AG Königstein im Taunus verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht [25 C 1523/06 (12)].

Nachdem gerade die Entscheidung der Berufungskammer des LG Frankfurt veröffentlicht worden ist, muss zur Erläuterung der Leser selbstverständlich auch das rechtskräftige Urteil des AG Königstein im Taunus bekannt gegeben werden. Allerdings hat die Richterin die Üblichkeit i.S.d. § 632 BGB geprüft. Auf die Üblichkeit kommt es allerdings im Schadensersatzprozess, auch bei der Klage aus abgetretenem Recht, nicht an, sondern vielmehr auf die Erfoderlichkeit i.S.d. § 249 BGB.

Amtsgericht Königstein im Taunus

Geschäfts-Nr.: 25 C 1523/06 (12)
Verkündet am: 13.09.2007

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Kfz-Sachverständiger
Kläger

gegen

HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschland a.G., vertr. d. d. Vorstand R.-P. Hoenen, Schadenaußenstelle Frankfurt, Willi-Hussong-Straße 2, 96442 Coburg,
Beklagte

hat das Amtsgericht Königstein im Taunus durch Richterin … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02.08.2007 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.815,74 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 571,56 € seit dem 12.02.2005, aus 1.030,41 € seit dem 22.07.2006, aus 1.376,22 € seit dem 10.08.2006 und aus 1.803,74 € seit dem 05.10.2006 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Erstattung von vier Sachverständigenrechnungen aus abgetretenem Recht.

Der Kläger ist Inhaber eines Sachverständigenbüros für Kraftfahrzeugtechnik in B. S. Er erstellt als Kfz-Sachverständiger Beweissicherungsgutachten zur Feststellung der Schadenshöhe an Kraftfahrzeugen nach Verkehrsunfällen. Mit der Klage macht der Kläger bislang noch nicht regulierte Schadensersatzansprüche von vier Unfallgeschädigten geltend, die ihn mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragt und ihre Erstattungsansprüche gegenüber den Unfallgegnern mit deren Haftpflichtversicherung hinsichtlich der diesbezüglich entstandenen Kosten abgetreten haben. In allen vier Fällen hat die beklagte Versicherung mit Ausnahme der Sachverständigenkosten die entstandenen Schäden reguliert. Die Haftungsfrage steht außer Streit.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.815,74 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 571,56 € seit dem 12.02.2005, aus 1.030,41 € seitdem 22.07.2006, aus 1.376,22 € seit dem 10.08.2006 und aus 1.803,74 € seit dem 05.10.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der Kläger verstoße gegen Artikel 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz (RBerG). Sie ist weiterhin der Ansicht, der Kläger dürfe sich bei seiner Abrechnung nicht an der Schadenshöhe orientieren. Außerdem sei eine Pauschalierung der Nebenkosten neben dem Grundhonorar nicht zulässig. Sie bestreitet, dass in den Fällen …. Fahrtkosten entstanden sind.

Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und voll umfänglich begründet.

Dem Kläger steht aus abgetretenen Schadensersatzansprüchen ein Anspruch auf Zahlung seiner Sachverständigenkosten zu.

1. Der Kläger verstößt vorliegend nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz. Zweck des Artikel 1 § 1 RBerG ist, die Rechtssuchenden vor den Gefahren einer ungenügenden und nicht sachgerechten Beratung und Vertretung zu schützen. Eine Gefährdung dieses Zwecks des § 1 RBerG ist vorliegend nicht gegeben.

Für die Einstufung als erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung kann in Anbetracht der Tatsache, dass nahezu alle Lebensbereiche rechtlich durchdrungen sind und kaum eine wirtschaftliche Betätigung ohne rechtsgeschäftliches Handeln möglich ist oder ohne rechtliche Wirkung bleibt, nicht allein auf die rechtlichen Formen und Auswirkungen des Verhaltens abgetreten werden (so: BVerfGE 97, 12). Es bedarf vielmehr einer abwägenden Beurteilung des jeweils beanstandeten Verhaltens danach, ob es sich hierbei um Rechtsbesorgung handelt oder ob es um eine Tätigkeit geht, welche von anderen Dienstleistern erfüllt werden kann, ohne dass die Qualität der Dienstleistung oder die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und die zu ihrer Aufrechterhaltung benötigten Rechtsberater beeinträchtigt würden (vgl. OLG Celle, NJW-RR 2002, 786). Maßgebend ist, ob der Auftraggeber eine besondere rechtliche Prüfung von Geschäftsinhalt oder Geschäftsrisiken ausdrücklich wünscht oder zumindest erkennbar erwartet. Fehlt es daran, so spricht dies bereits dagegen, dass eine erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung Ziel des Verhaltens ist.

So liegt der Fall hier. Denn dem Kläger kommt es darauf an, seine eigenen Ansprüche befriedigt zu bekommen. Er hat sich die Ansprüche des Geschädigten bis zu der Höhe seiner Kosten sicherheitshalber abtreten lassen (Bl. 10, 18, 21, 31 d.A.). Die Kosten des Sachverständigen machen bei Verkehrunfällen regelmäßig nur einen untergeordneten Bestandteil des Gesamtschadens aus. Ersichtlich ist das Interesse des Sachverständigen, im Falle einer Quote zumindest insgesamt Befriedigung seiner Ansprüche zu erhalten. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ergibt sich, dass die Abtretung in erster Linie der Sicherung der Ansprüche des Kiägers dient, nicht etwa dem Bestreben, für den Geschädigten die Regulierung der sonstigen Ansprüche zu besorgen. Der maßgebliche Zweck (vgl. BGH NJW 1985, 1223) bestimmt den Charakter des Geschäfts. Dieses ist hier nicht Rechtsbesorgung, denn der Beklagte nimmt den Geschädigten nicht die Verfolgung und Durchsetzung ihrer Ansprüche zielbewusst (BGH MDR 1994, 1148) ab. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers liegt nicht auf dem Gebiet der Rechtsbesorgung, sondern dient im Wesentlichen der Durchsetzung des eigenen Vergütungsinteresses (vgl. Rennen/Caliebe, Rechtsberatungsgesetz, 3. Aufl. 2001, Art. 1 § 1 Rn. 48ff.). Dieser Schwerpunkt der Tätigkeit bestimmt deren Charakter als eine solche, die nicht der geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dient, sondern der – wenngleich zwangsläufig mit rechtlichen Angelegenheiten verknüpften – Besorgung eigener Geschäfte im ureigensten Interesse.

2. Entgegen der Ansicht der Beklagten überschreitet ein Sachverständiger, der für Routinegutachten eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung seiner Honorare vornimmt, grundsätzlich nicht die Grenzen des ihm vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraums (vgl. BGHZ 167, 139; so auch: BGH in NJW 2007, 1450).

3. Das Gericht hält die vom Kläger geltend gemachten Kosten für üblich und angemessen, § 632 Abs. 2 BGB, § 287 ZPO. Als übliche Vergütung kann nicht nur ein fester Satz oder gar ein fester Betrag herangezogen werden (vgl. BGHZ 167, 139). Sind die Leistungen einem als einheitlich empfundenen Wirtschaftsbereich zuzuordnen, wie es etwa bei Leistungen aus den Gewerken der Handwerker oder – wie im vorliegenden Fall – bei Sachverständigen der Fall ist, kann sich eine Üblichkeit im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB auch über eine im Markt verbreitete Berechnungsregel ergeben. Die übliche Vergütung ist regelmäßig nicht auf einen festen Betrag oder Satz festgelegt, sondern bewegt sich innerhalb einer bestimmten Bandbreite (Staudinger-Peters, Kommentar zum BGB, 13. Aufl. (2003), § 632 Rn. 38). Eine solche Bandbreite wird durch das Ergebnis der Mitgliederbefragung des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen (im Folgenden: BVSK) dargestellt. Entscheidend ist der Bereich, in dem sich die Mehrzahl und damit die die Üblichkeit bestimmenden Werte halten (BGHZ 167, 139). Maßgebend für die Bewertung im Hinblick auf eine Üblichkeit sind in einem solchen Fall daher die Unterschiede im Prozentsatz, nach dem die jeweils verlangte Vergütung berechnet worden ist (BGHZ 167, 139).

Die vom Kläger geltend gemachten Grundhonorare bewegen sich in dem dort dargestellten Honorarkorridor und sind daher üblich und angemessen. So macht der Kläger bzgl. des Schadensfalles K. bei Zugrundelegung eines Wiederbeschaffungswert von Euro 5.600 ein Grundhonorar von Euro 413, – geltend (7,4%) und liegt damit sogar unter dem unteren Wert des Honorarkorridors (470 – 528 Euro, also 8,5 – 9,6%). Hinsichtlich des Schadensfalles D. macht der Kläger bei Zugrundelegung von Reparaturkosten in Höhe von Euro 2.256,35 ein Grundhonorar von Euro 315,50 geltend (14%) und liegt damit innerhalb des ermittelten Honorarkorridors (296 – 332 Euro, also 13,7 – 14,8%). Hinsichtlich des Schadensfalles S. macht der Kläger bei Zugrundelegung eines Wiederbeschaffungswert in Höhe von Euro 1.225 ein Grundhonorar von Euro 223 geltend (18,2%) und liegt damit innerhalb des ermittelten Honorarkorridors (218 – 249 Euro, also 17,4 -19,9%). Hinsichtlich des Schadensfalles E. macht der Kläger bei Zugrundelegung von Reparaturkosten in Höhe von Euro 1.728,29 ein Grundhonorar von Euro 293 geltend (aufgerundet 17%). Er liegt damit mit etwa 0,3% höher als der ermittelte Honorarkorridor (260 – 293 Euro, also 14,9 – 16,7%), was vorliegend aber als unschädlich angesehen wird.

4. Auch eine Geltendmachung von pauschalierten Nebenkosten ist neben dem Grundhonorar möglich. Mit den vorliegend geltend gemachten Nebenkosten in Höhe von Euro 2 je angefangene Seite (Schreibkosten), 0,50 Euro je Kopie bzw. 0,15 Euro ab d. 51. Kopie (Kopierkosten) und 2,05 Euro pro Bild (Foto-Kosten) liegt der Kläger unter den gemäß BVSK-Befragung als üblich und angemessen anzusehenden Werten (vgl. BVSK-Honorarbefragung 2005/2006 – Auswertung der Nebenkosten). Die pauschalierten Fotokosten sind insbesondere wegen der Kosten für Amortisation der Aufnahmegeräte, Besorgung und Anschaffung von Filmen nicht zu beanstanden (vgl. Ross in NZV 2001, 321). Auch konnten die Schreibauslagen gesondert ausgewiesen werden, da dies Schreibarbeit des Sekretariats und nicht des Gutachters ist. Diese sind im Grundhonorar nicht enthalten. Fahrtkosten werden für die Erstellung der Gutachten D., S. und E. vom Kläger überhaupt nicht geltend gemacht (vgl. Bl. 17, 20 und 30 d.A.).

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 1 BGB.

Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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