls zur Frage der Schätzungsgrundlagen teilt.

Aus Vorstehendem ergibt sich, dass die im Übrigen von der Beklagten nicht bestrittenen Berechnungen der Klägerin auf der Basis des Schwacke- Mietpreis­spiegel 2007 grundsätzlich nicht zu beanstanden sind.

Soweit die Klägerin allerdings für die „Unfallersatzsituation“ einen Aufschlag auf den Normaltarif in Höhe von 20% geltend machen will, konnte ihr nicht gefolgt werden. In der bereits genannten Entscheidung des BGH ist zwar ein derartiger pauschaler Aufschlag für erwägenswert gehalten worden, aber nur dann, wenn konkreter Sachvortrag für die unfallbedingten Mehrkosten der Mietwagenfirma vorliegt. Im Übrigen besteht bei einem Vergleich zwischen der Schwackeliste einerseits und der Fraunhofer Erhebung beziehungsweise den Feststellungen des Dr. Zinn andererseits Anlass zu der Auffassung, dass es bei den Mietpreisen in der Schwackeliste keines Aufschlages mehr für die besondere Unfallersatzsituation bedarf.

Unter Berücksichtigung der genannten Umstände errechnen sich folgende erforderliche Mietwagenkosten bzw. Restansprüche der Klägerin:

(folgt Aufzählung Schadenfälle)

Mietwagenkosten

€506,16

abzüglich gezahlter

€ 236,00

restlicher Anspruch

270,16

Mietwagenkosten (netto)

€ 4.404,55

abzüglich gezahlter

€2.599,71

restlicher Anspruch

1.804,84

Mietwagenkosten

€ 671,34

abzüglich gezahlter

€ 496,00

restlicher Anspruch

175,34

Mietwagenkosten

€661,00

abzüglich gezahlter

€ 385,00

restlicher Anspruch

276,00

Die Addition der restlichen Ansprüche ergibt den zugesprochenen Betrag in Höhe von € 2.526,34.

Im Schadensfall P. geht das Gericht aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen davon aus, dass eine Mietzeit von 4 Tagen erforderlich war. Im Schadensfall S. war zu berücksichtigen, dass die Schwackeliste Brutto­preise enthält, dass die Geschädigte aber nur Netto- Kosten verlangen kann. Entsprechend waren die nach der Schwackeliste errechneten Brutto- Kosten von € 5,241,50 um 19% Mehrwertsteuer ( € 836,95 ) auf € 4.404,55 netto zu ermäßigen.

Soweit das AG Köln.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

Siehe auch: CH-Beitrag vom 08.01.2014

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